20 Tonnen Großkunst

Berlin, 1. Mai 2018. Das 55. Berliner Theatertreffen wird am 4. Mai 2018 mit einer Produktion eröffnet, die schon im Vorfeld für einigen Gesprächsstoff sorgte – und das nicht nur aus künstlerischen Gründen. Um "Faust" in der Regie von Frank Castorf (produziert in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz) als Theatertreffen-Gastspiel realisieren zu können, mussten die veranstaltenden Berliner Festspiele Zusatzmittel bei der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa und bei der LOTTO-Stiftung Berlin beantragen, insgesamt 500.000 Euro. Anlass, um bei der Leiterin des Berliner Theatertreffens Yvonne Büdenhölzer (derzeit in Elternzeit) nachzufragen:


nachtkritik.de: Was macht dieses Theatertreffen-Gastspiel von Frank Castorfs "Faust" am Haus der Berliner Festspiele eigentlich so teuer?

Yvonne Büdenhölzer: Inszenierungen in der Größenordnung von Frank Castorfs "Faust" wiederaufzunehmen ist grundsätzlich immens aufwendig, eine große logistische und organisatorische Herausforderung und damit auch für ein Festival wie das Theatertreffen viel teurer als eine reine Gastspiel-Einladung. Teuer ist die "Faust"-Nominierung also ohnehin – unabhängig vom Spielort.

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie stellen den Berliner Festspielen / Theatertreffen Fördermittel in Höhe von insgesamt 500.000 Euro zweckgebunden für die Wiederaufnahme von "Faust" zur Verfügung. Die folgenden Faktoren erklären, warum für die "Faust"-Realisierung im Theatertreffen ein Budget in dieser Höhe nötig ist.

1. Faktor: Bühnenbild, Kostüme, Requisiten

Im Falle der Nominierung von "Faust" zum Theatertreffen haben wir es mit einer besonderen Situation zu tun. Mit dem Ende der Intendanz Frank Castorf an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz wurde das Bühnenbild (Gewicht ca. 20 Tonnen) in einem Ausstattungslager im Gewerbegebiet Wanzlitz in Mecklenburg-Vorpommern, 160 km von Berlin entfernt, eingelagert. Dass das Bühnenbild noch existiert, ist für das Theatertreffen ein großes Glück und eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen, den "Faust" überhaupt zeigen zu können.

Faust3 560 Thomas Aurin uFreischaffende Künstler*innen der Extraklasse: Valery Tscheplanowa und Martin Wuttke in "Faust"
© Thomas Aurin

Es befindet sich in einem komplett "zerlegten" Zustand, damit es platzsparend gelagert werden kann. Zur Wiederaufnahme wird es nun in mehreren Arbeitsschritten mit einer Mannschaft der Bühnentechnik der Volksbühne und Helfer*innen vor Ort sorgfältig in Container verladen. Die Transporte zum und die Entladungen im Haus der Berliner Festspiele erfolgen in der Reihenfolge des Aufbaus des Bühnenbildes. Der Aufbau im Haus der Berliner Festspiele erfolgt durch Personal der Volksbühne und der Berliner Festspiele. Die Anzahl der insgesamt eingesetzten Techniker*innen weicht dabei kaum von der Anzahl der seinerzeit in der Volksbühne eingesetzten Techniker*innen ab.

Das Bühnenbild ist Eigentum der Volksbühne Berlin bzw. der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und wird dem Theatertreffen kostenfrei zur Verfügung gestellt, ebenso die Kostüme und Requisiten.

2. Faktor: Personal

Die zweite Grundvoraussetzung für die Realisierung ist die Verfügbarkeit der Spieler*innen, Video- und Ton-Künstler*innen, involvierten Techniker*innen und den Mitarbeiter*innen aus den technischen Gewerken.

Im Falle von "Faust" ist nur ein einziger der Schauspieler*innen noch im Engagement der Volksbühne Berlin; bis auf Sir Henry sind alle anderen Schauspieler*innen mittlerweile freischaffend. Nach Bekanntgabe der Juryentscheidung war es daher erst einmal oberstes Gebot, alle involvierten Schauspieler*innen für den in Frage kommenden Zeitraum zu gewinnen und zu binden. Aufgrund der vielen anderweitigen Verpflichtungen der Künstler*innen im Theater- und Filmbereich war die Disposition eine hohe Herausforderung. Es konnten jedoch alle "alten" Spieler*innen eingebunden werden, nur in einem Fall kommt es aufgrund des gesetzlich einzuhaltenden Mutterschutzes zu einer Umbesetzung.

Faust1 560 Thomas Aurin uMarc Hosemann und Martin Wuttke vor dem 20-Tonnen-Bühnenbild von Aleksandar Denić
© Thomas Aurin

Wie immer bedarf es bei Arbeiten von Frank Castorf für den Einsatz von Videokameras, Tonangeln und Video-Live-Schnitt ebenso wie für das Einspielen des Live-Sounds (Musik / Geräusche) ein perfekt eingespieltes Team, das sowohl mit der Szenenfolge und den Abläufen als auch mit den Anschlusstexten und Aktionen der Schauspieler*innen im höchsten Maße vertraut ist. Die Rolle der Techniker*innen kommt der Rolle der Schauspieler*innen gleich.

Anders als mit den mittlerweile freischaffenden Spieler*innen verhält es sich mit den Ton- und Video-Künstler*innen, Bühnentechniker*innen, Requisiteur*innen, Maskenbildner*innen, die zum großen Teil noch im Engagement der Volksbühne Berlin sind und – wo die Kapazitäten der Volksbühne es zulassen – die Realisierung des "Faust" beim Theatertreffen unterstützen und umsetzen.

