Ruhrtriennale: Stellvertreter für Intendantin Carp
"Personelle Verstärkung"
22. Oktober 2018. Stefanie Carp bleibt Intendantin der Ruhrtriennale, bekommt aber mit Jürgen Reitzler den neuen Künstlerischen Betriebsdirektor des Festivals als Vertreter an die Seite gestellt. Das teilt der Träger des Festivals, die Kultur Ruhr GmbH, mit. "Nach der Kritik an der Einladung einer der BDS-Bewegung nahestehenden Band durch die Intendantin der Ruhrtriennale Dr. Stefanie Carp hat der Aufsichtsrat der Kultur Ruhr GmbH in einer außerordentlichen Sitzung verabredungsgemäß die erste von drei Spielzeiten der Ruhrtriennale bewertet und intensiv über die Zukunft der Ruhrtriennale diskutiert", zitiert die Mitteilung die Aufsichtsratsvorsitzende der GmbH, NRW-Kultzrministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Im Ergebnis der Sitzung habe der Aufsichtsrat einer Verabredung zwischen der Isabell Pfeifer-Poensgen und Stefanie Carp zugestimmt, "die die Geschäftsabläufe im künstlerischen Betrieb verbessert und die internen Verantwortlichkeiten präzise festlegt." Dieser Verabredung zufolge wird der neue Künstlerische Betriebsdirektor Jürgen Reitzler ab sofort Stellvertreter der Intendantin mit Prokura. Der Aufsichtsrat ist übereingekommen, dass diese personelle Verstärkung der Intendanz und die damit einhergehende Neuorganisation eine bessere Vorbereitung der beiden kommenden Spielzeiten gewährleistet.
Jürgen Reitzler, 1969 in Coburg geboren, war seit 2009 am Staatsschauspiel Dresden und für die Spielzeit 2017/18 am Berliner Ensemble bereits als Künstlerischer Betriebsdirektor tätig. Vor Beginn der Intendanz von Joachim Klement leitete er 2016/17 interimistisch gemeinsam mit Wolfgang Engel das Sächsische Staatsschauspiel in Dresden.
In der Mitteilung ist darüber hinaus von einer "erfolgreichen" ersten Spielzeit der Ruhrtriennale die Rede.
(sle)
Interview: "Es ging um meine Glaubwürdigkeit." Stefanie Carp über die Aus- und Wiedereinladung der Band Young Fathers und die israelfeindliche Kampagne BDS (7/2018)
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Die "Rote Armee" kannte neben militärischen Rängen auch die Dienststellung der Politkommissars, umgangssprachlich des "Politruks". Dieser Job mußte geschaffen werden, weil es im Offizierskorps der "Roten Armee" viele militärische Talente gab, die es jedoch an einem "klaren Klassenstandpunkt" - also der ständigen Vergegenwärtigung der aktuellen Parteilinie - fehlen liessen. Herr Laschet hatte mit Frau Carp auf theatralischer Ebene offenbar genau das gleiche Problem. Ein ausgewiesenes Theatertalent ohne jeden Zweifel, aber mit erheblichen Mängeln bei der Verinnerlichung der kulturpolitischen Parteilinie der Landesregierung in NW.
Deshalb ist die Bestellung eines Vizeintendanten mit politkommissarischen Aufgaben naheliegend und richtig. Eine famose Idee, die unbedingt Schule machen sollte. Vielleicht hätten ja Frank Castorf oder Mathias Lilienthal längst schon wieder neue Intendantenposten inne, wenn sie ihren Subventionsgebern einen Politruk präsentieren könnten, dem auch ein kulturell eher unbedarfter Landesvater wie Laschet sein uneingeschränktes Vertrauen schenken würde. Selbstverständlich einen Politruk, der mit einer entsprechenden "Prokura" auszustatten wäre. Denn auch in der "Roten Armee" war kein Befehlshaber befugt, wichtige Entscheidungen ohne Zustimmung seines ihm zugeteilten Politkommissars zu treffen. Warum sollte das bei Frau Carp anders sein?
Die Kunstfreiheit geniesst in Deutschland hohen Verfassungsrang betont selbst
Frau Grütters. Die Aufpasser sind nicht immer rot. Meist sind sie schwarz oder
braun. Politaufpasser zur linientreue liegen im Trend. Besonders in NRW.
Siehe Pina Bauschs Nachlass und den Umgang der dortigen Stadtverwalter. "Unter
die Arme greifen" heisst das dann für den Würgegriff. Hier ist es zumindest
einer, der schonmal ein Theater von innen gesehen zu haben scheint. Und die
Strukturen. Lernt man hier auf wessen Rücken? Und auf wessen Kappe geht es im
Ministerium? Die Ministerin hat ihr Ererbtes zum korrigieren. Der Skandal mit
Carp kam zuerst und war laut, doch zwei Desaster in NRW waren wohl eines zuviel.
Die Marken Ruhrtriennale und Tanztheater wurden schwer beschädigt. Hier
Prokuristen dort Betriebsdirektoren. Aber eigentlich geht es um Geld und
Machiavelli um die es doch immer geht. Man erinnere sich an das Kölner Desaster
und das Düsseldorfer Holm-Weber-Beelitz Trauerspiel. Wer ist eigentlich
Abteilungsleiter Kultur in Düsseldorf? Indiskretion und Intrige geht immer gut
in NRW. Doch warum sollte man in Düsseldorf noch jemandem glauben?
https://www.deutschlandfunkkultur.de/duesseldorfer-schauspielhaus-niedergang-eines-sprechtheaters.1013.de.html?dram:article_id=276746
Tja, wer im Kapitalismus anderes erwartet, wird noch viele seiner Lektionen lernen müssen - und die geeigneten "Lektoren" werden verstärkt im Kunstbereich eingesetzt - im Bereich der Seele und eigentlich garantierten Freiheit dieser Entwicklungsmöglichkeiten der Gesellschaft.
Für mich ist es ein Verbrechen an der Kunst - ich finde dafür keine milderen Worte. Das einzigartige Gesamtkunstwerk von Pina Bausch wird damit verbrannt - was zu ihren Lebzeiten undenkbar gewesen wäre und deshalb auch nicht bei Castorfs Volksbühne in Frage kommen konnte.
Andererseits bleibt ja noch die freiwillige Integration in die streng kontrollierte politisch Korrektness ... und die begleitende PR, dass dies ja die Freiheit selbst ist ... natürlich hart begrenzt zu deren Kritikern
Ich hoffe, dass die Meese-Diktatur nicht die letzte und einzige Bastion bleibt - über die die Juristen ihre schützende Hand halten, weil ihnen die dialektische Ambivalenz zwischen Freiheit und Diktatur aus ihren Alltag nur allzu klar ist.
Zumindest mögen sich Kunst und Justitz ihre Unabhängigkeit erhalten - die "wählbarkeit" der Demokratie und der sich daraus ergebende "Geschmack" ihrer Vertreter braucht die wirklich demokratische Kontrolle - und NICHT die Kunst.