Triff deinen Feind!

von Georg Kasch

6. Dezember 2017. Hendrik Höfgen ist wieder da. Er lässt freundlich grüßen. Und zwar die Mitarbeitenden des Zürcher Schauspielhauses mit der Botschaft: "Alvis Hermanis ist ein Schandfleck in eurem Lebenslauf." Alles in Großbuchstaben, ein Graffito am Bauzaun des Zürcher Kunsthauses. Anzuschauen hier. Höfgen ist produktiv, wie ein weiteres Graffito an einer Hauswand zeigt: "Toleranz für Fremdenfeindlichkeit – Alvis Hermanis welcome".

 

Höfgen, das war dieser fiktive Intendant in Klaus Manns "Mephisto"-Roman, der dem real existierenden Gustaf Gründgens, Schauspieler, Regisseur, Staatsintendant und Görings Schützling, die Maske herunterreißen sollte. Im Roman ein Anpassler und Wendehals, ein Diktaturgewinnler.

Und Alvis Hermanis? Ist jener lettische Regisseur und Intendant, der 2015 mit seiner Haltung zur deutschen Flüchtlingspolitik eine breit geführte Kontroverse auslöste, infolge derer er am Thalia Theater Hamburg eine Inszenierung absagte. Hermanis inszeniert auch anderswo im deutschsprachigen Gebiet, bei den Salzburger Festspielen etwa und am Münchner Residenztheater (obwohl er nach der Kontroverse gelobte, in Deutschland nie mehr Theater zu machen). Warum grüßt Höfgen nun ausgerechnet in Zürich, der größten Stadt in einem Land, das selbst mitten in einen Rechtsruck steckt, etwa im Fall des öffentlichen Rundfunks?

Eine Vermutung: Zürich ist eine verhältnismäßig liberale, weltoffene Stadt, ein prominenter Kulturstandort. Dort reagieren Künstler*innen seit Langem sensibel auf Zumutungen. Als im März im Zürcher Theaterhaus Gessnerallee eine Podiumsdiskussion mit Marc Jongen, Sprecher der baden-württembergischen AfD und Philosophie-Dozent an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, sowie dem Publizisten Olivier Kessler von der rechten Schweizerischen Volkspartei veranstaltet werden sollte, gingen sie auf die Barrikaden: Wenn es überhaupt stattfinden solle, müsse das Podium anders besetzt werden, migrantisch und antirassistisch, mit erkennbar linker Position. Andere konterten: "Wer das Gespräch mit Rechten verweigert, gibt ihnen nur Futter für ihre antidemokratischen Positionen."

Am Ende wurde die Diskussion abgesagt, so wie eine ähnlich gelagerte Runde am Theater Magdeburg. Kann, darf, soll man also in Theatern nicht mit Rechten reden? Das angesprochene Zürcher Schauspielhaus hält Redeverbote für falsch: Auch wenn es die politischen Positionen Hermanis' nicht teile, ist es der Meinung, "dass disparate Positionen nicht zum Bruch von langjährigen künstlerischen Partnerschaften führen dürfen".

Eine zweite Vermutung: Die Graffiti sind selbstgemacht. Im Januar veranstaltet das Schauspielhaus den Diskussions-Marathon "Meet Your Enemy", also: Triff deinen Feind. Fast scheint es, als käme dem Haus der Graffito-Spruch äußerst gelegen, um darauf hinzuweisen: "Hier haben Menschen, die zu gesellschaftlich brisanten Themen unterschiedlicher Meinung sind, die Möglichkeit, ihren Gegnern am Tisch gegenüberzusitzen und mit Argumenten zu bezwingen." Auch das Thema "Mit Rechten reden" werde Berücksichtigung finden in den Blind Dates der Argumente. Ist der Spray-Spruch am Ende gar selbst gemacht? Wenn nicht, so ist er doch zumindest gut gefunden.

Kommentare  
Hermanis-Graffiti: alles ironisch?
Redende Häuser?
Streng genommen ist das sprachlicher Unsinn, nun gut, sind wir da mal tolerant. Dann bleibt es aber noch eigenartig, wenn man darüber nachdenkt, wer da spricht und angebliche "eine" politische Meinung hat.Vereinnahmung durch die Institution?

Alles wirkt ironisch, Höffgen, Welcome und wenn sich das als PR-Witz des Theaters herausstellt, dann ist es alles andere als komisch.
Hermanis-Graffiti: Meinungen?
Es geht nicht um Meinungen. Rechte haben Überzeugungen, die sie nicht mal begründen wollen. Sie fühlen mit ihrem ganzen Wesen, dass jeder Widerspruch dieser Überzeugung ein Angriff ist. Die Rechte denkt nicht, soe fühlt historisch wahr!

Es müsste den Kulturleuten mal dämmern, dass der Faschismus keine Talkrunde ist, wo es im das Bezwingen geht. Der Faschismus frisst Kreide und predigt Blut, bis alles in Scherben fällt. Der Untergang ist keine Schmach, er ist ein heldischer Enfsieg!

Lieber Theaterkollegen, für alle mit humanistischer Haltung, die sache ist eine sehr ernste Kulturkrise, die sehr grausam sich entfalten kann. Wenn jemand einmal ekne Transformation erlebt hat, nach der Wende in den Neuen Bundesländern, dann teile er jetzt sekne Erfahrung.
Hermanis-Graffiti: unüberlegt
hermanis ist ein netter Mensch, aber einer, der lernen muss, sich nicht zu Themen zu äußern, die er überhaupt nicht einschätzen kann (wozu er sich nicht einmal die Mühe gemacht hat).
als Beispiel ein Interview im Standard (https://www.google.de/amp/mobil.derstandard.at/2000055073989/Alvis-Hermanis-Klare-Meinungen-sind-fuer-einen-Letten-natuerlich%3famplified=true) in dem er quasi die polnische Regierung als legitime Wahl der Polen verteidigt. Dabei ist die polnische Regierung dabei, kritische Kulturschaffende zu kündigen und an der Arbeit zu hindern. Auch hat er bestimmt sehr wenig Ahnung davon, wie diese Wahl zustande gekommen ist.
Hermanis Aussagen haben hier also nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, sondern sind einfach nur unüberlegt, dumm und gefährlich. Er sollte sich auf sein Handwerk konzentrieren.
Hermanis-Graffiti: Warum in Schutz nehmen?
@3 Das Gift hat seine Quellen in etwas, dass Sie sagen: "er muss lernen" oder "er überhaupt nicht einschätzen kann" und "einfach nur unüberlegt".

Sie urteilen so über einen etabliertene Regisseur aus dem Baltikum? Wozu nehmen Sie ihn Schutz und mit welchen Mitteln? Woher nehmen Sie dieses "bestimmt sehr wenig Ahnung davon"? Hier drücken Sie ihre eigene Unbedarftheit aus, die es zu begründen gilt.

Und den Satz "Er sollte sich auf sein Handwerk konzentrieren" - lassen wir das Handwerk mal raus, dann bleibt noch das Fachwerk, das Sie da ansprechen mit dem Satz. Das klingt schon nach dem 7-Zwerge-Biedermeier einer Leni Riefenstahl mit ihrer "Triumpf des Willens-Ästhetik", nach dem Motto: Prima Regisseurin, falsches System. - Das kann man dann auch auf Hermanis münzen, der arme Alvis Herman, richtiger Regisseur, falsches System - oder wie meinen SIe das mit dem Handwerk?

Da ich Alvis Hermanis mal interviewen wollte und er mir auswich, habe ich hier folgende Anfragen an Ihn:

1) Gibt es im Theater seines Heimatlandes (oder im Baltikum allgemein) eine Auseinandersetzung mit den Verbrechen, die seine Landsleute während der Zeit des Zweiten Weltkrieges begangen haben?

2) Gibt es im Theater seines Heimatlandes (oder im Baltikum allgemein) eine Auseinandersetzung mit der Beteilungung seiner Landsleute am Holocaust?