Wo nötig und möglich, werden Arbeiten auf das technische Personal der Berliner Festspiele übertragen beziehungsweise es wird sehr eng kooperiert. Dies trifft auch auf den Bereich der Beleuchtung und der Maske zu. Im Bereich Ton / Video ist jedoch eine Übertragung von Arbeiten auf den technischen Stab der Berliner Festspiele nur bedingt möglich.

VB BerlinFestspiele4 560Umzug aus der Volksbühne (links) ins Haus der Berliner Festspiele (rechts)  © jnm / Eike Walkenhorst

Die freischaffenden künstlerisch und technisch Beteiligten konnten ausnahmslos für die Wiederaufnahme des "Faust" gewonnen werden. Die technische Einrichtung, die Probenbetreuung, die Aufführungen und den Abbau übernehmen weitere feste Mitarbeiter*innen der Volksbühne bzw. der Berliner Festspiele.

Der Volksbühne entstehen durch das Entsenden der festen Kolleg*innen Personalkosten, die das Theatertreffen übernimmt. Das Theatertreffen hat wiederum geringere Kosten, da es dafür selbst weniger eigene Techniker*innen etc. engagieren muss.

3. Faktor: Spielort

Die dritte Voraussetzung für die Wiederaufnahme des "Faust" ist es, einen passenden Spielort zu finden. Neben der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ist nur das Haus der Berliner Festspiele als vergleichbar großes Haus mit einer für die Inszenierung notwendigen Bühnentechnik ausgestattet.

Bei jeder Übertragung eines Stückes in ein anderes Haus fallen Bühnenbildadaptionen an. In diesem Fall muss das "Faust"-Bühnenbild für eine kleinere Drehbühne angepasst werden.

BerlinerFestspiele Zuschauerraum 560 Piero Chiussi u991 Plätze: der Zuschauerraum im Haus der Berliner Festspiele, das nach dem Mauerbau übrigens als "Freie Volksbühne" gebaut wurde, da das Volksbühnen-Stammhaus nun für Westzuschauer unerreichbar im Ostteil der Stadt lag. © Piero Chiussi

Ein Vorteil ist die größere Platzkapazität im Haus der Berliner Festspiele – 991 Plätze stehen hier pro Vorstellung zur Verfügung, das sind etwa 170 Plätze mehr als in der Volksbühne.

3. Faktor Zeit

Insgesamt wird für die technische Einrichtung, die Wiederaufnahme-Proben, fünf Vorstellungen (plus drei spielfreien Tagen dazwischen) und den Abbau ein Zeitraum von 18 Tagen benötigt. In der Volksbühne wäre derselbe zeitliche Aufwand angefallen. Dass das Haus der Berliner Festspiele im genannten Zeitraum nur dem Theatertreffen zur Verfügung steht und keinen Spielbetrieb – wie die Volksbühne – ermöglichen muss, ist glücklicherweise ein kostenneutraler Punkt.

Das Theatertreffen versucht immer sein Möglichstes, um die eingeladenen Inszenierungen im Rahmen des Festivals zeigen zu können. Wir sind sehr froh, dass uns das im Falle einer so komplexen und aufwendigen Inszenierung wie "Faust" gelungen ist.

 

YvonneBuedenhoelzer 190 Christoph Neumann uYvonne Büdenhölzer, geboren 1977 in Köln, arbeitete als Dramaturgin und Kuratorin an Stadttheatern und in der Freien Szene. Von 2005 bis 2011 war sie Künstlerische Leiterin des Stückemarkts beim Berliner Theatertreffen. 2009/10 arbeitete sie als Mit-Kuratorin und Festivalmanagerin der Theaterbiennale "Neue Stücke aus Europa" in Wiesbaden und Mainz. Seit 2012 ist sie Leiterin des Berliner Theatertreffens

(Foto: Christoph Neumann).


 

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Kommentare  
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Frage
Wer ist denn die eine Umbesetzung wegen Mutterschutz?
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Transparenz
Die einzig wichtige Frage wurde leider nicht gestellt (oder gestellt und nicht beantwortet?): Um wie viel höher (oder niedriger) sind die Kosten für die Produktion im Haus der Berliner Festspiele verglichen mit denen, die für Vorstellungen an der Volksbühne angefallen wären. Hier hätte Frau Büdenhölzer (und die nk-Redaktion) für Transparenz sorgen können (und sollen).
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Dercoin + Kartoffelsalat
(500.000 Zuschüsse von Lotto und Senat) + (die Knete, die die Festspiele ohnehin eingestellt hatten) = Faktor: habt Ihr sie nicht mehr alle? Nach dem Geldverbrennungs-Dercoin-Debakel gleich wieder so eine Nummer? Für 5 Vorstellungen? Das ist Wasser auf die Mühlen der Sportplätze-statt-Musentempel-Fraktion und Hohn und Spott für alle KollegInnen, die mit Mindestgage nach Hause gehen. Baut lieber ein Castorf-Denkmal aus Kartoffelsalat vor dem Reichstag auf und schenkt den Rest der freien Szene.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Befürchtung
Man darf wohl befürchten, dass die Zusatzgelder von 500.000€ für eine Realisierung in der Volksbühne nicht notwendig geworden wären. Das Geld wird dann vielen anderen Künstlern fehlen.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Verfilmung
Man sollte die Aufführung filmisch festhalten und als Filmaufnahme - etwa auf 3sat - noch verwerten, oder als Kinofilm. So könnte man vielleicht finanziell noch etwas wiedergutmachen. Ich hoffe, man prüft auch das!
Kosten TT-Faust-Gastspiel: ein Klacks
Na, bei 1003 Plätzen im Haus der Festspiele und 5 Vorstellungen (stimmt das?) sind es ja gerade 100 EUR je Karte, ist ein Klacks, wenn man die Verhältnisse im Musiktheater zugrunde legt. Natürlich zusätzlich zu den Mitteln, die eh' vom Bund für das TT zur Verfügung gestellt werden. Das wird ja vermutlich auch ein bisschen sein, zumal der Wegfall des 'NT Reinickendorf' (großes Aufatmen bei den Buchhaltern) ja auch noch etwas spart.

