Kolumne: Ich aktiviere Sie jetzt - Sophie Diesselhorst über mögliche #MeToo-Folgen fürs Theater
Na los!
von Sophie Diesselhorst
16. Januar 2018. #MeToo ist im deutschen Showgeschäft angekommen. Mit den Vorwürfen, die drei Schauspielerinnen in einer Reportage des Zeit Magazins gegen den Bad-Hersfelder-Festspiele-Intendanten Dieter Wedel erhoben, rückt die Debatte, zu der man sich bisher in lässiger Distanz möglichst schlau bzw. slacktivistisch positionieren konnte – wenn man wollte – in unbequeme Nähe.
Die Büchse der Pandora
Ein*e Kommentator*in fragt, warum "hier auf nachtkritik in diesem Zusammenhang keine Grundsatzdebatte geführt wird". Vielleicht genau deshalb? Weil wir es uns bequem gemacht haben und jetzt davon überrumpelt werden, dass auch hier die Einzelfälle groß rauskommen, bevor wir sattelfest sind im Debattieren über strukturellen Sexismus – was man übrigens nur kann, wenn man erst einmal anerkennt, dass es ihn gibt und Begriffe wie "Hexenjagd" in diesem Zusammenhang auslässt. Sich aber auch nicht an Einzelfällen aufhängt bzw. in ein diffuses Unrechtsgefühl flüchtet, wie es uns letztes Jahr – sowohl auf der beschuldigenden als auch auf der beschuldigten Seite – die "Sexismus-Debatte UdK" vorgeführt hat.
Was die Erfahrung allerdings lehrt, ist, dass aktivistische Vorstöße ohne saftige Beispiele in aller Regel als unsexy (!) wahrgenommen werden und aufmerksamkeitsökonomisch baden gehen. Wir sind Voyeure – einerseits. Andererseits wollen wir nicht über Dieter Wedel reden. Denn wir sind doch keine Voyeure (wir gucken Dschungelcamp mit soziologischem Interesse). Und vielleicht haben wir auch Angst, die Büchse der Pandora zu öffnen? Es ist ja nicht ganz unwahrscheinlich, dass sich auch noch andere mächtige Männer des deutschsprachigen Kulturbetriebs "schlecht benommen" haben.
Vielleicht hilft ein Blick nach Irland aus der Zwickmühle. Da hat der reine Aktivismus nämlich wundersamerweise doch funktioniert: 2016 formierten sich unter dem Hashtag #WakingTheFeminists 2016 Feminist*innen, um gegen die fast ausschließlich männliche Besetzung von Schlüsselpositionen im Kulturbetrieb zu protestieren. Es folgte eine Studie, die mit Zahlen belegte, was eigentlich alle schon wussten: An allen Häusern sind weniger Frauen wichtig, an den größten die wenigsten.
Alles beim Alten – noch?
Die Studie führte konkret dazu, dass mit Selina Cartmell eine Intendantin an die Spitze des Dubliner Gate Theatre berufen wurde – die sich jetzt vorgenommen hat "den Kanon neu zu definieren, indem ich ihm großartige Regisseurinnen, Dramatikerinnen und Schauspielerinnen hinzufüge". Wenn man dem Guardian glauben schenken darf, ist das bisher alles andere als eine ästhetische Katastrophe.
Zurück nach Deutschland, stellvertretend: Berlin. Hier gibt es mit dem Berliner Ensemble, dem Deutschen Theater, der Schaubühne, dem Maxim Gorki Theater und der Volksbühne fünf große Theater, von denen genau eines, und zwar das kleinste, von einer Frau geleitet wird. Dementsprechend fällt die Bilanz der Spielzeitauftaktinszenierungen weiblicher Prägung aus: eine. Und raten Sie mal wo. Richtig. Yael Ronen mit Roma Armee an Shermin Langhoffs Maxim Gorki Theater. Da ist eigentlich alles beim Alten seit der jüngsten Prüfung durch den Kollegen Georg Kasch.
Eine Studie, die diese über Berlin hinausreichende Misere mit Zahlen belegt, gibt es auch schon – Frauen in Medien und Kultur, von Kulturstaatsministerin Monika Grütters in Auftrag gegeben, belegt einerseits einen skandalös niedrigen Anteil von Frauen in Führungspositionen des Kulturbetriebs (nur 22 Prozent aller Theaterchef*innen sind weiblich), andererseits, dass sich das seit der letzten Erhebung vor zwanzig Jahren nur unerheblich verändert hat. Man würde es ja gern als mutmachendes Signal nehmen, dass das Zürcher Neumarkt-Theater jetzt gleich drei (!) Frauen in die Intendanz berufen hat, aber die zuletzt größtmöglichen Neubesetzungen im deutschsprachigen Metropolentheaterbetrieb gingen dann doch wieder an Männer (Burgtheater Wien, Schauspielhaus Zürich und Residenztheater München).
Warum müssen sich eigentlich immer die Frauen erklären?
Immerhin: Die Frauen bewegen sich. Seit Kurzem gibt es den Verein Pro Quote Bühne, der #MeToo offensiv versteht als: Ich will auch mehr zu sagen haben. Oder auch: Ich will auch mehr Verantwortung tragen. Und am 11. März findet im Theater Bonn das 1. Treffen der Theatermacherinnen statt.
Also: Schaffen wir – und zwar idealerweise nicht die Frauen alleine, sondern mit den Männern als tätigen Mitstreitern – nach irischem Vorbild einen Theaterbetrieb mit gleichen Aufstiegschancen, ein Theater, das sich (mehr) progressive Rollenbilder traut statt in populistischer Manier mehr oder weniger kodiert alteingesessene Sexismen zu präsentieren.
Nein, dies ist keine Schleichwerbung für die (großstädtischen und/oder eher kleinen, Freie Szene-)Häuser, die sich das schon trauen, sich allerdings auch darauf verlassen können, dass ihr Publikum progressive Rollenbilder bereits verinnerlicht hat und ein Feminismusdiskurs-Update macht statt die Abendrobe anzulegen, bevor es ins Theater geht.
Dies ist auch keine Schleichwerbung für die "reine Machtübernahme": Angst, dass das Matriarchat das Patriarchat nur ablösen will, gildet nicht. Und beruht auf einem alten Vorurteil, das Männermacht sichert und mit dem die Psychologin Sandra Konrad in einem sehr lesenswerten Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger aufräumt. Auf die Frage, warum Feminismus als Schimpfwort gelte, sagt Konrad: "Weil Feminismus immer noch häufig mit Männerhass gleichgesetzt wird. Die Frau gerät damit in die Defensive und muss sich erklären: Ich bin Feministin, aber ich habe trotzdem gerne Sex, und Männer mag ich auch. Und schon sind wir weg vom eigentlichen Thema." Und: "Solange Feminismus ein Schimpfwort ist, kann es keine Gleichberechtigung geben. Denn solange Frauen sich davor fürchten, Feministin zu sein, haben Männer die Deutungshoheit darüber, was eine gute Frau ausmacht."
#Feminismus #MeToo Na los!
Sophie Diesselhorst ist Redakteurin bei nachtkritik.de. Vorher hat sie mal drei Wochen in einem Call Center gearbeitet, wo sie dazu angehalten wurde, möglichst schnell "Ich aktiviere Sie jetzt!" zu nuscheln, um krumme Deals zu besiegeln, ohne dass der arme Mensch am anderen Ende der Leitung es merkt. In ihrer Kolumne versucht sie deutlich zu sprechen.
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das gehts doch um zwei verschiedene sachen, wenn ich das richtig verstehe.
-unterrepräsentation von frauen in führungspositionen auch und grade im theater - ist unbestritten - bitte herrn lederer unter druck setzen - mit allen zur verfügung stehenden mitteln des aktivismus.
me too et al.
glaube nicht daß jemand angst hat irgendeine dose zu öffnen.
aber so dilletantisch und unverantwortlich wie das der merkur im falle von frau stocker gemacht hat gehts jetzt auch nicht. schien saftig, war mager - und irgendwie fühlt man sich unwohl wenn man den herrn professor bei einer premierenfeier sieht, auch wenn gar nichts vorgefallen ist, was einer weiteren untersuchung bedürfte.
finde ich schwierig, daß nachtkritik da jetzt auch mitmachen will.
gibts schon saftige Beispiele, die dann als "sexy" wahrgenommen werden, geiles clickbait am start? hoffentlich besser recherchiert als beim letzten mal, wenn der text nicht hält was die reisserische Überschrift verspricht und ungeprüft auf den merkur-Artikel verlinkt wird
(Originalzitat merkur-redakteur: wir können die texte der autorinnen nicht auch noch prüfen, das nimmt zu viel zeit in Anspruch.)