3) Gibt es im Theater seines Heimatlandes (oder im Baltikum allgemein) eine Auseinandersetzung mit dem öffentlich zelibrierten Kult Opfer einer "sowjetischen Aggression" zu sein?

4) Gibt es überhaupt ein Selbstverständnis von Theater in seinem Heimatland (oder im Baltikum allgemein), das sich mit solchen Themen befassen will?
Hermanis-Graffiti: dumm und gefährlich
@4: ich wollte ihn überhaupt nicht in Schutz nehmen, ganz im Gegenteil. ich habe ja gesagt wie dumm seine Aussagen sind, deshalb auch der Link zum Artikel. Dumm und gefährlich in diesen Zeiten. vielleicht hätte ich auch noch hinzufügen sollen, dass ihn so eine Aussage eigentlich als Regisseur an deutschen Theatern disqualifizieren sollte, warum das nicht der Fall ist, sagt wieder einiges über Intendanten ohne politische Haltung aus!
Hermanis-Graffiti: Hermanis fragen
Das einzige, was sich Hermanis bezüglich disqualifiziert, sind Intendanten, die sich/ihm nicht so kluge Fragen wie #4 stellen, wenn er am Verhandlungstisch vor ihnen sitzt. Oder auch Schauspieler, die gerade mit ihm proben und das nicht tun... Immerhin traue ich Hermanis zu, dass er dann nicht ausweichen würde. Und erst dann, wenn er also im betriebs-internen Gespräch ausweichen würde, käme ich auf die Idee, dass ihn das auch als Regisseur mit seiner speziellen künstlerischen Handschrift disqualifizieren k ö n n t e...
Hermanis-Graffiti: Bigotterie
@7: Fragen sollten aber auch an die vielen Intendanten gehen, die ihn als Regisseur engagieren, weil sie sich von ihm Inszenierungen erhoffen, die beim Abopublikum gut ankommen/verkauft werden und weil sie gehört haben, dass Schauspieler ihn mögen. Einziges Argument von Intendanten ist dann immer, das man 'andere Meinungen' anhören will. Das wir uns das längst nicht mehr leisten können, vergessen sie dabei..
In der Sache wird doch wieder die Heuchelei und Bigotterie vieler deutscher Theater(macher) deutlich
Hermanis-Graffiti: from a Baltic perspective
Are you all aware how arrogant your conversation sounds to all the people in the Baltic states? #4 Do you really think of yourself as in a position to ask these questions? If yes, why? Don't you all agree, that the categories left and right do not work, when comparing the Baltic states to Germany. Sorry, I haven't heard such an explicit nation-centered discussion in a long time. Go ahead, ask us if we have houses with door or if we still live in caves.


(Anmerkung der Redaktion:
Bei der Kommentatorin „Dana Reizniece“ – #8 – handelt es sich nicht um die lettische Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola. Das teilte die Vertretung der Republik Lettlands in Deutschland auf Nachfrage hin mit.)
Hermanis-Graffiti: Ort offener Auseinandersetzung
@2: "Es geht nicht um Meinungen. Rechte haben Überzeugungen, die sie nicht mal begründen wollen. Sie fühlen mit ihrem ganzen Wesen, dass jeder Widerspruch dieser Überzeugung ein Angriff ist. Die Rechte denkt nicht, sie fühlt historisch wahr"

Eine solche Auffassung ist nicht nur eine erschreckende Verkürzung rechter oder konservativer Positionen, sie entlarvt sich in ihrer Unbegründetheit und "Gefühltheit" unmittelbar selbst.

Natürlich muss man mit "Rechten" sprechen, so wir das mit "Linken" auch tun, am Theater und überhaupt. Wer Positionen wie die von Hermanis nicht zulässt, gibt das Theater als Ort einer offenen Auseinandersetzung auf!
Hermanis-Graffiti: Meinungen hören
Das Anhören anderer Meinungen muss man sich immer leisten können.
Hermanis-Graffiti: Denkschema
@8 Dear Dana Reizniece,

am I really writing with the Minister of Finance of the Republic of Latvia?

Please, let me answer you:

(1) "Do you really think of yourself as in a position to ask these questions? If yes, why?"
Ja, in in der Europäischen Union ist es Theaterkritikern nicht verboten, Regisseuren diese Fragen zu stellen. In der Regel werden Theaterkritiker nicht als Hofberichterstatter oder als Untergebene wahrgenommen, die Regisseuren der Nase nach passen müssen. Es gibt sogar eine EU-Charta dazu: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-09-891_en.htm?locale=en

(2) "Don't you all agree, that the categories left and right do not work, when comparing the Baltic states to Germany."
In meinen Fragen ist dieses Denkschema gar nicht enthalten. Das haben Sie jetzt aufgebracht. Ich spreche von der Rechten. Das ist eine Selbstbezeichnung einer Gruppe von Leuten, die sich unter anderem in Schnellroda eingenistet haben. Das "Neu" habe ich weggelassen, denn neu ist daran nichts. Die Traditionslinie geht bis weit über die 20er Jahre hinaus. Da sie das Thema aber eingebracht haben: Einen Unterschied können Sie machen, denn meines Wissens nach hat die Linke kein rassistsisches Programm. Die Rechte dagegen überbietet sich immer wieder aufs Neue darin, wer die bessere Vorlage zur "Reinheit des Volkskörpers" liefert.

Die Baltischen Staaten hat auch niemand mit Deutschland verglichen. Ich kann Ihre Feststellung nich nachvollziehen.

(3) "Sorry, I haven't heard such an explicit nation-centered discussion in a long time. Go ahead, ask us if we have houses with door or if we still live in caves."

Warum ist diese Diskussion "nation centered"? Wissen Sie, in Demokratien sind Meinungsstreit und freier Austausch von Gedanken grundlegende Dinge. Haben Sie damit ein Problem? Und bitte, davon, dass Sie in Häusern ohne Türen oder sonstwas wohnen, dass hat hier niemand behauptet, also sagen Sie nicht "go ahead".

Ich möchte nun diese in #4 gestellten Fragen an Ihr Kulturministerium stellen.

Ich bitte Sie freundlich um Übersendung.

Über eine Antwort Ihres Nachbarministeriums würde ich mich hier im Forum sehr freuen.


@9 und @10: Es hat niemand behauptet, dass man mit der Rechten nicht sprechen sollte, ich auch nicht. Wie kommen Sie darauf?

– Bei der Kommentatorin „Dana Reizniece“ handelt es sich nicht um die lettische Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola. Das teilte die Vertretung der Republik Lettlands in Deutschland auf Nachfrage hin mit. (d. Red.) –
Hermanis-Graffiti: Distanz
(...)

" 07.12.17 -
Riga - Der deutsch-lettische Geigenvirtuose Gidon Kremer mit seinem Kammerorchester Kremerata Baltica und der Theatermacher Alvis Hermanis sind in Riga mit dem Exzellenz-Preis des lettischen Kulturministeriums ausgezeichnet worden."

https://www.nmz.de/kiz/nachrichten/geiger-gidon-kremer-und-regisseur-alvis-hermanis-erhalten-lettischen-kulturpreis

mein fazit: hermanis hat sich distanziert, weil er eine nähe nur hätte heucheln können ... die moralapostel dürfen jetzt ran: ist heuchelei schlimmer als ein offen benannter bruch?
Hermanis-Graffiti: offenes Haus
Sehr geehrter Herr Kasch

Besten Dank für Ihren nachtkritik-Beitrag zur Spray-Aktion gegen Alvis Hermanis und das Schauspielhaus Zürich auf dem Bauzaun des Zürcher Kunsthauses.
Es ist ausserhalb unserer Reichweite, wenn irgendwelche Menschen in einer Nacht- und Nebel-Aktion Dinge an Wände sprühen.
Wir sind ein offenes Haus, man kann mit uns diskutieren, man muss uns oder einen Künstler, den wir engagiert haben, nicht anonym diskreditieren. Ihre Idee, wir hätten womöglich selbst den Satz gegen Hermanis (und unser eigenes Haus) gesprayt, um auf ein von uns geplantes Diskussionsforum aufmerksam zu machen, ist abenteuerlich. Wir haben uns auf unserer Website klar positioniert, und unserer Position ist nichts hinzuzufügen.
Wir bedauern anonyme Schmähungen im öffentlichen Raum, egal, ob sie gegen uns oder gegen andere Institutionen oder Einzelpersonen gerichtet sind. Und wir haben keinerlei Verständnis dafür, dass ein Individuum als „Schandfleck“ bezeichnet wird. Das ist eine Sprache, die wir verabscheuen.

