Presseschau vom 14. Dezember 2017 – Die Programmdirektorin der Volksbühne Berlin Marietta Piekenbrock stellt sich Nachfragen der Berliner Zeitung zur Produktionsstruktur des Hauses
"Wir wollen aus diesem Haus kein Produktionshaus machen"
"Wir wollen aus diesem Haus kein Produktionshaus machen"
14. Dezember 2017. Zur Frage, ob die Volksbühne "nun als Ensemble- und Repertoiretheater abgewickelt wurde und als ein Plattformtheater, ein Produktionshaus, ein Festspielhaus wieder aufgemacht hat", trifft Ulrich Seidler von der Berliner Zeitung (14.12.2017) die Programmdirektorin der Volksbühne Berlin, Marietta Piekenbrock, zum Interview.
Ein "Systemwechsel" sei an der Volksbühne unter Neu-Intendant Chris Dercon nicht beabsichtigt, so Piekenbrock: "Wir wollen aus diesem Haus kein Produktionshaus machen. Wir sind ein Staatstheater. Die Volksbühne ist ein Haus mit großartigen Handwerksbetrieben, mit einer sehr leistungsfähigen Infrastruktur, die für die Entstehung von Kunst essenziell ist. Und so ist auch unser Spielplan ausgerichtet."
"Der Ensemble-Gedanke ist nicht das Zentrum unserer Programmidee"
Zur Frage nach dem festen Ensemble, für das bei Vorgängerintendant Frank Castorf noch 27 Planstellen bereit standen (von denen 11 fest besetzt waren und der Rest für Gast-Engagements reserviert wurde) und das das Team um Chris Dercon bisher nicht neu formiert hat, sagt Piekenbrock: "Mit einem festen Ensemble und all den Vorabsprachen, die daraus erwachsen, könnten wir einen international ausgerichteten Mehrsparten-Spielplan, nicht gestalten." Daher sei der Ensemble-Gedanke "nicht das Zentrum unserer Programmidee".
Mit Blick auf das HAU, mit dem die neue Volksbühne regelmäßig verglichen wird, sagt Piekenbrock: Das HAU sei ein gut aufgestelltes Produktionshaus, "aber sie stoßen bei größeren Produktionen, wie wir sie zeigen, schnell an ihre natürlichen Grenzen, räumlich, budgetär und was die Probenzeiten auf der Bühne anbelangt". Im Übrigen erfährt man, dass Marietta Piekenbrock wie alle künstlerischen Mitarbeiter*innen des Hauses – mit Ausnahme von Chris Dercon – einen jährlich kündbaren Vertrag besitzt.
(Berliner Zeitung / chr)
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In der Petition vom 20.6.2016:
www.change.org/p/gegen-die-abwicklung-der-strukturen-und-kapazitäten-der-volksbühne-am-rosa-luxemburg-platz?recruiter=563398943&utm_source=share_petition&utm_medium=email&utm_campaign=share_email_responsive
forderten sowohl die Mitarbeiter der VB, die Zuschauer und die Vertreter des Senats, dass die Strukturen eines Ensembletheaters in der VB zu erhalten sind.
Weiterhin wurden auf der PK im Mai 2017
durch Herrn D. als auch Frau P. öffentlich bestätigt, dass die VB unter Ihrer Leitung ein Ensembletheater bleibt.
Gäste sind eben Gäste, mit ihren eigenen Produktionen. Haben sie die bezahlte Einladung über verhandelte Vorstellungen, die längst schon gefertigt sind, erst einmal angenommen, sind kaum noch Beschwerden oder Kritik, außer in der Organisation zu erwarten. Und in dem Bereich arbeitet die Volksbühne reibungslos und professionell, wohl wahr.
Aber wo sonst zeigt sich denn die Arbeit der Gewerke an der Kunst. Es gibt doch bisher nur ein nennenswertes Bühnenbild bei Frau Kennedy. Ansonsten die für einen Abspielbetrieb übliche, minimale Ausstattung, von den Gästen gleich mit geliefert.
