Presseschau vom 7. März 2018 – Der Deutschlandfunk spricht mit der Programmdirektorin der Berliner Volksbühne Marietta Piekenbrock

Schattenschläge am Rosa-Luxemburg-Platz

Schattenschläge am Rosa-Luxemburg-Platz

7. März 2018. In Kultur heute auf Deutschlandfunk betrieb Karin Fischer gemeinsam mit der Programmdirektorin der Volksbühne Marietta Piekenbrock Ursachenforschung in Sachen Krise der Volksbühne Berlin (zum Nachhören des ganzen Gesprächs hier entlang).

Posthumanes Theater

Zunächst ordnet Theaterkritiker Eberhard Spreng das Volksbühnenprogramm als "Theater der Entkörperung" ein. Der Mensch werde verschwinden in einer postmodernen, postindustriellen, posthumanen Zivilisation mit "Reproduktionsmedzin, Computer-Algorhitmen". "Wissenschaftler" würden diese Erweiterung des Menschen ins Reich der Maschine gerne als "Transhumanismus" bezeichnen. Hollywood halte für diese Zukunft nur "Dystopien" bereit, die Volksbühne dagegen wolle mit ihrem "posthumanen Theater" die Perspektiven des 21. Jahrhundert "spielerisch und ohne Kulturpessimismus erkunden". Bleibe bloß die Frage, ob der Versuch dem Menschen beim Verschwinden zuzuschauen "emanzipatorisch oder reaktionär" sei.

Umbruchsphase

Warum aber nun, fragt Frau Fischer in Richtung Marietta Piekenbrock, komme ein Theater, das theoretisch so weit vorne zu sein scheine, "als Theater gar nicht über die Rampe"?

Das Land Berlin habe das Team um Chris Dercon "explizit dazu eingeladen, ein völlig neuartiges programmatisches Konzept für ein zeitgenössisches Theater zu entwickeln", erläutert Piekenbrock. Die Berliner Politik habe sich für Veränderung entschieden. Und das bedeute eben auch einen "Wechsel an Ästhetiken, eine Veränderung im Publikum, eine Irritation in der Presse". "Gewohnheitsmächte" würden auf den Prüfstand gestellt, die Theaterleitung sehe das als "große Umbruchsphase".

Stumme Materie

Auf die Frage von Fischer, warum denn aber Künstlerinnen wie Susanne Kennedy oder Tino Sehgal anderswo reüssierten, nicht jedoch an der Volksbühne, sagt Piekenbrock: "Das Irritierende mag möglicherweise die Tonart sein; die genannten Künstler laden den Zuschauer ein, ja, eigentlich sind es Schattenschläge, sie laden den Zuschauer ein in Jenseitiges, jenseitig des Verstandes, jenseitig des Hörbaren, des Sehbaren, es sind sehr sinnliche, sensitive Abende." Diese "Grenzbereiche auszuloten" setze voraus, dass der Zuschauer nicht nur ein "diskursives, ein kognitives Wesen ist, sondern ein sensitiver, intuitiver Mensch". Die Sprache "entrealisiere" sich, es gehe um das "Freisetzen von stummer Materie".

Dass das nicht über die Rampe komme, würde sie, Piekenbrock nicht sagen, Susanne Kennedy würde "bei uns im Haus" sehr "gefeiert", die Vorstellungen seien ausverkauft, die Zuschauer hätten sich von der kontroversen Kritik emanzipiert und "diesen Abend für sich entdeckt".

Fest für die Augen

Albert Serra wäre (für Liberté, Anm. d. Red.) eingeladen worden, "weil er sich für Epochenübergänge interessiert und das in einer völlig neuartigen Licht- und Tondramaturgie inszeniert". Es handele sich bei diesem "sehr raumgreifenden Abend" um ein "Fest für die Augen". Zweifellos sei der Abend ein "Bühnenexperiment", aber "wir finden den Abend sehr gelungen". Es sei die Idee des "künstlerischen Projekts" an der Volksbühne, das Haus für Künstler zu öffnen, die an anderen Häusern sich nicht zu Hause fühlten und einen Raum bräuchten, um "ihre Experimente durchzuführen".