Mit bestem Gruss,

Barbara Frey
Hermanis-Graffiti: Position
@13:und was ist Ihre Position als Intendantin zu hermanis Aussagen bzgl. migration und bzgl. Polen? haben sie denn eine?
Hermanis-Graffiti: Kulturpolitisch verantwortungslos
Liebe Barbara Frey,

Dass sie selber nichts mit dieser Sprayerei zu tun haben, glaube ich ihnen. Das ist nicht ihr Stil. Aber für mich persönlich (der bei einem persönlichen Gespräch die Schauspielhaus-Dramaturgie im Februar für die nationalistischen Zitate von Hermanis im Programmheft von Madame de Sade kritisiert hat), ist es schon sehr wichtig zu wissen, ob nicht evtl die Ko-KuratorInnen von MEET YOU ENEMY (das heisst Martin Heller und Barbara Weber) evtl. hinter der Aktion stehen. Wenn diese Sprayerei ein Fake ist, dann ist auch die Empörung über Hermanis eine Züchten von Emotionen mit kuratorischer Absicht. Und das wäre wirklich ungut. Unabhängig von Fake oder Nicht-Fake der Sprayereien ist das Kurationsformat MEET YOUR ENEMY eine kuratorische Katastrophe im Januar 2018. Ich bitte sie dringend, dieses Format abzusagen und eine hell leuchtende Veranstaltung gegen NO BILLAG zu veranstalten. NO BILLAG kann nicht - wie das gemacht auf der Website des Schauspielhauses als etwas hingestellt werden, bei dem man dafür oder dagegen ist, weil die Ziele von NO BILLAG durch und durch antidemokratisch sind. Ich finde die Schauspielhaus-Tradition THEATER DER HUMANITÄT sehr wichtig. Aber vor NO BILLAG ist Toleranz mit Rechtspopulisten eine kulturpolitische Verantwortungslosigkeit.

Mit besten Grüssen:

Samuel Schwarz
Hermanis-Graffiti: Agent provocateur
Beste Barbara Frey,
Also eine linke, antirassistische Position, die das völlig unpassende Wort "Schandfleck" benutzt und das Graffiti völlig verdreht mit "Höffgen" unterschreibt, sieht schwer nach einem Agent Provokateur aus. Das erinnert schwer an die schlechten Versuche von rechten Aktivisten, linke Positionen unbeholfen zu simulieren, damit wieder von rechter Seite Zensurvorwürfe aufgebracht werden können. Unheimliche Sache. Irgendwas stimmt das nicht.
Hermanis-Graffiti: Wieso sagen Sie uns nicht ...?
Verehrter Asterix,
wieso nennen Sie sich nach einem kleinen Gallier, wenn Sie ein bekannter Theaterkritiker sind, vor dem sogar Hermanis ausweicht? Ihr Wissen um die Geschichte des Baltikums scheint beschränkt, aber Ihr Selbstbewusstsein ist dafür um so ausgeprägter. Das ist doch sehr gut. Wieso sagen Sie uns nicht, wo wir mehr von Ihnen lesen können?
Mit Freundlichen Grüßen, Peter
Hermanis-Graffiti: Verdrehungen
Peter L.'s Post ist ein typisches Beispiel einer Reduktion einer Diskussion auf "Personen". In dem hier vorliegenden Kontext ist es völlig irrelevant, wer "Asterix" ist. Asterix diskutiert mit einer englischsprachigen Troll-Position, die Hermanis nationalistische & fremdenfeindlichen Äusserungen verteidigt. Das ist interessant. Wie Barbara Frey erwähnt, ist anonyme Diffamierung Gift für den Diskurs. Das ist richtig. "Asterix" diffamiert aber niemanden, sondern versucht es mit Argumenten und Fragen. Das Schauspielhaus Zürich verteidigt in seiner Reaktion auf das Graffiti (das möglicherweise selber wiederum ein Fake ist, der gezielt den Diskurs verdreht) die Redefreiheit in Bezug auf MEET YOUR ENEMY. Entscheidend in dieser hoch politisierten Zeitspanne (Januar, Februar 2018, in der die Schweiz einen Angriff auf die demokratischen Strukturen zu bestehen haben wird), ist nun, wen das Schauspielhaus NICHT wird reden lassen. Alvis Hermanis wird ganz sicher zu Wort kommen, und zwar prominent - durch seine Inszenierung, die selbstverständlich auch verdichtete Ideologie birgt (und welche Ideologie das ist, ist ja mittlerweile bekannt). Das Schauspielhaus Zürich muss nur merken, mit welchen Rassisten und Nationalisten es sich in dieser Zeitspanne ins gleiche Bett legt. MEET YOUR ENEMY wird vom Schauspielhaus in seiner Reaktion auf das Graffitti nun verteidigt als demokratische Massnahme bei dem man auch darüber streiten kann ob man "mit Rechten reden soll". Leider - und das ist nun wirklich sehr traurig - realisiert das Schauspielhaus nicht, dass gerade in dieser Zeitspanne ein dafür oder dagegen (in Bezug auf die Attacke auf den öffentlichen rechtlichen Sender durch radikalste Rechtsnationalisten) hochproblematisch ist. Ein Bekenntnis für das "dazwischen" - für die Toleranz bezüglich anderer Meinungen, ist selbstverständlich grundsätzlich richtig. Aber nicht zu dem Zeitpunkt, nicht in dieser sehr historischen Konstellation (Das zeigt gerade auch die Debatte zwischen Asterix und der gefakten lettischen Position oben) Das Schauspielhaus Zürich müsste sich nun - gerade im Januar/Februar 2018 - bekennen zu seiner Tradition von 1939-1945. Eine Inszenierung von Alvis Hermanis, parallel zu einem MEET YOUR ENEMY Format, das suggeriert, für ein Schauspielhaus gäbe es in der Frage für oder gegen öffentlichen finanzierten Rundfunk gleichberechtigte politische Positionen, ist in der Zeitspanne ein laut schreiendes populistisches Bekenntnis. Mag sein, dass das Barbara Frey und der Schauspielhaus-Dramaturgie nicht bewusst ist. Aber man wird es ihnen ganz sicher sagen (und das nicht nur hier auf diesem Kanal) und der ganze kommende Komplex wird allen Beteiligten viele sinnlose Schmerzen erzeugen, Zerwürfnisse zur Folge haben und ablenken vom Angriff der Rechtsnationalisten. Ob das Grafitti nun selber Fake ist oder nicht, ganz sicher sind wir bereits "Puppen" in dieser Ablenkungsstrategie eines Trolls und drohen den Fokus zu verlieren und nun einander fertigzumachen. Das kann nicht sein. Die Aggressoren auf öffentlich-rechtliche Kultur und demokratische Ansätze sind bekannt. Die Gegner stehen vor der Tür und sie tragen die Sprengsätze sogar für alle ersichtlich in den Händen. Nun stellt sich die Frage, ob wir ihnen die Türen öffnen - oder uns auf gewisse Grundsätze und Säulen besinnen, die diese öffentlich rechtliche demokratische Kultur ausmachen. Nach dem 4. März (der Abstimmung über NO BILLAG) können wir ja dann alle wieder unsere fröhlichen und heiteren Spielchen mit nationalistischen rechtspopulistischen Ansätzen machen und das als Toleranz-Experimente ausgeben. Von mir aus. Aber im Januar/Februar 2018 - und ich hoffe, das versteht nun das Schauspielhaus Zürich und MEET YOU ENEMY Kuration - gibt es nur eins: Klare Bekentnisse zu öffentlich rechtlicher Kultur und vor allem: politische Aufklärung (es ist wirklich zum verzweifeln: Haben wir denn nicht alle unseren Max Frisch-"Biedermann" gelesen und ein bisschen was gelernt?)
Hermanis-Graffiti: Verantwortung
@17: Sehr geehrter Herr L.,

zu Ihren Anliegen:
(1) Wieso nennen Sie sich nach einem kleinen Gallier, wenn Sie ein bekannter Theaterkritiker sind, vor dem sogar Hermanis ausweicht?