Warum da der Vorwurf eines vollzogenen Systemwechsels ins Leere greifen soll, wie Piekenbrock kühn behauptet, diese Logik erschließt sich dem Kundigen nicht. Im Gegenteil, trotz exzellenter Gewerke, die einem Abspielbetrieb , einem Produktionshaus entgegen stehen sollten, wird dieser trotz alledem und gegen jeden Widerstand frech installiert und durch ein Programm und eine Kollektion von zum größeren Teil eingekauften oder absehbaren Produktionen ersetzt. Nirgendwo gehen Piekenbrock und Dercon tatsächlich das künstlerische Risiko ein, dass auch nur eine Produktion nicht ihrem Branding entspräche und sich tatsächlich künstlerisch frei entfaltete. Diese Freiheit der Kunst, nicht einer von Einzelnen entworfenen Produktlinie zu entsprechen, die einzige Kunstfreiheit, die wirklich überraschen könnte und für das Haus immer Standard war, ist nicht gemeint. Wohl aber, das sich frei von Zwängen fühlen weniger Einzelner. Also zum Teufel mit der Kunstfreiheit und her mit dem ganzen Glück der Kuratoren, sich in ihren Entscheidungen subjektiv frei zu fühlen und das einzukaufen, was in ihre Linie, ihren Stil passt. Für ein freies Kulturshopping der Kuratoren. Was ist dagegen die Freiheit der Kunst?! - Nichts. Nur dieses unberechenbare Zusammenwirken vieler Kräfte und Künstler und Menschen, wo keiner am Ende genau weiß, was dabei herauskommt. Dagegen sind schon fertige oder neu gesampelte Produkte echte Garanten gegen die Unberechenbarkeit der freien Kunstproduktion, wie man sie bisher von der Volksbühne kannte.
Kann aber, oder gerade deswegen trotzdem in die Hose gehen und scheitern. Weniger Angst und mehr Freiheit für alle wären da wahrscheinlich angesagt. Aber wer sollte die noch vertreten, wo nun auch die Heroin der Kunstfreiheit Frau Rois das Haus verließ. Die Volksbühne war einmal eines der freiesten Theater, muss es wohl korrekt heißen. Nun nicht mehr.
Das Stadt- bzw staatstheAter dagegen arbeitet traditionell mitbringen festen, stehenden Ensemble vor Ort ansässiger Künstler. Die volksbühne ist derzeit daher entgegen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung sehr wohl ein Produktionshaus. Mit der sinnfreien Eigentümlichkeit eines großen Apparats von Werkstätten.
Natürlich gibt es auch hybridformen.
Allerdings keine, wo klammheimlich gegen den nutzungszweck verstoßen wird und nicht einmal die Chefin weiß, wovon sie eigentlich redet. Vielleicht sollte man mal die gewerke der volksbühne mit ihrem ungehobelten Schatz an Fähigkeiten fragen, wie Sie über die Entwicklung denken!
Obschon ich komplett zustimme, muss ich leider auch widersprechen. Diese Begriffsverwirrung ist Absicht, um die Spuren zu verwischen. Funktioniert vielleicht in Westfalen. Aber in Berlin nicht!
"Warum haben Sie dann die zwar nicht besetzten, aber doch vorhandenen Stellen abgebaut? Sie hätten sozial abgesicherte Arbeitsplätze im immer prekärer werdenden Kulturbereich erhalten und wieder aufbauen können."
MP:
"Wir sind uns bewusst, dass wir hier kulturpolitisch ein schwieriges Terrain betreten. Wir haben uns aber in Europa zurecht darauf geeinigt, dass unsere Gesellschaften Differenz aushalten und gestalten müssen. Infolge müssen wir auch akzeptieren, dass sich die Grenzen eines Ensembles zu verschieben beginnen zugunsten von mehr Diversität. Wichtig dabei ist natürlich, was wir mit den Budgets tun, die hinter den abgebauten Stellen liegen. Wir werden mit dem Geld nicht die Kantine renovieren, sondern die Gagen unserer Gäste zahlen."
