Presseschau vom 23. November 2017 – Die Medien über die Aktion des ZpS, neben Björn Höckes Wohnhaus ein Holocaust-Mahnmal zu errichten
Denkmal vor Höckes Haus
Denkmal vor Höckes Haus
23. November 2017. Ein Holocaust-Mahnmal hat das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) vergangenen Mittwoch neben dem Wohnhauses des AfD-Politikers Björn Höcke im thüringischen Bornhagen errichtet. Erinnern möchte das ZPS damit an Höckes Dresdener Rede Anfang des Jahres: In dieser hatte Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal als "Denkmal der Schande" bezeichnet, das die deutsche Geschichte "mies und lächerlich" mache. Wie reflektieren und kommentieren die Medien die neueste ZPS-Aktion gegen Rechtsextremismus?
Im Interview mit der Berliner Zeitung (23.11.2017) erklärt und verteidigt Philipp Ruch vom ZpS die Aktion: "Wir bedrohen unseren Nachbarn nicht. Wir sind interessierte Mieter und Nachbarn und verschönern unseren Garten mit Kunst. Innerhalb der Bauordnung stören wir niemanden." Und: "Wir stellen mit der halben Zivilgesellschaft im Rücken auf unserem angemieteten Grundstück das Holocaust-Mahnmal auf. Wie das jeder anständige Bürger tut, der mit halbwechs wachem Verstand die Dresdner Rede gehört hat. Das können wir nicht einfach auf sich beruhen lassen." Widmann fragt weiter: "Sind Sie verrückt, Herr Ruch?" Worauf er antwortet: "Ich bin vernünftig." Und dass Größenwahn die Grundkraft des Zentrums für Politische Schönheit sei.
Für Spiegel Online (22.11.2017) berichtet Peter Maxwill, was in Bornhagen nach Bekanntgabe der Aktion los ist: "Am Mittag wird der Auflauf vor dem Haus der Höckes immer größer. Ein halbes Dutzend Einsatzwagen stehen inzwischen da, das Ordnungsamt ist vor Ort, überall laufen Reporter und Kameramänner umher. Vor dem Haus der Aktivisten rottet sich am Nachmittag ein aufgebrachter Mob zusammen, ein Polizist rechnet sie der AfD zu." Die ZpS-Aktivisten wollen "kein Holocaust-Museum und erst recht keinen Publikumsverkehr", denn das würde bei einem Teil ihrer Arbeit als "zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutz" stören. "Gegen Nazis wenden wir Nazimethoden an", wird ZpS-Aktivist Morius Enden zitiert. Spon schreibt dazut: "Das klingt kernig - aber es beantwortet nicht die Frage, ob die Lage in Deutschland tatsächlich so ernst ist, dass im politischen Gefecht auch das Privatleben angegriffen werden darf." Eine Bornhagener Rentner wiederum begrüßte Journalisten mit den Worten: "Ich muss jetzt mal 'nen Knüppel herholen. Früher hätt' ich euch mit der Schlinge weggefangen!"
"Ist es nicht am Ende Höcke selbst, der sich als Opfer einer linksgrünen Schmutzkampagne inszenieren kann – und von der Aktion womöglich noch profitiert?", fragt der Spiegel Online Text. Diese Kritik bringt der Aktion auch Andrian Kreye in der Süddeutschen Zeitung (23.11.2017) deutlich entgegen: "Die Opferjammerlappen der AfD aber ließen die Chance nicht ungenutzt: Sie beklagten die linke Gesinnungshetze und die Übergriffigkeit der Aktion. Ausgerechnet Björn Höcke, der in seiner Partei doch schon an den Rand gedrückt war, darf sich jetzt also als Verfolgter stilisieren." Kreyes Fazit: "Ein größeres politisches Geschenk hätte ihm das Zentrum für Politische Schönheit nicht machen können."
Auf Faz.net (23.11.2017) heißt es: "Kritik an der Aktion der Gruppe entzündet sich vor allem an der Behauptung des ZPS, den AfD-Politiker vom angemieteten Nachbargrundstück aus seit zehn Monaten zu observieren." Die Polizei prüfe derzeit, ob dabei ein Strafbestand vorliege, wie eine Polizeisprecherin sagte. "Bei der Aufforderung, Höcke solle vor dem Denkmal in Berlin oder dem Nachbau auf die Knie fallen und um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs bitten, andernfalls werde man die gesammelten Informationen über ihn veröffentlichen, liege der Anfangsverdacht der Nötigung vor. Bei der mutmaßlichen Beobachtung könne es sich um Nachstellung – also Stalking – handeln", so die FAZ.