Es fällt mir schwer, Ihre Frage zu verstehen. Ich versuche es mal: "Wieso" meint "In welcher Weise/Hinsicht liegt Ihr Argument", es folgt ein Bedingungssatz im Nebensatz in kausaler Beziehung mit "wenn" und dann eine Schlussfolgerung, die eigentliche keine ist, sondern eine weitere Prämisse enthält.

Übersetzt müsste es heissen: In welcher Hinsicht nennen Sie sich nach einem kleinen Gallier, unter der Voraussetzung dass Sie ein bekannter Theaterkritiker sind [logische Lücke] Hermanis weicht einem bekannten Theaterkritiker aus. Sie sind ein bekannter Theaterkritiker. Ergo ist ihnen Hermanis ausgewichen. Es heisst auch, Hermanis sei "sogar" ausgewichen, was den Verdacht untermauern soll, der Theaterkritiker sei eigentlich ein sehr bekannter Theaterkritiker [Kurzer Einwand, neben der Wertung: Sie Überschätzen das Fach der Theaterkritik gewaltig.]

In meinem Verständnis ist Ihr Anliegen dies:

Voraussetzungen:
(1) Ich vermute, dass Sie ein (sehr) bekannter Theaterkritiker sind.
(2) Ich mag nicht, dass Sie das nicht sagen, sondern sich nach einem kleinen Gallier nennen.

Prämissen:
(3) Hermanis weicht (bekannten) Theaterkritikern aus.
(4) Sie sind ein bekannter Theaterkritiker

Conlusio:
Alvis Hermanis ist Ihnen ausgewichen.


Jetzt haben Sie mir aber noch nicht Ihre Frage gestellt, oder?

Zu Punkt (1) kann ich sagen: Nein, ich bin kein (sehr) bekannter Theaterkritiker.

Zu (2): Sie können mögen, was Sie wollen, das ist hier ein freies Land und Ihre privaten Wünsche interessieren mich realiter und mit Verlaub und momentan einen feuchten Kehricht.

Zu (3): Ich habe keine Ahnung, ob er das tut.

Zu (4): Also wissen Sie, ich finde es ganz schön dreist, von einer Vermutung auf eine Tatsache zu schließen. Das ist ist jetzt höflich ausgedrückt. Sie sollten wissen, dass etwas, dass Sie vermuten, nicht als Tatsache ausgegeben werden kann. Das ist gewissermaßen ein Fehlschluss. Es ist nicht einmal ein Schluss auf die beste Erklärung.


Und die Conlusio? Entschuldigung, aber ich habe das gesagt. Tun Sie jetzt so, als ob Sie mir etwas mitteilen, dass ich noch nicht weiß? Also nochmal der Reihe nach: Ich habe hier etwas mitgeteilt. Und Sie müssen mir nicht erklären, was ich erlebt habe. Das kann Ihnen genau so egal sein wie die Anzahl der Partner, die ich habe, ob ich rote Haare, blonde oder schwarze habe, ja mit wem ich Sex habe, das geht Sie auch nichts an!
Ob ich mich nach einem kleinen Gallier nennen ist ohnehin nicht klar. Oder wissen Sie, wo sich Asterix herleitet, von "Asterixis" oder von "Asterisk"?

Es ist eine Frechheit, dass Sie mein Geschichstkenntnisse über das Baltikum nicht anerkennen wollen! Halten Sie den zu erfragenden Inhalt meiner Fragen oben für geschichtsvergessen? Könnte Sie das bitte konkretisieren, was Sie da meinen?


Schönen Tag Ihnen,

Ihr Asterix
Hermanis-Graffiti: Fragen
Asterix meldet sich nicht mehr. Vielleicht auch, weil das nicht mehr sein Thema ist. Ihm ging es ja um vergangene Geschichte, Ssowjetkitsch und den Holocaust. Sie, Herr Schwarz möchte ich nach Ihrem bedankenswert ausführlichen Post nur fragen, ob Sie a) Alvis Hermanis einen Rassisten nennen? Ob Sie b) in ihm einen Aggressor auf demokratische Kultur ausmachen? Oder ob er c) für Sie ein Brandstifter ist?
Hermanis-Graffiti: Verzweiflung?
@20 Lieber Peter L. - nicht verzweifeln, keine Sorge, ich bin ja da. Übrigens ist mein Verständnis von Asterix ein sächliches, das Asterix, sprich ein Sachbezug. Ach ja, "sowjetkitsch" - dafür, dass Sie das unterbewerten, wird genau dieser Kitsch plus aktueller Russlandbezug, im Selbstverständnis dieser jungen europäischen Demokratien sehr ernst genommen. Wissen Sie ob die "russischstämmigen" "Einheimischen" - wie das immer so schön heißt, den staatsbürgern gleich gestellt sind? Wie ist eigentlich der Umgang mit der russischsprachigen Minderheit im Baltikum?

@18: Auffällig ist, dass ich in @@8,9,10 und 17 so einen Moment des Niederdrückenwollens wahrnehme. Es wird mit Unterstellungen, die auf privaten Wünschen und Vermutungen zu basieren scheinen, auf eine Tatsache abgehoben, die so von der Sprecherseite weder geäußert, noch beabsichtigt war. Sie sehen hier schon, was ich oben ansprach, dass Widersprüche seitens der Rechten gar nicht existieren können, weil sie der "tief gefühlten historischen Wahrheit" nicht entsprechen. Wenn es nicht so traurig wäre, dann würde ich sagen, Folgendes ist lustig: Was ich an Beschreibung liefere, indem ich Tatsachen und mit biographischen Bezug auswerte, wird sofort gewissermaßen "instinktiv" angegriffen, erstmal auf der privat-biographischen Ebene und in einem zweiten Schritt erfolgt die Deligitimiereung der geschilderten Tatsache nach dem Schema "Es darf nicht sein, was nicht sein darf". Es erübrigt sich ja fast, darauf hinzuweisen, dass diese Positionen der Rechten absolut humorlos, ja geradezu säuerlich, auftreten.
Hermanis-Graffiti: Verharmlosung
#21 Lieber Peter L. Ich fand die Hermanis Zitate im Mdme de Sade Programmheft sehr stossend ("Mit seinem Freitod setzte er [Mishima] ein Zeichen gegen die Selbstaufgabe nationaler Eigenheiten, (...) eine Metapher für den Selbstmord einer Gesellschaft.") - eine befremdliche Hochstilisierung des Nationalismus - und das im Umfeld der Trump-Wahl - auch empfand ich (nicht nur ich) die Mdme de Sade Aufführung als altbacken-frauenfeindlich. Hermanis demonstrative Absage am Thalia Theater ein Jahr zuvor war extrem radikal und durchaus fremdenfeindlich argumentiert. Und seine aktuellen Stilisierungen tiefer polnischer Religiosität vs (scheinbarer) westlichem Abgeklärtheit sind auch ätzend, gerade mit Blick auf die irrationalen Vorgänge in Polen die von der PiS - der regierenden nationakonservativen Partei- ausgehen. Um die nationalkonservativen Ziele durchzusetzen, wird ja momentan die Kulturszene umgebaut. Ja, ich sehe ihn als Brandstifter. Aber das schliesst nicht aus, dass er vielleicht "ein guter Regisseur" in dem System Schauspielhaus sein kann. Mich interessiert also in dem Rahmen vielmehr das Schauspielhaus. Auf die (verwirrende) Sprayerei reagiert das Schauspielhaus mit befremdlicher Verharmlosung rechter Positionen und suggeriert, dass es irgendjemand - scheinbar "Linkes" gäbe, der einem Hermanis die Rede verbieten wolle. Nur: Hermanis zu kritisieren, ist keine Zensur. Nicht mal die Sprayerei - wenn sie nun wirklich "echt" wäre – wäre eine Zensur, sondern eine Meinungsäusserung. Mit dieser Scheinneutralität, die das Schauspielhaus da vorspielt - bezieht es selber sehr stark Partei (und sicher nicht für die Kritiker von Hermanis Positionen).