#me too ist expressiv, nicht auf Überzeugung ausgerichtet. Die Aktivistinnen sind gar nicht daran interessiert, irgendwen zu überzeugen. Es geht ihnen darum, jemandem "eine Stimme zu geben", "Narrative" zu schaffen und Urteile zu fällen über andere.
und ja es ist total öde, liebe frau diesselhorst - aber der rechtsstaat ist eine errungenschaft und sollte nicht von twitter ausser kraft gesetzt werden.
mehr frauen ins theater und equal pay - ja bitte
evangelikaler kulturimperialistischer und meistens dilletantischer #me too aktivismus - nein danke (gina lisa und emma sulkowicz lassen schön grüssen)
http://www.tagesspiegel.de/kultur/metoo-streit-in-frankreich-catherine-deneuve-ich-bin-eine-freie-frau/20849478.html
deneuve sorgt sich um die zukunft der kunst!!!
bei #me too ist von kunst NIX ... kein wort ... keine idee=NIX
das wäre schon ein Gewinn in Debatte und Realität.
https://www.berliner-zeitung.de/kultur/philosophin-frigga-haug--auch-ich--zu-sagen--ist-zu-wenig----29417566
Beispiel Berlin: Was ist mit dem HAU? Annemie Vanackere miteinbezogen sind wir mit 2 zu 4 nicht weit weg von einem paritätischen 3 zu 3. Bei Grips und Parkaue sind wir bei 0 zu 2, also von 1 zu 1 auch nicht weit weg. Bei Festspielen, Sophiensaelen und Radialsystem sind wir bei 1 zu 2, also quasiparitätisch. (Und dabei ist die Theatersparte der Festspiele also Frau Büdenhölzer nicht mitgerechnet.) Wenn man den Berliner Vorort Potsdam ab Sommer 2018 hinzurechnet, sieht die Lage noch besser aus.
Beispiel Hamburg (zweitgrößte Stadt Deutschlands): Zwei Frauen, ein Mann an Schauspielhaus, Thalia und Kampnagel. Mindestens paritätisch.
Beispiel München: Drei Männer und keine Frau, wenn man Resi, Volkstheater und Kammerspiele zählt. Immerhin nur eine Neubesetzung von der Quasiparität entfernt.
Beispiel Zürich: Eine Frau, ein Mann. Neumarkt, Schaupielhaus. 1 zu 1. Paritätisch. Das bleibt 2019 mit dem Frauentrio und dem Männerduo dann auch so. (By the way: Was erzählt es uns, dass die Kollektivintendanzen in dieser Zahlen- und Geschlechterkonstellation stattfinden werden? Nix? Viel?)
Beispiel Wien: Zwei Frauen. Volkstheater, Burgtheater. 2 zu 0. Mindestens paritätisch. Auch nach Kusej-Wechsel: Paritätisch.
Kurzum: In diesen Theaterhochburgen ist es beileibe nicht so, dass die Geschlechterverteilung an den Spitzen (Intendanz, Künstlerische Leitung/Direktion) weit weg wäre von pari-pari. Man kann sich mithin ebenso fragen, warum schon *ohne Quote* an so vielen Orten Parität erreicht ist oder die Parität mit nur einer Neubesetzung im entsprechenden Bereich erreicht wäre.
Parität, Political Correctness, Flüchtlingsbetreuung und Sozialengagement gelten derzeit als die Werte für die gelobt und gefördert wird.
Die große Energie auf die Bühne haben aber in der Vergangenheit oft Unangepasste, Chaoten, gigantomanische Verführer und nicht brave Vorzugsschüler gebracht. Und solange ich mich zurückerinnern kann, war das Publikum dankbar für die Aufbrüche und Ausbrüche aus dem grau genormten Alltag in eine dionysische Welt.
#MaximGorki
Robert Pfaller in „Wie Political Correctness von Ausbeutung und Verelendung ablenkt“: Tendenz zeige, dass es „den Profiteuren der neoliberalen Umverteilung“ gelungen sei, „die Verlierer in lauter irrelevante, rivalisierende oder verfeindete Untergruppen auseinanderzudividieren“.
Was ich vornehmlich an den obigen Reaktionen bemerke: irgendwie ein ja zur Debatte- aber SO nicht. #metoo ist unzureichend, Darja Stocker war unzureichend.. wie hätten Sie es denn gerne? Warten Sie auf die Lichtfigur die alles richtig macht (gibt es die?) bevor Sie die Argumente aufnehmen? Hat eine von den Frauen gesagt: hört mal alle her, ich bin das Mass aller Dinge? Und welche Form des Protestes bevorzugen Sie- laut, leise, produktiv, destruktiv- am Besten gar nicht, oder?
Und mit all' dem Mittelmässigen, Aufmerksamkeitshaschenden, Unzureichenden: die Masse davon wird von Männern geleistet.
@6 nicht Ihr Ernst- unter Frauen gibt es genug radikale Denker/Künstler/Genies. Die Geschichte (und die Gegenwart) sind voll davon. Ist halt nur eine Frage wo SIE (stellvertretend für das Publikum) hinsehen und wem SIE Gehör schenken, Und wer die Chance bekommt ein "geniales Arschloch" zu werden, wenn es das ist was Sie wichtig finden.
Zu einer Häufung von Missverständnissen kommt es, wenn man das Thema Sexismus andauernd mit dem Thema Missbrauch verknüpft, denn in dieser Konstellation wird ein Anspruch erhoben, der nur ein Geschlecht betreffen soll, nämlich das Weibliche. Und garniert mit „saftigen Beispielen“, wie man sie in der Yellow Press benutzt, folgt dann eben auch leider die Sexismusdebatte der Agenda der Boulevardpresse. Es gibt eine große, populistische Welle, die dann wieder abebbt, weil zu viele Fälle verhandelt werden, die der Beobachter nicht wirklich beurteilen kann. Es entsteht dann kurzfristig eine Art Paralelljustiz im öffentlichen Raum und den Medien, in der einige Köpfe rollen, aber auf die lange Sicht entwickelt sich meistens nur eine Schlammschlacht, der sich die Mehrheit lieber fernhält, da es zu wenig juristisch haltbare Belege für all diese Fälle gibt. Es entsteht ein Unwohlsein, denn keiner möchte von so einer Paralelljustiz betroffen sein. - Man stelle sich einmal kurz das Gegenbeispiel von. Eine Gruppe von Männern würde einer Frau im Showbusiness vorwerfen sich systematisch durch übergriffige, sexuelle Offerten berufliche Vorteile verschafft zu haben, und die würde nun sofort aus ihrem Job, ohne ein Gerichtsurteil entfernt. Da wäre der Aufschrei dann groß.
Das sich die Sexismusdebatte also an diese Welle von Vorwürfen im sexuellen Bereich anhängt, birgt auch viele Nachteile in sich. Einerseits wirkt sie dadurch unseriöser, was nicht sein müsste, und zu dem verschwindet sie eventuell mit der Debatte um vermeintliche Vergewaltigungen auch ebenso schnell wieder für eine ganze Zeit, denn die Empörungskultur auf Grundlage von verjährten oder nicht bewiesenen Taten ist eben recht kurzatmig, wohingegen das Problem des Sexismus doch weiterhin besteht.
Wie hätte man es denn gerne, heißt die Frage? Vielleicht so, dass sich die Sexismusdebatte von solch unseriösen Erscheinungsbildern abkoppelt und für sich alleine steht. Denn der Widerstand in der BRD den strukturellen Sexismus zu bekämpfen erscheint mir nach den Ausführungen von Herrn Zisch gar nicht so groß. - Das Frau Diesselhorst Annemie Vanackere einfach mal so unterschlägt und auf die Leitung der Sophiensäle erst gar nicht eingeht, finde ich in dem Zusammenhang schon sehr bedenklich für eine Journalistin. Matthias Lilienthal wäre wohl zu seiner Zeit nicht vergessen worden. Und auch das Frau Piekenbrock nicht erwähnt wird und somit die ganze zweite Leitungsebene erscheint mir bedenklich, so wie auch der Umstand, dass es keine Sicht quer durch den Betrieb gibt und nur die Spitzenpositionen bedacht wurden.
Meine Punkte waren vor allem ...
1) ... dass einseitig fokussierte Statistik immer Gefahr läuft als Agitation markiert werden zu können. Der Übergang von ("objektiver") Analyse zu ("subjektiver") Agitation ist fließend. Ihn zu markieren ist Pflicht einer aufrichtigen Debatte. (Ich unterstelle Frau Diesselhorst, deren Arbeit ich im Allgemeinen sehr schätze, wie ich an anderer Stelle schon schrieb, nicht, dass sie agitiert! Aber der Fokus beim "1 gegen 4" ist suggestiv/verkürzend.)
2) ... dass die Lage in den Metropolen offenkundig besser ist als man angesichts der gegenwärtigen Debattenlage vermuten würde. Irgendwie scheint es aber momentan oftmals leichter, das Nichterreichte allein darzustellen, ohne auch Evidenz, die der eigenen These widerspricht, mit hervorzuheben. An dieser Stelle ist es sogar so, dass die Metropolen offenkundig "Avantgarde" sind, wenn man die dortigen Spitzenpositionsverteilungen mit dem 20%-Wert aus dem Frauen-im-Theater-Bericht vergleicht. Aber das wird nirgendwo thematisiert. Warum? Die Daten sind doch da. Warum wird nicht genauer hingeschaut und analysiert? Generell.
Dass die zweite Führungsebene in Diesselhorsts Artikel keine Rolle spielt, ist richtig beobachtet. Dies nachzuholen wäre meines Erachtens an anderer Stelle möglich und stellt hier noch kein finales Versäumnis dar. Aber, ja, hier wäre wenigstens ein Hinweis in diese Richtung gut gewesen, um wiederum den Rahmen/Fokus bzw. dessen Begrenzung anzudeuten. (Zum Glück gibt es ja, Sie, Herrn Baucks. Und diese Plattform! Wir hatten da ja auch Beiträge zu der Geschlechterverteilung der Regiearbeiten im Kleinen und Großen Haus des BE, beispielsweise.)
Zurück zu Ihrem Punkt Sexismus/Kampf/Widerstand Dazu möchte ich feststellen:
- Es steht außer Frage, dass es hierzulande strukturellen Sexismus gibt.
- Dieser Sexismus hat verschiedenste Erscheinungsformen (offen, verdeckt, klug, dumm, subtil, plump, ...).
