Brachiale Fragen

Berlin, 6. Dezember 2018. Die Stück-Auswahl der Autorentheatertage 2019 steht fest. Wie das Deutsche Theater Berlin, Ausrichter des Festivals für Neue Dramatik, mitteilte, wurden drei Theatertexte aus 113 Einsendungen prämiert: "Entschuldigung" von Lisa Danulat, "ruhig Blut" von Eleonore Khuen-Belasi und "zu unseren füßen, das gold, aus dem boden verschwunden" von Svealena Kutschke. Die Auswahl ist verbunden mit Uraufführungen der drei Stücke durch das Theater Neumarkt Zürich ("Entschuldigung") , das Schauspielhaus Graz ("ruhig Blut") und das Deutsche Theater ("zu unseren füßen, das gold, ...") bei der Langen Nacht der Autorinnen. Die drei Autorinnen erhalten ein Honorar in Höhe von jeweils 10.000 Euro.

Die dreiköpfige Jury, bestehend aus der Autorin, Tanz- und Theaterkritikerin Esther Boldt (Jurysprecherin), der Filmregisseurin Valeska Grisebach und der Schauspielerin und Schauspielprofessorin Steffi Kühnert, begründet ihre Auswahl folgendermaßen:

Lisa Danulat
"
Entschuldigung" entrolle elegant auf den ersten Blick sehr ungleiche Frauenschicksale und verschlinge sie aufs engste miteinander. Danulat springe blitzschnell und virtuos zwischen den Ebenen, "sie knüpft immer neue Verbindungen zwischen den – nur grob skizzierten, doch gleichwohl berührenden – Biografien und bringt damit auch einfache Zuweisungen von Täter_in und Opfer, Schuld und Unschuld ins Wanken." Danulat stelle brachiale Fragen in den Raum, ihr Stück sei existenziell und von beeindruckender Konsequenz.

Eleonore Khuen-Belasi
"ruhig Blut" widme sich den Fragen: "Wann betrifft uns ein Problem? Wann engagieren wir uns? Und was ist es (uns) wert, gerettet zu werden?" In einem sehr eigenen, poetischen Sound entwerfe das Stück ein absurdes Szenario, das gleichwohl über zahlreiche Ankerpunkte in der Gegenwart verfüge und eine reizvolle Einladung zum Spiel ausspreche.

Svealena Kutschke
In "zu unseren füßen das gold, aus dem boden verschwunden" entspönnen sich zahlreiche Gegenwartsfragen wie Gentrifizierung und Verdrängung, vor allem aber unser Umgang mit Fremdem – "mit Menschen, die uns nicht verständlich sind, sei es aufgrund von Kultur, Herkunft oder auch nur von Missverständnissen und verstellten Blicken". Die Autorin zeichne ein präzises Gesellschaftspanorama und lasse ihre Antiheld*innen so wortgewandt wie hochreflektiert zu Wort kommen.

(miwo)

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