Eine Diskussion steht zur Debatte

3. August 2018. Stefanie Carp, die Leiterin des Kulturfestivals Ruhrtriennale, steht weiter in der Kritik. Die israelische Botschaft lehnte ihre Einladung zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Freiheit der Künste" ab. Zur Begründung äußerte sich eine Sprecherin gegenüber der Rheinischen Post: "Wir unterstützen die Idee, verschiedene Friedenskonzepte, Ansätze und Wege zu diskutieren, auch mit Menschen, mit denen wir nicht einer Meinung sind. Wir werden jedoch nicht das Existenzrecht Israels diskutieren."

Die Diskussion soll statt eines Konzerts der schottischen Band Young Fathers stattfinden. Carp hatte die Gruppe eingeladen. Als Kritik an deren Engagement für die politische Kampagne BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) laut wurde, sagte sie das Konzert zunächst ab, später revidierte sie diese Entscheidung, aber die Band entschied sich nun ihrerseits gegen einen Auftritt. BDS versucht Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch zu isolieren, um Verbesserungen der Lage der Palästinenser zu erwirken. Besonders in Großbritannien finden sich unter Künstlern viele Unterstützer. Kritiker werfen der Kampagne Antisemitismus vor. Einige ihrer Vertreter bestreiten das Existenzrecht Israels.

Unausgeglichenes Verhältnis

Die vier Landesverbände der Jüdischen Gemeinde in Nordrhein-Westfalen kritisieren in einem Offenen Brief die Auswahl der Teilnehmer an der Diskussion. Es fehle ein "Vertreter der jüdischen Gemeinschaft". Zwar seien mit dem Choreografen Alain Platel und dem Komponisten Elliot Sharp zwei Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft als Diskutanten vertreten, beide unterstützen aber die BDS-Bewegung, so Abraham Lehrer, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln im Interview mit Deutschlandfunk Kultur. "Unserer Meinung nach wird es keinen Gegner von BDS auf diesem Podium geben."

Neben Platel und Sharp werden Isabel Pfeiffer-Poensgen (Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen), Michael Vesper (Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer der Ruhrtriennale) sowie Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp auf der Bühne diskutieren. Moderiert wird die Diskussion von Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert.

(Rheinische Post / Deutschlandfunk Kultur / miwo)

 

Mehr zum Thema:

"Es ging um meine Glaubwürdigkeit" – Interview mit Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp (7/2018)

Konflikt um Ruhrtriennale-Einladung der Band "Young Fathers" – Meldung (6/2018)

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Kommentare  
Kritik an Ruhrtriennale: Nuancen
Andreas Wilink hat das Interessengemenge in einem DLF Fazit neulich schön beschrieben. Es ist unter dem Titel "Vorwürfe gegen die Intendantin der RuhrTriennale: ein völliges Desaster" zu finden.

Beim Lesen der Teilnehmer fällt auf, dass die eingeladenen Künstler pro BDS sind, und die Gegenargumentation Politiker leisten sollen, bzw die zu erwartenden Proteste aus dem sich organisierendem Publikum.

Was ist eigentlich mit den Stimmen von Kunstschaffenden die trotz politischem Engagement (und deutlicher Israelkritik) an die brückenschlagende Kraft der Kunst glauben? Wurden die zur Debatte eingeladen? Oder ist es so, daß keiner Lust hat zur Zielscheibe der Kampange zu werden? Kann sich da mal bitte eine Koalition zur "Freiheit der Kunst" bilden?

Kürzlich wurde der Auftritt eines multiethnischen Jugendchors beim "Yiddish Summer Weimar" in der Thüringer Allgemeinen u.a. als naiv zerrissen, weil diese trotz der verschärften politischen Lage im Nahost Friedenslieder sangen. Geht da die Reise hin?

Übrigens fehlte mir bislang in der Berichterstattung die Analyse warum der BDS vor allem in Großbritannien unterstüzt wird. Das kommt nicht aus der Luft gefallen, sondern hat sehr konkret mit historischem Kontext zu tun (britisches Mandat, Balfour Deklaration). Die jüngeren Generationen der Briten fordern von den älteren politische Verantwortung für britische Geschichte. In Deutschland ist es derselbe Mechansimus, nur dass hier die Unterstützung Israels die Position der historischen Verantwortung ist. Aber Nuance scheint in der ganzen Sache sowieso verlorene Mühe.
Kritik an Ruhrtriennale: Freiheit der Kunst
Ich werde kommen.vielleicht bringe ich meine Kippa mit.Ich hoffe mal die Beteiligten lassen Ihre Gürtel stecken:(... Ohne Sarkasmus, ich hoffe mal das auch Künstler, mit vielleicht berechtigter Kritik an der israelischen Politik, sich für den Staat Israel einsetzen werden und natürlich für die Freiheit der Kunst auch israelischer Künstler.
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