- Struktureller Sexismus, wenn er die Würde/Entfaltung/Gerechtigkeit verletzt, muss bekämpft werden. Immer.
- Wie das geschieht und geschehen soll, darüber kann man nachdenken und debattieren.
- Struktureller Sexismus wird bekämpft. Ob hinreichend und ob hinreichend durchdacht/effektiv/nachhaltig, darüber kann man nachdenken und debattieren.
- Diesem Kampf treten Widerstände entgegen. Wie jedem.
- Diese Widerstände haben verschiedenste Erscheinungsformen. Sie haben vor allem verschiedene Hintergründe.
- Diese Verschiedenheit der Hintergründe des Widerstandes außer acht zu lassen, ist fahrlässig, wenn man das Ziel des Kampfes teilt, denn es verhindert eine echte Durchdringung des Problems und damit eine mehr als oberflächliche/scheinbare Lösung.
Die Größe der Widerstände ist relativ. Um die Größe zu beurteilen, braucht es einen Maßstab. Was heißt "groß" in diesem Zusammenhang? Größer als was? Oder was wird die Größe gemessen? Anzahl Wähler/innen? Anzahl Kommentare? Lautstärke? Reichweite?
Bonusfrage off-subtopic aber on-topic: Warum sind die bestimmten Artikel im Deutschen im *Plural* (die - die - den - der, in der absteigenden Reihenfolge der Häufigkeit der Kasus: Nominativ - Akkusativ - Dativ - Genitiv) vorwiegend weiblich? Der Kasus macht mich lachen!
Natürlich bekommt man sehr schnell mit, ob man in einem Männerstall oder einem Frauenstall arbeitet und das nicht nur am Stallgeruch. Aber die Rollen in diesen Betrieben sind bei weitem nicht so klar verteilt, wie es manche Debatte weiß machen möchte. Ich habe es mehrfach erlebt in einem Männerbetrieb zu arbeiten, der eindeutig männlichen strukturellen Sexismus betrieb, wo aber schon in der zweiten Leitungsebene sofort eine stellvertretende Intendantin und eine Chefdramaturgin auftauchten, die sich ebenso dieser männlichen, autoritären Struktur kritiklos, zur eigenen Vorteilnahme, bedienten. Jedes System hat seine ganz eigenen Profiteure, männliche, wie weibliche und die Rollen sind darin nicht sauber auf die Geschlechter verteilt. Zweimal waren meine unmittelbaren Vorgesetzten weiblich, was sich zunächst angenehmer anfühlte, aber auch stets in Interessenkonflikten spezifische Formen annehmen konnte. Ein Eigeninteresse als Mann gegen den Willen einer vorgesetzten Frau durchsetzen zu wollen, hat für viele stets etwas Anrüchiges und man gerät leicht in den Verdacht ein sexistischer Mann zu sein. Ebenso leicht kommt es in Frauenbetrieben durch falsche Solidarität zu einer Übervorteilung des weiblichen Geschlechts, einfach weil man, ähnlich wie viele Männer, der Meinung ist, dies stünde einem zu.
Wie groß nun der Widerstand ist, solche Strukturen aufzubrechen, ist in der Tat von Fall zu Fall verschieden und kann nicht generell gemessen zu werden. Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass es heute nicht mehr aussieht, wie ein Ding der Unmöglichkeit, wie es einige Debatten nahe legen wollen, sondern das die Dynamik des Konflikts eher auf eine Lösung verweist als umgekehrt und schon vieles erreicht wurde.
Schaut man aber mal genauer beispielsweise auf die Sophiensäle, dann stellt man schnell fest, dass dort die gesamte Technik, bis auf eine Frau, männlich besetzt ist, wobei in allen anderen Bereichen, bis auf den Tresen, mehrheitlich Frauen arbeiten. Dort entwickelt sich eine ungünstige Skizze eines Frauenbetriebes, in der alle leitenden und kreativen Stellen, wie die verwaltenden hauptsächlich von Frauen gehalten werden, wobei die schwere, unfallgefährdete Arbeit den Männern zufällt. Dies nur am Rande.
Nachtragend möchte ich noch sagen, dass wenn die die Metoo-Debatte weiterhin so polarisierend um Vergewaltigungens- und Missbrauchsfälle herum geführt wird, der Eindruck, es handele sich um eine Abwehr des jeweils anderen Geschlechts, weiter vertieft wird. Förderlich wäre eine Debatte, die gemeinsame Interessen benennt, erkennt und in den Vordergrund stellt. Wobei es unstrittig bleibt, dass sexueller Missbrauch im Zusammenhang mit direkter Machtausübung ein Teil der Sexismus-Debatte ist, aber eben nicht so prominent vertreten werden muss, wenn es um die Umstrukturierung von Betrieben im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit geht, denn selbst in einem vollkommen ausbalancierten Betrieb ist die Gefahr von sexuellen Übergriffen immer noch nicht gebannt, da sie ja nicht nur von Vorgesetzten ausgeht, seien sie nun männlich oder weiblich, sondern jeder oder jede Opfer oder Täter werden kann, unabhängig von der Position in der Hierachie.
Ich kann jedoch (bis zu einem gewissen Mass) verstehen, daß es in der Kakaphonie von persönlichen Schilderungen, abstrakten Abhandlungen, veröffentlichten Statistiken etc schwer fällt einen roten Faden im Auge zu behalten.
Das Argument der Paralleljustiz verwechselt komplett die Vorzeichen. Die Paralleljustiz ist, daß Frauen en masse in der Ausübung Ihres Berufes gehindert werden und dies scheinbar achselzuckend hingenommen wird. Das geht von Abwesenheit in Gesprächen, vom Abschneiden eines Redebeitrags, über Plagiat, hin zu strategisch gestreuten Gerüchten, dem Verspotten, bis wir bei dem kalt-distanzierten Bewerten der Reaktionen auf dieses Verhalten sind. Körperliche Gewalt ist diesbezüglich „lediglich“ eine Eskalationsstufe der Entwertung die zuvor schon zu Genüge stattgefunden hat.
Die Diskussion um Gleichstellung ist nicht letztes Jahr aus der Luft gefallen. Sie ist nur ein „Talking Point“ aus der „Yellow Press“ oder eine Modeerscheinung, wenn SIE (stellvertretend für das Publikum) es als solchen sehen und nicht als gesamtgesellschaftliches Problem. (Es mutet mittlerweile ironisch an, daß die feministische Geschichte in „Wellen“ eingeteilt wird.)
Es ist Einiges passiert, aber es muss weiter gehen. Und ja, manche Frauen sind genauso ein Teil des Problems (gerne in der zweiten Führungsebene) wie manche Männer. Wir sollten uns aber auch nicht vormachen, daß die kulturbetriebliche Filterblase in der wir uns befinden stellvertretend für den Rest der Gesellschaft ist.
Noch etwas zur Quote: Diese ist ein Schritt zur Gleichberechtigung. Ein Schritt. Und selbst wenn sie verwirklicht sein sollte ist es kein Garant für ein Umdenken in der Gesellschaft.
Was ist denn übrigens mit Frau Piekenbrock? Sie ist Programmdirektorin, nicht Intendantin. Ihr Vertrag ist zudem jährlich kündbar wie wir erfahren haben.
Da muss man dann in der Beschreibung schon viel präziser werden, was genau die Abwertungskriterien, die es ja auch für Männer gibt, wie wir gerade erleben, für jedes einzelne der mehreren Geschlechter sind.
Wie gehabt, Präzesierung wäre hier in jeder Form angezeigt, da Sie ja schon die Paralleljustiz an Männern durch Sexismus an Frauen wegwischen und annullieren wollen, ohne zu thematisieren in wieweit diese Paralleljustiz gegenüber Männern nicht Züge eines weiblichen Sexismus tragen.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/afd-marc-jongen-will-kulturpolitik-entideologisieren-a-1188771.html
Versteh ich, geht mir mit den Förderkritierien für die Wissenschaft auch immer so. Da hätte der bekennende Herr Dr. Jongen auch nicht die besonderen Aufgaben an der Hochschule, an der er lehrt, die er dort hat.
Ebenso wird per Zitat reklamiert, dass solange Frauen sich dafür rechtfertigen müssen Feministinnen zu sein, Männer ihren gesellschaftlichen Wert bestimmen würden, obschon es offensichtlich ist, dass der Feminismus aktuell ebenso schlechte Bewertungen von Frauen erhält.
Der Grund hierfür ist leicht zu erkennen. Der Feminismus behauptet für sich, wie viele Ideologien, dass er den einzig richtigen Lebensentwurf alternativlos vertritt und sich alle anderen Lebensentwürfe ihm zu zuordnen, sich in ihn einzufügen hätten.
Eigenständige männliche Lebensentwürfe, wie auch transgender Visionen treten in dieser zweigeschlechtlichen Auffassung weitgehend nicht auf, und schon gar nicht als gleichberechtigte und gleichwertige Lebensentwürfe, denen man ebensoviel Aufmerksamkeit schenkte.
Hier werden wesentliche integrative Kräfte, Möglichkeiten sich aufeinander zu beziehen, fahrlässig zum Vorteil eines „Monotheismus“ ausgeschlagen. Und das in einer Zeit, wo die Gruppen derer, die sich immer weiter diversifizieren auf Grund so starker Gegner geschlossener auftreten müssten.