Folgende Nachfrage:
"Wir haben uns aber in Europa zurecht darauf geeinigt, dass unsere Gesellschaften Differenz aushalten und gestalten müssen. Infolge müssen wir auch akzeptieren, dass sich die Grenzen eines Ensembles zu verschieben beginnen zugunsten von mehr Diversität." - huh, was soll denn diese Satzkombination? Ist "Europa" jetzt schon ein gern verwendeter frei flottierender Aufwertungsbegriff wie glutenfrei, laktosefrei usw?
– Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/29287672 ©2017
auch ein europäisches Ensemble, sogar ein internationales Ensemble kann man fest engagieren, wenn man Geld für 27zig Stellen hat. Für Pina Bausch war das kein Problem. Aber die machte bekanntermaßen international anerkannte Kunst und betrieb kein Gewerbe für Kulturshopping. - Aber von Bausch zu Piekenbrock war es ein weiter Weg. Bei Pina wollten alle tanzen, so wie bei Castorf viele spielen wollen. Frau Piekenbrock kann nicht einmal selbst empfehlen, dass man bei ihr fest unterschreibt. Das Geld stellt der Senat zur Verfügung. Nur, nach diesem Interview und anderen Äußerungen wissen wir, unter hundert Festangestellten macht es Frau Piekenbrock nicht. Bei Pina waren ja auch immer fünfhundert auf der Bühne, darunter geht international einfach nicht. Außer in "Café Müller", da stand sie fast alleine auf der Bühne und ein Franzose räumte ihr den Weg frei, er hieß ja auch Mercier, wenn ich es recht erinnere.
Ja.
"Eine weitere Sackgasse Europas ist der Hang zur Empörung, ein Wort, das inzwischen groß in Mode ist. In meinen Augen ist die Empörung romantisch, eine von Abwehr und Zorn geprägte und jugendlich-unreife Reaktion, die keine glaubwürdige Alternative benennt, weil sie keinerlei Interaktion mit dem anderen vorsieht. Sie denkt nicht an den anderen. Es ist eine Haltung, die zum Dogmatismus verleitet; sie ist ihrem Wesen nach totalitär und todbringend. Die Empörung ist eine europäische Sünde, ein negativer Narzissmus."
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/bilder-und-zeiten/interview/julia-kristeva-im-gespraech-sprich-ueber-deine-schatten-12171496-p2.html,
"Julia Kristeva: Wenn ich meine Studenten sehe, habe ich eine neue Spezies vor Augen, die jetzt entsteht, sie bilden ein europäisches Subjekt aus vielen Klängen, sind mehrsprachige Bürger eines multinationalen Europas, aufgeschlossen in ihrer Art zu leben, die Orte zu wechseln und theoretisch zu denken."
und:
"Vielleicht sind wir Europäer in einer Zeit des Wettens angekommen, in der wir darauf setzen, dass es eine fortgesetzte Erneuerung der menschlichen Fähigkeiten gibt, gemeinsam zu wissen und zu glauben. Das vielsprachige Europa kultiviert nicht die Identität, um die andere Kulturen ringen, sondern die Identität ist in Europa ein Gegenstand fortgesetzter, unabschließbarer Suche."
http://www.zeit.de/2014/02/europa-julia-kristeva
Die Geschichten Berlins, die Geschichten der VB spielen keine Rolle. M a n denkt in größeren Zusammenhängen, definiert die Begriffe neu und meint es aber vor allem gut mit den Menschen, von denen einige es offenbar noch nicht verstanden haben.
gute frage, liebe/r watermelon. EUROPA ist das AKTUELLE "zauberwort" und kann in seiner ständigen wiederholung von seiner usprünglichen benennung eines geografischen erdteiles jetzt sogar für die struktur der volksbühne angewendet werden. es muß dabei auch nicht differenziert werden, denn das "zauberwort" klärt nicht die differenz zwischen europäischer union und dem gesamten europäischen erdteil.
sie haben recht, "europa" ist damit zu einem "frei flottierenden aufwertungsbegriff" geworden, ihm fehlt jedoch die klarheit, wie der bezeichnung "laktosefrei".