Große Kunst kostet halt viel, das haben die Selbstausbeuter der Freien Szene immer noch nicht begriffen, und es ist schön, das jetzt jeder Interessierte (viel mehr als 5000 werden es vermutlich nicht sein) nochmal die Chance hat, sich in den Faust zu legen.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: vergleichsweise billig
@3
Im Lotto 6aus49 gab es in dieser Woche für 39.915 glückliche Gewinner
mit 4 Richtigen eine Gewinnsumme von 39,60 €. - 4.069 Leute, die Gewinner mit 4 Richtigen plus Superzahl, bekamen jeweils 194,30 € ausgezahlt. Die 4.955 Zuschauer von Castorfs FAUST beim Theatertreffen bekommen von der Lottostiftung pro Nase 100,91 € Ticketzuschuss spendiert. Wo - bitteschön - liegt da der Skandal? Bleibt doch alles vergleichsweise billig in Berlin.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Rechnung
@6/7
BWL-Grundlagenseminar FH Eckernförde: Wie der Artikel richtig schreibt, handelt es sich hierbei um "Zusatzmittel", die "bei der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa und bei der LOTTO-Stiftung Berlin" beantragt wurden - ergo muss man hier noch mal eine beträchtliche Summe X draufrechnen, die die Festspiele ohnehin bereits bekommen haben. Außerdem bezahlt die LOTTO-Stiftung nur die Hälfte der Chose. Die anderen 50% blecht das Land Berlin, was mit den Mäusen vielleicht lieber ein paar Schultoiletten in Lichtenberg renoviert hätte. http://www.lotto-stiftung-berlin.de/index.php/projekte/kulturell/74-castorfs-jahrhundert-faust
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Gartenschau + Hertha BSC
@ 3/8
Liebes blaues Pony, vielen Dank für deinen Link zur Lottostiftung. Ich habe wirklich nicht gewußt, dass die Lottostiftung sich in ihrer Kulturförderung neben Castorfs FAUST auch für solch tollen Sachen wie einem Festival der Religionen, einem Planetarium für Sterngucker, eine Gartenschau und einer Fussballausstellung über 125 Jahre Hertha BSC engagiert. Sicher: Die Verschönerung von Lichtenberger Schultoiletten vermisse ich in dem Programm genauso schmerzhaft wie du. Und auch ein Kinderbauernhof mit vielen blauen Ponys wäre bestimmt klasse. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr.
KostenTT-Faust-Gastspiel: noch teurer
@6: Es ist ja noch viel teurer, das Theatertreffen steckt ja aus dem eigenen Etat noch viel mehr dazu.
Aber im übrigen wird Kunst, gerade wenn sie denn schon groß sei, nicht dadurch größer, dass man viel Geld in sie hineinpumpt. Vor allem nicht, wenn man sie mühelos, und komplett ohne solches Geld an dem Ort hätte aufführen können, für den sie ja auch ursprünglich gemacht war. Eher kleiner.
KostenTT-Faust-Gastspiel: Differenzkosten
@alle: Leute, die Debatte hatten wir doch schon vor Wochen! Worth reading: https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14936:theatertreffen-2018

Stimme aber #2 zu, dass die *Differenzkosten* zwischen "Spielort: VB Ost" versus "Spielort: VB West" aus Frau Büdenhölzers Antwort nicht vollends explizit hervorgehen. Kann das jemand nachliefern? (Hat mit Subventionen für die Berliner Festspiele nichts zu tun, denn die fallen rechnerisch für *jede* TT-Inszenierung an.)

Die Mehrkosten - soweit ich es bislang überblicke - sind
- (differenziell) höhere Gagen für Gäste statt Ensemble/hausintern (technik- wie kunstseitig)
- Umarbeitungsaufwand Bühnenbild
Alles andere wäre meines Erachtens auch angefallen, wenn in der VB gespielt worden wäre.

@1: Eine Darstellerin des Faust-Ensembles ist im Mutterschutz (Angela Guerreiro). Sie spielt folglich während des TT nicht. Die Rolle wurde neu besetzt (Joelnize Silva Hein).
Kosten TT-Faust-Gastspiel: zwei Jahre Kampf
Wahrscheinlich gibt es die wirklich wichtigen Fragen gar nicht. Und es gibt auch keine Hierarchie in Fragestellungen. Eventuell muss erst das Wesen des hohen C und die Kosten dafür erörtert werden. Aber was war noch mal der Kern aller Fragen der letzten gut zweieinhalb Jahre zur Volksbühne? Um was ging es da noch mal?

Um eine Ansammlung von Anklagen, die in den freien Raum des Netzes geworfen wurden: Die historische Kontinuität des Hauses, der Kampf gegen neoliberale Produktionsstrukturen, der Erhalt des Ensemble- und Repertoirebetriebes. Und zuletzt ging es auch um Castorf selber, der ohne Not aus seinem Haus entfernt wurde und mit ihm eine Unzahl von Künstlern, die nun alle frei arbeiten.

Doch jetzt, wo der „Erzfeind Dercon“ vertrieben wurde, wobei Frau Piekenbrock offensichtlich unter dem Radar der Kritiker drunter her segeln darf, jetzt ist plötzlich dem Hauptprotagonisten alles „Mumpe“.

