Presseschau vom 27. Oktober 2018 – Die Süddeutsche Zeitung interviewt die designierte Münchner Kammerspiele-Intendantin Barbara Mundel
Frauen können's besser
Frauen können's besser
27. Oktober 2018. "Ich will ein Ensemble, und ich denke, es sollte auch wieder größer werden", sagt die designierte Intendantin der Münchner Kammerspiele Barbara Mundel im Interview mit Christine Dössel von der Süddeutschen Zeitung. Zu einem Ensemble gehörten für sie nicht nur Schauspieler*innen, sondern "dann hoffentlich auch Regisseure, die eine Entwicklung mittragen".
Sie komme aus derselben Theaterrichtung wie der noch amtierende Kammerspiele-Intendant Matthias Lilienthal, aber sie hätten "völlig unterschiedliche Stile und Handschriften". "Die Art, wie wir führen, wie wir kommunizieren – das kann man nicht vergleichen", so Mundel. Lilienthal und sie haben in den 90er Jahren zusammen an der Berliner Volksbühne gearbeitet, über die Zeit sagt sie im Interview mit Dössel: "Das war ein Jungsclub um Frank Castorf und Matthias Lilienthal. Die Volksbühne war gerade mal wieder in der Krise, und wir in der Dramaturgie haben viele Ideen entwickelt, wie wir da rauskommen können. Die hat Castorf dann einfach über den Haufen geworfen. Es wurden an dem Haus auch zu viele Regisseure und Künstler geschlachtet. Da wusste ich, entweder werde ich Teil des Systems oder ich muss da raus."
Sie glaube – als eine der wenigen Intendantinnen im deutschsprachigen Theaterbetrieb – mittlerweile, dass Frauen es besser machen würden: "Ja, ich glaube, dass wir Frauen im Moment bestimmte Fragen besser beantworten können. Ich bin sogar für eine Quote, wenn sich nicht noch mehr bewegt", so Mundel. "Ich will nicht behaupten, dass meine männlichen Kollegen alles Machtmenschen sind. Aber die Häuser sind nun mal in ihren Strukturen stark hierarchisiert. Veränderung ist schwer. Oft fehlt die Fantasie. Aber das muss man sich auf die Fahnen schreiben."
Ihre krasseste Erfahrung als Frau im Männerbetrieb Theater sei gewesen, "dass ich mir das selber am Anfang nicht zugetraut habe. Meine Selbstzweifel. (…) Dabei finde ich Zweifel eigentlich gut. Nicht über alles wegzubügeln, sondern Fragen zuzulassen. Aber wir suchen offenbar immer den, der klare Ansagen macht", so Mundel. "Ich habe diese patriarchalen Strukturen lange Zeit gar nicht gesehen, weil die mir so in Fleisch und Blut übergegangen waren. Das ist doch irre. Wie lange ich gebraucht habe, den Schritt in eine Führungsposition zu machen! Das war so ein langsames Vortasten. Bis ich damals an der Berliner Volksbühne an dem Punkt war, wo ich sagte: Mir reicht's!"
Zu Anfang ihrer München-Planung stelle sie sich jetzt konkrete Fragen wie: "Die Künstler, die ich noch aus der Baumbauer-Zeit kenne, wo stehen die jetzt? Ein Regisseur wie Jossi Wieler, hätte der noch mal Lust? Und was ist mit jungen Autorinnen? Kriege ich ein Team von jungen Frauen zusammen, die für die Kammerspiele schreiben?" Sie habe Interesse daran, an die unter Frank Baumbauers Intendanz (bei dem sie selbst Chefdramaturgin war, d. Red.) gepflegte Tradition des Autorentheaters anzuknüpfen. "Aber man muss natürlich auch schauen, was Andreas Beck als neuer Intendant am Residenztheater machen wird. Der steht ja für ein extremes Autorentheater."
(sd)
Die Berufung von Barbara Mundel an die Münchner Kammerspiele kommentierten Georg Kasch und Jürgen Reuss.
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"Die Kammerspiele sind mein absolutes Lieblingstheater, und ich liebe auch München. Das können nicht immer alle verstehen. Weil es hier so teuer ist und es dadurch wenig Freiräume gibt. Räume, die nicht total kontrolliert und kommerzialisiert sind." Und:"Was mich fasziniert und antreibt, ist das Theater als Ort nichtkommerzialisierter Öffentlichkeit."
Nicht notwendig originell, aber gut versprochen.
Und für beide gilt auch all zu oft in manifestierten Machtverhältnissen: sie können zwar, aber sie dürfen in aller Regel nicht. -
und ja: bitte fördert auch die alten autorinnen, regisseurinnen, schauspielerinnen. unbedingt.