"Meine Sympathie gehört den Besetzern"

28. September 2017. Solidarisch mit den (vorerst ehemaligen) Volksbühnen-Besetzer*innen erklärt sich in der heutigen Print-Ausgabe Süddeutschen Zeitung (28.9.2017) Ex-Intendant Frank Castorf, der im Interview die Berliner Kulturpolitik kritisiert.

Die Besetzung sei "das Beste, was ich meinem Nachfolger Chris Dercon wünschen kann: dass nun alles durcheinandergeht", so Castorf. "Wütend" sei er auch nicht auf Dercon, sondern auf die Politik, namentlich Ex-Kulturstaatssekretär Tim Renner und den Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Fraglich sei die demokratische Legitimität, die der Neubesetzung der Volksbühnen-Intendanz zugrunde liege, – die Partei des Regierenden SPD-Bürgermeisters Michael Müller habe bei den Bundestagswahlen in Berlin "gerade mal 17,9 Prozent erreicht", so Castorf. Zweifel hat er auch, was "die Kompetenz derjenigen anbelangt, die Verträge ausstellten und zu verantworten haben".

Als eine "andere Form der Volksabstimmung" sei eine Besetzung des Theaters "erst mal hundertprozentig zu begrüßen". Aus Sicht eines Regisseur beurteilt Frank Castorf die Besetzung kritischer: Die Volksbühne sei "ein hochprofessionelles Kunstinstitut" und "Theater, wie ich es mache, vergleichbar mit Leistungssport". Daher befürchte er "einen schrankenlosen Dilettantismus, was das Künstlerische dort anbelangt". "Dennoch gehört meine Sympathie den Besetzern der Volksbühne", ergänzt er.

(Süddeutsche Zeitung / eph)

Kommentare  
Castorf zur VB-Besetzung in der SZ: Glitzer zu Staub!
Die Aktion halte ich vor allem deshalb für eine schlechte Inszenierung, da die Initiator_innen, entgegen ihrer Ankündigung, das Geschehen kontrollierten, alleine und heimlich verhandelten und mit den Hoffnungen und Träumen ihrer Mitbesetzer_innen spielten. Siehe den kritischen Kommentar: https://glitzerzustaub.wordpress.com/
Castorf zur VB-Besetzung: Die Schuld im Amt
Zerfleischt Euch nicht und nicht die anderen, nehmt dafür Müller und Renner, denn sind sind leider immer noch da und lachen über uns alle!
Verraten und verkauft, schönen Dank SPD seit 100 Jahren!
Castorf zu VB-Besetzung: Besetzung = Terror
Ich empfinde den gesammten VORGANG -schon vor der Besetzung -indiskutabel.Und Herr Castorf insceniert mit seinen Leute gleichzeitig am BE! Er hätte rübergehen sollen und Frieden machen,er hätte das gekonnt. Eine Besetzung ist KEINE Volksabstimmung und seinem Nachfolger schrankenlosen Dilettantismus vorzuwerfen ist unwürdig und unfair. Unter diesen unglaublichen Vorgängen überhaupt noch arbeiten zu können,zeugt von Charakter Dercons nicht von Castorfs.
Castorf zur VB-Besetzung: immoscout
Eben noch besetzt, steht die #Volksbuehne nun bei #immoscout zum Verkauf. Jetzt muss #Castorf nur noch zuschlagen + alles wird wieder gut.

