Projektionsräume für Bilder

13. Februar 2018. Der Bühnenbildner und Regisseur Wilfried Minks ist gestorben. Das meldet unter anderem Deutschlandfunk. Minks, geboren am 21. Februar 1931 in Binai, Tschechoslowakei, kam 1945 mit seinen Eltern nach Sachsen. Dort war er erst Theatermaler, studierte dann kurz an der Kunstgewerbeschule Leipzig und von 1955 bis 1957 in Berlin bei Willi Schmidt, der ebenfalls Bühnenbildner und Regisseur war. 1958 begann Minks in Stuttgart als Bühnenbild-Assistent, ab 1959 arbeitete er am Ulmer Theater mit Kurt Hübner, Peter Zadek und Johannes Schaaf, und ging dann 1962 mit Hübner ans Theater Bremen. Seine Bühnenbilder wurden bedeutsam für die Inszenierungen, mit denen sich das Regietheater erfand. Ins Bilder-Gedächtnis ging etwa der Comic-Strip mit Maschinenpistole im Stile Roy Liechtensteins ein, den er 1966 für Peter Zadeks Inszenierung von "Die Räuber" entwarf.

Offen gebaut

"Bis dahin waren die Bühnen des Nachkriegstheaters meist leer: Resonanzkörper für Worte. Mit der Ulmer 'Geisel' wurden sie geöffnet," schrieb Gerhard Stadelmeier 1991 in der FAZ über die Ulmer Zeit (insbesondere Zadeks Brendan-Behan-Inszenierung von 19961) anlässlich des sechzigsten Geburtstags von Minks: "Projektionsräume für Bilder. Derjenige, der das neue Theater ins Offene baute, war der damals dreißigjährige Wilfried Minks."

Minks arbeitete mit den großen Regisseuren seiner Zeit zusammen, darunter Dieter Dorn, Rainer Werner Fassbinder, Claus Peymann, Peter Stein. Seit Anfang der Siebzigerjahre führte er auch selbst Regie.

(sik)


Presseschau

"Mit seinem schnellen, genial skrupellosen, aber immer künstlerisch witzig bis grundgescheit abgesicherten Zugriff" schuf Minks "dem damals in neue Bewusstseinsräume an- und ausbrechen wollenden Theater der Zadek, Neuenfels, Palitzsch, Grüber, Fassbinder, Lietzau et al. die passenden Bildlegenden", schreibt Gerhard Stadelmaier in seinem Nachruf für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (14.2.2018). "Als Regisseur war er ein halbes Genie, dem es zum ganzen Talent nicht reichte. (…) Als Bühnenschöpfer war er eine epochale Erscheinung."

"Mit Wilfried Minks endete jene alte Zeit, als man beim Theater noch Kulissen und illusionistische Bühnenbilder für selbstverständlich hielt. Mit ihm begann wahrhaft eine groß angelegte Entrümpelung der Bühne", schreibt Harald Eggebrecht in der Süddeutschen Zeitung (14.2.2018).

Minks habe "seine Bühnenbilder immer als eigenständige Kunstwerke begriffen", so Dirk Pilz in der Berliner Zeitung (14.2.2018). Er sei Teil eines Regietheaters gewesen, „bei dem sich die Regie nicht in Dienerschaft zum alleinigen Lobe des Textes ergeht, die Musik, das Licht, das Bühnenbild weder bloßer Hintergrund noch nachgeordnetes Beiwerk sind, sondern entscheidender Bestandteil eines Ganzen. Ohne Minks gäbe es dieses Gesamttheater nicht."

"Wilfried Minks räumte auf mit allen traditionellen Kulissen, fegte den Schauplatz erstmal leer und brachte die Pop Art, das Kino, den Comic mit auf die Bühne", schreibt Peter von Becker im Tagesspiegel (14.2.2018). Bei Minks "gab es bisweilen auch die Verführung durch den raffiniert naiven Effekt. Aber er, der sich als Realist bezeichnete, war in allen fantastischen Aufschwüngen doch geerdet."

Minks "hat die Kunst ins Theater gebracht und so dem Realismus des Theaters etwas entgegen gestellt, das völlig frei und assoziationsreich war", würdigt Michael Laages den Verstorbenen im Gespräch auf Deutschlandfunk (13.2.2018).

Minks war "die Sensation der 60er Jahre", sagt Regisseur Claus Peymann im Interview auf Deutschlandfunk Kultur (13.2.2018). "Er war fürs Bühnenbild ein Tsunami." Minks habe "einen bäuerlichen Dickkopf" gehabt, was das Arbeiten mit ihm gar nicht einfach gemacht habe. "Ich hab ihn wirklich geliebt."

Minks "dachte nach über Stücke, und die Schlüsse, zu denen er kam, wurden zu Räumen, worin Menschen um ihr Leben spielten", schreibt Peter Kümmel in der Zeit (15.2.2018). "Er war auch als Bühnenbildner ein Regisseur."

 

 

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