Für Freiheit und Vielfalt in Kunst und Kultur

Berlin, 30. September 2017. In einer parteiübergreifenden Initiative haben Kulturschaffende und Politiker davor gewarnt, der AfD den Vorsitz im Kulturausschuss des Bundestags zu übertragen. "Mit der AfD wird nun erstmals wieder eine rechtsradikale Partei in den Deutschen Bundestag einziehen" und es "darf nicht passieren, dass beim Kampf um Einflusssphären die AfD an einer der sensibelsten, wichtigsten Stellen unseres parlamentarischen Systems ihr nationalistisches Gift in die Debatten injiziert", heißt es in dem Offenen Brief an den Ältestenrat des Bundestags (hier der komplette Wortlaut).

Es müsse deshalb verhindert werden, dass die AfD den Vorsitz des Kulturausschusses besetze. Zu den zwei Dutzend Erstunterzeichnern gehören unter anderem Amelie Deuflhard, Shermin Langhoff, Ulrich Khuon oder Thomas Oberender.

(kulturausschuss-schuetzen.de / sik)

Mehr dazu: Interview mit Erstunterzeichnerin Tanja Dückers im Bayrischen Rundfunk vom 29. September 2017

In einer parteiübergreifenden Initiative haben Kulturschaffende und Politiker davor gewarnt, der AfD den Vorsitz im Kulturausschuss des Bundestags zu übertragen. Es dürfe nicht passieren, dass eine "rechtsradikale Partei" an einer der sensibelsten Stellen des parlamentarischen Systems ihr "nationalistisches Gift" injiziere, heißt es in einem Offenen Brief an den Ältestenrat des Bundestags. – Quelle: http://www.ksta.de/28500082 ©2017

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Kommentare  
Offener Brief Kulturausschuss: kontraproduktiv
Die Initiative warnt ja gar nicht, sondern sagt fordernd: „es m u s s verhindert werden“. Das ist ein Unterschied zwischen Warnung und Aufruf.
Obwohl sehr viele jüngere Leute Unterzeichner sind, wie man aus den verzeichneten Vornamen sieht, haben auch sie keine Schwierigkeiten, sich explizit an den Ältestenrat des Bundestages zu richten und nicht bzw. lediglich nachrichtlich, an die bestehenden Fraktionen.
Das heißt als Geste: k e i n e r der Fraktionen wird mehr zugetraut, ihren parlamentarischen Einfluss in der Sache einer Verhinderung der Besetzung des Vorsitzes des Kulturausschusses geltend machen zu können.
Dafür wird den Dienstältesten des Bundestages zugetraut, ihren Einfluss auf die Fraktionen geltend machen zu können. Das ist in etwa so, als wenn man am Ende seines Selbstwertgefühls Papi bittet, den Lärm am Familientisch durch ein Machtwort zu beenden, damit alle in Ruhe an ihr ihnen zustehendes Filetstück kommen...
Warum brauchen die Unterzeichner eigentlich einen ganzen Bundestag mit real existierenden Fraktionen, wenn ihnen der Ältestenrat des Bundestages schon als Instrument der Demokratie ausreicht?
Und warum schicken sie nicht Nachrichtlich ihren Brief auch an die AfD, die keine verbotene Partei ist, nun einmal im demokratischen Verfahren in den Bundestag gewählt wurde und um deren eventuelle Vorsitzansprüche im Bundestag es ihnen doch nun einmal geht?
Aus meiner Sicht ein kontraproduktives Unternehmen.
Gerade wenn es um den internationalen Kulturaustausch geht, den es in der Tat zu schützen gilt: Wir leben in einer Demokratie.
Noch.
Und wenn es die Koalitionsverhandlungen so ergeben, dass bedauerlicherweise die AfD den Vorsitz des Kulturausschusses bekommen sollte, dann muss man als KünstlerIn sich damit abfinden, dass man es mit ihren Vertretern zu tun bekommt, wenn man seine Projekte durchsetzen möchte oder muss andere als staatliche Finanzierungsmöglichkeiten finden und ansonsten daran arbeiten, Wähler zu überzeugen, dass die AfD wegen ihrer nationalistischen Bestrebungen und - bitteschön das darf man doch ganz eindeutig festgestellt haben - vor allem ihrer extrem schlechten öffentlich-parlamentarischen, kulturlosen Umgangsformen eben KEINE Alternative für eine vernünftige, nach innen und außen friedvolle Ausgestaltung des Staates sein kann.
Diese Wähler überzeugt man garantiert nicht dadurch, dass man vom Bundestag nur noch den Ältestenrat als verbleibendes demokratiefähiges Machtinstrument akzeptiert.
Und es wäre ebenso nützlich, sich zunächst einmal selbst zu fragen, was man denn VOR der Bundestagswahl mit diesem nunmehr realen Ergebnis künstlerisch getan hat, um es zu verhindern. Jajajjajaja: selbstverständnlich nur Richtiges, nein, das Richtigste überhaupt! -

Ich fände es fantastisch, wenn nicht immer sogleich TheaterintendantInnen oder AutorInnen auf der Matte stünden, um ihre politischen Gesinnungsbekenntnisse öffentlich zu verbreiten. Vor allem nicht, wenn der Präsident des Deutschen Bühnenvereins als Arbeitgebervertreter der Theater es schon sozusagen stellvertretend institutionell für alle Theater tut und man eventuell auch zunächst intern seinen zuständigen PEN auffordern könnte, sich etwas einfallen zu lassen, um hier Literaturbetrieb gegenüber dem neuen, zu erwartenden Bundestagsgefüge zu positionieren.