https://twitter.com/search?f=tweets&vertical=default&q=%23Castorf&src=tyah
Castorf zur VB-Besetzung: in Zürich
#3 Sie wollen dich jetzt nicht ernsthaft Castorf für irgendwas haftbar machen oder gar ihm am Ende noch für den Ausgang dieser "Besetzung" zur Verantwortung ziehen. Castorf war eben nicht in Berlin. Er war in Zürich zu dieser Zeit. Die Proben am BE beginnen erst Mitte Oktober. Also hätte er sich in das nächste Flugzeug setzen sollen um nach Berlin zu kommen .... und dann?
Castorf zur VB-Besetzung: Klarstellung
Liebe(r) Lieneweg,
Ihre Meinung ist mir ziemlich egal, ich teile sie jedenfalls nicht.
Nur soviel: Sie kommentieren hier empört ein Interview, das Sie offenbar nicht gelesen haben (oder nicht verstanden).
1. Castorf probt gerade in Zürich (was kein marginaler Gegenstand des Gesprächs ist) und nicht "gleichzeitig am BE", weshalb er auch schwerlich "rübergehen" kann, selbst wenn er es wollte.
2. Castorf sagt im Interview, in Bezug auf die Besatzer bzw. auf ihre Performance: "Ich fürchte daher einen schrankenlosen Dilettantismus, was das Künstlerische dort anbelangt. Dennoch gehört meine Sympathie den Besatzern der Volksbühne."
Der Kontext erschließt sich auch aus obiger Zusammenfasung.
Wie kommen Sie nun darauf, Castorf zu unterstellen, er würde Dercon besagten Dilettantismus vorwerfen... Nächstes Mal: Erst lesen, dann meckern.
Castorf zur VB-Besetzung: Antwort
Castorfs Premiere in Zürich war letzte Woche und er hat in BERLIN zu dieser seiner Inscenierung wunderbare Sachen gesagt: "Die Demütigung ist die schrecklichste aller menschlichen Kräfte" und er spricht über "die unsägliche Überheblichkeit unserer westlichen ,liberalistischen Gesellschaft,in der es nur darum geht die eigene Hierarchie zu finden".
Diese seine Worte stelle ich als Antwort auf das gesammte Geschehen um seine Nachfolge an der Volksbühne.

Liebe/r Lieneweg:
um mal spitzfindig zu sein: Die Premiere in Zürich fand nicht letzte Woche, sondern am 1.10. statt. Hier unsere Kritik: http://bit.ly/2x9l5MU
Herzlich
miwo/Redaktion
Castorf zur VB-Besetzung: Unterschied
#6: Selbst wenn Castorf am BE oder sogar im Haus selbst geprobt hätte: Wer sich da stören ließe von derartigen Besetzungs-Sachen, probt irgendwie gar nicht richtig. Und genau das unterscheidet diese Besetzung als vermeintliche "Inszenierung" von echter Theaterarbeit. Ich denke, das könnten sehr gute Schauspieler auch bestätigen.
Castorf zur VB-Besetzung: Lieneweg
Frau Lieneweg hat zum offenen Brief gegen die AfD als Leitung des Kulturausschuss hier verkündet, die "Kulturschaffenden" haben „durch die Besetzung der Volksbühne haben sie sich, für mich,jede demokratische Initiative verspielt. Man kann nicht Terror machen und dann wieder Demokratie benutzen wollen."
Eine dumme Verallgemeinerung (hahen Khuon, Langhoff, Oberender besetzt?) und so reaktionär, dass mir schlecht wird.
Castorf zur VB-Besetzung: schwächer
Ich finde auch, dass Castorfs Position in diesem Streit durch sein Engagement am Berliner Ensemble arg geschwächt ist. Oder kann mir einer erklären, warum er nun ausgerechnet unter dem Intendanten Oliver Reese in Berlin inszeniert? Die beiden haben nun wirklich gar nichts miteinander zu tun. Weder biografisch noch inhaltlich oder ästhetisch. Mir bleibt nur übrig zu denken, dass es monetäre Gründe hat.
Castorf zur VB-Besetzung: sonnenklar
#10: Offenbar inszeniert er am BE, weil Reese ihn dafür unter Vertrag genommen hat. Vielleicht hat Reese noch nicht begriffen, was er damit getan hat und wie ihn das schwächen wird in seiner Intendanz. Castorf inszeniert dann im Grunde "Renner und die Folgen - nicht nur für die VB", was immer er dort inszeniert. Und das hat in dem Fall m.E. keine monitären Gründe, sondern ist künstlerische Selbstverteidigung gegen dumme Kultur-Politik. Für die monitären Gründe kann Castorf inszenieren wo immer er will. Es ist doch sonnenklar, dass Castorf, wenn man schon anderes mit der VB vorhat, das BE hätte bekommen müssen mit der "Auflage", dort einen Nachfolger für sich als Intendant heranzuziehen. Er hätte dann am "eigenen" Haus in die Regie zurücktreten können und hätte das bestimmt auch getan. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er vorhatte ein Intendant nach Peymanns Vorbild zu werden...
Castorf hatte als Künstler UND Intendant es weder nötig Dercon noch Reese als neuen Vorgesetzten akzeptieren zu müssen.
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