Das verhunzte Leben und die Sehnsucht
14. Januar 2018. Ronald Pohl hat für den Standard ein ausführliches Gespräch mit dem inzwischen 73jährigen Dramatiker Peter Turrini geführt (online auf standard.at 14.1.2018, 11:59 h). Wir geben daraus ein paar Sätze wieder.
Turrinis neues Drama "Fremdenzimmer", das am 25. Jänner in der Josefstadt uraufgeführt wird, enthalte, schreibt Ronald Pohl zur Einstimmung, die "denkbar sensibelste Annäherung an das Phänomen Migration". Eine "Mindestrentnerin und ein emeritierter Postbote" nähmen einen "syrischen Flüchtling" bei sich auf – und "entwerfen unter den Augen des überraschten Gastes ihr Leben neu".
Über das Volksstück
Turrini sagt, in seiner Erinnerung gäbe es ein Buch mit Liedern, "die von Knechten und Mägden handelten". Sie sprächen nicht von Klassenkampf, sondern von einem "beschwerlichen, ja verhunzten Leben und der Sehnsucht nach einem anderen". Dieser "Topos" sei zur Basis seiner Stücke geworden. Volksstücke über "Menschen mit einem desolaten Leben" und einem "Ausblick auf etwas Besseres" auch wenn dieser Ausblick länger dauere.
Anders als noch zu Horváths Zeiten produzierten die Menschen heute statt Schweigen und Stammeln "Wortüberschüsse". Das "Eigentliche wird in einem Wortberg versteckt" und sei dort "nur noch schwer aufzufinden". Seine Stücke seien eine "Art Suchtrupp nach diesem Eigenen und Eigentlichen".
Zur Möglichkeit von Verständigung und Empathie
"Es würde völlig reichen, ab und wann eine Immigrantenfamilie zum Essen einzuladen und anschließend die Gegeneinladung anzunehmen."
Zur gegenwärtigen Regierung in Österreich
Er, Turrini, habe nicht die Absicht, sich "ein warmes Plätzchen" zu suchen, wenn es "politisch eisig" werde. Er lehne "diese Regierung aus Überzeugung ab", weil sie "die Schwächeren weiter schwächt und die Stärkeren begünstigt".
(jnm)
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