"Ruch spricht von einer 'privaten Gartengestaltung'. Die Polizei sei vorab informiert worden und mit einem Streifenwagen vorbeigekommen, alles habe seine 'gute deutsche Ordnung'", wird Philipp Ruch von Patrick Wildermann im Tagesspiegel (23.11.2017) zitiert. Sie wohnten seit zehn Monaten "Zaun an Zaun zum Posterboy der Rechten" und beobachteten seitdem aus der Nachbarschaft das Treiben des thüringischen AfD-Partei- und Fraktionschefs, so das ZpS-Video, schreibt Wildermann und fasst die Ereignisse nochmal im Text zusammen.
Noch einmal auf Spiegel online (23.11.2017) kommentiert Christoph Twickel: "Das Zentrum für Politische Schönheit zahlt mit seiner Höcke-Belagerung voll auf den Opferkult der AfD ein. Das soll kein Argument sein, antifaschistische Aktionen zu unterlassen. Diese hier allerdings tut so, als hinge von dem Kniefall eines rechtsradikalen Pimpfs irgendetwas ab."
Noch einmal in der Süddeutschen Zeitung (24.11.2017) diesmal auf der Meinungs-Seite des Politik-Teils, kommentiert Jan Heidtmann die Aktion: Der Vorwurf ans ZPS die AfD und Höcke erst wieder an die Öffentlichkeit gezerrt zu haben, sei falsch: "Zum einen steht Höcke in der AfD nicht im Abseits, er ist Partei- und Fraktionschef in Thüringen, im Fall von Neuwahlen hat er bereits angekündigt, für den Bundestag kandidieren zu wollen. Zum anderen sollte spätestens seit der Bundestagswahl klar sein, dass die Rechtspopulisten nicht weggeschwiegen werden können", so Heidtmann: "Das Gegenteil ist richtig, die Auseinandersetzung muss immer wieder geführt werden." Das ZPS habe genau das getan: "Sie sind mitten ins Eichsfeld gegangen, dorthin, wo sich die Rechten gerne tummeln. Die AfD und Höcke dabei noch einmal mit seiner unsäglichen Aussage zum Holocaust-Gedenken zu konfrontieren, ist richtig. Oder glaubt wirklich jemand, dass dessen Haltung in der Partei keine Rolle mehr spielt?"
"Auf die Radikalisierung der politischen Verhältnisse antwortet das ZPS mit einer Verschärfung der ästhetischen Mittel", analysiert Harry Nutt in der Berliner Zeitung (24.11.2017). Ihr künstlerisches Risiko liege am Ende nicht nur in einer möglichen Strafverfolgung, sondern auch in einer Ermattung der Reize, die sie hervorzurufen beabsichtigen. "Dabei war es doch immer ein ganz besonderes Anliegen der Kunst, die Grenzen des Schönheitsempfindens zu erweitern."
"Was wäre das Denkmal wert ohne die rechte Randale? Ohne die rechten Trolle im Netz, die dafür sorgten, dass der YouTube-Kanal des ZPS am Mittwochnachmittag zwischenzeitlich gesperrt wurde – wegen angeblicher 'schwerwiegender Verstöße' gegen die Richtlinien der Plattform", fragt Brigitte Werneburg in der taz (25.11.2017). "Das Niveau, auf dem das Zentrum agiert, beschreibt ZPS-Aktivist Morius Enden gegenüber dem Spiegel so: 'Gegen Nazis wenden wir Nazimethoden an.'"
Als "Opfer" des ZpS gelte Björn Höcke auch deshalb, "weil sich viele Medien auf die Täter-Opfer-Verdrehung einlassen", kommentiert Katja Thorwarth für die Frankfurter Rundschau (27.11.2017). Die Kunstaktion des ZpS werde, "wie merkwürdigerweise alles, was man gegen die AfD unternimmt/kommuniziert", in den "Tätermodus gedreht". Die allgemeine Kritik, so Thorwarth, ziele vermutlich auf "das Diskreditieren eines linken Protestes, mit dem Konservative immer ein Problem haben".