Fischer beharrt aber darauf, dass ja nicht nur die Kritik kritisiert, sondern auch Chris Dercon eingeräumt habe, dass der Serra-Abend verändert werden müsse. Warum also habe sie, Piekenbrock nicht eingegriffen? Piekenbrock verweist auf begeisterte Zuschriften und weist den Ruf nach dem Eingriff als den üblichen der Kritik zurück. Wenn eingegriffen worden wäre: "Man muss sich mal vorstellen, was uns alles verloren gegangen wäre auf der Welt. Wir hätten kein 'Sacre du Printemps', keine 'Kahle Sängerin' und keinen 'Murx den Europäer'".

(jnm)

Kommentare  
Presseschau Piekenbrock: Esel-Publikum
Ja, ein "posthumanes" Theater erfordert leider ein Publikum, dass den Menschen überwunden hat. Also eines, das aus Eseln oder dergleichen besteht.
Presseschau Piekenbrock: halbleer/halbvoll
Die Karten für die nächste Vorstellung von "Women in Trouble" am 11.3. sind im Internet zur Hälfte verkauft. Für die Folgetermine sieht es nicht besser aus. Die letzte Vorstellung von Albert Serras "Liberté" war auch nur zur Hälfte besetzt. Herbert Fritsch sah am Sonntag nicht besonders glücklich aus, als er die Vorstellung verließ. Das ist die tatsächliche Auslastung momentan an der Volksbühne. Entweder halb voll oder halb leer. Kann man sich aussuchen. Ist halt Ansichtssache. Aber weiß Frau Piekenbrock eigentlich, was in ihrem Theater los ist? Man muss das bezweifeln, wenn man ihr so zuhört.
Presseschau Piekenbrock: post und trans
(...)
Hier ist sie wieder, die große Schwachstelle der leider zunehmend langweilenden Kunstwelt, jede noch so kleine belanglose Arbeit und Idee durch blumige Formulierungen Bedeutung zu verleihen. „Die Volksbühne als Laboratorium für Künstler um Experimente durchzuführen...“ Entschuldigung, hatten wir das nicht bereits ebenso all die Jahre (Schlingensief, Meese, Kelemen, Kjartansson etc. etc. etc.) und warum hatte es bei denen funktioniert und wird uns jetzt als „neuartiges, programmatisches Konzept“ verkauft, was halt so ein wenig Zeit braucht weil es ja erst einmal Materie freisetzen muss? Oh Gott... „Theater ist kein Kriegsschauplatz“ heißt es im Interview. Natürlich, korrekt, da kann man im rosigen PC-Bereich nicht meckern, doch halte ich es da im Theater auch so wie Samuel Fuller für den Film: „It is like a battleground – love…hate…action…violence…death…in one word – emotion!’ Und Hauptsache: Es kommt rüber und bleibt nicht nur im klugen Köpfchen!
Presseschau Piekenbrock: Auslastungszahlen
Wenn man die heute von der Senatsverwaltung veröffentlichten Auslastungszahlen der VB für 2017 (www.berlin.de/sen/kulteu/aktuelles/pressemitteilungen/2018/pressemitteilung.682064.php) mit denen von 2016 vergleicht (118.000 vs. 139.000, vgl. www.rbb24.de/kultur/beitrag/2017/03/berliner-buehnen-jahresbilanz-2016.html) und dabei noch die dauerausverkaufte 2. Spielzeithälfte von Castorf miteinbezieht, kann man sich wirklich fragen, in welcher Parallelwelt Dercon und Piekenbrock leben, wenn sie diese Entwicklung als nicht besorgniserregend bezeichnen bzw. von ausverkauften Repertoire-Vorstellungen (...). Da wären auch mal die Zielvorgaben des Senats interessant (ohne die sicherlich auch ein angeblicher Auftrag zu einem "völlig neuartigen programmatischen Konzept" nicht erteilt worden ist).
Presseschau Piekenbrock: Bleiben Fragen an Müller
