Keine Einigkeit

Bern, 30. April / 1. Mai / 4. Mai 2018. Der amtierende Schauspieldirektor Cihan Inan, dessen zweijähriger Vertrag regulär im Sommer 2019 ausläuft, hat sich dazu entschieden, das Angebot zur Verlängerung seines Engagements am Konzert Theater Bern nicht anzunehmen. Das teilt das Konzert Theater Bern mit. Ebenso wird Chefdirigent Kevin John Edusei das Haus 2019 verlassen. Das teilt die Berner Zeitung  Der Bund mit.

Stephan Märki hätte gerne bis zum Ende seiner Berner Intendanz 2021 mit Cihan Inan zusammengearbeitet, heißt es in der Pressemitteilung. Cihan Inan habe aber seinen Verbleib am Haus "an eine Bedingung geknüpft, die weder die künstlerische Ausrichtung des Schauspiels noch den Einflussbereich von Cihan Inan betraf". Auf Nachfrage von nachtkritik.de präzisierte Märki, dass Inan die Kündigung einer Mitarbeiterin aus dem Leitungsteam zur Voraussetzung seines Verbleibs gemacht habe. Dieser Forderung wollten jedoch Intendant und Stiftungsrat des Konzert Theaters Bern nicht entsprechen, so Märki. Der Berner Zeitung zufolge könnte es sich bei der Mitarbeiterin des Leitungsteams um Kommunikationschefin Sophie-Thérèse Krempl handeln. Ab 2019/2020 wird Stephan Märki die Schauspielsparte für die verbleibenden beiden Spielzeiten seiner Intendanz selbst leiten, so wie er es 2016 nach der Freistellung der früheren Schauspielchefin Stephanie Gräve interimistisch schon einmal getan hat.

Cihan teilte am 1. Mai in einer persönlichen Erklärung mit, dass er seinen Aufgabenbereich als Schauspieldirektor mit viel Engagement äusserst gerne verantwortungsvoll ausgeführt habe. "Allerdings bin ich zum Schluss gekommen, dass das Konzert Theater Bern mit seinem Verständnis von Organisationsstrukturen meiner Arbeitsweise nicht entspricht."

Fast gesamte Spartenspitzen ab 2019 verwaist

Bei der Spielplanpressekonferenz in Bern am 3. Mai erklärte auch Chefdirigent Kevin John Edusei, dass er seinen Vertrag nicht über 2019 hinaus verlängern wolle. Der 41-jährige Deutsche, der auch Chef der Münchner Symphoniker ist, wolle nicht mehr pendeln, schreibt der Berner Bund (4.5.2018).

(Konzert Theater Bern / chr / Berner Zeitung / sle)

 

(Die Meldung wurde am 1. Mai 2018 um 14:07 Uhr und am 5. Mai 13:05 Uhr ergänzt).

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Kommentare  
Berner Schauspieldirektor geht: nur schwer
die zeit der patriarchen geht nur schwer vorüber...
Berner Schauspieldirektor geht: Strukturen
Cihan Inan formuliert es richtig, aber höflich: es geht um Organisationsstrukturen, die Machtstrukturen sind. Dieses KTB entspricht organisatorisch einem veralteten Machtmodell, und wenn dann auch noch ein Intendant mit deutlichem Willen zur Machtausübung an der Spitze steht und seinen engen Mitarbeiterinnen wechselnde Leitungspositionen gibt, sieht es düster aus für die KünstlerInnen. Darunter leiden wird - wieder einmal - das Ensemble. Und das Publikum: in der Interimsspielzeit von Märki/Krempl hat das Schauspiel laut Geschäftsberichten auf der Website von KTB fast 5000 Zuschauer im Vergleich zu 15/16 verloren. Jetzt werden es, wie Märki selbst in der Presse sagt, noch weniger. Keine künstlerische Kontinuität, keine nachhaltige Vernetzung in Stadt und Region, keine Glaubwürdigkeit: so schafft sich das Berner Stadttheater auf Dauer ab. Man kann nur hoffen, dass ein neuer Stiftungsrat neue Strukturen beschliesst.
Berner Schauspieldirektor geht: das Fass
Es ist fast schon ein wenig langweilig, aber wohl nötig, die genau gleichen Mahnungen auszusprechen wie vor einem Jahr. Wir erinnern uns: Die Konzeption des KTB sah vor, dass der Intendant die Sparten NICHT leiten würde, sondern ein Manager sein würde (so verkaufte man es dem Volk vor der Abstimmung für ein KTB, das mehr als 60% aller Kulturgelder bezieht). Zitat des Stadtpräsidenten aus der Regionalen Kulturkonferenz von 2010: "Der CEO soll nicht vier Sparten führen, sondern bei ihm soll das Management liegen, er soll die vier Spartenleiter entsprechend führen." (siehe Link, Seite 12)
Warum das?
Man wollte genau den feudalen Sonnenkönig verhindern, zu dem sowohl Eike Gramms, als auch Marc Adam geworden waren - und die dem Theater Schaden zugefügt hatten. Nur: "Sonnenköniger" als jetzt geht es aber nicht mehr. Die Taktik wirkt wie von Richard III. abgeguckt. Märki inszeniert sich wie Richard als Retter in der Not - und das bezüglich einem personellen Chaos, dass er selber angerichtet hat. Sieht das denn niemand? Das Problem: Alle sehen es. Haben aber Angst. Vor was nur? Was für ein sinnloser Schmerz für die Beteiligten! Was für eine Ablenkung! Ja, was für ein Betrug! Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Sehr schade ist es, dass zum zweiten Mal (nach der inspirierten aber kurzen Phase von Stephanie Gräve zum wiederholten Male ein kompetenter und vom Ensemble geschätzter Mann diskreditiert wird. Diesmal ein Mann, der für Diversität steht (für die Gräve natürlich auch stand). Evtl läuft nun aber, weil die misogynen Affekte gegen starke Frauen (die in Bern sehr stark sind) nicht mitspielen, das Fass über.
Link:
bit.ly/Kulturkonferenz
Berner Schauspieldirektor geht: seriell
Der bedauerliche und bezeichnende Weggang des Berner Schauspieldirektors Inan - der eigentlich ein Schauspiel-Intendant sein müsste, ist nun der dritte in Unfrieden geschiedene Schauspieldirektor.
Laufenberg rettete sich im Streit auf eine Intendanz in Graz, wie auch Gräwe nach Bregenz, nun Cihan Inan. Das ist bedauerlich, weil wir seine Inszenierungen mochten, wie auch seine Art mit dem Ensemble umzugehen.
Schon wieder steht die Frage im Raum, wer von den Schauspieler*innen muss jetzt gehen. (...) (Die Straße ist gepflastert mit Entlassenden und Entwürdigten.)
Das dieses Verhalten seriell ist, zeigte sich auch in Weimar. Hervorragende Leitungskräfte werden in Bern verheizt, und der Stiftungsrat sieht zu. (...)