"Hätten sie das doch weggelassen!" – so laute der kritische Tenor zur möglichen Überwachung von Björn Höcke durch den sogenannten "Zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutz". Vielleicht sei es aber gerade dieser Teil der Aktion der über den "gelungenen Denkmal-Streich" hinaus für "Unverdaulichkeit" sorge, kommentiert Markus Reuter auf netzpolitik.org (28.11.2017): "Kunst hat nicht die Aufgabe, gefällig zu sein, sondern kann die Komplexität der Gesellschaft darstellen." Gerade durch die Grenzüberschreitung – mit der das ZPS auch das Versagen des Verfassungsschutzes im Fall des NSU kritisiere – zeige das Künstlerkollektiv, "wie unangenehm und befremdlich Überwachung eigentlich ist. Und wie illegitim." Die anlasslose Aufzeichnung aller Bürger, durch Videoüberwachung auf Bahnhöfen, Staats-Trojaner oder Konzerne wie Facebook und Google, genieße hohe Zustimmungsraten. "Aber ausgerechnet bei der Überwachung von Deutschlands bekanntestem Rechtsradikalen kommt der Aufschrei", schreibt Reuter. "Ein Aufschrei von ganz weit rechts bis in die Feuilletons."
Freude über den kühnen Mahnmals-Scherz und Unbehagen aufgrund der Beobachtung Höckes artikuliert Michael Angele im Freitag (29.11.2017) und wünscht sich einen Abbruch der Aktion: "Im Rahmen des Möglichen hat sie ihren Zweck erfüllt." Und Wunder, wie sie nach dem "heilsgeschichtlichen Erbe" der Aktionskunst à Beuys und Schlingensief nötig seien, seien nicht zu erwarten – in einen "Kosmopoliten mit solider linksliberaler Orientierung verwandeln" werde sich Höcke nicht. "Eine Pointe der Aktion besteht darin, dass sie mit umgekehrten politischen Vorzeichen auch von den 'Identitären' stammen könnte, die sich auf gemeinsame Wurzeln in der 68er-Bewegung beziehen, genauer auf Guy Debords Spektakel-Begriff", so Angele. Aber das kommunikative "Spiel" von Rechten und Linken sei eben "auch Handlung und damit auch Gewalt, symbolische und reale".
Milosz Matuschek, Kolumnist der Neuen Zürcher Zeitung (8.12.2017), verteidigt das ZPS gegen seine Kritiker*innen: "Diese Aktion wirft ein grelles Licht auf vieles: dass Teile der AfD und Höcke-Fans auch gewaltbereit sind. Dass der Verfassungsschutz in Thüringen auf dem rechten Auge manchmal blind scheint. Dass die selbstbetitelten Anständigen in der Gesellschaft es sich in der Position des 'verantwortungsvollen Beschweigens' des aufhaltsamen Aufstiegs von rechts gemütlich gemacht haben." Vor allem aber demaskiere die Aktion eine tiefsitzende Unsicherheit über Grund und Möglichkeiten von Bürgerrechten, wie der Kunstfreiheit, und damit über die Basis des liberalen Staates. "Demokratie ist im Kern eine Kampfarena der Meinungen. Die Kunst ist (nicht nur, aber auch): ein Kampfmittel. Sie darf aufregen, schockieren, provozieren."
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das schreibe ich doch hier schon von anfang an - jedoch wird es gelöscht - bis es von PROMINENTER stelle etwas später - dann auch von nk als veröffentlichungswürdig nicht mehr ignoriert werden kann. (...)
das zps hat nun wirklich aber auch gar nix mit KUNST zu tun. es greift in die aktuelle tagespolitik ein und stärkt, wie eine "kraft, der man ja noch "gutes" unterstellen könnte, mit "bösen" mitteln das böse selbst ..." und macht nazi-methoden gesellschaftsfähig, weil sie ALLES ganz größenwahnsinnig + selbstbewußt legitim findet, wenn es gegen "nazis" verwendet wird. dazu bekommt sie auch noch große unterstützung von vielen seiten und etabliert letztendlich die nazis als opfer der "kunstfreiheit" ...
für mich ist dies das teufelszeug pur - wundert mich aber nicht, wenn fast alle psychologischen kenntnisse den aggressiven ideologien, die dahinter stecken "dienen" und die "einfachen" menschen dies sehr emotional und ohne theoretisches wissen darüber DURCHLEBEN.