#2:Ich denke, gerade das ist ausverkauft? Hab ich falsch gehört (...)? Wenn die da weiter so künstlerisch Theater projektieren, dann wird da nur eine konkrete Materie freigesetzt: Und zwar die Gewerke ins Jenseits der Materie eines konkreten Arbeitsmarktes für den sie allerorten in ihren jeweiligen Berufen zu überqualifiziert sind. - Das scheint aber die Sinn-Rauner vom Dienst nicht anzufechten. Sie empfinden sich - perfekt erkannt - als Überwinder des Menschen und sensitivintuitivsensible Erfinder einer defragmentierten Körperlichkeit - Na, dann schicken wir am besten statt unserer eigenen Körper unsere kleinen Alexas per Minidrohne als Publikum, dann müssen sie wenigstens ihr Ticketsystem und die Preise experimentell erneuern...
Haben wir da noch Fragen?
An Frau Piekenbrock jedenfalls nicht. Danke, reicht.
An Herrn Dercon? Nicht noch einmal, reicht schon lange.
An den Senat?
Ja. ":Herr Oberbürgermeister Müller, haben Sie diese Besetzung genehmigt, weil sie Ihnen via Tim Renner mit ihrem Konzept garantiert hat, dass sie den Subventionsfaktor Volksbühne aus den Berliner Bilanzen schnellstmöglich tilgen werden? Ja oder nein?
Und zwar nur entweder das eine oder das andere. Ganz kurz. - Und wenn Sie nicht kurz können: Danke. Reicht auch. - Wir sind hier nämlich nicht im Senat und müssen nicht taktierend debattieren. Wir sind hier Publikum. U.a. Volksbühnen-Publikum. Und deshalb dürfen wir ein klares "Ja" oder "Nein" von Ihnen verlangen. So wie Sie von uns, wenn wir wählen: Kreuz hier oder da. Überhaupt oder gar nicht. Und ansonsten keinen Kommentar. - "
Presseschau Piekenbrock: Tut jemand was?
#4 Doch, genau so soll es sein, ein ominöser Auftrag, aber keine "Zielvorgaben". Aber niemand kennt den Vertrag und wer ihn kennt, darf sicher nicht darüber reden. Lederer will laut Aussage des Leiters der Werkstätten neulich in der Berliner Zeitung noch die zweite Spielzeit abwarten. Dann wahrscheinlich die dritte etc. Tut der Kulturausschuss etwas? Gab es je eine Antwort auf die Petition?
Presseschau Piekenbrock: Laboratorium für was
Wovon in dem Interview, wie auch in allen vorhergehenden Aussagen, keine Spur finden lässt ist irgendein Sinn für die räumlichen Gegebenheiten der Volksbühne und für die formalen und ästhetischen Eigenheiten des Theaters. Zu sagen, dieses Theater sei ein Labor für Experimente ist ja wirklich überhaupt nichts Neues: das war die Volksbühne ja mehr oder weniger schon immer, mit Unterbrechungen, seit Piscator, und das liesse sich ja durchaus auch für viele andere Häuser sagen. Was Frau Piekenbrock aber ungesagt lässt, ist was das für ein Labor sein soll, und für welchen Experimente es sich eignen möge -- sie scheint ja wirklich davon auszugehen, dass ein Raum ein Raum sei, und ein Theater eigentlich auch nur ein schwammig definiertes Konglomerat von Angeboten und Möglichkeiten zur Kollaboration, wo irgendwelche Künstler aller Sparten irgendwie kreativ zusammenprallen können, woraus sich dann quasi automatisch Kunst ergibt -- und nicht nur Kunst, sondern tatsächlich Theater (weswegen sie in dem Interview ja auch total selbstverständlich über das "Theater des Apichatpong Weerasethakul" referieren kann, als ob es ausser Frage stünde, ob eine Licht- und Klanginstallation wirklich "Theater" ist, nur, weil sie in diesem Fall in einem Bühnen- und Zuschauerraum stattfindet).