Die Hauptstadt der Schweiz braucht ein völlig neues Theater, ohne Einheitsdirektor. Viel zu zentralistisch. Das macht uns nervös. So viel Macht bei einer Person führt zu Unfrieden und wenig Kreativität. Deshalb schafft es Bern auch nicht mit Basel oder Zürich, geschweige denn mit den großen Häusern in Dytschland mitzuhalten.
Es wird Zeit, dass bald eine neue Intendant*in gefunden wird - hoffentlich ohne Beteiligung des zugleich Schweizer Bühenvereins-Präsidenten Märki, der sicher sehr gerne seine eigene Nachfolge bestallen würde. Kein Old-Boys-Network mehr, bitte.
Eine farbige, nicht-westliche Frau an der Spitze des Berner Theaters in einem Leitungsgremium wäre ein Progress, nicht wahr?

(Hoffentlich wird dieser Post veröffentlicht (...) )

(Werte*r A. Cotard, wir haben Passagen gestrichen, die aus unserer Sicht unüberprüfbare Behauptungen sind. Freundliche Grüsse aus der Redaktion, Esther Slevogt)
Berner Schauspieldirektor geht: Verantwortung
Der ganze Vorgang ist in zweierlei Hinsicht hässlich: als Vorgang an sich ist es schlimm genug für das Ensemble, die KünstlerInnen, für Cihan Inan, das Theater, das Publikum. Zusätzlich sollte man noch einen kritischen Blick auf die spezifische Form der Kommunikation werfen: zunächst wird Cihan Inan hoch gelobt, man hätte ihn gern gehalten. Dann aber spricht Märki mit der Berner Zeitung recht detailliert darüber, es würde eben nicht ihrem "Code Moral" entsprechen, dass ein/e MitarbeiterIn die Kündigung einer/eines anderen fordert. Wir wissen nichts Genaues zur Vorgeschichte, Tatsache ist: zunächst war Krempl die leitende Dramaturgin des Schauspiels, irgendwann im Winter wurde sie aus dieser Position entfernt und die brandneue Position der "Kommunikationsleitung" für sie geschaffen. Was wir aber nun wissen, von einer Sache, die hinter den geschlossenen Türen einer Stiftungsratssitzung passiert ist: dass Cihan Inans Vorstellungen seiner Arbeit nicht dem "Code Moral" von Märki und KTB entsprechen. Dürfen wir das wissen, so ohne Kontext wissen?! Ist das ein fairer respektvoller Umgang? Ist das Persönlichkeitsschutz eines Mitarbeiters?
Kennte ich nicht zufällig die Verhältnisse in Bern, müsste ich nun eine sehr schlechte Meinung von Inan und seinem persönlichen "Code Moral" haben.
Ebenso erfahre ich aus der Zeitung von Märki, dass das Berner Schauspiel erstmals seit Gründung von KTB (mithin seit Märkis Intendanz) rote Zahlen schreibt und außerdem Publikum verliert. Der Abwärtstrend war allerdings schon stark in der von Märki/Krempl selbst verantworteten Interimsspielzeit, dies wird von Märki hier nicht erwähnt - durchaus zum Schaden von Cihan Inan.
Letztlich eine interessante Kommunikationsstrategie: man spricht zunächst vollmundig Lob und Bedauern aus, um dann gleich im nächsten Schritt den scheidenden Schauspieldirektor massiv zu beschädigen. Denn: Solange die Öffentlichkeit keinen Einblick in die genauen Vorkommnisse, in die Machtstrukturen hat, die Cihan Inan zu seiner Forderung veranlasst haben, sollte die Öffentlichkeit auch nicht von dieser einen konkreten Forderung erfahren. Eine Frage von Verantwortung - oder: Man muss sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Berner Schauspieldirektor geht: Hinweis
Dieser Artikel erschien heute in der Berner Presse.

http://www.journal-b.ch/de/082013/kultur/3054/Nichts-gelernt.htm
"Frau Krempl, in Stephan Märkis Gefolge von Weimar nach Bern gekommen, mit diesem liiert, stieg hier auf zur Leiterin der neu geschaffenen Abteilung Koop"
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