@21 Ja, das ist befremdlich. Es wird in solchen Diskursen hauptsächlich "gefühlt" und nicht mehr argumentiert. Die rechten Gedanken erobern sich gerade unsere Theaterapparate - und nur wenige merken es - nicht mal die, die davon erfasst werden. Muss man sich dran gewöhnen? Das ist die grosse Frage.
Hermanis-Graffiti: Denkfaulheit
@22 Ich bin ehrlich traurig über ein Verhalten, dass ich mit denkfaul beschreiben möchte. Ich finde dieses Verhalten immer häufiger bei meinen Mitmenschen. Eigentlich ist es mir egal, ob diese nun im Theater arbeiten oder in einer politischen Partei organisiert sind oder sich am Stammtisch äußern. Mir ist auch egal, welcher Herkunft sie sind oder welches äußere Erscheinungsbild diese haben. Deshalb spielt auch keine Rolle, welcher Name da oben steht. Seit Platon wissen wir, dass Dialoge Erkenntnisprinzipien folgen. An was ich mich nie gewöhnen werde, das ist Denkfaulheit. Und was mich wirklich nervt, dass gerade die Retter des Abendlandes und ihr deutschnationalen Freunde und Verwandten so wahnsinnig schlecht die deutsche Sprache beherrschen! Dabei ist die deutsche Sprache eine wirklich tolle Angelegenheit! Es ist eine philosophische Sprache, in der das Denken sehr viel Spaß machen kann! Also etwas bessere Deutschkenntnisse wünsche ich mir schon bei allen beteiligten. Und zum Theater: Die Zeiten des Diskurstheaters sind nun wirklich vorbei. Vielleicht können wir Peter Stein nicht mehr überzeugen, hierzulande mal wieder etwas zu machen. Wir können aber sehr ernsthaft die Castorf-Zeit zum Anlass nehmen, die Ursprungstexte zu befragen. Wir können aber auch Dramatik zulassen, die nicht den Stromlinien entspricht. Nicht jeder Anlass ist gleich ein neues Stück wert. Aber jedes neue Stück ist einen Anlass wert!

Ich sage es ganz offen: Ich will nicht in einem Land leben, in dem der Hass regiert und in dem das gefühlte Sein unser Sicherheitsempfinden und unser Kulturbedürfnis bestimmt!
Hermanis-Graffiti: Anreizssystem
@22 Ich weiss nicht, ob es Denkfaulheit wirklich trifft. Ich glaube eher, die Leute sind durch den Wind, verängstigt, irritiert, aufgescheucht. Und leider ist die technokratische Intelligenz mit der die Rechten die Hirne (und insbesondere auch Unterleiber) angreifen so dermassen effektiv, dass sich deren Aggressivität für die Verwirrten sogar als "sachlich" und irgendwie angemessen "anfühlt". Ich meine schon nur dieses Bauerntrick von Hermanis mit einer Absage wegen "Welcome Kultur" am Thalia. Das wirkt innerhalb der Theatercommunity von ehrgeizigen Theaterleuten wie ein Mega-Super-Tweet a la Trump. Und Hermanis wird ja für dieses (ohne zu übertreiben) asoziale, fremdenfeindliche Verhalten auch noch belohnt. So wird das Anreizsystem sehr technokratisch manipuliert. Und auch Intellektuelle sind anfällig, ihr Verhalten nach Belohnungen auszurichten. Schon nur Bewusstsein über diese Prozesse würde natürlich das "Denken" wieder zurückbringen. Aber im Moment sind alle viel zu verängstigt.
Hermanis-Graffiti: Faulheit
@24 Angst ist Faulheit. Jahrelang kümmert man sich um den PC-Sprech, richtet Gender-Lehrstühle ein, während der gesamte Uni-Mittelbau abgeschafft wird, der Arbeitsdruck zunimmt, die soziale Ausgrenzung härter wird, im Geldbeutel weniger drinne ist, mit Ausnahme derer, die über das Binnen I diskutieren. Jetzt kommt eine Rechte mit dem gleichen ideologischen Rüstzeug, mit dem Europa schon bis 1945 in Schutt und Asche gelegt wurde und was machen die anderen Parteien: Sie zücken auch die nationale Karte! Die Sozialpolitik bleibt außen vor, bei allen, also geht die Reise ins Bergab für den Rest weiter, außer für die, die über das Binnen-I habilitieren oder ein ein ganz wichtiges Theaterstück inszeniert haben, in einer ganz wichtigen Angelegenheit!

Schauen Sie doch mal hin: Die AfD besteht aus Lehrern, insolventen Unternehmer*innen und ein paar Baby-Boomer die irgendwelche Komplexe abarbeiten müssen oder wollen!

Das alles hat klare Logiken. Mit Angst brauchen Sie mir da nicht kommen.
Hermanis Graffiti: Schuß ins Herz
Ich denke auch, es ist keine Angst. "Angst" ist hier in der Tat die faule Ausrede. Immer wenn auf dem Theater gerade etwas sehr modisch ist, vorgeführt zu werden, macht mich das besonders skeptisch. "Angst" der Linken zu zeigen ist spätestens seit "FEAR" an der Schaubühneleider Mode geworden. Jedes Haus scheint seither auch gern seine eigene öffentlichkeitswirksame Klage von Rechts haben zu wollen - hat es seither noch einmal eines geschafft? -
Was immer alle Linken vergessen, die sich so gern als Enkel der Situationistischen Internationale sehen und empfinden möchten: Debord , der als ihr Begründer gilt, hat sich umgebracht. Als er sah, dass er an mehren Stellen so ganz richtig die Wirklichkeit nun auch nicht (mehr) gesehen und beschrieben hat. - Zur Beglaubigung auch jener Aspekte von Gesellschafts-System-Funktion, die eventuell sich verändert haben könnten nach der Digitalen Revolution, durch einen Schuss. Und zwar spektakulär sinnig durch einen Schuss ins Herz... Am Ende blieb von seiner spektakelkritischen Philosophie nur die Beglaubigung durch Selbstaufgabe als Spektakel-

Da ist mir ein Rimbaud der als Waffenhändler zum Überleben in die Wüste zieht, weil er wissend den Nicht-Poeten seiner Zeit nichts mehr entgegenzusetzen braucht, als alles das, was er ihnen in schon ganz jungen Jahren ohnehin entgegengesetzt hat, lieber.
Hermanis-Graffiti: Wasserglas
(...) Ich kann mir nicht vorstellen, um das zuvor Geschriebene noch einmal zu paraphrasieren, auch irgendwie ein Stück meiner Lebenszeit im übrigen, daß die Schweizer tatsächlich einen lettischen Regisseur als "Anspielwurst" und die einseitigen Stilblüten aus einer bundesdeutschen Debatte um Herrn Hermanis und Herrn Lux brauchen, um gegen NO BILLAG gezielt vorzugehen, ganz im Gegenteil !! Dazu wünsche ich viel Erfolg, ohne sich in einem "Sturm im Wasserglas" gleichsam zu verzetteln (oder sogar hier den Eindruck eines vorauseilenden Defätismus abzugeben im Grunde) !! (...)