Kann man einen Vorgang eigentlich auch vom Ende her im Nachgang zerstören?

Diese Faustaufführungen der Festspiele waren, neben der Einladung, auch als eine Art Widerstands- und Solidaritätsnote geplant und sollen zugleich eine künstlerische Gesamtanerkennung gegenüber dem ehemaligen Intendanten abbilden. Seht her, so könnte die Volksbühne heute noch aussehen, und nun seht euch das aktuelle Programm dort an. Es wäre wohl ein Triumph der Festspiele und der gesamten Theatergemeinde gegen die neue Leitung geworden. Aber die Parameter haben sich längst schon wieder verschoben. Die neue Leitung gibt es nicht mehr. Und dem Faust steht nur noch ein implodiertes Programm gegenüber.

Lassen wir die Gründe hierfür einmal außen vor, hört man nur noch eine große Verpuffung, die nun, wie nicht nur in diesem Fall, mehr als eine halbe Million für vier oder fünf Vorstellungen kostet.

Eine Rückkehr an das Haus schließt Castorf kategorisch aus und somit auch eine Rückkehr seines Faust. Aber wozu war dann der Kampf der letzten zwei Jahre gut und nützlich?! - Wie wäre es mit etwas mehr Verantwortung Herr Castorf, auch gegenüber ihrer eigenen Geschichte? Warum im Nachhinein alles rückwärts zerstören? Nachdem Sie schon, statt verbrannter Erde, nur noch klinischen Boden hinterlassen haben, könnten Sie doch als Berater und Unterstützer zur Verfügung stehen. Sie könnten der neue Ivan Nagel sein, der dem Haus hilft wieder in die richtige Spur zu kommen. - Na?! Keine Solidarität mit der eigenen Geschichte, Herr Castorf? Keine Pflege Ihres eigenen Publikums?! Nur Spaltung, Polarisierung um Nichts. Keine Hoffnung auf eine neue Zukunft des Hauses beratend mitgestalten?! Alles Mumpe?! Dann viel Spaß in Nizza und an der Oper bei der Verköstigung des hohen C´es.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: kunstfeindlich
Diese Diskussion ist überflüssig, kunstfeindlich. Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Ein Ponyhof gegen Castorfs Faust.
Was soll das? Bin ich noch im richtigen Film? Meine Karte kam 53€, also bitte nur ein Zuschuss von 47€.
Jedes Jahr beißen sich Menschen am TT fest, wollen alles anders.
Ich freue mich auf dieses Treffen, schaue mit 7 Produktionen an.
Wer Büdenhölzers Bericht gelesen hat, konnet erfahren, dass eine Produktion an der Volksbühne genau so teuer gewesen wäre, schon allen, dass das Theater hätte 18 Tage schließen müssen.
Ein Dank an die Organisatoren, die vieles ermöglichen.
Ich fahre nach Hamburg, München und Salzburg, um die Inszenierungen von Castorf dort zu sehen. Muss ich nun ein schlechtes Gewissen haben?
Kosten TT-Faust-Gastspiel: nicht zu rechtfertigen
500.000 Euro Zusatzkosten sind durch NICHTS zu rechtfertigen. Schöne Grüße an alle Antragsteller aus der freien Szene. Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Abgesehen davon: der "Faust" von Castorf ist großartig. Aber wir wissen: lang lebe der kapitalistische Zynismus.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Rosenkrieg
Puh. Also erstmal finde ich es (unter Vorbehalt) positiv mehr Transparenz bezüglich Finanzen im kulturellen Sektor zu schaffen. Der Vorteil ist in meinen Augen eine Chance zur Professionalisierung, ein Eindämmen der Selbstausbeutung (bzw die Möglichkeit überhaupt einen Standpunkt einzunehmen, und sei es als bewusste Strategie Marktpreise zu unterlaufen); auch denke ich an eine grössere Verantwortung der "Macher", zugegeben ein zweischneidiges Schwert; allerdings finde ich es unerträglich wie von minderbemittelten Künstlern professionelle Finanzplanung zu jedem kleinsten Projektantrag abgezwungen wird, während ein paar Stufen höher im Namen der "Kunstfreiheit" Gelder verschossen werden die z.T. keine konkrete Anwendung finden.

Was mich hingegen zutiefst langweilt, und hier kommt der Vorbehalt, sind die -scheinbar- unvermeindliche Neiddebatten: Schultoiletten, Pflegepersonal, etc was so alles hochkocht.

Und auch: die geldbedingte Abgunst der Künste untereinander. Das ist so dämlich. Was mich schon immer gestört hat ist, daß dieser Rosenkrieg von Medien oder einzelnen Akteuren vorangepeitscht wird ohne dass IRGENDJEMAND mal ein Zeichen zum Austausch auf Augenhöhe setzt. Nein, es muss bestiegen werden wie Erpel zur Brunftzeit. Am besten wir verhalten uns immer so, als ob jeder ausserhalb unseres Dunstkreises ein kompletter Depp ist, eine Kuriosität die es einzugliedern gilt.