(Bitte vielleicht eher nicht veröffentlichen (?), es musste nur raus - ich überleg, ob ich es Claudia Roth zur Kenntnisnahme so schicke..., kein guter Zug von ihr, auch nicht für Koalitionsverhandlungen - aber was geht mich grüne Politik an -gar nichts- spam? - also doch bleiben lassen, ich kann jetzt nicht noch per Mail autorisieren - nervt D.)
Offener Brief Kulturausschuss: K & K
Sehr verehrter, lieber Herr Khuon –

was haben Sie da nur unterschrieben? Sie wollen eine in den Deutschen Bundestag gewählte Partei vom Vorsitz eines Ausschusses des Deutschen Bundestages ausschließen? In diesem Fall des (für das Volkswohl nicht sonderlich bedeutenden) Kulturausschusses? Mit welchem Recht? Und die Adressaten Ihres Offenen Briefs, in dem Sie diese Forderung erheben, sind ausgerechnet Mitglieder derjenigen Parteien, die (mit rühmlicher Ausnahme der Linken) den Erfolg der AfD überhaupt erst bewirkt haben?
Die jahrzehntealte menschenfeindliche Arbeits- und Sozialpolitik des Parteienkartells aus CDUCSUSPDFDPGRÜNE, die reaktionäre Finanz- und Lohnpolitik dieses Kartells, seine unbeirrbare auswärtige Ausbeutungs- und Aggressionspolitik und die mit diesen Politiken einhergehende zunehmende Unterwerfung gesellschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten unter das Ökonomiediktat eines angeblich alternativlosen neoliberalen Wirtschaftlichkeitsdenkens – diese Elemente, und nicht die AfD, haben "die Grundsätze unseres Miteinanders in diesem Land gefährdet", wie es in Ihrem Offenen Brief in ebenso pathetischer wie phrasenhafter Form heißt, und zwar lange, bevor die AfD existierte; sie haben die AfD hervorgerufen und gestärkt, wie immer unberechtigt auch die Hoffnungen sein mögen, die ihre - zu Recht! - zornigen Wähler in diese Partei setzen. Weder die Mitglieder des Kulturausschusses des Deutschen Bundestages noch die jeweiligen "Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien" haben je in vernehmlicher Form ihre Stimme gegen die Ursachen dieser Entwicklung erhoben (wie denn auch, waren sie doch stets die Agenten ihrer Parteizentralen) – aber nun, nachdem der Patient Volk trotz aller massiven kulturellen und medialen Betäubungsversuche sein Gefühl für Wirklichkeiten immer noch nicht völlig verloren hat und die Folgen dieser Ursachen zutage treten, nun sollen Ihrer Ansicht nach just diejenigen es richten, die für den Schlamassel verantwortlich sind? Diese Ihre eigene, unwirkliche Spielart des "Populismus", um eine in Kreisen Ihrer Mitunterzeichner derzeit angesagte Denunziation wirklichkeitsnaher Äußerungen von links wie rechts zu verwenden, wird durch die Wahlergebnisse zur Gänze ausgehöhlt. Die "Kraft der Kultur", der "Erhalt unserer demokratischen Werte", die "Freiheit von Kunst und Medien" – woher beziehen Sie, ein verdienter Theatermann, angesichts unserer fatalen Lage den Mut zu derartigen Abgedroschenheiten? Aus Polen? Aus Ungarn? Aus der Türkei? Aus Myanmar? Ich befinde mich, noch für ein paar Tage, in Griechenland. Glauben Sie mir, von hier aus betrachtet, ist die AfD bereits seit längerem die Regierungspartei der Bundesrepublik Deutschland. Fordern Sie die künftigen Koalitionspartner auf, eine Politik zu entwickeln, die diesen Eindruck unmöglich macht. Und gestatten Sie mir zum Schluß noch die Anmerkung, daß ein europäisches Land, das es nicht fertiggebracht hat, Edward Snowden Asyl zu gewähren, schlecht von sich behaupten kann, in ihm gäbe es noch viel zu verlieren.

