Rückkehr mit Vision

14. September 2018. Cihan Inan, 49, bleibt Schauspieldirektor am Konzert Theater Bern. Das teilt das Theater in einer Presseaussendung mit.

Inan Cihan 137 T T FotografieCihan Inan
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Nach Auseinandersetzungen mit dem damaligen Intendanten Stephan Märki hatte Cihan Inan im Mai angekündigt, das Berner Theater im Sommer 2019  zu verlassen. Märki seinerseits trat im Juli zurück, nach dem Bekanntwerden einer Beziehung zu dem Berner Theaterleitungsmitglied Sophie-Thérèse Krempl (deren Rolle den Anlass für den Streit mit Inan gebildet hatte). Nun habe der Cihan Inan das Angebot des Stiftungsrates vom Frühjahr "nochmals geprüft" und sich entschieden, den Vertrag für zwei Jahre zu verlängern.

Votum des Ensembles

Cihan Inan als Schauspieldirektor sei "gestern wie heute die gewünschte und beste Lösung", zitiert die Zeitung Der Bund die Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter. Ausschlaggebend für die Vertragsverlängerung seien die "erfolgreiche wie qualitativ hochstehende Saison" von Cihan Inan gewesen – sowie "die gemeinsame Vision für das Konzert Theater Bern 'als Kulturstätte mit regionaler Verankerung und internationaler Ausstrahlung'", so Borter laut dem Bund. Bei der Entscheidungsfindung sei, so sagt es die Pressemitteilung, das Ensemble "in einem partizipativen Prozess miteingebunden" gewesen. Dabei habe das Ensemble "klar für Cihan Inan gestimmt".

Intendanz

Für die Neubesetzung der zur Zeit vakanten Intendanz will sich, auch das ist der heutigen Presseaussendung zu entnehmen, der Stiftungsrat "die notwendige Zeit nehmen". Die Position soll erst zum Sommer 2021 wieder besetzt werden. Dafür soll eine Findungskommission berufen und "die Erfahrungen der letzten Jahre und Monate" berücksichtig werden. Derzeit wird das Vierspartenhaus von den Mitgliedern der Geschäftsleitung unter dem interimistischen Vorsitz des kaufmännischen Direktors Anton Stocker geleitet.

(Konzert Theater Bern / Der Bund / nzz.ch / jnm)

 

Presseschau

Im Interview mit dem Bund (15.9.2018) erklärt die Stiftungsratsvorsitzende Nadine Bortner, dass die Verlängerung von Cihan Inan "Ruhe und Kontinuität ins Haus bringen" solle. Die Konflikte der vergangenen Wochen seien für sie als neue Vorsitzende "ein harter Einstieg" gewesen, "da waren viele Emotionen im Spiel nach dem Abgang von Stephan Märki". Diese Wochen seien aber auch eine wichtige Zeit der Aufarbeitung gewesen, "und die Aufarbeitung geht weiter. Wir wollen nichts beschönigen, aber auch nicht nur das Schlechte sehen", so Bortner gegenüber dem Bund. Dem erlittenen Imageschaden begegne das Haus mit dem Versuch, "aktiv und transparent zu agieren". Außerdem wolle es "mit der Stadt, der Bevölkerung und den Medien in einen Dialog treten" und entwickle derzeit einen Verhaltenskodex. Das "Berner Modell" – vier Spartenleiter und ein Intendant "mit künstlerischer Endverantwortung" – bezeichnet Bortner in dem Gespräch als Erfolg. Für die Intendanz suche eine Findungskommission "eine starke Persönlichkeit für Bern, die den Zuschauern Freude bringt".

Einen Neuanfang in der gegebenen Konstellation für möglich hält Daniele Muscionico in der Neuen Zürcher Zeitung (14.9.2018). Allerdings müsse sich Marc Brülhart, bis vor kurzem noch Präsident des Stiftungsrates, "Fragen gefallen lassen", denn er habe "nichts unternommen, als Märki in mehreren Berner Medien in seinen Persönlichkeitsrechten angegriffen oder in tatsachenwidrigen Kolportagen öffentlich an den Pranger gestellt worden war", so Muscionico. "Sprechend" ist nach ihrer Meinung auch, "dass der Rücktritt von Märki in Bern kein Einzelfall ist. Mit ihm verlor das Haus auf unprofessionelle, unrühmliche Weise den fünften Intendanten in Folge. Die Wirkung war und ist für das Haus und die Stadt rufschädigend". Das Oranigramm mit einer im Vergleich zu anderen Mehrspartenhäusern geringeren Alleinentscheidungsbefugnis der Intendanz hält Muscionico für eine "fragile Konstruktion": "Die egalitäre Leitungsstruktur funktioniert allerdings nur so lange, wie alle Beteiligten am selben Strick ziehen und nicht Einzelinteressen durchsetzen wollen."

 

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