die europäische geschichte und ihre so ganz unterschiedlichen regierungsformen haben sich schon immer durch "zauberwörter" versucht zu definieren - manche sehen einen ideoligischen inhalt darin, andere eine propagandistische methode der entsprechenden machtziele, und wieder andere wissen um die verschleierung und verhinderung von klarheit der bezeichnung und zu was dies an alles führen kann - wenn der schleier entzaubert wird
ps. ich sehe bei der heutigen volksbühne schon die konturen für eine "idee" von europa, vor der mir gruselt
... an dieser neuen "europäische volksbühne" ... "gibt es jetzt erst mal Hardcore-Porno und Sadismus auf die Bühne gebracht von Mette Ingvartsen, der neuen Hauschoreografin und Mitglied des Programmbeirats der Volksbühne.
Sie bringt ein Szenario auf die Bühne, das eine grausame sadistische Orgie darstellen soll. Knaben und Mädchen werden mit sadistischen Sexspielen gequält. Mette Ingvartsen breitet auf der Bühne verbal beschreibend Details aus. Exkremente werden geschluckt, an Jugendlichen wird sich vergangen, Mütter werden in perverser Lust ermordet. Und es geht noch weiter.
Verstörend sei Ingvartsens Stück nicht, liest man in einer Kritik des Tagesspiegels vom 14. Dezember. „Ärgerlich dafür der Schluss, wenn sie sich mit schwarzer Kapuze um die eigene Achse dreht und dabei eine Neonröhre in die Höhe hält: eine Anspielung auf das Foltergefängnis Abu Ghraib. Doch hier findet nur eine Ästhetisierung von Gewalt statt. Infernalische Musik und Lichtblitze machen die Szene fürs Publikum zu einer Tortur.“
https://cooptv.wordpress.com/2017/12/18/berliner-volksbuehne-chris-dercon-nach-anti-assad-propaganda-jetzt-hardcore-porno-von-mette-ingvartsen-mit-zitaten-aus-marquis-de-sades-die-120-tage-von-sodom/
Die "alte“ Volksbühne hatte 227,5 Stellen, davon 27 für das Ensemble. Das Ensemble bestand aus 11 fest angestellten Mitgliedern, von dem Geld für die restlichen 16 Stellen wurden die Gäste bezahlt. Die neue Volksbühne hat 227,5 Stellen, davon 11 für das Ensemble. Drei Stellen sind vermutlich besetzt, bleibt das Geld für 8 Stellen, um Gäste zu bezahlen. Die 16 Stellen, um die sich das Ensemble verringert hat, wurden ja anderen Abteilungen (Marketing etc.) zugeteilt. Also steht doch das Budget, das hinter den abgebauten Stellen für das Ensemble liegt, gar nicht für Gäste zur Verfügung. Folglich hat man doch viel weniger Geld für Gäste, obwohl dort eigentlich nur Gäste tätig sind. Wie funktioniert das? Verstehe ich nicht.
Ich kann mir nur denken, dass darauf spekuliert wird, dass andere Mitarbeiter von sich aus kündigen und deren Budgets dann ebenfalls für die Gäste verwendet werden soll.
Es bleiben ansonsten nur 7 offene Ensemble-Stellen. Anne Tismer soll ja auch einen Vertrag bekommen.
Nun denn, jedem sollte nach der Aufführung von Ingvartsen der Name Satar Jabar bekannt und geläufig sein und dennoch wird er nirgendwo genannt. Dieser Name gehört zu der Person, die auf dem berühmten Bild, wo ein Mann mit einer schwarzen Kapuze auf einem Pappkarton steht, die Arme ausgebreitet wie Jesus, an Gliedmaßen und Geschlecht verkabelt, abgebildet wird. Dieses Bild zitiert Ingvartsen. Sie eignet sich sein Schicksal mit einer weiblichen Sichtweise an und er selber verschwindet dahinter, wird von ihrer Ästhetisierung der Folter vollkommen aufgesogen und verschwindet komplett. Er wird unbemerkt in den Kanon der weiblichen Opfer überführt. Durchaus eine Anmaßung gegenüber einem noch lebenden männlichen Opfer. - Eigentlich stand die Aufführung für Anfang Januar fest auf meinem Programm. Nun aber, auf Grund der vielen immer gleichen Beschreibungen der Kritiken werde ich wohl fern bleiben. Sie widersprechen so gründlich meiner Auffassung von Theater, eben, dass man Geschichte aufklärt und nicht verklärt und in den Abgrund der reinen Ästhetik zerrt, so dass ich mich einfach nur noch traurig abwenden kann. Abu Ghraib wäre ein Thema für das Theater, so wie es einst die „Ermittlung“ war, aber auf dem Wege, da kann man nur an dem Medium verzweifeln.