Lange Rede, kurzer Sinn: die tun so, als ob ein Raum keine Bedingungen hätte, und als ob verschiedene Kunstformen keine spezifischen Ästhetiken bedingten. Und wenn man das glaubt, kann man sich natürlich vorgaukeln, dass ein Stück wie "Not I" in einem sehr voluminösen Raum wie dem der Volksbühne genauso funktionieren kann wie am Royal Court. Oder dass ein Filmemacher keine Hilfe braucht, von Dramaturgen oder sonst wem, wenn er versucht in einem für ihn ziemlich neuen Medium, auf einer Bühne, die nicht ohne ihre Herausforderungen ist, ein von ihm selbst (als Neu-Bühnenautor) auch ohne dramaturgische Assistenz verfasstes Stück zu inszenieren. Weil der ja schliesslich ein erfahrener Filmemacher ist. Und das ist ja auch Kunst. Und Kunst geht schliesslich überall.

Mit der Laborlogik kann man dann auch Biologen als Physiker einstellen, und Genmanipulationsexperimente von Mathematikern im Teilchenbeschleuniger veranstalten lassen.
Presseschau Piekenbrock: ausverkauft?
na ja,
wenn frau piekenbrock die weihnachtsvorstellungen von WIT aussen vorlässt,(denn die waren eher im 2/3 bereich) könnte man die restlichen als gut verkauft darstellen.
aber ausverkauft ist dann schon was anderes.

ein frage stellt sich mir noch,
wenn, wie behauptet, die technik, (wen auch immer sie damit meint) hätte vor der premiere bei der intendanz vorgesprochen und um die absetzung von murks gebeten, woher kommt diese information?

(...)

(Liebe kulissenschubse,
wir haben den letzten Absatz nachträglich gestrichen, da diese Tatsachenbehauptung für uns auf die Schnelle nicht überprüfbar ist. Bei Bedarf können Sie sich gern auf redaktion_at_nachtkritik.de melden.
Beste Grüße, Anne Peter / Redaktion)
Presseschau Piekenbrock: autarke Rhetorik
Wenn man früher in Fußgängerzonen mit den Zeugen Jehovas diskutierte, hatte man keine Chance gegen sie, denn auf jedes rationale Argument konterten sie mit einem Bibelzitat. Und wenn man die alleinige Autorität der Bibel anzweifelte, verwiesen sie darauf, dass in der Bibel das Bibelwort als alleinige Autorität festgeschrieben sei.

Ein wenig so wirken auch die Interviews mit MP und CD. Jede Kritik am derzeitigen Volksbühnen-Kurs wird mit einer Blase aus dem Kunstdiskurs beantwortet. Und wenn man etwas nicht verstehen, sehen und hören kann, dann ist es halt "jenseitig des Verstandes, jenseitig des Hörbaren und Sehbaren". Gegen eine solche Rhetorik kann man nicht an, da sie sich autark von jedem Argument macht.
Presseschau Piekenbrock: ärgerlich
Diese ganze Rhetorik ist ärgerlich. Theater ist nun mal ebenso sehbar wie hörbar. Wer das abstreitet, der sollte spiritistische Sitzungen aber kein Theater leiten.
Presseschau Piekenbrock: Selbstkarikatur
Genau. Selbstabdichtender Wortkleister. Eine Selbstkarikatur von Theaterschaffenden ist das; zudem wird nur Vorformuliertes ausgestellt. Herablassung. Elfenbeinturm... Museum (!)... Das Theater als Klischee seiner selbst. Furchtbar.
Presseschau Piekenbrock: nachsehen
Das ist die nächste Vorstellung von "Women in Trouble":

http://ticket.volksbuehne-berlin.de/eventim.webshop/webticket/seatmap?eventId=17929

