Presseschau vom 16. Februar 2018 – Intendant Andreas Beck spricht in der FAZ über Macht am Theater
Keine Carte Blanche im Namen der Kunst
Keine Carte Blanche im Namen der Kunst
16. Februar 2018. Der Theaterbetrieb diskutiert über patriarchale Machtstrukturen, neue Mitbestimmungsmodelle und sexuellen Missbrauch. Wie sich das verhindern lassen könnte, darüber spricht Simon Strauß in der FAZ mit Andreas Beck, dem Baseler und designierten Münchner Intendanten.
50-prozentige Frauenquote am Theater? Ruhig mal durchzählen, sagt Andreas Beck. "Eigentlich versteckt sich hinter der Frage aber auch die Frage nach dem Typus des Intendanten generell." Es gehe um Verantwortung, nicht um Macht. "Dennoch: Als Dramaturg brauchte ich früher viel Zeit, um einen Regisseur davon zu überzeugen, dass es in seiner Inszenierung noch ein paar Probleme gab. Wenn ich heute als Intendant gegenüber einer Regisseurin oder einem Regisseur etwaige Bedenken äußere, muss ich den Satz meistens gar nicht fertigsprechen."
Verführung, sich mit unflätigem Verhalten abzufinden
Beck zweifelt, ob sich Machtmissbrauch verhindern lasse. "Es ist ja nur gut, dass solche Fragen jetzt gestellt werden, aber ich selbst komme noch aus einer Zeit, in der es in der Gesellschaft wie am Theater viel autoritärer zuging." Und noch heute sei die Verführung, sich im Schatten eines prominenten Namens oder Stars mit unflätigem Verhalten abzufinden, sehr groß. Ob Matthias Hartmann eher die Ausnahme oder die Regel ist, sei schwer zu sagen, so Beck, "ich selbst würde ein solches Verhalten an einem Haus, das ich verantworte, nicht tolerieren. Es gab auch hier in Basel den ein oder anderen, der meinte, sich als Schreiaffe betätigen zu müssen –, das sind aber alles Kollegen, die kein zweites Mal hier inszeniert haben. Es gibt eine Runde rüpelnder Männer, die ich nicht beschäftigen würde." Hartmann habe nie mit seiner Art hinterm Berg gehalten, "ist immer als der aufgetreten, der er war oder sein wollte. Mich überrascht jetzt eher, dass manche Beteiligte fünf Jahre später feststellen, dass die Zusammenarbeit mit ihm auch unangenehme Seiten hatte."
Dass sich jemand mit großer Kunst und moralischen Texten beschäftigt, mache ihn nicht automatisch zu einem besseren Menschen. Aber "man darf dem vermeintlichen Genie keine Carte blanche geben und alles entschuldigen – auch Schauspielerinnen und Schauspieler dürfen das nicht. Weder ein prominenter Name noch ein außergewöhnliches künstlerisches Produkt ist eine Erklärung oder Entschuldigung."
(sik)
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