Was die Stellen am Haus betrifft, nach meiner Information gibt es weiterhin 27zig Stellen. Davon können 11 als Festanstellungen realisiert werden und 16zehn als Gastverträge. Wenn man also nur drei feste Stellen besetzt, stehen weitere acht für Gastverträge bereit. Macht also insgesamt 24zig mögliche Gäste. So sieht die Rechnung von Frau Piekenbrock wohl aus.
https://www.morgenpost.de/kultur/article212907075/Chris-Dercon-engagiert-Helmut-Berger-an-die-Volksbuehne.html
*Ironie off*
Laut Stellenplan gibt es 12 Stellen für das Ensemble, statt wie bisher 27. Dafür bekommen / bekamen z. Bsp. KBB, Marketing und Presse insg. 14 neue Stellen. Somit gibt es doch gar kein freies Budget. Ich bleibe dabei, ich verstehe es nicht.
https://mobil.stern.de/lifestyle/leute/helmut-berger--trennung-wegen-masturbation-6450370.html
Nachdem Ingvertsen auf die Bühne urinierte, gibt es noch Steigerungsmöglichkeiten. - Hat was Tragisches und Komisches zugleich. Wo man Dercon auch mit einem Fettnäpfchen lockt, er tritt hinein...
Aber das kennt man auch von anderen Kulturbetrieben...irgendwer findet irgendwen aus irgendwelchen Gründen toll und setzt ihn oder sie auf einen leitenden Posten- und sieht dann weg bzw. es wird unter den Teppich gekehrt, wenn unter diesem Posten nur Schrott herauskommt..Ganz zu schweigen, wie der oder sie eventuell noch mit Mitarbeitern umgeht....
Auf Entscheiderseite - nicht nur in Berlin- Leute, die Namen berufen und auf "Pöstchen" setzen, dabei aber selbst keine Ahnung davon haben, dass diese Namen, die "die Welt oder zumindest Europa nach Berlin, Schwerin oder Buxtehude- wohin auch immer- locken soll, auch keine Ahnung haben...Diese Kulturpolitik ist doch zum ....
geklaut aus "Fight Club"
Helmut Berger! Ingrid Caven! Ich bin - allein schon wegen dieser Besetzung - auf die Arbeit von Albert Serra sehr gespannt. Es wäre toll, wenn Berger und Caven wirklich auch "an die Volksbühne verpflichtet würden" wie die Presse euphemistisch behauptet. Herr Dercon: holen Sie den arbeitslosen Berger ans Ensemble! Und dazu weitere zehn arbeitslose Schauspieler über 60 - Die Volksbühne bevölkert mit einem All-Star-Anarcho-Greisen-Ensemble - und schon gehe ich auch wieder hin... und die Stadtbevölkerung sicher auch. https://www.morgenpost.de/kultur/article212907075/Chris-Dercon-engagiert-Helmut-Berger-an-die-Volksbuehne.html
Und Piekenbrock/Dercon haben sie erfunden!!! Das ist die Befreiung des cineastischen Kammerspiels zur Werbung! (Vielleicht möchten sie sich ja für die Kosslick-Nachfolge empfehlen, wo es mit der VB nicht so recht klappen will?)