Da kann jeder nachsehen, ob das ausverkauft ist.
Presseschau Piekenbrock: fehlende Gestaltungskraft
Es ist ein Mythos, wenn Frau Piekenbrock behauptet, sie und Chris Dercon wollten "ein völlig neuartiges programmatisches Konzept für ein zeitgenössisches Theater" entwickeln. Sie wollten Pollesch behalten und Marthaler ebenso. Und dann wollten sie den "alten Chauvi" Castorf gegen die "junge" Frau Kennedy austauschen. Mehr als ein bisschen "Me too" ist doch nie gewesen. Als Pollesch und Marthaler dann den Stinkefinger gezeigt haben, hatten Piekenbrock und Dercon ein Problem. Denn nun hätten sie ja besser, informierter und innovativer sein müssen als Reese, Khuon oder Langhoff. (...) Die Rettung wäre gewesen, wenn sich Chris Dercons Adressbuch als so voll erwiesen hätte, dass sich die Turner Prize-Träger der letzten Jahre als künftige Bühnenbildner der Volksbühne in den Gewerken die Klinke in die Hand gegeben hätten. Wenn der Museumsmann im Monatsrhythmus die internationale Kunstavantgarde am Rosa-Luxemburg-Platz hätte vorstellen können, wäre es vielleicht unerheblich, ob in den Kulissen getanzt, gesungen, geschwiegen oder geflüstert wird. Doch selbst für eine derartige "Eventbude" fehlt es Dercon und Piekenbrock inzwischen an Gestaltungskraft. Weil man inzwischen auch in London und New York vernommen hat, die Volksbühne ist nicht "in", sondern "out".
Presseschau Piekenbrock: nichts hören, nichts sehen
Ablehung ist doch kein Indikator für den experimentellen Charakter einer künstlerischen Arbeit. Bitte nicht die nächsten viereinhalb Jahre argumentieren, man habe keinen Erfolg, weil man Theater weiterentwickle. Diese Umkehrung von umfassender Negativ-Kritik in ein künstlerisches Credo wird zur Strategie. Akustisch versteht man (fast) nichts (Beckett/Serra), man erkennt (fast) nichts/niemanden (Beckett/Serra), die Texte sind hohl (Serra), der Sprechakt klingt nicht gerade sehr professionell (Iphigenie/Serra). Was backen wir uns daraus? Genau! Ein Theater "jenseits des Verstandes, des Hörbaren, des Sehbaren“. Zwei weitere Aussagen irritieren mich aber mehr und stellen ein tiefgreifendes strukturelles Problem dar, das nicht als solches erkannt wird: Verantwortung/Zuständigkeiten. Dercon hat sich für eine Veränderung von Serras »Liberté« ausgesprochen (Brecht-Haus) und den Abend mit Verweis auf die vernichtende Kritik als Misserfolg bezeichnet. Piekenbrock weist ein solchen Handeln strickt von sich. Weder vor noch nach der Premiere sei es angebracht einzugreifen. Sie lässt sich zu dem Satz „Theater ist kein Kriegsschauplatz“ verleiten und dass Eingriffe in Produktionsprozesse heute legendäre Arbeiten wie »Sacre du Printemps« unmöglich gemacht hätten. „Man habe das bekommen, was man eingeladen habe.“ Stichwort: Ist es ein Produktionshaus oder eine Gastspielstätte/Festival?!? Man stiehlt sich aus der Verantwortung. (...) dennoch ist zu erkennen, dass der neue Stellenplan fragwürdig ist. Es gibt anscheinend keine Instanz, die zwischen Theater und Künstler/Regie, zwischen Schauspielen und Künstler/Regie vermittelt und hierbei auch die notwendige Erfahrung mitbringt. Dass nun die x-te Produktion Schwierigkeiten zu haben scheint auf die Dimensionen, die Eigenheiten von Bühne und Zuschauerraum usw. zu reagieren und diese mit einer künstlerischen Vision in Einklang zu bringen und die Künstler mit ihren Ideen damit allein gelassen werden, ist total unnötig. Und eine Premiere zu verschieben ist auch kein Weltuntergang! Nicht zuletzt ist es auch ärgerlich für die vielen Angestellten, aufgrund von Fahrlässigkeit hier mit einem erneuten künstlerischen Tiefschlag umgehen zu müssen. Man hat Glück, dass niemand meutert, es sollte aber alarmieren, wenn man weder Öffentlichkeit noch Betrieb (siehe auch Interview mit Werkstättenleiter/ BZ) vermitteln kann, was dieses Theater mit diesen Vorgängen „Jenseits von allem“ anfangen soll und weshalb es damit weiterentwickelt werde.
(OF mit dt. und engl. ÜT) - dieser Produktionshinweis ist selbstredend! Alles nur ein schlechter Film, aber im Original!
Presseschau Piekenbrock: fehlende Führungsfrauen?
Ein kurzer Überschlag hier bei nachtkritik.de ergibt eine Frauenquote von etwa einem Drittel, wenn man die Schauspieler, Regisseure, Autoren und Rezensenten der Theateraufführungen hier im Januar/ Februar besprochen zugrunde legt. (Ohne Performances, war mir zu kompliziert Mann/ Frau zu recherchieren) Wenn man das als unterrepräsentiert betrachtet (und das würde ich tun) ist das Problem systemimmanent und nicht spezifisch für die Führungspersönlichkeiten, wie man aus der Überchrift des Interviews mit Frau Schweeger herauslesen könnte.
Presseschau Piekenbrock: leer wie bei Castorf
Ich kann mich an Vorstellungen in der Ära Castorf erinnern, das saß ich mit 100 Leuten in seinen Vorstellungen! So war es auch!
Presseschau Piekenbrock: am längeren Hebel
Das Jenseitige beginnt, wenn man den Ton leise stellt. Ganz gewiss. Jeder gute Schauspieler kann „Flüstern“ spielen und man versteht ihn bis in die letzte Reihe. Das ist keine Frage der Wahrnehmung einer Autokratien. Das ist Teil einer guten, handwerklichen Ausbildung. Da ist ein Kunsturteil. Und dann sind da ein Dutzend anderer Urteile. Wenn Piekenbrock nicht eingegriffen hat, keine Dramaturgie führte: Was unterscheidet ihr Urteil von dem einer Frau Slevogt? Warum sollte ich ihr mehr trauen, als allen anderen?