Wie war das: Dekolonialisiert euch- mit dem Ziel den anderen als gleichwertig wahrzunehmen.

p.s. Freue mich auf Faust
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Nachfolge-Händchen
@12
Ich finde, es ehrt Frank Castorf, eine Rückkehr an die Volksbühne auszuschließen. Theaterfürsten haben bei der Regelung ihrer Nachfolge meistens ein schlechtes Händchen. Wer erinnert sich heute noch an Peter Steins einstigen Zögling Felix Prader? Wer redet noch von der Heiner Müller-Entdeckung Stephan Suschke? Und auch von Claus Peymanns einstigem Erbprinzen Philip Tiedemann hört man vergleichsweise wenig. Warum also soll sich Frank Castorf einen Kopf über die Zukunft der Volksbühne machen? Wie Peter Stein mit seinem Expo-Faust hat jetzt auch Castorf mit dem alten Goethe ein Kapitel für sich abgeschlossen und kann - dies deutet sein "Spiegel"-Interview an - sich darüber Gedanken machen, wie er demnächst schwäbischen Belcanto-Liebhabern zu den Klängen von Giuseppe Verdi noch mal so richtig ordentlich revolutionär einheizt. Was das Sprechtheater betrifft, sind wir ja bereits Zeuge geworden, wie Peter Stein mit seiner Primadonna Klaus Maria Brandauer für die echte, wahre Schauspielkunst ein letztes einsames Bollwerk gegen die Flut des Dilettantentums errichtet hat. Wer den Brandauer-Part im Alterswerk von Frank Castorf übernehmen wird, wissen wir naturgemäß noch nicht. Aber ich hätte da einen Tip: Wie wäre es mit dem Ex-Tarantino-Mimen Christoph Waltz? Obwohl man natürlich nie weiß, wem Castorf auf den Salzburger Festspielen noch so alles über den Weg läuft...
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Teurer Trotz
Danke Nachtkritik, dass Ihr das mal thematisiert. Ich fand es schon sehr befremdlich, wie in den Medien diese Extravaganz, einzig entstanden durch Castorfs Weigerung seinen "Faust" am Originalort zu zeigen, kaum kritisiert wurde (habe jetzt nur in der zitty eine schärfere Kritik an dieser Verschwendung gefunden: https://www.zitty.de/theatertreffen2018/ ). Denn die selben Kritiker, die sich (zu recht) über Dercons Luxus aufregen, für eine Produktion („A dancers day – 10.000 gestes“) rund 434.000 Euro auszugeben, sind merkwürdig still, wenn es um Meister Castorfs Verschwendung geht.
Interessant übrigens auch, wie schnell plötzlich 500.000 Euro organisiert werden können, ohne lange Antragsfristen und Jurysitzungen. Davon kann die Freie Szene nur träumen.
Und im NK-Interview mit Büdenhölzer vermisse auch ich die Angabe der tatsächlichen Mehrkosten für den Ortswechsel der Produktion nach Wilmersdorf. Könnt Ihr das bitte noch mal nachfragen?

(Lieber Wolfgang Barten,

wir haben die Frage schon gestellt und warten noch auf Antwort.

Beste Grüße
Georg Kasch / Redaktion)
TT-Faust-Gastspiel: nicht zerfleischen
Zitat: Es ist ein Glücksfall, dass eine Intendanz, die wie keine zweite seit 1989 die Theatergeschichte geprägt hat, mit einem wahrhaftigen Bühnenwuchtwerk ihren Schlussakkord setzt. Frank Castorf liest Goethes „Faust“ in höchster Deutungsfreiheit und mit zahlreichen Fremdtext-Anlagerungen nicht als Drama des deutschen Denkers, sondern als Drama des europäischen Bürgertums, das 1789 aufgebrochen war, die Emanzipation der Völker aus feudalen Banden zu besorgen. Und was kam, waren die Bande der kapitalistischen Verwirtschaftung. Von den Menschenschöpfungsszenarien des „Faust II“ geht die Reise über das Frankreich des Zweiten Kaiserreichs bis in die koloniale Wirklichkeit des Algerienkriegs. Man verfolgt Faust nicht als Figur, sondern als Problemkomplex: Global Player Faust. Für seine Expeditionszüge hat Castorf scharenweise Ausnahmespieler*innen versammelt, die dieses eruptive Bühnenereignis im Innersten zusammenhalten: Marc Hosemann, Sophie Rois, Alexander Scheer, Lilith Stangenberg, Martin Wuttke. Und Valery Tscheplanowa, die für ihren Auftritt zur Schauspielerin des Jahres gekürt wurde.

Und wer da noch mit seinen plumpen Fragen nach 500.000 kommt, wenn solche Summen überall verbrannt weden und das an weniger als einer Woche, der soll mir mal erklären, was Kultur eigentlich bewirken soll.

Ich kann auch gutes Eigenspiel in der freien Szene betrachten. Jeder hat die Chance etwas zu machen. Dem einen gelingt es, der andere dümpelt vor sich hin, wie man es betrachten mag.

In Berlin wird echt viel für die freie Szene gemacht, dank Lederer. Da darf sich ein Theatertreffen auch was besonderes leisten.
Hat jemand von den Kritikern diese Aussagen von Büdenhölzer gelesen, was alles bewerkstelligt wurde, um diese Produktion, die zum Glück eingelagert wurde, vielleicht und zum Glück der Hoffnung geschult, hier wieder gezeigt zu werden, weil es Ausnahmeschauspieler sind, noch einmal zu zeigen. Ich danke den Festspielen ganz herzlich und freue mich morgen auf diesen Abend. Wie gesagt (oben) ich habe 55 € gezahlt. Werde also nur um 45 € bezuschusst. Jeder Opernabend kostet dem Steuerzahler mehr!!! Ich hätte mir auch eine Karte für 14 € kaufen können... diesen Preis bezahle ich auch in der freien Szene.