Ich grüße Sie –

Frank-Patrick Steckel.
Offener Brief Kulturausschuss: verspielt
Wie sich der jetzt kommende Bundestag zusammensetzt und damit ja unser Land regiert,ist erschreckend. Viele der Kulturschaffenden haben die Wahl eher als Jux gesehen - siehe "Die Partei". Nun wollen sie verhindern, dass die AfD den Kulturausschuss übernimmt, was ich verstehe. Nur : durch die Besetzung der Volksbühne haben sie sich, für mich,jede demokratische Initiative verspielt. Man kann nicht Terror machen und dann wieder Demokratie benutzen wollen.
Offener Brief Kulturausschuss: kulturelle Werte
#3: Es haben ja nicht "viele der Kulturschaffenden" die Volksbühne besetzt, können sich also dadurch auch nicht ihre demokratische Initiative verspielt haben. Es braucht in einer Demokratie auch keiner "demokratischen Initiativen", das braucht es nur in Diktaturen und anderen tyrannischen Regimes.
Also weder Ulrich Khuon noch Shermin Langhoff noch Frau Dückers zum Beispiel haben die Volksbühne besetzt. Auch unter den ca. 15 000 Unterzeichnern habe ich keine explizit als Kulturschaffende tätige Menschen gefunden, ich kenne einige... Keiner von denen, die ich kenne, hat die Wahl oder auch nur die AfD als Jux gesehen.
Im Übrigen kann man auch "Terror" machen und dann trotzdem wieder Demokratie benutzen, sonst dürfte niemals und nirgendwo auf der Welt ein Krieg jemals beendet worden sein. Und "Terror" hat auch unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten. Für Menschen in ohnehin unsicheren oder unwirtlichen Lebensräumen ist Krieg Terror, für unsere mitteleuropäischen Bevölkerungen sind Terror-Anschläge in unseren Städten Terror. Für mich in meiner kulturvollen Gemütlichkeit lebend, ist schon Terror, wenn ein gerade gewählter, mein Land zukünftig u.a. repräsentierender Politker seinen nunmehr sofortigen Politiker-KollegInnen entgegenschleudert, er würde sie "jagen" wollen - lebt der noch im steinzeitlichen Urwald oder was? Will der so etwas von kulturellen Werten vermitteln, die für uns gelten sollten?
Gut, er ist nicht allein. Zu anderen Umständen und Sachverhalten wie z.B. Gebietsreformen haben auch Politiker anderer Parteien schon drauf gehabt, zu sagen, sie "würden da nicht unbedingt mit einer Machete" durch vorhandene Vorbehalte der Bürger gehen wollen (impliziert, aber wenns nicht anders geht, schon...)-
Sprache kommt immer wo her. Sie zeigt IMMER wessen Geistes Kind jemand ist. Der Vorteil: Man kann sie schulen. Das verändert einen - ob man will oder nicht! - auch bis in den Geist. Insofern besteht Neu-Politikern wie Herrn Gauland erfreulicherweise noch die Menschwerdung bevor.
Offener Brief Kulturausschuss: Opposition
Sehr geehrter Herr Steckel, vielen Dank für Ihre Argumentation. Leider haben es die Nazis geschafft, Teile und Begrifflichkeiten daraus in ihrem Sinne umzudeuten. Daher stellt sich die Frage, wie progressive Opposition gegen das Neoliberale-Wettbewerbsfähigkeits-Wirtschaftsstandort-Alternativlosigkeits-Narrativ neu formuliert werden kann. Sie haben recht, unser Hauptproblem sitzt weiterhin in Staatskanzleien, Wirtschaftslehrstühlen und Chefetagen. Doch kann eine öffentlich geförderte Institution wie ein Stadttheater (und auch der Bühnenverein) überhaupt und konsequent "jetzt erst recht" sagen? Oder reduzieren wir uns nicht selbst darauf, das kulturelle Rahmenprogramm für die aktuelle Politik zu sein? Wie froh wir waren, 2015/16 mal ein richtig "relevantes" Thema beackern und integrativ wirken zu können. Doch wo blieben denn die Aufschreie nach der Wende in der Flüchtlingspolitik? Linke Politik ist doch ebenso defensiv wie Theater, die hoffen, dass der Sparkelch nochmal an ihnen vorübergeht
Offener Brief Kulturausschuss: Rahmenprogramm
Zu #5: Die Bundesregierung, die Länderregierungen und alle ihnen angegliederten Verwaltungsstrukturen sind ihrerseits "öffentlich geförderte Institutionen"- wir zahlen diese Leute, ihre Gehälter, ihre Pensionen, ihre Etats usw. Wenn wir uns zum "Rahmenprogramm für die aktuelle Politik" erniedrigen, sind wir selber schuld.
Offener Brief Kulturausschuss: Zustimmung
Lieber Herr Steckel,
das meine ich ja. Vor dem Hintergrund auch spannend das Interview mit Milo Rau: https://www.woz.ch/-80fc Gerade weil er ja bald seine Intendanz startet
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