es ist unerträglich der afd (auch noch mit dem anspruch der kunst) zum opfer-status zu verhelfen, weil dazu MITTEL gewählt werden, die EINDEUTIG auf stasi- und geheimdienst-methoden basieren und pure menschenverachtung praktizieren. (hätte diese aktion nicht vor den afd-BÜRO stattfinden können?)
ps.sich mit politik beschäftigen und die hintergründe + zusammenhänge verstehen zu wollen, scheint bei der mehrheit der künstler nicht sehr ausgeprägt - genauso wie das interesse der politik, die künstler für ihre FREIE talentförderung zu finanzieren ... wenn sich dies nicht ändert, wird sich eine kulturlose gesellschaft etablieren und die "ästhetik des widerstandes" wird durch die plumpen argumente der "alternativen" in schrecklichster deutscher tradition aus dem gesellschaftlichen leben verbannt. die humanistische "prominenz" MUSS sich mit der humanistischen basis solidaridarisieren und genau solche aktionen kritisch in die öffentlichkeit bringen - dafür ist es höchste zeit, wenn man die entwicklung betrachtet - der double-bind wahnsinn hat sich von seiner sensationsgier zu verabschieden und dafür GEIGNETE mittel zu finden: wahre schönheit und liebe! und kein spiel mit der konträren bedeutung dieser worte - sonder sie durch kunst erlebbar zu machen - und das geht NUR ohne stasi- und nazi-methoden!!!
Wie man an dieser Höcke-Aktion schon sehen kann-
die auserwählten dürfen sich natürlich über die private förderung freuen ...
interessant erschien mir auch, dass die schöpflin stiftung durch hans (schöpflin) mit der panta rhea foundation in den usa zu einem "bündel" zusammengefügt wurde ... und überhaupt kam mir die wortwahl irgendwie bekannt vor
..." Hans engagiert sich derzeit in einer neuen Initiative mit dem Titel Spore : eine kulturelle Plattform, die darauf abzielt, die Beziehungen zwischen dem zeitgenössischen Alltagsleben, der Kunst und der Natur neu zu definieren. Spore versucht, neue Synergien zwischen diesen drei jeweiligen Domänen zu aktivieren, während es in einem bestimmten Berliner Stadtteil verankert bleibt."
https://translate.google.de/translate?hl=de&sl=en&u=http://www.pantarhea.org/&prev=search
http://www.schoepflin-stiftung.de/mission---vision.html
aber auch das zps selbst ist ja sehr fleißig und bietet gerade jetzt - in der vorweihnachtszeit für jeden geldbeutel eine tolle palette von politisch-korrekten möglichkeiten an
https://deine-stele.de/
Mir fällt da der passsende Link ein:
https://www.youtube.com/watch?v=MlwHKphUU_Y
Allerding, wenn Wonder Woman das Original ist, mit einem Schild gegen ein Maschinengewehr - es gibt nicht Wundervolleres auf der Welt als dieses Traumbild. Bloß, ich hol mir lieber ein Autogramm von Gal Gadot als vom ZfPS, weil Schönheit kommt von Coolness. Alsi Wonder Woman ist Cool!
"Mir graut es vor dem Moment, in dem sich die immersive Ästhetik, die bisher nur Gruppen wie das Zentrum für politische Schönheit praktizieren, mit den essentialistisch-völkischen Angstszenarien der Identitären Bewegung verbindet. Mir graut es auch davor, dass das Schöne dann noch enger und selbstverständlicher zugleich das Gute sein soll und entsprechend alles, was nicht als schön und also auch nicht als gut empfunden wird, in seiner Existenz gefährdet ist. Dann droht ein in Form und Ziel martialischer Aktionismus, dann ist das lupenreiner Faschismus.
So ist die Idee eines ‚sensus communis‘ und einer Geselligkeit, bei der sich Menschen in der freien Begegnung mit etwas Schönem wechselseitig ineinander erkennen können, etwas gänzlich anderes als die Erfahrung einer Community, zu der man nur infolge exklusiver Teilhabe an Schönem gehört...
Das Denken in Communities und starken Gemeinschaften führt zu Elitarismus und Chauvinismus"
http://www.pop-zeitschrift.de/2017/11/07/die-wiederkehr-der-schoenheit-ueber-einige-unangenehme-begegnungenvon-wolfgang-ullrich07-11-2017/
diesen Text Herrn Gauland betreffend postete ein Dramaturg aus Kassel nach der Wahl auf Facebook:
"Wir werden die nicht jagen, ich werde die ficken, period. Vor laufender Kamera und mit Hirschgeweih, bis er mit den Worten der internationale um Gnade winselt. Mein Schwanz ist dann ein Soldat im dritten Weltkrieg und ich verlange Stolz für diese Leistung."