Die „Politik“ hat entschieden, die Künstler haben abgeliefert, was bei ihnen bestellt wurde. Wie arm, wie schwach sind wir in alldem. Diese „wir“, dass sich händeringend wehren möchte gegen diesen irrationalen Übergriff.

Läuft doch!

„Die Politik“, über die entscheidet doch immer noch ein „wir“. Und wir sind hier wirklich nicht im harten Bereich, sondern im weichen Bereich der Kunst und Kultur. Und wenn dort ein Filmemacher das Medium Theater nicht richtig steuern kann, geht es nicht um einen Kriegsschauspatz, auch nicht um Entmündigung. Es geht lediglich um Verständlichkeit, um Vermittlung.

Niemand wird beschädigt, kein Künstler, keine Theaterkunst, wenn man darum bittet Gehör zu bekommen, sehen zu dürfen. Theater ist doch keine Vogelschau, wo nur Auserwählte aus den Därmen die Zukunft lesen können und alle anderen folgen staunend der Zeremonie.

Es macht ja keinen Sinn sich weiter aufzuregen, zu empören. Der Fehler liegt ganz bei „uns“. Wir arbeiten uns an den beiden Herrlichkeiten ab und sie beide, die Programmdirektorin und der Intendant, steigen und steigen im Diskurs.

Das „wir“ ist ohnmächtig. Piekenbrock sitzt am längeren Hebel und schöpft ihre Macht voll aus. Das ist unzeitgemäß, aber real. Sie macht mich schwach und vermeintlich dumm. Und am Ende lausche ich vergeblich, etwas, das nur sie versteht.
Presseschau Piekenbrock: Buzzwords statt Labor
Wovon redet Kritiker Spreng? Ich empfinde das Theater des neuen Volksbühnen-Teams weder als "posthuman" noch als "Theater der Entkörperung". Und was bitte soll die VB mit "Reproduktionsmedzin, Computer-Algorhitmen" zu tun haben? Oder mit "Transhumanismus"? Bitte??

Ich weiß nicht mal, was das bisher Gezeigte mit dem 21. Jahrhundert zu tun haben soll, ehrlich gesagt. Gut, bei Kennedy kann ich mir die Verbindung noch herleiten. Aber beim Rest? Helmut Berger in einer Sänfte? (Das spannenste an "Liberté" war für mich der Vorbericht aus den Werkstätten in der Berliner Zeitung.)

Das neue Team, was da jetzt am R-L-Platz arbeitet, hat für mich noch keinerlei "Labor" geschaffen - denn an was genau würde dort gerade geforscht? An der Leere? Am neoliberale Theatermachen mit wenig Festangestellten?

Ich sehe in der VB derzeit auch nicht dem "Menschen beim Verschwinden" zu (wie es Kritiker Eberhard Spreng formuliert), sondern dem Theater.

Piekenbrock und Beobachter können viele Buzzwords anbringen. Ich kann ihnen das nicht übel nehmen, es ist wohl ihr Job, auch ggf eine Leere in spannend klingende Worte kleiden zu müssen.

Ich warte weiterhin darauf, dass die neue Volksbühne Spannendes entfacht. Immernoch hoffnungsvoll!

(...)
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