Kein Stimmentausch, nirgends

9. September 2017. Hinter der Wahlstimmen-Tauschbörse VoteBuddy.de stecken Peng! und andcompany&Co. Das teilten beide Kollektive in einer Presseerklärung mit. Die Plattform, die am vergangenen Montag online gegangen war und binnen kurzer Zeit rechten Kreisen als Aufreger diente, wollte Nichtwähler*innen die Möglichkeit geben, ihre Stimme zur Bundestagswahl an Nichtwahlberechtigte abzutreten. Doch das Tool ist jedoch lediglich eine Attrappe, tatsächlich findet keine Vermittlung und kein Stimmentausch statt, das ist nun klar.

"Mit der Aktion wollen Peng darauf aufmerksam machen, dass in Deutschland etwa 9 Millionen Erwachsene leben, die von den Wahlen ausgeschlossen sind", heißt es in der Presseerklärung, "diese Menschen leben teilweise seit Jahrzehnten in Deutschland und sind Teil dieser Gesellschaft. Trotzdem haben sie keine Möglichkeit, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen (...) Aber wie repräsentativ ist eine Demokratie, die mehr als 10 Prozent der Bevölkerung vom Wahlrecht ausschließt?"

Das Peng? Collektive schaltete auf Facebook Werbung für das Onlineportal, wo es dann sehr bald von rechten Kreisen gefunden und kontrovers diskutiert wurde. Die Empörung schwappte über in rechte Szeneblogs und wurde von dort aus weiterverbreitet unter anderem von der Identitären Bewegung, Erika Steinbach und Bernd Lucke.

Weiter heißt es von Peng!, dass das Angebot von VoteBuddy klar gegen deutsches Recht verstoßen habe. "Die Aktion soll zum Denken anregen und auf eine diskriminierende Praxis in unserem Wahlsystem aufmerksam machen. Selbstverständlich ist VoteBuddy keine Lösung für das Problem", wird Sara Conti von Peng! zitiert. Der Bundeswahlleiter hat am Mittwoch angekündigt, gegen die Seite juristisch vorgehen zu wollen. In der Folge wurde die Facebook Seite von VoteBuddy gesperrt.

andcompany&Co., mit der Peng! für diese Aktion zusammengearbeitet hat, will die Idee des Stimmentauschs auf der Bühne spielerisch ausprobieren. Der Abend "Wahlokratie: fin de partie" ist für den 19. September in der Dreikönigskirche Dresden angekündigt und ist Teil der Eröffnung der neuen Spielzeit am Staatsschauspiel Dresden unter dem neuen Intendanten Joachim Klement.

(andco.de pen.gg / sik) 

 

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Kommentare  
VoteBuddy: zu früh publik gemacht
Eigentlich nur schade, dass der Fake jetzt schon amtlich publik gemacht wurde. Es wäre deutlich besseres Theater entstanden, wenn man diesem weiterhin gewisse Kreise hätte auf den Leim gehen lassen, die nicht imstande sind zu sehen, was ja jedem klardenkenden Menschen auch so offensichtlich war. Und wer auf so einen Fake reinfällt, outet sich als unwählbar. Das finde ich nützlich. Und das wäre weitere 2 Wochen nützlich gewesen.
VoteBuddy: Kunscht wie Politik
Mein Sohn gibt zu bedenken, dass er nunmehr lieber nicht zur Wahl gehen wollen würde, weil man nun auch hier nicht mehr wissen kann, ob es nur eine Fake-Kunscht ist, der man sich dann als Mitmacher unfreiwillig zur Verfügung stellen würde... Was soll ich ihm sagen, um ihn vom Wählen wieder zu überzeugen?
VoteBuddy: PR-Aktion
Superschade, dass fast alles Aktivistische, dass die Theatermenschen von Peng über ZPS zu Andcompany und Rau betreiben, immer wieder zu faden PR-Aktionen verkommen muss. Andcompany bewirbt mit dem Oberlehrerhaften Outing sogleich die nächste Premiere? Im Ernst? Entweder verschlüsselt lassen oder von Anfang an mit offenen Karten spielen - sonst bleibt's eitel.
VoteBuddy: keine Desinformation
Die WAHLOKRATIE: fin de partie von andcompany&Co. ist keine Premiere eines neuen Stückes, das im Repertoire des Staatsschauspiels läuft, sondern eine einmalige Aktion, in der die Idee des Stimmentausches, die in Votebuddy virtuell simuliert wurde, real wird. Die Auflösung von votebuddy war von Anfang an geplant, das ist der Unterschied zwischen fake news und einer aufklärerischen Aktion, bei der es genau darum geht, den fake zu entlarven, statt Desinformation zu betreiben. Dadurch werden Lernprozesse initiiert, die keiner Belehrung von oben bedürfen. Sie gehen aus von einer "Gleichheit der Intelligenzen" (Ranciere).
VoteBuddy: Frage
Erinnert mich irgendwie daran, dass zwei Parteien mit unterschiedlichen Interessen einen Fake-Rassisten in eine Stammtischrunde einschleusen, um die allgemein unzufriedenen Laberer mit waschechtem Rassismus zu infizieren und entsprechend gezielten Taten anzustiften. -
ABER: nur zu dem einzigen Zweck, eine antirassistische Theaterinszenierung aus einer Recherche machen zu können, deren Authentizität zunächst erst einmal kontrolliert hergestellt wurde - Wieso finde ich das total eklig?
VoteBuddy: digitale Bühne
Ich find's lustig - vor allem auch das Twitter-Duell von Peng und dem Bundeswahlleiter: https://twitter.com/pengberlin?lang=de
So bespielt man die "digitale Bühne"!
VoteBuddy: Belehrung von oben
"Die Auflösung von votebuddy war von Anfang an geplant, das ist der Unterschied zwischen fake news und einer aufklärerischen Aktion, bei der es genau darum geht, den fake zu entlarven, statt Desinformation zu betreiben. Dadurch werden Lernprozesse initiiert, die keiner Belehrung von oben bedürfen. Sie gehen aus von einer "Gleichheit der Intelligenzen" (Ranciere)." -
Da bin ich mal gespannt, ob Björn Höcke und Consorten jetzt was gelernt haben, ohne einer Belehrung von oben bedurft zu haben. Nach Ranciere. Ich freue mich schon darauf. Habe aber meine Zweifelchen. Nach Machiavelli.
Mal sehen, ob diese Aktion die Förderpolitik für Freies Theater der nächsten Jahre beeinflusst. Ich glaube: ja.
VoteBuddy: fake fake
Mich würde interessieren, wie Peng&Co. damit umgehen, dass die Rechten jetzt behaupten, auch Alice Weidels Nazi-Mail wäre ein fake von ihnen.
VoteBuddy: rechte Verschwörungstheorien
Weidels Email? Der Kommentar bezieht sich auf den rechtsradikalen Blogger Namens Berger. Der hatte mit Votebuddy einen der größten Klickerfolge seiner Karriere und will nun vermutlich weiter Traffic generieren. Auch in rechtsradikalen Kreisen ist Clickbait ein Thema.
Generell ist es nichts Neues, dass wir damit Teil des rechten Verschwörungsdiskurses sind (das waren wir auch mit fluchthelfer.in schon mal (zB hier https://www.unzensuriert.at/content/0018397-Steckt-rechter-US-Thinktank-oder-linkes-Revolutions-Kollektiv-hinter-Fluchthelfer). Wir sind seit langem schon eine Projektionsfläche für Nazis. Aber das ist nichts wozu wir Stellung beziehen müssten.
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