Da haben sie dann den gesamten künstlerischen Ansatz bildlich zusammengefasst. Nun müssen sie nur noch den Dreh organisieren und schon befinden wir uns im dritten Weltkrieg. Aber ich nehme an, sie haben Besseres zu tun.
@13 Das ist eine Konkretisierung. Sie sehen ja das Beispiel in @12, wie sehr Dramaturgien zum Missverständnis neigen. ich wollte vermeiden, dass irgendwer auf die Idee kommt, den hier erwähnten Geschlechtsakt vielleicht noch im Sprint vollziehen zu wollen. Mir macht das Angst, wie sehr hier zugespitzt wird.
Und in dem Zusammenhang verweisen sie zu Recht auf Oberender, der ja den Substanzwandel des Theaterbetriebs, im Übergang von den „Analog Nativs“ zu den „Digital Nativs“, beschreiben will, an derem Ende solche „Kunstäußerungen“ stehen, wie die vom ZfPS, die, wie Oberender bemerkt, ja nicht mehr textbasierte Werkarbeiten sind, sondern international im Netz nach allem Verfügbaren greifen und zu einem „Kunstereignis“ zusammenfügen. Hier sind die Ingredienzien Mahnmal, Brandt und Höcke, allesamt prominente Größen in der Weltöffentlichkeit. Diese Arbeiten werden mehr oder weniger gegen einen dramen-basierten Spielplan in Stellung gebracht, und sie werden als ein natürliches, ja geradezu unerlässliches Ergebnis einer Bekenntnissituation, die sich ausschließlich auf evaluierte Werte beruft, dargestellt, wohingegen die werk-immanente Kunstausübung als etwas „Westliches“, „Weißes“ degradiert wird, das ganz knapp an der Heimatkunst und Folklore vorbeimanövriert. Zudem tritt noch hinzu, dass Oberender die Sprache als Identifikation erheblich in Frage stellt, da sie seinen Ansprüchen nach Internationalität, Diversifikation und polyperspektivischer Kunstausübung nicht mehr genügen kann, da sie ja national konnotiert erscheint, was ein Drama, in einer Nationalsprache abgefasst, geradezu unmöglich, ja eventuell sogar rassistisch machen könnte.
Nun waren die herkömmlichen Spielpläne immer durchsetzt von internationalen Werken aus allen Sprachen und wurden lediglich in Übersetzungen präsentiert, um nur mal einen Denkfehler von Oberender aufzugreifen, der sich ja nur hinter seiner elaborierten Herrschaftssprache in seiner persönlichen Wissens- und Informationsüberforderung verbirgt. Demzufolge gewichtet er auch nicht hinreichend die Gefahren des von ihm beschriebenen Wandel, der in der Tat eine Verunmöglichung von „nationaler“ Kunst darstellen könnte, um an ihrer Stelle solche „evaluierten“ (Werte-) Ereignisse zu setzen, deren wahrer Wert jedoch sehr kritikwürdig ist. Und ob der versus einer textbasierten Kunstausübung tatsächlich fähiger ist eine komplizierte, politische Situation a priori besser verhandeln zu können, darf stark bezweifelt werden.
P.S.: Es versteht sich von selbst, dass jener Dramaturg, als ich anmahnte, dass solche öffentlichen Äußerungen nicht folgenlos bleiben dürften, mich entfreundete, mit dem Hinweiß, dass ich mit solchem Ansinnen den Wünschen der AFD nachkommen würde, was mir mehr als fern liegt. Ich wollte lediglich verdeutlichen, dass man mit einem solchen Ansatz, öffentlich vertreten, eigentlich keine Hochkultur mehr verantworten kann.
