In die Welt hinter den Worten

16. August 2017. Mit Peter Brook, Peter Stein, Luc Bondy oder Thorsten Lensing hat sie gearbeitet: die Schauspielerin Miriam Goldschmidt. Am 14. August 2017 ist sie im Alter von 70 Jahren verstorben.

Geboren 1947 in Frankfurt am Main, studierte Miriam Goldschmidt in Paris Theater bei Jacques Lecoq und Tanz bei Laura Shellen. Anschließend arbeitete sie in Darmstadt bei Harry Buckwitz, in München bei Fritz Kortner und Peter Zadek sowie in Basel bei Hans Hollmann und Werner Düggelin, bevor sie 1971 nach Paris zu Peter Brook ging. Am Théâtre des Bouffes du Nord spielte Goldschmidt die längste Zeit ihrer Karriere, auch wenn sie andernorts engagiert war. An Brook schätzte sie die nicht durchinszenierte Redeführung, die Suche nach der Einfachheit der Bilder und nach dem, was hinter den Worten liegt, so die Berliner Zeitung 1999. Unter anderem gab Goldschmidt bei Brook 1985 die Kunti in der Bearbeitung des "Mahabharata" von Peter Brook und Jean-Claude Carrière.

1980 holte Peter Stein Miriam Goldschmidt als Ensemblemitglied an die Berliner Schaubühne. Dort spielte sie in Steins Inszenierung von Genets "Die Neger" und in Botho Strauß' "Kalldewey, Farce" (Regie: Luc Bondy). An der Schaubühne inszenierte Goldschmidt auch selbst: Salomon An-Skis "Der Dibbuk" in der Bearbeitung von Bruce Myers, in dem sie gemeinsam mit ihrem Mann Urs Bihler auftrat. 1983 erhielt Goldschmidt den Förderpreis des Kunstpreises Berlin der Akademie der Künste.

Mitte der 80er war Miriam Goldschmidt in Bochum unter George Tabori und Matthias Langhoff zu sehen. 1988-91 arbeitete sie unter der Direktion von Frank Baumbauer am Theater Basel und trat unter anderem 1990 als Hippolyta/Titania in Shakespeares "Ein Sommernachtstraum", auf (Regie: Jossi Wieler). Ihre eigenen Inszenierungen zeigte Miriam Goldschmidt am Theater Neumarkt Zürich (1993 Uraufführung von Jellouns "Die Nacht der Unschuld"), am Pfalztheater Kaiserslautern oder am Stadttheater Konstanz. 1999 besetzte Thorsten Lensing sie in T.S. Eliots "Sweeney Agonistes" an den Berliner Sophiensaelen.

Bis in die letzten Jahre arbeitete die Schauspielerin mit Peter Brook und im Raum Basel, wo ihr Sohn lebte. 1947 geboren als Kind eines schwarzen Vaters und einer jüdischen Mutter, wuchs Miriam Goldschmidt in Kinderheimen auf, bis sie adoptiert wurde. Lange in Berlin wohnhaft, verstarb die Schauspielerin am 14. August 2017 in einem Lörracher Hospiz an ihrer Krebserkrankung.

(Theaterlexikon der Schweiz online / Berliner Zeitung / Spiegel / WDR / Tagesspiegel / eph)

 

Zwei Inszenierungen von Peter Brook mit Miriam Goldschmidt hat nachtkritik.de besprochen: "Der Verwaiser" bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen (2013) und die Recherche "Warum Warum" (2008).

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Kommentare  
Miriam Goldschmidt verstorben: Abschiedsgruß
Eine ganz wunderbare Persönlichkeit.
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