- Gegen die Besetzung allerdings ist gar nichts einzuwenden. Warum kein temporäres "Greisen"Ensemble? Und Tismer ist ja wohl noch lange kein altes Eisen, bitteschön -
Christian Morgenstern
Weil die Volksbühne nicht nach dem Prinzip der Komödie am Kuhdamm funktioniert. (Oder funktionieren sollte.) Wir kaufen ein paar alternde Stars ein, die haben schon ein Publikum und würfeln sie bunt zusammen, gießen einen bekannten Filmregisseur drüber und fertig ist die Laube. Fehlt nur noch ein reißerischer Titel.
Ein Ensemble entwickelt über einen längeren Zeitraum eine oder mehrere Spielweisen, eine eigene Ästhetik und positioniert sich so immer wieder neu gegenüber dem Zeitgeschehen. Es entwickelt verschiedene Linien weiter, die man verfolgen kann. Es bildet so sein eigenes Publikum heraus, dass sich in einem inneren Dialog zu dem Ensemble und dem Theater befindet, um so eine eigene Haltung an sich auszubilden. - Es geht nicht darum ein beliebiges Publikum mit kleinen Häppchen aus Stars und kleinen Aufregern zu versorgen. Schafft es Berger heute Abend noch?! Oder muss er wieder umbesetzt werden? Es ist ja so aufregend!
Nein. Publikum und Ensemble bilden eine gemeinsame Sprache aus, die sie kongenial immer weiter entwickeln, um das Zeitgeschehen zu verarbeiten, um in das Zeitgeschehen eingreifen zu können. Dazu braucht es einen gemeinsamen Stil, eben eine neue Spielweise, Kontinuität. - Ein Haut Couture Ensemble ist lediglich ein Zuschnitt auf eine Produktion, weiter nichts. Und dafür braucht es professionelle Caster, wie beim Film, beispielsweise jemanden wie Suse Marquart, die den Cast für „Victoria“ gemacht hat. Hierzu bildet man einen ganzen Katalog von Kriterien aus, den es so für das Theater erst einmal gar nicht gibt. Denn dort arbeiten Teams, die sich aufeinander eingespielt haben im Kontakt zu ihrem Publikum, dass sie tatsächlich täglich zu spüren bekommen, wenn es denn wirklich kommt.
In der Kulturhäppchenkultur wird traditionell ein ganz anderes Publikum bedient, dass die Auseinandersetzung eher scheut und unterhalten werden will. - Natürlich, wenn Dercon das will, befindet er sich auf dem richtigen Weg. Aber dann will er die Geschichte der Volksbühne tatsächlich im Trog des Kunst-Kommerzes zermörsern. Das käme einer Auslöschung der Geschichte dieser Bühne gleich.
Und bevor je ein Ensemble sich zusammen entwickelt hat, ist es entweder zunächst von EINER Person zusammengecastet worden oder halt unter wirtschaftlichen Zwängen auf Gedeih und Verderb zusammengewürfelt...
Erst sagen Sie unterschiedliche Spielweisen werden eingebracht und gemeinsam entwickelt, dann fragen Sie sich, wie die unterschiedlichen Spielweisen für die geplante Inszenierung denn überhaupt zusammengehen sollten -
Es liegt mir fern für diese Sache zu werben, aber von Ihnen hat man auch schon bessere Argumentation gelesen...
Ein maßgeschneidertes Ensemble für eine Produktion ist ein Ensemble mit ausgesucht dazu geladenen Gästen. Das kommt in den meisten Ensembletheatern mit einem Repertoire regelmäßig vor.
Die neue Frage ist: Ist die VB in Zukunft ein Repertoire-Filmtheater?
Darüberhinaus, es muss wohl sein, beschreibe ich sehr kurz, das ein echtes Ensemble Kontinuität aufbaut und eine, häufig sogar mehrere Spielweisen entwickelt, meist über einen langen Zeitraum. Ein Haut Couture Ensemble kann das nicht, weil es lediglich, und vor allem in der Altersgruppe temporär zusammen kommt.
Aber selbstverständlich werden feste Ensemble durch Gäste ergänzt, womit noch lange nicht die Vorgehensweise von Castorf beschrieben wäre, auf die sich Piekenbrock beruft. Denn diese Schar von Gästen war mit dem hohen Identifikationsgrad nur möglich, weil die Gruppe schon historisch gewachsen war.