Castorf geht andere Wege und das ist sein Recht. Er ist Berliner, wenn er meint, es sei Mumpe... das verstehen einige Schreiber auf dieser Seite leider nicht. Es gibt aber auch die anderen Journalisten. Und das ist auch gut so, es geht um Meinungsvielfalt.
Ich finde diese Stadt genial, wegen dieser Möglichkeiten, dieser Freiheiten. Ihr müsst sie euch nur nehmen und verdienen!
Den Rest überlassen wir jedoch gemeinsam nicht dem rechten Rand. Zerfleischen wir uns nicht, auch wenn wir anderer Meinung sind. Uns hier auf diesen Seiten geht es um die freie Kultur. Und das sollten wir uns zu Herzen nehmen.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: gestriges "Argument"
3 @ "blaues pony": "... Das ist Wasser auf die Mühlen der Sportplätze-statt-Musentempel-Fraktion ..."
Sorry, aber im Berliner Senat werden tagtäglich locker 500.000,- € für NIX verbrannt und keiner schreit auf. Ohne überwältigende Zuschüsse des Bundes oder seitens der anderen Bundesländer, wäre Berlin aber so was von pleite.
Und KEIN Tourist wird Berlin besuchen, weil in Neukölln ein neuer Bolzplatz eingeweiht wurde, oder in Wedding eine Filiale von Lidl.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: undurchsichtige Mechanismen
@Olaf: über Kunst kann man streiten, und jetzt wird der Faust halt gezeigt. Aber die Rechnung "ich zahle 55,--, daher ist der Zuschuss nur 45,--" ist falsch. Trotz wie auch immer teurer Karten gibt es Zuschüsse, und wie dargelegt für diese Veranstaltung zusätzlich zu den sowieso veranschlagten Kosten des Theatertreffens noch einmal 100,--.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ja, daß für Karten des TT verhältnismäßig hohe Preise verlangt und bezahlt werden, die dann aber immer noch nicht annähernd kostendeckend sind. Im Grunde wird über die Verknappung und den Preis eine Werthaltigkeit unterstellt, der Gedanke dann aber nicht vollendet... Konkret hier beim Faust: es wäre interessant zu wissen (und wir werden es nie erfahren, leider), ob die 5000 Karten auch zum halbwegs realistischen Preis von dann vermutlich 255,-- EUR je Karte (und das ist noch ohne die eigentlichen ursprünglichen Produktionskosten der Volksbühne, Probenprozess, Gagen für Regie, Bühnenbild, etc., Herstellkosten Bühnenbild, usw., die ja hier im Grunde anteilig noch mitgerechnet werden müssten, die aber wegen der Ehre der Teilnahme wegfallen) vollständig verkauft worden wären.

Vor dem Hintergrund wäre es eigentlich auch vollkommen ok, die Karten für 15 EUR zu verkaufen...

Aber das gehört mit zu den undurchsichtigen Kulturmechanismen, dies ist eigentlich eine Umverteilung von unten nach oben: aus dem Steueraufkommen aller wird Hochkultur finanziert, die sich dann wegen fehlender Zugänglichkeit oder angeblicher Marktpreise nur wenige ansehen.

Tja. Also bitte schön: warum sich wegen 500.000 EUR aufregen?
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Fehler
@13: Nein, dass das Gastspiel an der Schaperstraße genau so teuer ist, wie es eine wiederaufnahme an der Volklsbühne wäre, lässt sich Frau Büdenhölzers Worten eben genau nicht entnehmen. Im Gegensatz: Die möglichen Mehrkosten für Castorfs sehr individuelle Entscheidung, die Aufführungen nicht an ihrem Entstehungsort stattfinden zu lassen, werden eben nicht benannt. Und ohne die zu kennen, ist mE eine sinnvolle Diskussion, ob sie angemessen und zu rechtfertigen sind, nicht zu führen. Und ja, eine Kostendebatte ist selbstverständlich nicht despektierlich, auch, wie ein anderer Kommentator anmerkte, angesichts der ständigen Förderdebatten bzgl. der freien Szene.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: keine genauen Zahlen
Anscheinend geben die Festspiele ja auch weiterhin keine genauen Zahlen über die Kosten heraus. Das spricht ja auch für sich... oder? So hieß es jedenfalls heute morgen im Kulturradio, den genauen Link finde ich nicht, der Bericht steht aber weiter unten auf der Homepage: https://www.kulturradio.de/
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Statement Berl. Festspiele
Werte Diskutierende,
da für die Aufführungen von FAUST eine Bespielung der Volksbühne nicht in Frage kam, wurde für die Spielstätte Volksbühne auch keine Kostenkalkulation durchgeführt. Ein direkter Vergleich der Kosten ist uns daher nicht möglich.

Berliner Festspiele
Claudia Nola
Leitung Kommunikation / Head of Communications
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Marken-Pflege
Diese beinahe chronische Verteidigung Castorf´s nervt ein wenig, Herr Held. Sie können auch die Zöglinge von Stein und Peymann nicht mit der jetzigen Situation an der Volksbühne vergleichen. Zu dem hatte Castorf ja einen potentiellen Nachfolger an seinem Haus, der auch heute noch im Gespräch sein dürfte, René Pollesch. Und warum sollte sich Castorf nicht um die Zukunft der Volksbühne kümmern? Diese Gegenfrage dürfte als Antwort berechtigt sein. Immerhin ging es in dem Kampf auch um seine Person. Da ist diese ausgestellte Berliner Lakonie, zwar wird sie verstanden, etwas unangemessen.