***
Liebe Kommentator*innen,

in diesem Thread sind verschiedentlich Andeutungen gepostet worden, wer hinter der Graffito-Aktion stehen könnte. Wir haben diese teilweise nicht oder nur gekürzt veröffentlicht. Es scheint niemand von Ihnen zu wissen, wer das Graffito gesprüht hat. Wir bitten Sie daher, von Verdächtigungen Abstand zu nehmen.

Viele Dank und herzliche Grüße
Michael Wolf/Redaktion
Hermanis-Graffiti: Kontext-Rahmen
@zarthäuser: da haben sie aber in der schule nicht so richtig aufgepasst, wenn ihnen noch nicht aufgefallen ist, dass nationalismus und radikaler neoliberalismus sich gerade weltweit die hand reichen in der re-installation von rassismus, frauenhass und abbau von solidarisch finanzierten strukturen. hermanis und die no-billag boys in der gleichen woche am schauspielhaus zürich ist durchaus ein kontext-rahmen. wer den nicht sieht, will ihn nicht sehen.

@asterix: ja, "angst" ist evtl ein falscher begriff, weil zu nah an "besorgter bürger". ich gebe ihnen recht. "denkfeigheit" wär dann evtl eine synergetische wortbildung.
Hermanis-Graffiti: allgemeine Überprüfung!
"Denkfeigheit"? - Sehr gut! Sofort alle zeitgenössische veröffentlichte Literatur und alle Forschungs-/Lehrprojekte auf vorhandene oder überwundene Denkfeigheit prüfen. - Danke
Hermanis-Graffiti: antikollektivistisch
Da auch meine Reaktion auf die Stellungnahme von Herrn Wolf nicht gesendet wurde, ist mein Ehrgeiz, hier in diesem Thread noch weiter zu diskutieren erheblich geschmälert, zumal ich mich nun wiederholen muß, daß zum Beispiel vor den "Meet your Enemy"-Abenden Elfriede Jelinek läuft
und das, was Herr Schwarz zu den Programmheften und ihrer Ideologie schrieb, dann sowohl für die anderen Produktionsstückhefte gilt als natürlich auch für frühere Hermanis-Sachen. Die Behauptung, daß ihm das Vorteile verschafft habe, seine Thalia-Inszenierung zurückzuziehen, ist ziemlich hanebüchen. Auch hat Hermanis doch garnicht die öffentliche Verhandlung seiner Entscheidung gesucht, wie auch immer man dazu steht; und ich hätte es, auch dieses schrieb ich hier bereits, mir sehr gewünscht, daß das unaufgeregt-kollegiale Verhalten stattgehabt hätte, welches ich im Artikel von Leander Haußmann seinerzeit
ausgedrückt fand. Im übrigen würde dann ein Blick auf die Hermanis-Arbeiten, in anderen Schulstunden, den Blick dafür öffnen, daß Hermanis vor allem eine ganz eigene Bühnensprache pflegt und dezidiert antikollektivistisch und nicht-parteigängerisch eingestellt ist. "Die Geschichte von einem einzelnen, gemeinen Menschen zu erzählen, ist mehr Wert als der ganze Goethe" (siehe Nachtkritik und Pressespiegel zu "Kölner Affären" vom 4.4.2008), wäre so ein Hermanis-Zitat (den Schlenker zu Julia Wieninger, die dort damals mit von der Partie war, erspare ich mir weitestgehend: 4.4.8 ...).
Und von meiner persönlichen Einschätzung, daß es besser wäre, sich dann auch voll und ganz auf NO BILLAG zu konzentieren, auf verpaßte Schulstunden oder dergleichen zu schließen, muß ich nicht weiter kommentieren..
Hermanis-Graffiti: Aufklärung tut not
Wie das Fragezeichens Reaktionen zeigen, als auch die von Herrn Zarthäuser, findet auch hier eine sehr typische rhetorische Umdrehung statt. Hermanis Zitat im Programmheft zu Mdme de Sade ist nicht anti-kollektivistisch, es ist voller nationalistischer Ideologie. Als Mdme de Sade gezeigt wurde, stand die Welt unter dem Trump-Schock, gerade auch wegen seines Nationalismus und Sexismus. Bei Mdme de Sade warten Frauen auf den abwesenden Gewaltherrscher und reden über ihn, und definieren sich nur über ihn. Jeder und jede, der/die auch nur ein klein wenig im Diskurs belesen ist, las dieses Zitat als Bekenntnis zu Trump und anderen Gewaltherrschern. Hermanis schrieb damals ins Programmheft: Mishimas Selbstmord sei zu verstehen «als Metapher für den Selbstmord einer Gesellschaft» und als «Zeichen gegen die Selbstaufgabe nationaler Eigenheiten» zu verstehen sei." Zitatende. Wenn das nicht ein radikales Bekenntnis zu "Nationalismus" ist, weiss ich auch nicht, was ein Bekenntnis zu "Nationalismus" wäre. Und ja, es stimmt, was oben steht. Nationalismus und radikaler Neoliberalismus sind sich im Moment sehr nahe, weil sie beide auf vitalistischen Prinzip basieren. Deshalb können sie sich so wunderbar vereinen gegen Gender, Anti-Rassismus und können jenen, die ihnen mit Kritik entgegnen, wo wunderbar "Zensur" vorwerfen. Genau ähnliches macht ja auch das Ausrufezeichen bei #29. NOBILLAG ist initiert worden von rechtsnationalen Fanatikern, die sehr Nahe am rechtsesoterischen Umfeld agieren. Wie nahe diese Leute einander sind, konnten die SRF-Sender bis vor kurzem noch aufzeigen. Das tragische bezüglich SRF: Jetzt darf der Sender diese Aufklärungsarbeit nicht mehr leisten, weil dem Sender politische Sendungen, die die Gefahr von NOBILLAG aufzeigen, nicht mehr erlaubt sind. Gerade deshalb wäre es eben wichtig, dass ein Schauspielhaus nun diese dezidierte und sachliche Aufklärung mitleistet, und nicht - wie es das gemacht hat - Kritikern von ihrer Programmatik vorwirft "Sprechverbote" auszusprechen und leider - sicher ohne böse Absichten aber doch naiv - also den gleichen rhetorischen Trick anwendet wie die Rechten. Aber was schreibe ich mir hier die Finger fusslig? Diese Sendung von SRF, die der Sender noch ausstrahlen durfte als es SRF noch erlaubt war, politische Hintergründe von NOBILLAG aufzuzeigen, zeigt beispielhaft & sehr gut recherchiert, wie nahe sich Rechtsnationalisten, Esoteriker und "Anti-Zensur-Koalitionen" sind. Ich finde diesen Beitrag muss man gesehen haben, um diese Sache weiter diskutieren zu können. Ich hoffe, der Link funktioniert auch in Deutschland: https://www.srf.ch/news/schweiz/svp-politiker-beim-sekten-guru
Hermanis-Graffiti: bedenklich
also aktueller Stand: #13 hat keine Position dazu. das ist sehr bedenklich..
Hermanis-Graffiti: Unterwerfung-Prämissen
Vielen Dank, Herr Schwarz, für Ihren Hinweis dazu, wie Sie die "Mdme de Sade"-Inszenierung einschätzen und für den Link zur Sendung des SRF !
Da ich Alvis Hermanis bislang sehr schätzte (ua. auch aus Erfahrungen mit Inszenierungen von ihm in der Vergangenheit zB. in Berlin, leider nicht in Zürich) und nicht einfach so zu schätzen aufhören kann (Karin Beiers Kölner Zeit war gewiß auch nicht die übelste des Regisseurs Hermanis), muß ich diese Hinweise auf einen etwaigen Gesinnungswandel
natürlich ernst nehmen und werde diesen -wie der Sendung- auch nachgehen; allein die Hamburger Ereignisse reichen mir dazu in der Tat allerdings nicht; vielleicht sollte man dann zB. auch überprüfen, auf welchen Prämissen und Diskussionen Houellebeqs "Unterwerfung"