Polarisierende zweigeschlechtliche Positionen können „wir“ uns angesichts dieser Drohkulisse gar nicht mehr erlauben und schon gar nicht auf der Grundlage von Vermutungen und Verdächtigungen, die erst noch überprüft werden müssen und eigentlich Gegenstand des Boulevards bleiben sollten. Wer so viele Chancen zur Solidarität ausschlägt, weil er sich weitgehendst auf ein und sein Geschlecht bezieht, muss sich nicht wundern, wenn er auf lange Sicht unterliegt.
Darüber hinaus verfolgt die Kultur der weiblichen Empörung und des weiblichen Aufschreis ein altes, ja fast schon atavistisches Muster, welches darauf basiert, dass wenn der Mann außer Haus weilt und die Frau in Gefahr gerät, sie über einen Aufschrei über weite Distanzen auf sich aufmerksam macht. - Ich will hier nicht weiter ausführen, aber dieser Zustand des Daueralamiert-Seins entspricht in der einseitigen Form nicht mehr der bundesdeutschen Realität und unterscheidet sich darin auch von der amerikanischen Kultur. Hierzulande hat ein Trump noch keine Chance. Es hängt vom solidarischen Geschick ab, dass dies auch so bleibt. Man sollte sich vollkommen darüber klar sein, dass in dieser Demokratie wahrscheinlich nie mehr nur ein Geschlecht der mindesten drei die Regeln des „Spiels“ alleine bestimmen wird.
Ich schreibe nicht, weil ich es als meine Aufgabe ansehe dies für Feminismus und Gender Studies zu leisten. Es ist schlichtweg falsch, daß es sich um eine "Ideologie" handelt, ebenso wie es schlichtweg falsch ist, daß es sich dabei zweigeschlechte Visionen handelt. Was meinen Sie eigentlich wo die frühen Aktivisten der LGBTQ Rechte Unterstützung gefunden haben, und selbstverständlich haben sie die Theorien mitbestimmt. Und es ist ebenso schlichtweg falsch, daß männliche Lebensentwürfe diesbezüglich ausgeklammert werden, oder das Matriarchat angestrebt wird. Lesen Sie ein Buch, am besten zwei.
Ich schreibe, weil ich es nicht akzeptiere, daß erneut ein Thread zum Thema durch widerlegbare Vorurteile zerfasert wird. Weil es nach den neuen Vorwürfen um Wedel so still geworden ist. Und auf den schönen Artikel von Heribert Prantl zu verweisen (weil posten nicht geht): "Unschuldsvermutung heißt nicht, dass die Opfer schweigen müssen" (SZ online vom 25.01.)
Warum sollten Menschen nicht reagieren, wenn Unrecht geschieht? Was ist denn nun mit Wedel, oder den Auftraggebern, Agenten und -innen, den Fernsehanstalten die zugesehen haben. Wie wollen Sie sich auf Augenhöhe unterhalten, wenn selbst das Prinzip Aktion-Reaktion in Frage gestellt wird?
In seiner stets vorhandenen, nüchternen Form, der unermüdlichen fleissigen Arbeit vieler um Gleichberechtigung bemühter, da im Hintergrund, so hat das kaum jemanden interessiert.
Jetzt wird ein Licht in den Schatten geworfen, vormals nicht wahrgenommenden Stimmen wird ein Platz in den Zeitungen eingeräumt (!), mehr ist es ja aktuell noch nicht, und sofort geht das Geschrei los.
An Frau Diesselhorst: Grossartig auch der Text von Ashton Cooper "The Problem of the Overlooked Female Artist: An Argument for Enlivening a Stale Model of Discussion“ auf der website Hyperallergic, vom 10.01.15
Auch schön aus David M. Perry aus dem Pacific Standard online "No, #MeToo Is Not a Witch Hunt" vom 09.01.18:
"The #MeToo movement is not a witch hunt. It's not a lynch mob. It's not like the Holocaust, Japanese Internment, McCarthyism, or the Inquisition. Every time we get a little bit closer to holding powerful men accountable for their actions, bad historical metaphors tumble forth from people who are eager to appear to be concerned about overreach and due process. Overreach is always possible. Due process is important. But comparisons that equate holding the powerful accountable with the systematic persecution of marginalized people are both offensive and intended to obfuscate the truth. #MeToo is a rebellion against the kinds of entrenched powers that persecute; it is not an act of persecution."
Und auch mit Wedel ereignet sich für mich nichts Neues. Ich finde die Vorwürfe glaubwürdig. Trotzdem ersetzt die Empörung in den sozialen Medien nicht ein juristisches Urteil. - Ich bin auch betroffen, weil sich die Schauspieler, die bei Wedel arbeiteten nicht äußern möchten und alle abgewunken haben. Darunter Thomas Huber, der in meiner Regiezwischenprüfung die Hauptrolle spielte und Armin Rohde, der ein Jahrgang über mir studierte und den ich in dem Zusammenhang oft begegnete. Ob Otto Kukla ebenfalls angesprochen wurde, mit dem ich gemeinsam auf der Bühne stand oder Caroline Eichhorn kann ich von hieraus nicht überprüfen. Ich bin betroffen davon, dass offensichtlich alle, dies ist der momentane Stand, sich nicht äußern wollen.
Aber für mich gehört nicht nur Wedel zu dieser Regiegeneration. Da wären für mich noch viele andere zu nennen. - Aber den König spielen immer die anderen. Autoritätshörigkeit und autoritäre Regie gehören immer zusammen. Sie sind ein unzertrennliches Paar. Die Autoritätshörigen geben eben auch immer den Raum für Übergriffe und Schweigen. Auf dieser Kombination basieren ganze Karrieren. Rebellen werden in dem Beruf nur selten honoriert. Und wenn, schiebt man sie als Avantgarde ganz nach Vorne, als Ausnahmetalente, damit ihre Regeln ja nicht für einen selber gelten oder grenzt sie erbarmungslos aus, wenn man es nicht versteht, sie in der Kunst zu verwerten. Ja, es geht um Verwertung und weniger um Haltung. Haltungen könnten Konsequenzen nach sich ziehen, die der Karriere nicht förderlich sind.
Aber das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass einem in der Empörung, im Aufschrei Fehler unterlaufen, so auch bei Frau Diesselhorst. Ich staune immer noch darüber, wie sie Frau Vanackeren vergessen konnte. Und weil ich um diese Fehler weiß, verzichte ich lieber auf die Rebellion, das Akute. Ich setze auf emotionale und intelligente Gelassenheit, Unaufgeregtheit bei diesem Thema. Ich vermisse in der Debatte auch keinen Unterhaltungswert. Und ich schaue nicht unwidersprochen zu, wie eine Ideologie harmlose Gedichte übermalt und Misshandlungen, Missbrauch und Vergewaltigungen lediglich populär verwertet, um sich als Leitideologie in den Vordergrund zu spielen. So, wie Metoo zur Zeit auftritt fehlen mir zu viele und wesentliche Aspekte, um einen echten Systemwechsel herbei zu führen. Eines der größten Hindernisse hierbei ist das heteronormative Denken, welches die Frau ausschließlich in der Opferrolle und den Mann ausschließlich als Täter sehen will.
Erinnerungen aus meinen Memoiren:
1978 drehte Wedel den Zweiteiler „Mittags auf dem Roten Platz“, die Geschichte einer Demonstration und der anschließenden Gerichtsverhandlung und Aburteilung der Teilnehmer.
Monica Bleibtreu spielte die Hauptrolle, eine Demonstrantin, ich den Richter.
Während des Außendrehs gab es eine Szene, in der Monica über einen Flur gejagt wird und zum Schluss stürzt. So was klappt natürlich nicht beim ersten Mal und muss einige Male wiederholt werden. Wedel allerdings wiederholte etwa 15 Mal und als Monica am Abend grün und blau nach hause kam, war sie der Meinung, dass Wedel ein gerade zu sadistisches Vergnügen daran gehabt hätte, sie immer wieder hin knallen zu lassen.
Bei der anschließenden Gerichtsverhandlung im Studio HH, durfte ich Zeuge sein, wie Wedel die Schauspieler behandelt.
Die Angeklagten wurden befragt und machten ihre Aussagen.
Wedel brachte die Schauspieler völlig aus der Fassung, in dem er sie beleidigte, beschimpfte, das sei doch alles Scheiße, sie seien völlig unfähige Nullen usw., er demütigte sie auf alle nur erdenkliche Weise. Tobend wiederholte und wiederholte er. Und so überzog er den Dreh im Studio um mehr als eine Woche. Der Gerichtssaal musste abgebaut und in einem anderen Studio wieder aufgebaut werden, da eine andere Produktion dieses beanspruchte.
Der Produktionsleiter kam zu mir, ich müsse ihm für die noch ausstehenden 7 Drehtage mit der Gage entgegen kommen. Dieses lehnte ich ab, allein Wedel sei durch seine Arbeitsweise für die Verzögerungen und Mehrkosten verantwortlich zu machen. Worauf hin er entgegnete, ich könne davon ausgehen, in den nächsten 5 Jahren vom Studio HH nicht mehr beschäftigt zu werden. Und er sollte Recht behalten.
Hans Peter Korff bei Facebook
(Der Post findet sich hier: https://www.facebook.com/hanspeter.korff, d. Red.)
"Intersectionality is a lens through which you can see where power comes and collides, where it interlocks and intersects. It’s not simply that there’s a race problem here, a gender problem here, and a class or LBGTQ problem there. Many times that framework erases what happens to people who are subject to all of these things.
Some people look to intersectionality as a grand theory of everything, but that’s not my intention. If someone is trying to think about how to explain to the courts why they should not dismiss a case made by black women, just because the employer did hire blacks who were men and women who were white, well, that's what the tool was designed to do. If it works, great. If it doesn’t work, it’s not like you have to use this concept.