Aber sie haben das schon ganz gut herausgearbeitet. Diese Herren sind aus anderen Gründen nicht geeignet über eine Nachfolge zu entscheiden. Dabei fehlt es ihnen häufig nicht an Kompetenz, sie sind zu Ich-Bezogen, unwillig, egoistisch und erstarren im Alterseigensinn. - Nun steht das Räuberrad also in Avignon vor einem internationalem Festivalbetrieb, der eventuell auch neoliberale Produktionsformen fördert. Diese kleine Eitelkeit war dem ehemaligen Intendanten am wichtigsten, alles andere „Mumpe“. Es war ja nicht nur eine große Zeit der Aufmerksamkeit für Dercon, sondern auch immer für Castorf, und markenstrategisch hat er am meisten profitiert und dies nicht ohne eigenes, bewusstes Zutun. Er hat es still und leise geschafft, auch in dem er diese Skulptur aus der Berliner Sichtweite brachte, aus der Marke „Volksbühne“ wieder die Marke „Castorf“ zu machen. Und die verteidigt er auch jetzt noch gegen die Zukunft der Volksbühne, wenn er überhaupt keine Verantwortung übernehmen will. Darüber hinaus ist es sehr unnatürlich, wenn jemand nach einem Vierteljahrhundert keinerlei Interesse mehr heuchelt.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: andere 500.000
Ich schlage vor, dass fairerweise hier einmal daran erinnert wird, wofür Dercon 500.000 Lottomittel bekam. Vielleicht können die SZ-Rechercheure da einmal genauer darlegen, wofür diese Summe eigentlich ausgegeben wurde. Im Vergleich zu der temporären Fertigtribüne von Kéré scheint mir der TT-Faust da die bessere Investition.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: selbstverständlich billiger
Liebe Claudia Nola,
es steht doch außer Frage, dass eine Aufführung des "Faust" an der Volksbühne entschieden günstiger gekommen wäre und im Wesentlichen ohne Zusatzkosten hätte gespielt werden können. Das Bühnenbild wurde für das Haus entwickelt, die dortigen Techniker waren und sind, nach wahrscheinlich mehr als einem Dutzend Aufführungen, mit dem Auf- und Abbau vertraut, es wäre eine ganz normale Wiederaufnahme geworden. Und nachdem Weggang von Dercon kam die Volksbühne durchaus wieder in Frage, auch wenn die Anpassungsveränderungen am Bühnenbild schon im Gange waren, hätte man überlegen können, diese rückgängig zu machen, um den „Faust“ aus ideellen Gründen an seinem Stammhaus zu spielen. Wenn nur das Votum des Regisseurs maßgebend war, dann ist das sehr dünn. So wie Castorf eben nach dem Ende der Dercon Intendanz ganz entspannt hätte sagen können: Das nun eventuell die Zeit gekommen wäre, dass das Räuberrad zurück an die Volksbühne wandern darf und er René Pollesch als seinen Nachfolger begrüßen und natürlich seine Faust-Inszenierung für das Haus im Allgemeinen, wie auch zu den Festspielen für die Volksbühne zur Verfügung stehen würde.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Drehbühne
Um die Wiederaufführung musste im Haus der Berliner Festpiele u.a. die Drehbühne verstärkt werden. Dieser enorme technische und logistische Aufwand wird vermutlich einen Großteil der zusätzlichen Kosten verschlungen haben.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Ablesbar
Lieber Lear,

und natürlich gibt es aussagekräftige Zahlen. An der Kalkulation für die Realisation und an deren Echtkosten kann man fein säuberlich ablesen, welche Kosten an der Volksbühne Ost nicht entstanden wären.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Was ist Geld gegen die Kunst?
Ach, ihr Kapitalisten. Was ist Geld? Ich komme gerade aus der gefeierten Premiere des Faust zum TT. Es war großartig. Zerreißt euch hier weiter die Münder. Ich gehe einfach mal ins Theater. Am Montag in die Rathenau Hallen. Beute Frauen Krieg.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: das Räuberrad
@27: Wenn dem so wäre, dann wäre das ja eine Zukunftsinvestition. Die wäre dann zwar *anlässlich* des Fausts, aber nicht *nur für* den Faust von Castorf. Dann könnten wir froh sein, dass die Festspiele nunmehr mit Lottomitteln für die Zukunft gerüstet sind.

@24: Das Räuberrad ist in Schöneweide und wird saniert. Es ist mitnichten (mehr) in Avignon. Diese Fehlinformation war letztens schonmal irgendwo zu lesen.

