Presseschau vom 2. Mai 2018 – Der Berner Bund beschäftigt sich mit der Absage des Berner Schauspieldirektors Cihan Inan an eine Vertragsverlängerung am Konzert Theater Bern

Knarren im Berner Gebälk

Knarren im Berner Gebälk

2. Mai 2018. Der Berner Bund denkt darüber nach, was eigentlich am Konzert Theater Bern passiert ist, dass der gerade erst als Schauspieldirektor inaugurierte Cihan Inan eine Vertragsverlängerung über den Sommer 2019 hinaus abgelehnt hat.

Es klemmt etwas

Regula Fuchs schreibt im Berner Bund (online 30.4.2018, 17:49 Uhr) zum Abgang des Berner Schauspieldirektors Cihan Inan im Sommer nächsten Jahres: Inans Abgang sei zwar keine Affäre Gräve, er gehe ja aus "freien Stücken". Aber "dass es in der Mechanik zwischen Intendanz und Schauspielleitung noch immer klemmt, liegt auf der Hand". Wieder folge auf einen Konflikt ein Abgang. Der Stiftungsrat müsse nun für die Nachfolge Stefan Märkis ab 2021 klären, "wie das Konfliktmanagement in einem Betrieb aussieht, in dem es stärker um menschliche Sensibilitäten geht als anderswo". Vor allem aber müsse grundsätzlich geklärt werden, "ob überhaupt eine Person allein die künstlerische, finanzielle und personelle Verantwortung in einem Vierspartenhaus tragen kann".

Ensemble hätte wollte seinen Direktor behalten

Daniel di Falco kommentiert die Causa heute in derselben Zeitung (online 2.5.2018, 6:44 Uhr). Die Schauspieler, schreibt di Falco, hätten ihren Chef gerne behalten. Das Ensemble habe sich in einem Brief an den Stiftungsrat gewandt, beruft sich de Falco auf Aussagen eines "Insiders" bei Konzert Theater Bern, darin habe es sich Anfang April für den Verbleib Cihan Inans ausgesprochen. Inan werde, so der Insider, für seine "künstlerischen Qualitäten ebenso geschätzt wie für seinen respektvollen menschlichen Umgang".

Zerwürfnis mit Kommunikationschefin?

Auch di Falco mutmaßt, dass es sich bei der Personalie, derentwegen Cihan einen Vertrag nicht verlängern wollte um Kommunikationschefin Sophie-Thérèse Krempl handele. "Mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen" hätten dies erklärt. Krempl sei zunächst unter Inan als leitende Dramaturgin im Schauspiel tätig gewesen, mittlerweile leitet sie die Kommunikation des Hauses. "Das Zerwürfnis der beiden" sei "in der Branche" schon länger bekannt.

Misserfolg des Stiftungsrates

Der Stiftungsratpräsident Marcel Brüllhart verweigere in dieser Sache Auskünfte. Nur so viel lasse Brüllhart verlauten, dass er sich engagiert habe , dieses Problem zu lösen: "Vonseiten des Stiftungsrats habe ich persönlich versucht, den Konflikt beizulegen, und es nicht geschafft. Die Verantwortung dafür übernehme ich allein", zitiert di Falco den Stiftungsratpräsidenten.

Brüllhart räumt auch ein, dass er mit Cihan über die dessen ansicht nach unpassenden "Organisationsstrukturen", gesprochen habe. Dass es ihm im im Falle von zuerst Stephanie Gräve und nun Inan Cihan nicht gelungen sei, Konflikte in positive Energie umzuwandeln, bezeichne Brüllhart als "zwei Misserfolge", die "uns auch persönlich treffen". Aber weil es "Reibungen und die Emotionen im Haus" gäbe, sei das KTB "seit dem Start so erfolgreich".

Immer muss alles schöngeredet werden

Auch das Journal B  (2.5.2018) geht auf die Personalie Sophie-Thérèse Krempl ein, Leiterin Kommunikation sowie künstlerische Leitung Kooperations- und Sonderprojekte, Mitglied der zehnköpfigen Geschäftsleitung. So schreibt Christoph Reichenau: "Frau Krempl, in Stephan Märkis Gefolge von Weimar nach Bern gekommen, mit diesem liiert, stieg hier auf zur Leiterin der neu geschaffenen Abteilung Koop. Die Abteilung, zuständig unter anderem für die Berner Reden und die Too Late Show, kam seit 2014 nicht wirklich zum Fliegen, einer aufgeblasenen Liste von KooperationspartnerInnen zum Trotz. In der Spielzeit 2016/2017 wurde Krempl, praktisch ohne Erfahrung, leitende Dramaturgin. 2017/2018, nach kurzer Zusammenarbeit mit Cihan Inan, erfand man für sie die neue Stelle der Kommunikationsleiterin."

Inan verstehe sich – wie viele – nicht mit der Märki-Favoritin, habe sie loswerden wollen und sei damit gescheitert. Wichtiger scheint Reichenau aber der Aspekt, dass anscheinend immer alles schöngeredet werden müsse: "Das Beispiel der Medienmitteilung zeigt die Bedeutung des Satzes, dass Mächtige nicht lernen müssen." Das Kommunikations-Debakel bei der Entlassung von Stephanie Gräve scheine sich zu wiederholen, "indem man Cihan Inan einer diffusen Kritik aussetzt, die niemand wirklich einschätzen kann" – unfair sei das. "Wer schützt eigentlich dieses Gremium, das den Umgang mit öffentlichen Fördermitteln verantwortet, vor seiner selbstverschuldeten Fahrlässigkeit?"

(jnm / geka)

 

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