Davon kann bei Piekenbrock und Dercon nicht die Rede sein. Sie befinden sich in dem Status ein Ensemble aufbauen zu sollen und gehen es einfach falsch an, in dem sie den Ensemblegedanken zu Gunsten eines Gastspielbetriebes verweigern.
Rein fachlich die Frage, unabhängig von VB: Sind Sie überzeugt, dass SchauspielerInnen prinzipiell abgeschlossene Spielweisen verfügen können, d.h. nicht mehr lernfähig sein könn(t)en durch Aufeinandertreffen von zunächst schwer miteinander kompatiblen persönlich präferierten Spielweisen in einer Zufalls-Gruppe? -
Es ist vllt sehr idealisitsch - aber ich halte das für möglich, dass auch in einer solchen Gruppe eine gemeinsame neue Spielweise, die auf zunächst vitalen Inkommensuralibitäten basieren kann, sich entwickeln könnte... Allerdings nicht in 6 Wochen Probe bis Premiere und auch nicht beim Umgang mit einer Dramenvorlage. Als Stückentwicklung mag es gehen, wenn die Gruppe ein Interessenschwerpunkt eint-
grundsätzlich ist alles denkbar und es gibt wunderbare ältere Schauspielerinnen und Schauspieler, die, leidenschaftlich, fast wie am ersten Tag immer wieder nach angemessenen Ausdrucksmitteln suchen. Ich möchte das keinem absprechen. - Aber wenn ein arg angeschlagner Intendant einen noch angeschlageneren Schauspieler engagiert, der dann den Karren aus dem Dreck ziehen soll, Pardon, das ist schon eine sehr unglückliche Situation und man weiß nicht, wer da eigentlich wen benutzt. Helmut Berger war ein großartiger Schauspieler, eine Legende und ich bin geneigt ihn gegen Dercon in Schutz nehmen zu wollen, denn ich sehe in der Ankündigung nicht den geringsten Ansatz dazu eine neue Spielweise entwickeln zu wollen, welche die bisherige Weise der ehemaligen Volksbühne ablösen wollte und könnte. Es sieht eher nach einem der üblichen Dercon Deals aus.
Aber ich wollte bitte u.a. den Helmut Berger in Schutz nehmen dagegen, dass man ihm ob seiner Angeschlagenheit hier im Fachportal gleich grundsätzlich Entwicklungsmöglichkeit als Schauspieler abspricht, weil man eigentlich Programm und Leitung der VB kritisieren möchte...
Das muss man doch trennen m.E. voneinander: die Motive der Entscheidung zum Engagement von Berger als Gast und die Motive Bergers, zuzusagen.
Für mich ist die wirklich ästhetisch relevantere Frage die, warum man einen gerade erst herausgekommenen Film, der vor allem als Kammerspiel in beeindruckend düsteren Nahaufnahmen gelobt wurde, auf der Bühne sozusagen nachinszeniert. Dann auch noch mit anderen Schauspielern. Müssen da nicht - z.B. - die, die im Film mitgewirkt haben, das Gefühl bekommen, das hätte auch jeder andere so wie sie gekonnt. Das Lob ihrer Darstellung sei also lediglich als beliebiges einzustufen??? Wenn Berger als Ludwig, der kraftvoll gelassen dahinsiechende Sonnenkönig für Serra die I d e a lbesetzung ist, warum hat er ihn nicht schon für seinen Film angefragt? Und was meint der Filmverleih dazu, dass an der VB mit anderen Darstellern und anderer Film-Aufnahmetechnik nach Dercon eine "deutsche Erstaufführung" stattfinden soll???
Es ging nicht um Helmut Bergers künstlerische Fähigkeiten, sondern um seine gesundheitsbedingten möglicherweise eingeschränkten Einsatzfähigkeiten. Was im Film gerade noch zusammenzuschnipseln geht, muss am Theater an länger vorausbestimmten Tagen verlässlich ablieferbar sein.