The other issue is that intersectionality can get used as a blanket term to mean, “Well, it’s complicated.” Sometimes, “It’s complicated” is an excuse not to do anything."
Wissen Sie, es geht nicht darum etwas nicht zu tun! Es geht schon längst darum, wie man es tun sollte, um der Komplexität des Themas gerecht zu werden!
Gedichte - wenn es denn Gedichte sind! - sind niemals harmlos. Wenn es wirklich Gedichte sind erreichen sie das Ohr uo die Augen uo die Seele uo den Geist ihrer Hörer uo Leser. Deshalb ist es auch nicht harmlos, wenn sie überschrieben werden.
Daraus folgt, dass man, ehe man hier über Harmlosigkeit oder Bosheit und Gewaltanwendung urteilt, unbedingt feststellen muss, ob etwas, was zunächst wie ein Gedicht aussieht, auch wirklich ein Gedicht ist.
Wirkliche Gedichte sind ganz grundlegende Lebensmittel. Wie Trinkwasser.
Ich selbst war betroffen, dass nach so vielen Jahren Sie immer noch - wenn auch indirekt - sich vorwerfen, etwas, was ein "solcher" Vorgang ist, dass er ein Missbrauch, eine Misshandlung oder durch anderes für sie im Alter von 17 Jahren ein Trauma auslösender Vorgang war, nicht angezeigt zu haben. Ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht, woran es liegen könnte, dass Gewaltopfer trotz Familienhilfe und Polizeiaufgebot, diesen Schritt dann nicht gehen können. Und ich bin immer zu dem Schluss gekommen, dass staatliche Familienhilfe und Polizei, so wie sie da in der Tat tätig wird, eben nicht eine Resilienz der Gewaltopfer fördern. Deshalb interessiert mich, was Sie dazu meinen aus eigener Erfahrung: Haben Sie das Gefühl gehabt, dass Sie zwar Polizei uo Familienhilfe im Moment vor noch schlimmerer Tätlichkeit bewahrt hatten und das sehr gut war und sie dafür auch dankbar waren? Aber eventuell gleichzeitig das Gefühl, dass Familienhilfe und Polizei in dem Moment, wo es darum ging, dass Sie die Tätlichkeiten zum Justizfall machen sollten, durch Anzeige eben NICHT mehr hilfreich waren, sondern eher das Schampotenzial oder den Druck auf Sie sogar erhöhten??
Warum frage ich das? Sie schreiben es unter #30 selbst und ich würde das verallgemeinern wollen:
Es geht nicht NUR darum, etwas zu tun! Es geht immer auch darum WIE man es tut, um der Komplexität eines Themas gerecht zu werden. An dieser Stelle setzt die Wirkung einer individuellen Prägung ein, ein individuelles ästhetisches und ethisches Empfinden. Es gibt Menschen, denen der Rat, es so und so zu machen helfen kann, schneller mit dem Trauma fertig zu werden, ihr Leben trotzdem tatkräftig weiter zu meistern. Und es gibt Menschen, denen es eine Erneuerung einer Qual, ein erneuter Missbrauch ja beinahe eine Misshandlung ist, wenn man ihnen Wege anempfiehlt bis vorschreibt, die sie als unästhetisch und unangemessen der Komplexität des Themas empfinden. So geht es mir beispielsweise mit dieser Metoo-Debatte. Ich finde sie unangemessen und empfinde sie nicht als Fortschritt, weil ich sie aus allen Medienkanälen befeuert - einschließlich diesem hier - methodisch als Fortschritt empfinden SOLL.
Im Allgemeinen wird es so sein - denke ich mir nach allem, was ich davon bisher gehört und erlebt habe - dass, je gebildeter ein Mensch, der ein Opfer wurde, ist, desto mehr Einsicht er in die Motivlage des Täters wird er mitbringen. Und das erschwert ihm den Antrieb, die Tat juristisch zu verfolgen und eine Bestrafung mit Rechtsmitteln für den Täter anzustreben. Er wird andere Mittel und Wege finden, um das Trauma zu verarbeiten als die ihm staatlicherseits anempfohlenen.
Ist der Mensch ungebildeter, wird er weniger Einsicht in die Motivlage des Täters haben als Familienhilfe und Polizei erlaubt. Und das wird ihm den Antrieb erleichtern auch ohne den Beistand von Polizei und Familienhilfe eine Bestrafung des Täters zu erzielen. Mit oder ohne Rechtsmittel. Vor allem dann wenn er mit Polizei und familienhilfe die Erfahrung gemacht hat, dass sie ihn eben nicht vor schlimmeren, als den ursprünglichen Trauma auslösenden Übergriffen bewahrt hat.
Es grüßt Sie freundlich d.o.
Nun, es fällt aus vielerlei Gründen schwer sich zu wehren. Einerseits entsteht schnell der Eindruck, ihre ganze Existenz hänge an einer solchen Entscheidung. Und dann befinden wir uns auch immer noch in einer christlichen Gesellschaft, die auf Gnade und Vergebung hofft und nicht auf Aufklärung.
Dann ist es so, dass sie nach einer solchen Entscheidung gegebenenfalls ein Leben als Opfer führen müssen, obwohl sie durch eine Anzeige bewiesen haben, dass sie kein Opfer mehr sind.
Zudem liegt die Beweislast bei ihnen.
Außerdem machen die Täter und Täterinnen die Karieren, nicht die Opfer. Sie, die Täter*innen erzählen häufig die Geschichten der Opfer und können sie für sich verwerten, während die Opfer oft blamiert werden und in einer Opfer Täter Umkehr zu den Angeklagten werden.
Man hofft eben als junger Mensch, dass es irgendwann aufhört, solange, bis man begreift, dass es nie enden wird. Erst dann kann man sich bekennen. Aber ohne Garantie dabei schadlos zu bleiben, denn meistens leben die Täter und Täterinnen noch und wehren sich mannigfaltig.
Wenn bei einem solchen Fall die Familienhilfe, die Polizei oder, wie im Fall Esther Gemsch, die Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt wurden, ist es eigentlich nicht mehr die Pflicht der Opfer Anklage zu erheben, sondern die der Kenntnishaften. Eine staatsanwaltliche Anklage kann immer dann sinnvoll erhoben werden, wenn man dem Opfer Anonymität zusichern kann, Schutz vor der Öffentlichkeit.
Hier aber werden die Opfer erneut öffentlichen Angriffen ausgesetzt.
Würden Sie sich, Frau Rust, das antun wollen?!
All dies hätte schon längst auf den Bühnen stellvertretend verhandelt werden können. Ich habe einige Vorschläge hierzu gemacht. Aber, wiegesagt, die Geschichten der Opfer werden von den Verwerten erzählt.
" ... die Linke hat es verabsäumt, in ihrer ökonomischen Politik etwas anderes zu machen als das neoliberale Programm der Rechten. Deshalb war sie gezwungen, auf der kulturellen Ebene Zeichen zu setzen, um einen Unterschied zu markieren oder zu simulieren. Daher die meist auf der Ebene der Sprache und der Symbole angesiedelten Maßnahmen der "Anerkennung" marginaler Gruppen, wie zum Beispiel Hillary Clintons ständige Betonung der sogenannten "LGTB+"-Agenda. Das aber wurde von der großen Mehrheit der verarmenden Bevölkerungsgruppen als ein elitäres, hauptsächlich weißes Programm empfunden. Auf der anderen Seite genügt es Politikern wie Trump, sprachlich bloß ein bißchen vulgär zu sein, um schon als "Mann des Volkes" wahrgenommen zu werden - auch wenn er natürlich in seiner ökonomischen Politik alles andere ist.
Angesichts dieser Lage habe ich gesagt: Wir brauchen wieder eine Politik, die auf wirkliche Gleichheit zielt; und nicht eine Pseudopolitik der Diversität, bei der alle nur angehalten werden, ihre Empfindlichkeiten zu kultivieren.
metoo täuscht durch seinen geradezu nostalgischen, vergangenheitsbezogenen Aspekt ein wenig über die tatsächliche gegenwärtige Lage hinweg - zum Beispiel darüber, dass derzeit an den US-Universitäten unter dem Vorwand sexueller Belästigung offenbar schon regelrechte Hexenjagden gegen liberale Professoren, feministische Professorinnen und Studierende veranstaltet werden. Das Buch "Unwanted Advances" der Filmtheoretikerin Laura Kipnis zeigt das sehr gut auf.
Während Frauen der unteren Klassen - etwa Kellnerinnen im fast-food-Bereich - immer noch schlecht gegen Übergriffe geschützt sind, hat sich bei den Eliten in vielen Bereichen das Kräfteverhältnis inzwischen geradezu umgedreht. Diverse neue Einrichtungen und Verfahren mit merkwürdigen, bedenklichen Rechtsstandards machen es möglich, dass Beschuldigte, selbst wenn ihre Unschuld erwiesen ist, oft ihre Arbeitsstätten verlassen müssen und keine neue Arbeit mehr finden.