fußt, welche von Edgar Selge im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg (bei Karin Beier) fulminant umgesetzt worden ist. Der Hau0mann-Artikel, auf den ich abhob, äußerte ja kein Verständnis für Alvis Hermanis (das Wort "verrückt" fiel), auch das habe ich, Haußmann sehr schätzend, hätte nur jeder "Muxmäuschenstill" in etwa so aufgefaßt wie er !!, natürlich registriert. Ich hatte heute für diesen Thread
eigentlich einen Text vorbereitet, der hieß "Ich mache mich selbst verdächtig" - in einem post scriptum dazu nehme ich Bezug auf die obige "Lehrstunden"-Andeutung von "Fragezeichen" und schrieb: "Ach ja, zur Lehrstunde: "MEET YOUR ENEMY" ist ja eine Sache zu Zwingli ! Nun ja, die Sachen zu Luther sind nunmehr ja noch kaum vorüber; Kirchengemeinden wie St. Jürgen in Kiel, wurden zu Reformationstagskino-Gemeinden: Man zeigte "Luther" mit Bruno Ganz und "Katharina Luther" - und so machten es viele andere Gemeinden, wohl auch das Fernsehen. Zeigte aber irgendeiner den wundervollen DDR-5-Teiler aus dem Jahre 1983 (zum 500. Luthers, den ich erst 34 Jahre später für mich entdeckte) mit Ulrich Thein als Luther ?
Thematisierte Nachtkritik dergleichen ?? Eine Besetzungsliste: zum Zungeschnalzen ! Der Vergleich mit HBO-Produktionen ist nicht zu scheuen !! Der Bezug zur Schulstunde: Die Fugger wählen den Kaiser !
Und so macht es das Monopolkapital heute noch: Läßt Nationen ent- bzw. auferstehen, läßt sie zusammenkrachen, schürt Kriege, rekrutiert Flüchtlinge als billigere Arbeitskräfte und torpediert Mindestlohndebatten, baut Panzer für Saudi-Arabien und aktuell ja auch U-Boote mit leichter baulicher Verlängerung für Israel, nutzt jede Art sozialen Unfriedens für sich, devide et impera, wahrlich nicht erst seit TRUMP. In "Muxmäuschenstill" hieß es noch "Früher hätte sich keiner Rheinmetallaktien gekauft", jetzt haben wir die
direkt vor der Haustür in Kiel. Nicht erst sei TRUMP, und in den Flüchtlinge machenden Konflikten profitiert wohl kaum die lettische Rüstungsindustrie. Nicht erst seit TRUMP !! Frau Merkel versteht auch etwas von dieser Materie, und eine Linke stellte damals noch die Systemfrage, statt "zivilrechtlich die Verfassung" zu schützen..
Hermanis-Graffiti: Affekte gegen Monopole
Liebe Herr Zarthäuser, danke für ihrer Beitrag. ja das macht es ja so ungemütlich. Genau diese "Monopolkapital"-Debatten und Nato-Kriegsstrategien durch "gehirnwaschende Staatssender" sind ja das Hauptthema bei diesen "Anti-Zensurkonferenzen" mit Holocaust-Leugnern (und NOBILLAG Initianten). Daniele Ganser ist ja dort einer der beliebtesten Akteure (und Jürgen Elsässer und Frau Stoltze von den Holocaust-Leugnern). Genau diese Affekte gegen die "Monopole" sind die Hauptkraft dieser rechtsesoterischen "Bewegung". Die Ueberlagerungen mit schein-"linken" Positionen sind ja offensichtlich, in Berlin sind ist dieses unheimliche https://weltnetz.tv, oder das grauenhafte rubikon-Wahrheits-Portal, das behauptet, es sei "links", aber alles andere als "links" ist. Ich will nun nicht damit andeuten, dass sie - Herr Zarthäuser - nun auch so denken wie die Akteure auf diesen Portalen. Nur müssen wir uns bewusst werden, dass die Affekte gegen (reale oder nur eingebildete) Monopole, von diesen alles verdrehenden Bewegungen wie "Anti-Zensur-Konferenz" oder KenFM aufgefangen, benutzt werden. Deshalb ist ja Affektpolitik so gefährlich. Natürlich mache ich mich in den Augen gewisser Leute evtl mitschuldig, wenn ich nun "Schauspielhaus" kritisiere und - wie man mir sicher vorwirft - selber auch "Affektpolitik" gegen ein "Monopol" betreibe. Das ist aber ein Missverständnis. Ein Schauspielhaus muss sogar - aus meiner Sicht - ein moralisches "Monopol" bilden, es muss gewisse Grundsätze unserer demokratischen Kultur vertreten - durchaus muss es dabei trockene und langweilige "Lehrerhaftigkeit" vermeiden und "Moralismus" - aber trotzdem sollte es rechtzeitig merken, wenn es der Verführung des Populismus/Nationalismus verfallen könnte, trotz den "dionyischen" Notwendigkeiten des Performativen (auf der Bühne muss ja alles erlaubt sein). Es ist ein sehr schwieriges Handlungsfeld. Aber konstruktive Kritik an den Akteuren auf diesem Feld sehr wichtig und notwendig.
Hermanis-Graffiti: trauriger Zusammenhang
@31 diesen tv-beitrag habe ich noch gar nicht gekannt. den müsste man nun wirklich allen leuten zeigen. aktuell: heute beginnt auch die renommierte NZZ radikal gegen die SRG zu "schiessen". man darf ohne zu übertreiben sagen, dass dies wohl die gefährlichste situation ist für die schweiz seit jahrzehnten. ja, nun versteht man natürlich auch besser, dass das schauspielhaus lieber "meet your enemy"-nicht positionierung und alvis hermanis zelebriert und sich nicht anlegen will mit der rechtsbürgerlichen kundschaft, die die parolen der rechtsextremen (aus diesem tv-bericht) in ihrer "heim"-zeitung verbürgerlicht wiederfinden - und sicher nicht verstört werden wollen von jeder art von irgendwie "linker" gesinnung. traurig. strategisch natürlich intelligent. aber gesellschaftspolitisch verwerflich. vor allem, weil man weiss, dass dem schauspielhaus in ein/zwei jahren das genau gleiche szenario begegnen wird, wenn rechts sturm gegen die theater blasen wird. barbara frey ist ja dann weg. beschämend. http://www.persoenlich.com/medien/eric-gujer-schiesst-scharf-gegen-die-srg
Hermanis-Graffiti: Brecht spricht
"Wie alle wissen, sind die Schweizer eine überaus kriegerische und blutdürstige Rasse. Ihr Fremdenhass ist berüchtigt. Sie plündern Fremde aus bis aufs Hemd, wenn sie sich in ihr Land verirren. Für gewöhnlich sperren sie die Unglücklichen in eigene Häuser, die sogenannten Hotels. Die daraus entfliehen, verfolgen sie bis auf die höchsten Berge. Sie wollen den Fremden sogar kleine Glocken an den Hals hängen, damit sie, wenn sie entkommen, immer wieder schnell entdeckt werden können. Jetzt hat dieses Volk beschlossen, die Welt zu erobern. Ihre Priester sollen Träume gehabt haben, in denen die Götter ihnen verkündigten, daß sie dazu ausersehen seien, die Welt zu beherrschen. Nur darum seien sie alle so stark, wild und klug geboren. So rotten sie sich denn jetzt unter der Führung der Besitzer der Hotelli zusammen, bewaffnen sich, studieren kriegerische Lieder ein und exerzieren Tag und Nacht. (B. Brecht, aus: "Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar")
Hermanis-Graffiti: Brecht-Brief