- Höcke
- Holocaustmahnmal
- NSU
- Brandt
Dass Höcke mit seiner Aussage des "Denkmals der Schande" daneben gegriffen hat, ist klar. Ob ein Beton-Denkmal das Gedächtnis an die Verbrechen der Vergangenheit lebendig und wach halten kann, darf und kann allerdings in meiner Wahrnehmung in Frage gestellt werden, ohne auf den Höcke-Zug aufzuspringen. Insofern hat das ZPS hier vielleicht schon etwas wieder lebendig gemacht, was sonst eben nur kalter Beton bleibt. Bloß, warum dann noch das Thema des NSU mit hineingenommen? Was hat der Holocaust mit dem NSU zu tun? Hat Höcke etwas mit dem "Thüringer Heimatschutzverein" zu tun? Steckte da nicht auch der (west-)deutsche Verfassungsschutz mit drin? Ist es nicht also auch eher absurd, dass jetzt die CDU Höcke in Schutz nimmt mit der Aussage, das ZPS habe "Stasimethoden" angewandt? Warum nur Stasi und nicht auch BND? Und was macht Brandt in diesem Kontext? Der hat seinen Kniefall ja nicht am Holocaustmahnmal gemacht, sondern am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos. Und es war eine spontane Geste, keine erzwungene oder geforderte. Humanismus, Mitgefühl, kann nur von innen heraus entstehen. Es ist die Entscheidung eines Einzelnen, der nur für sich selbst einstehen kann. Und damit zugleich symbolisch für die Weiterentwicklung einer friedlicheren Geschichte der Menschheit.
Die Überwachungsmethoden des ZPS sind natürlich kritisierenswert, aber sie sind ja, gerade auch in Bezug auf LINKEN-Politiker, Gang und Gäbe. Warum also nicht auch mal einen Rechten/Rechte observieren, anstatt ihn/sie in Mordaktionen mit einzubeziehen, lieber deutscher Verfassungsschutz?
Zudem ist es einerseits doch irgendwie auch fair, wenn einer, der im Namen einer Partei populistisch Angst zwischen Menschengruppen schürt, das auch mal selbst erfahren darf. Erfahren darf, wie sich das anfühlt, wenn man dazu auffordert, sich permanent gegenseitig zu beobachten. Die Zivilgesellschaft kommt meines Erachtens auch ganz gut ohne diesen Populismus aus. Insofern ist andererseits auch der Begriff des "zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutzes" des ZPS irreführend. Eine lebendige Zivilgesellschaft ist ja nun nicht das ausführende bzw. zuliefernde Organ des Verfassungsschutzes.
der Lolly steht beispielhaft für die Verhandlungsweise unter Kindern und hat als Pointe keinen direkten Bezug zu Höcke. Er verdeutlicht lediglich, die vollkommene Bedeutungslosigkeit, im Gegensatz zu Brandt, eines solchen Kniefalls. - Aber hören Sie einmal selber hinein in dieses kleine Hörbeispiel, mit dem das Zentrum für politische Schönheit seine investigative Recherchearbeit belegt, dann verstehen Sie leicht, was Asterix mit Infantilisierung meint.
https://deine-stele.de/wp-content/uploads/2017/11/audiowalk_das_hoecke_refugium_track_07.mp3
Zum Hörbeispiel bzw. im Theatersprech "Audiowalk" genannt. Auf diesen "Verkaufsschlager" springt das ZPS also auch noch auf. Aber ein Audiowalk ist ja nun eigentich etwas anderes. Man läuft durch eine bestimmte Umgebung und hört dazu eine Geschichte über den Ort, aus historischer und/oder aktueller Perspektive. Der Audiowalk des ZPS klingt eher nach Satire und in meinen Ohren beinahe auch schon wieder ähnlich wie populistisch, aber nicht analytisch. Da ekelt sich einer, aber was haben wir davon? Was lernen wir daraus? Nichts. Nur, dass sich einer ekelt eben. Ih, ein Nazi in Thüringen. Aber die laufen ja nun auch in Berlin Mitte rum, diese Afdler.
Doch, Kinder verhandeln so. Und reife Erwachsene lassen es sein, weil sie als Kind schon genügend gelitten haben!
Wenn eine gegen die wesentlich protestlos gesetzlich durchgewunkenen neuen anlasslosen Überwachungsmöglichkeiten des VS sichtbar die Möglichkeiten der Gegen-Überwachung dieser Möglichkeiten durch einen "Zivilen Verfassungsschutz" gezeigt werden sollen durch das ZfPS - was ja eine löbliche und realistische Intention wäre, WARUM muss man das am Beispiel Höckes zeigen???