Ich glaube, es ist ein schwerer politischer Fehler, in einer so undifferenzierten Expressivitätswelle, wie sie die hashtag-Bewegungen hervorrufen, einen Gewinn für die Sache der Frauen zu sehen. Hier entsteht nicht Bewusstsein oder Sensibilisierung, sondern Stimmung - eine sehr zwiespältige Waffe, die gegen alles Mögliche gerichtet werden kann und der bezeichnenderweise derzeit fast immer gerade fortschrittliche Kräfte, linke Politiker und exponierte Wissenschaftlerinnen, zum Opfer fallen. Die französischen Kritikerinnen rund um Cathérine Millet haben das meines Erachtens gut erkannt."
https://www.rubikon.news/artikel/wider-die-identitatspolitik
Im Fall von Minderjährigen, die aber noch keinen Arbeitgeber haben, ist die Sachlage oft schwieriger. Hier müssten Schulen, Kindereinrichtungen, Nachbarschaftszeugen als Kenntnishafte Anklage erheben, aber bei ihnen gibt es sehr oft Zweifel, ob sie wirklich kenntnishaft sind oder eventuell denunziatorisch???
Auch werden vermutlich nicht immer die Geschichten der Opfer von den Geschichtenverwertern erzählt. Bestimmt aber gibt es ein Begehr Opfergeschichten zu hören, auf das Anonymisierungbedürfnis der Opfer zu bauen und zu Verwertungszwecken deren Geschichten zu erzählen.
Und das ist der Punkt, wo man nach der Methodik der Erzählens, nach der Kunst des Erzählens des Erzählten fragen muss. Nach der beim Erzählen angewandten Grammatik, nach der erzählerischen Transzendierung von realen Menschen in Figuren, die u.a. auch diese realen Menschen gewesen sein könnten. Ich betone: "unter anderem" und "könnten". Die Kunst liegt hier in der erzeugten Utopie. Auch der historischen.
Wem haben Sie denn Ihre Vorschläge konkret gemacht? Wann? Wer hat Sie statt Ihrer selbst auf der Bühne verhandelt? Und wann.
Kann ich das auch über die von Ihnen genannten Medien erfahren, ohne diese Fragen zu stellen?
Ich kann Ihnen nicht sagen, ob ich mich erneut öffentlichen Angriffen aussetzen würde, wäre ich Opfer und sollte darüber reden müssen. (Ich sage wäre, weil ich nicht weiß, ob ich überhaupt eines bin und wenn ja, nicht wüsste, in welcher Hinsicht genau) Ich könnte mir aber vorstellen, dass ich es tun würde, wenn mir ein adäquates Forum zugesichert würde. Eines, bei dem man mir nicht ins Wort fällt zum Beispiel. Eines, in welchem auch einmal eine kurze Denkpause beim Sprechen gewährt und ausgehalten wird. Und eines, in dem man mir unaufgeregte Fragen stellt, statt mir Dinge selbstgewiss als fraglos feststehende Wahrheiten zu unterstellen, die nur ich selbst wissen kann. - Also, die Antwort auf Ihre Frage wäre: Ich weiß nicht, martin baucks, ob ich es mir wirklich antun wollen würde, d.h. Ehrgeiz darauf verwenden, es tun zu können. Also über mich traumatisiert habende Vorgänge ("solche") reden. Aber ich würde es bei günstiger sich bietender Gelegenheit und einem mir gebotenen adäquaten öffentlichen Gesprächsrahmen auf jeden Fall sofort tun.
Ist das okay als Antwort? -
Nur bin ich mir nicht sicher, ob hier der richtige Ort für solche Fragen ist. Und selbstverständlich erzählen nicht nur das Täter die Geschichte der Opfer, aber eben oft. Es gibt eine Unzahl verschiedener Verwerter*innen, die natürlich nicht alle Täter*innen sind, aber oft dazu werden, in diesem Vorgang. Maries Zitat zeigt das deutlich auf. Und sicherlich ist der Begriff "Hexenjagd" historisch sehr bedenklich, aber eine Art Jagd ist es schon. "Sadist! Monster!" ruft Simon Verhoeven. "Übelstes Dreckspack" klagt Till Schweiger in einem anderen Zusammenhang. Und so werden die Grenzen der verschiedensten Lager beinahe täglich neu gezogen, obschon dies eigentlich ungleich schwerer ist, alles es scheint.
"Männer helfen Männern weiterzukommen; homosexuelle Männer helfen Männern; und – wissen Sie was?! – auch Frauen helfen Männern. Aber wer hilft den Frauen? Manchmal denke ich, Frauen helfen nicht einmal sich selbst."
Sie schreiben von einem symbiotischen Opfer-Täter-Verhältnis. Ein symbiotisches Verhältnis ist etwas anderes als ein parasitäres Abhängigkeitsverhältnis, das zur Vernichtung eines Wirts-Organismus durch einen anderen führt. Und ich das hat zur Folge, dass man in einer differenzierenden Debatte gar nicht weiterkommen kann, wenn man von einer Täter-Opfer-Beziehung als einem symbiotischen Verhältnis spricht. Weil ein symbiotisches Verhältnis weder einen Täter noch ein Opfer kennt. Wie immer sich die beiden Teile eines Symbiose als Ganzem entwickeln, sind sie entweder beide zu jeder Zeit gleichzeitig Täter und Opfer und sie sind es beide zu keiner Zeit.
Anders ist es bei parasitären Verhältnissen. Die Schwierigkeit besteht vermutlich darin, dass sie mit symbiotischen Verhältnissen so leicht verwechselt werden können und dass es lange dauern kann, ehe
spürbar ist, dass und welcher Teil des parasitären Verhältnisses, das wie eine Symbiose daherkommt, abstirbt und welcher Teil tatsächlich derjenige ist, der seine Lebenskräfte nur durch die Tötung des anderen Teils erhält. Erst wenn man sehen kann, welcher Teil überlebt und welcher Teil durch Ausnutzung seiner existenziellen Substanz abgestorben ist, können wir eventuell beurteilen, wer und wodurch Täter geworden ist und wer und wodurch genau Opfer.
Ich vermute, dass - wie sie in Beispielen anführen - die Grenzen durch die über zurückliegende Vorgänge nunmehr richten wollende Lager deshalb täglich neu auf diese spektakuläre Art und Weise neu gezogen werden, weil es inzwischen ein parasitäres Verhältnis zwischen den neueren Medien digitaler Film, digitalisiertes Fernsehen und Digitale Telekommunikation und der Öffentlichkeit gibt, das von den älteren Medien noch nicht beschrieben werden kann. Das ist aber im Moment nur so eine Ahnung, die ich habe und ich kann dazu noch nichts Genaueres sagen, weil ich noch darüber nachdenken muss.
Ich bin nur sicher, dass es nicht um die Abschaffung der älteren Medien durch Aneignung ihrer Formate durch Digitalisierung geht, sondern um die Abschaffung von kritischer Öffentlichkeit. Ich denke, dass die älteren Medien ebenso erhalten bleiben, wie es Menschen auch dann gibt, wenn die öffentliche Verbreitung ihrer Kritik an ihren bestehenden Lebensverhältnissen medial selektiv verhindert wird.
Wedel und seinem Ruf als Filmemacher im Weiteren wird. - Es gäbe allerdings einen Fortschritt, wenn der Sender die früheren Vorgänge so aufarbeitet, dass auch Namen der Verantwortlichen genannt und diese zur Verantwortung gezogen werden. Im mindesten dadurch, dass man sie öffentlich zur Rede stellt für ihre strafrechtlich relevanten Unterlassungen als Arbeitgeber und prüft, inwiefern sie Nachfolgepostenvergaben bestimmt haben.
NA LOS! #Feminismus! # ME TOO!
So steht es am Anfang und Ende des Artikels. Es ist ein Aufruf dazu, die „Kuschelecke“ zu verlassen. Raus aus der Komfortzone. Endlich haben wir unseren eignen Fall!
Da wartet keiner darauf, dass symbiotische Verhältnis zwischen Ingrid Steeger und Dieter Wedel aufzuarbeiten. (...)
Wir dürfen nicht vergessen, wir reden hier über die Vergangenheit, eine Zeit, die viele nicht mal als Kinder erlebt haben. Der Fall Esther Gemsch spielte sich 1980 ab. Meiner 1979. Zu der Zeit galten subjektiv andere Regeln. Es ist vierzig Jahre her. Eine Rebellion auf Basis solcher Fälle?! Steht wahrscheinlich auf wackeligen Füßen.
Na los! Heißt: „jetzt“! Jetzt sofort soll etwas geschehen. Da hat Aufarbeitung wenig Raum.
Natürlich ist die Unterscheidung zwischen symbiotisch und parasitär enorm wichtig und vor allem, wer sie vornimmt, denn auch darin beschreiben sich Machtverhältnisse dieses Berufsstandes. In den achtzigern begegneten einem viele Schauspielerinnen, die in einem gefährlichen symbiotischen Verhältnis zu ihrem Regisseur standen, oft mit ihnen liiert waren. Das war dann häufig eine Vorgabe für alle anderen, in was für einem Verhältnis man zum Regisseur stehen sollte, um bei ihm Erfolg zu haben, nämlich in einer Art Liebesverhältnis, das dann alle anderen von jener liierten Partnerin versuchten zu kopieren. Das war nicht unüblich.
Wann solche Verhältnisse ins Kriminelle abrutschten, wurde kaum thematisiert. Die Emanzipation der Darsteller von der Regie begann erst allmählich. - Heute sieht das alles schon ganz anders aus, obwohl es verdeckt sicherlich immer noch diese Verhältnisse gibt. Aber darum geht es hier nicht.