@26: Das Räuberrad ist nicht mehr unter Castorfs Entscheidung. Dazu gab es Ende Juni 2017 eine Pressemitteilung der Lederer-Senatsverwaltung. Es kommt am 25.6.18 wieder an den alten Standort, wenn keine andere einvernehmliche Entscheidung zwischen Blievernicht und der VB getroffen wird (wenn ich recht erinnere).
Kosten TT-Gastspiel Faust: was ist so toll dran?
Darf ich mal eine doofe Frage stellen: Ich habe den Faust ja gelesen, die erste Seite kann ich sogar auswendig und gesehen auch schon; jüngst in München am Residenztheater. Ich weiß also, worum’s da geht. Daher: Was an dieser Castorff-Inszenierung ist so großartig, so elementar bereichernd, belehrend, belustigend, dass jeglicher Finanzeinsatz gerechtfertigt ist?
Ich selbst nämlich - als nach Tarif bezahlt, also mit begrenzten Mitteln ausgestattet - überlege genau, ob ich für die Familie Operkarten kaufe oder dafür eine Woche Fahrradurlaub im Altmühltal ansetze. Wenn ich also Natur für Kultur hintanstelle, muss an dieser Oper was dran sein.
Was also hat dieser Berliner Faust, was der Münchner nicht hat?
Kosten TT-Gastspiel Faust: herzerfrischend
#29 @ Olaf, danke für Deinen herzerfrischenden Kommentar. Denn darum geht es: was auf der Bühne passiert und wie Zuschauer und Akteure an einem unwiederbringlichen Abend zusammen finden.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Wiederaufnahme?
Interessant wäre es doch, jetzt einmal zu fragen, ob sich Castorfs Haltung zu eventuellen WA seiner Abende in der Volksbühne nach dem Abgang Dercons geändert haben könnte? Dort könnte dieser 500.000 Euro teure "Faust" sofort ins Repertoire übernommen und gespielt werden, so wie auch Peymann weiter am BE gespielt wird...
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Analogie
@24
Goethes Faust beginnt eigentlich mit dem "Vorspiel auf dem Theater" und erst dann geht die Sache los. Aber heute in Berlin leben wir in anders gepolten Zeiten. Castorfs sechseinhalbstündiger Faust beim Theatertreffen (ob nun überteuert oder nicht) ist lediglich das Vorspiel für ein Stück Kulturpolitik, das für den 25.Juni 2018 angekündigt ist. Vor dem Theater findet dann nämlich das Hauptwerk statt. (oder ist zumindest bislang als solches angekündigt): Die Rückkehr vom symbolträchtigen "Räuberrad" auf den Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne.
Die Rolle des Faust in dieser kulturpolitisch wirklich relevanten Inszenierung ist bereits seit Monaten besetzt: Wahrscheinlich schwitzt Kultursenator Klaus Lederer bereits Blut und Wasser, ob er seinen Auftritt auch wirklich so glorreich und telegen hinbekommen wird, wie von ihm erhofft. Schließlich hat Lederer eine Scharte auszuwetzen: Für Dercon dereinst die Polizei gerufen zu haben.
Die alles entscheidende Frage lautet also:Kommt Mephisto Frank Castorf artig zum Pressetermin, um Lederer im Blitzlichtgewitter der Kameras den für den Kultursenator so wichtigen Hand- bzw. Ritterschlag zu erteilen? Oder kommt Castorf nicht und Lederer landet - dem Schicksal des Gretchens folgend - früher oder später auf dem Scheiterhaufen.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: Pro Faust
@31: Ein Leichtes ...
- herausragend detail- und anspielungsreiches Bühnenbild, das Text, Geschichte, Räume und Zeiten, Spiel und Bild verschränkt
- ein singuläres Ensemble von Vollprofis, Charakteren, die aber auch in ihren exaltiert-indivduellsten Momenten immer zusammen sind
- eine Textarbeit vom Allerfeinsten: Zola, Fanon, Rimbaud, Müller, Byron, Goethe
- eine Bild- und Körper- und Stimmsprache, die ihresgleichen sucht
- souveräne Überlagerungen der Topoi Gewalt, Vereinnahmung, Kunst als Waffe, Geschlechterverhältnisse, Tod/Endlichkeit
- kluger, lässiger Humor
- eine Musikalität in all dem vorgenannten, die das ganze rauschhaft werden lässt
- Dialektik in wesentlichen Setzungen
- Frank Büttner, the one and only!
Kosten TT-Faust-Gastspiel: eine Projektion
@34 Die Rückkehr des Räuberrads ist in der Tat an brachialer Symbolik kaum zu überbieten. Die Frage bleibt, was denn jetzt eigentlich in der Volksbühne so erfolgreich verteidigt worden ist? Dass Dercon überhaupt kein Neoliberaler war, sondern nur eine willkommene Projektion, ein perfektes Feindbild, macht die Sache für Castorf-Jünger jetzt nicht leichter - was hat die Volksbühne ohne Dercon aber mit Räuberrad denn jetzt an Zukunft zu bieten?
Kosten TT-Faust-Gastspiel: 20. Jahrhundert
@36
Komme gerade aus der Faust-Aufführung beim Theatertreffen und kann nur sagen. Die vielen Kritiker, die von einem "Jahrhundert-Faust" geschrieben haben, sind völlig im Recht. Nur haben sie vergessen, zu erwähnen, es ist das 20.Jahrhundert, von dem diese Inszenierung erzählt. Das 21. Jahrhundert kam trotz aller Zeitsprünge, genialer Montagen, herausragender Schauspieler etc. nicht vor. Dieser Faust war durch und durch einer Veranstaltung im Geiste der sogenannten "Retromania". Die sechseinhalb Stunden verfügen über keinen einzigen Gedanken, den man nicht schon 1999 hätte haben können.Die Zukunft von Frank Castorf liegt deshalb beim Berliner Ensemble in guten Händen. Die Zukunft der Volksbühne ist eine ganz andere Frage, von der wir nur wissen, dass Chris Dercon definitiv nicht die Antwort war.
Kosten TT-Faust-Gastspiel: bis in die Gegenwart
@37 Ihre Schlussfolgerung verstehe ich nicht. Klar hätte man diese Gedanken auch 1999 haben können... hatte jemand?

Wenn eines auf der Hand liegt, dann ist es die zutiefst schleppende Aufarbeitung der europäischen Kolonialgeschichte. Es war erst 2016, als z.B. der Völkermord an den Herero und Nama als solcher offiziell anerkannt wurde. Und die direkte Verbindung zwischen den Konzentrationslagern dort 1904/05 und der späteren Lager in Deutschland wird soweit ich weiss auch nicht breit diskutiert (Insofern war Celans Todesfuge sehr wohl am richtigen Platz in der Vorstellung).

Dieser ganzheitliche/ globale Ansatz des Geschichtsverständnisses ist etwas, was noch gar nicht so lange selbstverständlich ist. Und ob diese Sicht weit verbreitet ist, ist die nächste Frage, wo doch wieder gerne ganzen Völkern irgendwelche "Eigenschaften" angedichtet werden.

Und nun gut, es wurde der Algerienkrieg im Faust angeführt und nicht ein anderer. Die Montagen demonstrieren aber doch genau die Kernaussage, daß sich die (Konflikte der) Vergangenheit in die Gegenwart ziehen.
CM
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