"Auch die Helli hätte natürlich gerne am Schauspielhaus Zürich gespielt - ich meine auch, dass sie das verdient hätte nach fünfzehn Jahren Pause - nun denn, so wird's halt Chur. Komm nach - so schnell es geht! Wir brauchen deine Bilder, deine Person, deine Gedanken. Die Argumente des Schauspielhauses gegen Helli? Der Stil von Helli sei zu ungemütlich, zu schroff für Hirschfeld und Wälterin. Sagen die beiden nun natürlich nicht so direkt. Ist aber zu spüren. Also grosse Scham und Beklemmung in den Gesprächen. Hab mit Caspar gestern die Matinee von "Maria Stuart" geschaut - mit Maria Becker in der Hauptrolle. Altmodischer Gründgens Stil. Als wäre die Zeit stillgestanden. Erstaunlich, wie sie sich die Schweizer Bühnen den Krieg im Kopf konserviert haben, diesen falschen Pathos der Humanität, der aber diese Schwingung der Reaktion doch in sich trägt. Nein, mit dem Haus wird das mit der "Antigone" nicht gehen. Das wurde uns dann klar. Caspar ist ja da angestellt, und kann das zu beurteilen. Natürlich bin ich dem Haus dankbar. Schliesslich haben sie mich gespielt, auch in den Kriegsjahren. Aber wir müssen ganz neu anfangen. Mit ganz neuen Ansatz. Also jetzt: Chur. Schon in ein paar Tagen geht es los!" (Bertolt Brecht 16.12.1947 an Ruth Berlau, New York)
Hermanis-Graffiti: Obskurantismus
Vielen Dank, Herr Schwarz, für das Obskurantismus-Update (SRG-Bericht,
rubicon, worldnet) und, wertes Fragezeichen, für den Artikel zur NZZ !
"NO BILLAG" scheint für sich das sogenannte "FRAMING" (aus der Sprach- und Kognitionsforschung) ja gerade als "HORROR VACUI" nutzbar zu machen und agiert als Gespenst, glatt, konturlos, unbeirr - und unberührbar, cool, sein Gesicht konzeptionell frei gemacht, ausdrucksvoll und sympathisch zu erscheinen, wenn es denjenigen nur spiegelt und gleichsam über den "HORROR VACUI" beruhigt, der ES, das NOBILLAG, anspricht. Eigentlich kann ES einer Einladung eines Theaters zum Gespräch ebensogut folgen als es ausschlagen (womit im konkreten Falle sich das Züricher Schauspiel mindestens in die Gefahr begibt, in einer strukturell von vornherein unterlegenen Situierung sich wiederzufinden); ES lebt nämlich in einer GEGENWELT auf, welche den einladenden Apparat wie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für todgeweiht hält; ES kann auf diese Weise sogar vor den eigenen Augen sich noch perfektibler als "unheimlich" ausstatten und ganz arglos (tuend) fragen "Wie könnt ich denn Feinde haben ?, in den Köpfen dieses seltsamen Gegenüber muß eine Totenwelt gären, es spukt gewaltig in diesen Hirnen !" So ein Gespenst einzuladen, in ein Theater, wobei doch gerade dieses spezielle Gespenst in einem solchen instinktiv das Schloß für seine Rasselkette erkennt ?!!? Die Sorgen von Samuel Schwarz und anderen in diesem Thread scheinen mir berechtigt und nicht aus der Luft gegriffen zu sein (nach dem Bericht und diversen Einleseerfahrungen gestern und vorgestern); ich kann allmählich, wenn auch nicht gerade sehr früh, besser nachvollziehen, denke ich, was überhaupt zentral an den Einwänden von Herrn Schwarz, Fragezeichen etcpp. dran ist und worauf der Kasch-Artikel abzielt. Ich versuche aus eigener Institutionen-Perspektive zu paraphrasieren: "MEET YOUR ENEMY" (gegenüber NO BILLAG) wäre in etwa so, als würde die Feuerwehr die Polizei und die "Hells Angels" einladen, um die Claims des Einflusses zu disputieren, wobei es doch (zum Glück) ein Gewaltenmonopol gibt (!); auch erinnert mich das an städtische Büchereien, die monatliche Theaterabos (Theater Heute) wie in Kiel
(ganz konkret geschehen) aus wirtschaftlichen (!) einstellen und somit ihre eigene berufliche Aufhängung beschädigen/ignorieren und
(borniert) zu Tode beleidigt sind, wenn man sie darauf hinweist. Oft geht das in meinen Augen genau mit derjenigen Trägheit einher, die weiter oben bereits geschildert wurde (von anderen KommentatorInnen). Solche Büchereien begreifen sich andererseits als der HORT DEMOKRATISCHER KULTUR, und es lassen sich schnell blumige Gespräche darüber führen, wie gut das Theater in Kiel seit der Karasek-Intendanz dastehe ! Aber: AUS für das MONATSABO !! X-Tattoomagazine, Y-Hundemagazine: immerhin ?? Das sind, auf kleinerer Herdplatte, gesellschaftliche Realitäten fernab der Schweiz. Es war seinerzeit die Pointe der Interpassiven um Faller, diesem ES, diesem Gespenst zum Schutze der Büchereien, Museen, Kunsthallen, öffentlichen Bäder und Theater zuvorzukommen, aber einem "HORROR VACUI" ist ein solches Bekenntnis zum "Wir sind niemals aktiv gewesen" (siehe Titel des durch Guillaume Paoli seinerzeit am Centraltheater betreuten Interpassivitätswochenendes, bei dem ua. auch ich zugegen war) per definitionem ausgeliefert (fürchte ich). So langsam glaube ich auch, es wäre nicht übel, Frau Frey und/oder die Initiatoren von "MEET YOUR ENEMY" würden sich über die Bedenken im Vorraum noch einmal gezielt äußern (bevor das ZFPS vor ihrer Tür steht), zumindestens aber darüber nachdenken, ob man das ZFPS nicht als GEGENGESPENST zu NO BILLAG laden sollte, zumal es dem ZFPS ja auch egal wäre, ob NO BILLAG dann der Ladung folgt oder nicht, weil es zur Not dann halt NO BILLAG heimsucht; ich sehe schon, irgendwie könnte man das ZFPS dann doch auch stärker würdigen..
Hermanis-Graffiti: schöne Aussichten
ob man nun mit diesen rechten reden soll oder nicht und ob man diesen hermanis unhinterfragt inszenieren lassen soll, scheint die hauptfrage zu sein. die faz, die noch nicht nzz geworden ist, hat dazu eine antwort: "Die von linksrechten Querfronten ausgehende Verwirrung sei Teil ihres Spiels. Was die Rechten zu sagen haben, ist nach Diederichsens Überzeugung bereits historisch erledigt. Wer auf sie dennoch eingeht, macht sich zur Figur ihres Spiels und verschafft ihnen unnötige Aufmerksamkeit." interessant, wie auch das ZPS hier reflektiert wird. neumarkt, gessnerallee, schauspielhaus als teil der querfront. gute aussichten. ganzer artikel: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/soll-man-mit-rechten-reden-15313594.html
Hermanis-Graffiti: Hundeherz
Zu "Hundeherz" gibt es im Dezember (21. "doghearts" ), Januar (11.
"Inszenierungseinblick") und im Februar (19. "Gespräch über die Inszenierung von "Hundeherz" und "Weltzustand Davos"") jedenfalls noch einige Begleitveranstaltungen; vielleicht eröffnen sich zu diesen Gelegenheiten ja noch andere, weitergehende Perspektiven bzw. können
(am Rande) auch Gespräche über die hier angeklungenen Bedenken geführt werden. Zur auch auf Nachtkritik de. besprochenen Vorgängerinszenierung in Zürich von "Madame de Sade" fällt mir jedenfalls auf (neben dem ausgebliebenen Aufschrei in der Threadspalte der Kommentare), daß der Trump-Bezug und die interpretatorischen Konsequenzen daraus, wenn sie (siehe Pressespiegel) überhaupt erwogen werden, von niemandem so scharf herausgestellt wurden/werden wie in diesem Thread durch Samuel Schwarz ! Das Mißliche ist dabei, daß dies dann ja wohl mindestens auf "Unkenntnis der Materie" , wenn nicht Ärgeres verweist, oder ?, bei den betreffenden JournalistInnen und daß der Pressespiegel sich gerade nicht aus Links zu "Obskurantenseiten" speist..
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