Hier geht es um saftige Beispiele, nicht dem „Wort zum Sonntag“. Beispiele, die etwas für den Kampf abwerfen. Hier soll das Theater zum Wirtskörper einer Bewegung gemacht werden. Es geht um Schlagkraft, nicht um Differenzierung. Indem das Theater seine eigenen Verhältnisse und Strukturen erkennt, diese am eigenen Leib verändert, wird sich schlussendlich auch die gesamte Gesellschaft ändern, so ähnlich formulierte es Frau Sargnagel in der „Kulturzeit“. Und danach hat man dann eben die Kulturblase verlassen und erhält seine gesamtgesellschaftliche Relevanz zurück. Das ist der Plan. Da hat Aufarbeitung kaum Raum. Ist vielleicht sogar lächerlich. Ich meine: Ingrid Steeger als Opfer! Wen interessiert das noch in Zeiten der „Roma Armee“. Da will doch keiner mehr die Biographie von Wedel aufarbeiten und wann er, und wie er, und warum er wahrscheinlich zum Täter wurde. Wedel ist nur die Peitsche mit der man ganz andere Armeen in die Schlacht treibt.
Bedeutete das nicht, dass es auch in diesen Dingen eigentlich immer nur um saftige Beispiele geht und ging und nöglichst nur dann, wenn sie für die Medien ein zu statuierendes Prominenten-Exempel hergaben oder hergeben??? Und bedeutete das nicht, dass das eine wie das andere die Mehrheit einer Bevölkerung vor wirklicher Aufarbeitung und gesamtgesellschaftlich wirksam werdender Verhaltensänderung auf der Basis von Lernprozesses sogar eher verhindern als befördern könnte?
Meinen Sie nicht, dass es zu den Normalitäten des Lebens gehört, dass SchauspielerInnen und RegisseurInnen sich durchschnittlich öfter in Liebesbeziehungen paaren als mit Vertretern anderer Berufgruppen? Zum Beispiel, weil eine Liebesbeziehung oft auf ähnlichen Interessenlagen gedeiht und länger geführt werden kann, als wenn das Berufsbild und intellektuelle Interesse eines Partners sich eklatant von dem eines anderen unterscheidet? Ich vermute und denke, dass es heute nicht weniger solcher Paarungen gibt als in den 80er Jahren. Aber ich denke, dass sie inzwischen in der Tat seltener anzutreffen sind, weil sie eher in der Öffentlichkeit verheimlicht werden. Unter anderem, um dem dem Vorwurf der gegenseitigen beruflichen Vorteilsnahme im Theaterbetrieb zu entgehen. Oder auch jenen Menschen zu entgehen, die durch Imitation des symbiotischen Anteils des einen oder des anderen Partners der Paarung, aus beruflichem Ehrgeiz deren Beziehung gefährden. Ich bin also nicht sicher, ob es tatsächlich anders IST, als vor beinahe 40 Jahren in der Branche oder ob man sich in der Branche inzwischen nur besser vor Angriffen Dritter auf real existierende Partnerschaften zwischen Partnern, die durch Tätgikeit im selben Betrieb ihren Unterhalt bestreiten, schützt. Das wäre dann ein besitzstandswahrendes Verhalten, was sich da die Leute in der Branche antrainiert haben. Und das ist völlig klar, dass aus dieser antrainierten neuen Verhaltensweise keine relevante Kunst gemacht werden kann, weil die Paarungen sich aus Angst erkannt undoder in der Folge gestört zu werden, einmauern um die Gesellschaft nicht an sich heranzulassen und so das Publikum nicht mehr erreichen können... Sie können es nicht mehr erreichen, weil sie sich von ihm nicht mehr erreichen lassen...
Im Fall Wedel/Gemsch hat sich eindeutig der Sender schuldig gemacht, der keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen auf Wedel angewandt hat, und da ist das völlig gleich, warum. Es gab damals Verantwortliche, die Arbeitgeber von Wedel waren und wenn sie keine Konseqenzen aus den dokumentierten Vorfällen gezogen haben, haben sie sich rechtlich strafbar gemacht an Frau Gamsch und den ihr nachfolgend Angegriffenen durch Wedel. Und sie haben sich auch an Wedel selbst schuldig gemacht, weil sie keine Verhaltensänderung, grundlegend, in der Arbeitsweise von ihm gefordert haben und damit auch riskierten, dass sein Ruf ruiniert ist, wenn das einmal damals Geschehene ans Licht kommt. Die Verantwortlichen haben auch in Kauf genommen, dass dem Sender Schaden zugefügt wird, wenn ihre Inaktivität als Arbeitgeber einmal ans Licht kommt. Und sie haben ebenfalls in Kauf genommen, dass dem öffentlich-rechtlichen Funk und Fernsehen Schaden zugefügt wird, weil die Bevölkerung dann kein Vertrauen mehr haben kann in die Wahrnehmung seines umfänglichen Bildungsauftrages. Und deshalb sollten sie auch nach beinahe 40 Jahren noch zur Rede gestellt werden und es sollte sich genau angeschaut werden, wen genau sie für ihre Nachfolge empfohlen haben. Fänden Sie das unpassend oder unangemessen? Wenn ja, warum?
Ja, als Opfer hat man, wenn man sechszehn Jahre mit seinen Tätern zusammenlebte, mehr Einsicht in die Motive von Täter und Täterinnen. Ich habe deshalb nicht mehr Verständnis für sie entwickelt. Der Grund warum ich sie nicht anzeigte, war existentielle Angst. Angst, die man häufig erst über Jahrzehnte abbauen kann. Von daher müssen diese Fälle von den Sendern, die sich mitverantwortlich gemacht haben, aufgearbeitet werden. Denn auch diese Schauspielerinnen haben eben viel Zeit gebraucht, um sich zu ihrem Schicksal öffentlich zu bekennen.
Und ja, wenn die Sender solches Verhalten deckten, werden ihre Produktionen und damit ihr Bildungsauftrag im Nachhinein unglaubwürdig. Und das sollte geändert werden.
Sie fragen mich, wem ich Vorschläge gemacht habe. Ich habe nicht nur Vorschläge gemacht, ich habe auch welche umgesetzt, zum Beispiel als ich ein Stück über Gorden Garfert am DT realisierte vor achtzehn Jahren, dass einen rechten Überfall in Magdeburg beschrieb. Damals wurde man für solche Arbeiten traurig belächelt. Es war démodé. Heute sitzen die selben Kräfte im Parlament. Daran glaubte aber niemand vor zwanzig Jahren. Alle waren so euphorisch mitgerissen von der Nachwendezeit, dass jede Kritik daran als Zaudern von Bedenkenträgern gewertet wurde. Die Geschichte der BRD, auch die Neuere, ist eine Geschichte der politischen Versäumnisse. Aufarbeitung der DDR Geschichte auf der Bühne? Auch eine Fehlanzeige. Pustekuchen. Und es geht auch nicht direkt darum, dass andere Opfergeschichten an meiner statt erzählten, sondern das sie sie mehr oder weniger gar nicht erzählten. Das alles erschien ihnen nur noch als Vergangenheit, von der sie jetzt eingeholt werden.
Man spielte die Nibelungen in Worms. Und wenn ich mich recht erinnere, wurden sie von Wedel inszeniert, in einer Neufassung von Moritz Rinke, der jetzt für die zeitgenössischen Autoren und Autorinnen am BE verantwortlich ist.
Aber wo bitte! Hat sich Herr Rinke aktuell zu den Vorfällen geäußert?! Wo?!
Es ist ein elendes Wegducken. - Und ja, das mediale Vorführen einzelner Täter führt nicht zur Verarbeitung, sondern zur Abfuhr von Ängsten. Ist so ein Hirsch wie Wedel er einmal erlegt, bleibt alles beim Alten, als ginge der Kampf um die Reputation, oder nicht Reputation solcher Menschen, obwohl es eigentlich nur um ein neues Rollenverständnis aller Geschlechter gehen sollte und wie sie besser zusammen funktionieren könnten. Metoo, ich sagte es schon, folgt dort ganz atavistischen Ritualen, statt Visionen für die Zukunft zu entwickeln. Der Mann wird als Sadist und Monster vorgeführt. Was für ein enormer Zugewinn. Und die Frau als der bessere Mensch. Geht das nicht schon seit neuntausend Jahren so?! Wo ist der Fortschritt?!
Aus der heutigen Perspektive erscheint einem diese Retterpose geradezu absurd.
https://m.youtube.com/watch?v=xJfEqyC_UgU
https://www.google.de/amp/meedia.de/2018/01/29/das-sternchen-system-thomas-fischers-zeit-kritische-anmerkungen-zum-medien-tribunal-gegen-dieter-wedel/amp/
Und, was ich absolut irritierend finde, Sie nutzen Ihr eigenes Trauma um exakt die emotionale Authorität über die Diskussion zu beanspruchen die Sie an der gesamten Debatte kritisieren.
danke für den link.
trotz unterschiedlicher einzelfälle, bin ich immer wieder an #wulff und #kachelmann erinnert - jedoch fallen mir noch einige mehr dazu ein ...