Interessant, denn auch ich habe bei dieser Aktion an die "Spektakelgesellschaft" (Debord) gedacht. Die Aktionisten des ZPS bzw. linke Aktivisten und der Höcke bzw. die AfD belauern sich hier also gegenseitig. Bloß, worum ging es eigentlich nochmal? Nicht darum, die mediale Aufmerksamkeit zu erlangen, sondern um Menschen, die von populistischer Rede (geht rechts wie links rum) betroffen sind. Und Menschen sind keine Stelen aus Beton, sondern aus Fleisch und Blut und Gefühlen. Es fällt auf, dass das ZPS die mediale Hysterie bzw. Angstmache aufruft (das Gruselmärchen im Wald) und zugleich durch die Art zu reden (jedenfalls im Audiowalk) wieder abschwächt. Das kann und soll offenbar niemand ernst nehmen, denn es geht wohl eher um politische und ökonomische Analyse. Bzw. es geht AUCH darum. Denn zugleich brauchen Kinder wie Erwachsene offenbar solche Märchen, um "das Böse" auch in ihr eigenes Selbst zu integrieren und darüber in seiner manipulativen "Verführungskraft" abzuschwächen. Indem man die Vernunft dagegen setzt. Denn das größte Problem in unserer Gesellschaft ist nicht die Dummheit, sondern die Gedankenlosigkeit. Das heisst, dass Menschen nicht weiterdenken WOLLEN, es aber könnten. Und darüber die Verantwortung (für ihre Handlungen und Nicht-Handlungen) übernehmen könnten.
Ich glaube eigentlich, dass Menschen schon weiterdenken WOLLEN, es aber oft nicht können, weil Sie nicht ihre Gedanken zweckfrei austauschen können mit anderen.
Bloß, wer hat sich hier jetzt über wen gegenseitig aufgeregt? Nicht die jüdischen Überlebenden oder deren Hinterbliebenen über die Formulierungen Höckes (die sind ja nun auch schon lange her), sondern das ZPS über Höcke und Höcke über das ZPS. Anlass: Die Wahl der AfD in den Bundestag? Wenn ich Überlebende wäre, ich weiss es nicht, aber ich würde mich wohl über beide "Parteien" in dieser Aktion wundern. Denn letztlich kann nur der über Formulierungen auch lachen und damit gewissermaßen drüber stehen, der weiss, dass sie im Grunde gegenstandslos sind bzw. einen selbst doch nicht wirklich betreffen, sondern allein auf den Sprechenden zurückverweisen.
Und ausserdem, was interessiert mich Höckes Privatleben? Das interessiert mich auch nicht bei Merkel, Schulz, Wagenknecht, Trittin, Lindner usw. Vielmehr interessiert mich politische und/oder politisch-ökonomische Analyse. Auch in Bezug auf das Thema, wie solche Parteien wie die AfD eigentlich in den Bundestag gelangen konnten.
Und schließlich, wenn ich da jetzt meine Stele finanzieren würde, finanziere ich dann nicht vor allem mich selbst bzw. mein ganz eigenes, persönliches Gewissen? Ich kenne mich in den Begriffsstreitigkeiten bezüglich dieses Themas nicht so gut aus, aber Holocaust ist ein anderer Begriff als die Shoa, oder? Warum heisst dieses Mahnmal so und nicht anders? Kann/sollte man mit einem Mahnmal "Opfer ehren"? Kann man jemanden zur Ent-"Schuld"igung zwingen, der sich seiner Tat (Sprechakt, Handlung usw.) doch wohl voll bewusst ist? Warum reden wir über Schuld und nicht über (Mit-)Verantwortung? Schuld schreibt fest. (Mit-)Verantwortung weist auch in die Zukunft. Die AfD ist keine Nazipartei. Höcke hat niemanden ermordet, sondern "nur" gedankenlose Rede abgesondert. Mit einem Mahnmal und einem AfD-Politker zu versuchen, (historische) Opfer-Täter-Diskurse zu reinszenieren, zumal ein Mahnmal nicht spricht, ist eine etwas absurde Form des wieder-holenden Geschichtsbewusstseins.
Die Frage ist in dem Zusammenhang mit dem ZPS nicht, ob Kunst etwa nicht provozieren, aufregen undoder schockieren dürfe, sondern ob alles, was schockiert, aufregt oder provoziert Kunst ist, bloß weil Kunst solches explizit darf?
Wenn Aufregung, Schockierung oder Provokation das w e s e n t l i c h e Merkmal von Kunst ist, dann ist mein Kind Kunst, der neueste Zeitungsaufmacher über Trump-Thematisierung im Kunstbetrieb oder der Schäferhund meiner Nachbarn zum Beispiel...