"Dabei seien die Medien selbst das „System“, welches sie zu entlarven behaupten." (zitat fischer) ... genau die "systemfrage!!" wird nicht gestellt! leider mußte die interessierte öffentlichkeit viel zu oft erleben, dass WIRKLICH schuldige (manager/politiker/kirchenarbeiter) NUR aus der schußlinie der öffentlichkeit verschwanden, ihre nachfolger jedoch das "mißbrauchssystem" weiter fortführen konnten. wenn NUR auf die person geschaut wird und NICHT auf das "system", welches auch mit (weiblichen, migrantischen ...) neuen gesichtern nicht zum eigentlichen thema kommt - der macht von medienkampagnen - KANN sich gar nix ändern ... es gibt ja auch das dschungelcamp als "mediale alternative" ... "Reality-Soaps übers „Sternchen“-Leben und –Sterben sind TV-Renner, und Frauen, die sich aus Not oder Blödheit öffentlich dazu zwingen lassen, lebende Regenwürmer zu schlucken und dabei ihre Brüste zu zeigen, kriegen drei Wochen Dauerpräsenz im Fernsehen und den Ehrentitel „Model“.
ich kann nur erkennen, dass sie nach belieben instrumentalisiert werden:
" Frau Alice Schwarzer aus Köln, Sachverständige für Moral und Strafrecht, schrieb im Jahr 1993 – einem Jahr Wedelscher Übergriffe – über Marlene Dietrich: „Sie hat sich alle Frauen oder Männer genommen, auf die sie Lust hatte.“ Das war als höchstes Lob gemeint. Man sollte den Satz einmal probeweise in eine aktuelle Biografie des Regisseurs Wedel einbauen und warten, was dann passiert.
War es Herr Wedel, der das System erfand, oder könnte er nur dessen Parasit gewesen sein? Wer fährt die Ernte und die Profite des Systems ein? Und woraus bestehen diese Profite?
Das ist, selbst wenn einiges dran sein mag, eine recht bescheidene Analyse. Sie wurde kürzlich dadurch entwertet, dass die Schauspielerin Deneuve und andere, weil sie eine mediale Denunziationskultur kritisierten, als „alte Frauen“ beschimpft wurden.
Verantwortliche und Nutznießer des Systems sind, offenkundig, die Medien selbst, und die Konsumenten als ihre notwendigen Tatgenossen. Ohne sie gibt es überhaupt kein „System“, über das man schweigen könnte. "
alle gekennzeichneten zitate sind auszüge aus diesem text:
http://meedia.de/2018/01/29/das-sternchen-system-thomas-fischers-zeit-kritische-anmerkungen-zum-medien-tribunal-gegen-dieter-wedel/
Es geht schon länger als seit neuntausend Jahren so und ich vermute, dass genau dies der Grund dafür ist, dass es überhaupt noch Menschen gibt. Weil es diesen - wie Sie ihn bevorzugen zu bezeichnen: heteronormativen Grundkonflikt gibt und sich jede Generation erneut aus und von ihm als gesamtgesellschaftlichem Lähmungsmoment befreien muss und das letztlich auch immer wieder tut. Das ist m.E. Teil eines zivilisatorischen Prozesses. Dies festzustellen heißt jedoch nicht, die Dinge einfach so laufen zu lassen, weil sich das schon von allein zurechtruckelt. Kunst und Literatur zu machen ist eine Möglichkeit, die Dinge nicht einfach laufen zu lassen. Und Kunst und Literatur zu veröffentlichen oder eben nicht zu veröffentlichen, obwohl man um ihre Existenz weiß, ist ebenfalls eine Art, die Dinge nicht einfach laufen zu lassen. Oder eben doch.
Es ist daher nicht erheblich, ob man vor 20 Jahren für seine Arbeit belächelt wurde. Es ist nur erheblich, ob man die Gelegenheit bekam, sie zu öffentlich wahrnehmbar zu zeigen oder nicht.
Ich bekam vor 20 Jahren NICHT die Gelegenheit, neuere bundesdeutsche bzw. Wende- und DDR-Geschichtsaufarbeitung wie sie damals m.E. betrieben - vielmehr nicht betrieben wurde - zu zeigen.
Nun könnten sofort eine Reihe von Leuten entrüstet aufschreien und das Gegenteil behaupten: Michael Börgerding zum Beispiel, Ulrich Khuon, John von Düffel, Christa Müller, durchaus auch Moritz Rinke oder Sie selbst, Nils Tabert stellvertretend für den Rowohlt Theaterverlag in der Nachfolge von Corinna Brocher oder das Goetheinstitut oder die damals junge Regisseurin Meike Krause oder Robin Detje, etliche andere. Entrüstet könnten sie alle von sich behaupten, mir und meinen Stücken schließlich alle nur erdenklichen Chancen gegeben zu haben - Sie haben es nicht und wissen es nicht. Sie wissen es nicht, weil sie sich nie dafür interessiert haben, was die zu mir und meinen Stücken passende, richtige und echte Chance gewesen wäre.
Die ersten Autorentheatertage waren für mich persönlich eine Chance, das erste Mal mit West-Theaterleuten in Kontakt zu kommen und ich habe sie genau so und nicht anders genutzt.
Sie waren jedoch keine Chance für mein damaliges Stück. Denn ich habe nicht darum gebeten, dass das Stück in einen Wettbewerbspool getan wird, sondern ich habe es zur Prüfung in Dramaturgien u.a. diese damalige geschickt.
Es ist nicht MEINE Chance, wenn die Dramaturgie über es nicht klar "nein" oder "ja" entscheiden kann, sondern es in einen Wettbewerbstool steckt, weil es sich mit der Erfindung eines Wettbewerbes toll findet -und es ja durchaus auch ist.
Ich hätte eine Chance gehabt, wenn sie mich angerufen hätten und gefragt hätten, ob sie das machen d ü r f e n. Denn dann wäre es meine Entscheidung gewesen, mich in diese Konkurrenz zu begeben mit diesem konkreten Stück oder nicht. Haben sie aber nicht. WARUM nicht?
DAS ist die interessanteste Frage an dem gesamten Vorgang: WARUM hat mich niemand aus der Drmaturgie oder der Theaterleitung des Staatstheaters Hannover angerufen, und mich gefragt, ob Sie mein Stück in diesen Wettbewerbspool tun dürfen?...
Bitte seien Sie nicht sauer, wenn ich Ihren Links hier nicht folge - Dieter Wedel interessiert mich leider nicht, obwohl ich von Thomas Fischer zuweilen gern etwas lese. Ich arbeite auch gerade an einem neuen Stück, das mich wie das letzte erneut Jahre in Anspruch nehmen wird, hoffentlich nicht wieder zehn.
Danke für Ihre Antwort und das Gespräch bis hierhin und hier.
Es grüßt Sie d.o.
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Liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren,
wir würden uns freuen, würde das Thema hier im Thread fürderhin auf einer sachlicheren und weniger persönlichen Ebene diskutiert.
Viele grüße
miwo / Redaktion
http://www.spiegel.de/panorama/asia-argento-soll-sich-an-minderjaehrigem-vergangen-haben-a-1223928-amp.html
"Sexualized abuse of power is particularly prevalent in the capital. Of the respondents, 31 percent of women stated that they had experienced sexual harassment at work; 9 percent of men also reported harassment. In 95 percent of all cases, the perpetrator was male. The report says that sexual violence ranged from ‘offensive remarks by university professors, gallery owners, or collectors to clear sexual assaults.’ One third of incidents were linked to an abuse of power, and another third with physical violence. But just 7.5 percent reported their experiences. ‘Sexism is unfortunately the order of the day,’ one female artist said."
http://www.festwochen.at/programm-2018/detail/haeusliche-gewalt-wien/
und das jetzt wieder in Wiesbaden dieser Tage
https://www.heise.de/tp/features/Sexuelle-Gewalt-Neue-Studien-belegen-geringe-Unterschiede-zwischen-maennlichen-und-weiblichen-Opfern-3347411.html?seite=all
Das selbe gibt es auch noch mit vom Robert Koch Institut...
http://www.big-berlin.info/news/499
„Sie glaubte ihm nicht, daß er nicht mit sämtlichen Sängerinnen Verhältnisse angeknüpft hatte, wie ihr überhaupt das Theaterleben nur als Anlaß und Vorwand für galante Abenteuer zu gelten schien; jedenfalls bestand sie darauf, über Vorgänge hinter den Kulissen, in den Garderoben und in der Direktionskanzlei Ungeheuerlichkeiten zu vernehmen. Als Georg nicht umhin konnte, sie durch seine Berichte von der bürgerlich anständigen, beinahe philiströsen Lebensweise der Bühnenmitglieder und durch die Schilderung seines eigenen arbeitsvollen Daseins zu enttäuschen, begann sie sichtlich zu verfallen, und bald saß ihm eine gealterte Frau gegenüber, …“
Arthur Schnitzler 1908 in „Der Weg ins Freie“
In den USA, diesem doch sehr widersprüchlichem Land, werden ja regelmäßig Lehrerinnen zu hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich an ihren minderjährigen Schülern vergingen, weil sie sie missbrauchten und vergewaltigten. Da hat sich jemand einfach nur von einer hohen Haftstrafe frei gekauft, für eine Tat, für die sie jemand anderen gerne hinter Gitter bringen möchte, indem sie ihn öffentlich bloß stellt. Und dies ist laut der Heyse Studie kein Einzelfall, sondern betrifft eben soviele Männer, wie Frauen. Nur das in Deutschland eben erst gar nicht richtig untersucht wird. Was man nicht denken will und zum eigen Vorteil verdrängt, findet nicht statt, auch wenn es noch so „prominente“ und bedenkenswerte Fälle gibt. So ist das mal. (...) Eine Haltung, die dringend überwunden werden sollte.Und deren Überwindung vom Feminismus bewusst behindert wird, um das Alleinstellungsmerkmal „Frau als Opfer“ sexueller Belästigung und Vergewaltigung nicht zu verlieren.
Sie empfinden über den Fall Argento eine merkwürdige Genugtuung, dabei widerspricht Ihnen niemand. Das ist traurig. Wer nimmt Ihnen denn etwas weg, wenn Opfer von Seximus besser geschützt werden? Richtig: niemand.