Angst vor den erstarkenden Theaterfeinden

20. Dezember 2018. Auf der Stadtrats-Sitzung am Dienstag in Plauen wurde der neue Grundlagenvertrag für das Theater Plauen-Zwickau mit den Stimmen von CDU und Linken abgelehnt. Das meldet heute die Freie Presse aus Chemnitz. Der Stadtrat beschloss, dem Kulturpakt des Freistaates Sachsen nur teilweise beizutreten. Verhandelt werden soll nun über einen neuen Haustarifvertrag mit Mitteln aus dem Kulturpakt.

Vorgesehene Regelungen des Vertrags

Der Grundlagenvertrag hätte mittels erhöhter Zuschüsse des Freistaats das Ende des Haustarifvertrages und im Jahr 2020 die Rückkehr zum Flächentarifvertrag ermöglicht. Weil die Mittel vom Freistaat aber zu 30 Prozent von den Trägern, also Zwickau und Plauen, ko-finanziert werden müssten und Plauen das nötige Geld nicht aufbringen kann, entstand der Konflikt. Zwickau wäre bereit gewesen, den Plauener Anteil an der Ko-Finanzierung mit zu übernehmen, dadurch aber hätte sich auch der Einfluss der Zwickauer Seite im Aufsichtsrat verstärkt. Gemäß den Fördersummen, die beide Städte zum Theater beisteuern, hätte Zwickau in Zukunft 67,5 Prozent und Plauen 32,5 Prozent der Anteile und damit der Stimmen im Aufsichtsrat gehalten. Die Gegner der jetzigen Fassung des Grundlagenvertrags, darunter auch der Generalintendant des Theaters Roland May, befürchten, dass Zwickau langfristig alleine Spartenschließungen und Kürzungen des Theateretats durchsetzen könnte.

Offener Brief des Generalintendanten

Roland May hatte in einem Offenen Brief an die Plauener Stadrät*innen vor der gestrigen Sitzung weitere Verhandlungen zwischen den beiden Städten gefordert. Er schrieb: "Bei mir schrillen alle Alarmglocken, wenn Kulturbürgermeister Meyer aus Zwickau [von der Linke - d. Red.] gegenüber Theatermitarbeiterinnen und –mitarbeitern von großem Einsparpotential und im Stadtrat von 'Verschlankung' spricht und die Zwickauer AfD die Fragen angehen möchte, ob eine Sparte weniger oder Reduzierungen im Orchesterkommen sollten."

Reaktionen aus Zwickau

Die Reaktionen auf den ablehnenden Beschluss sind heftig. Die Freie Presse zitiert Pia Findeiß, Oberbürgermeisterin von Zwickau (SPD): "Es stimmt nicht, dass Zwickau das Theaterprogramm bestimmen, Sparten schließen und Mitarbeiter entlassen will." Auch die Grünen machten deutlich, dass es weder um Zwickauer "Herrschaftsansprüche" gehe noch darum, das "Theater ganz oder teilweise platt zu machen". Schließlich sei auf Bitten Plauens hin Zwickau trotz wenig rosiger Finanzlage bereit gewesen, das Theater mit drei Millionen Euro mehr als bisher zu fördern. Roland May tue so, als stünden "Entlassungen", insbesondere der Plauener Beschäftigten "unmittelbar bevor". Dabei hätten sich die Oberbürgermeister*innen beider Städte doch "auf eine Weiterführung der Theaterehe ohne betriebsbedingte Kündigungen geeinigt". Es sei nicht zu rechtfertigen, "dass das Theater durch die Plauener Entscheidung die ausgestreckte Hand des Freistaates nicht ergreifen kann, der gerade zaghaft beginnt, seine finanzielle Verantwortung für die Theaterszene auch in der Provinz zu erkennen und wahrzunehmen".

Sowohl der Betriebsrat des Theaters als auch der Aufsichtsratsvorsitzende Jens Heinzig, zugleich SPD-Fraktions-Chef im Stadtrat, bedauerten die Entscheidung. Heinzig sagte, nun müsse man sich Anfang 2019 noch einmal zusammensetzen. "Das Geld, mit dem das Land über den Kulturpakt den Ausstieg aus dem Haustarifvertrag finanzieren will, sollten wir uns nicht entgehen lassen." Würde jetzt nicht gehandelt, gäbe es bei Auslaufen des Haustarifvertrags in zwei Jahren "ein Riesenproblem". Auch die Gewerkschaften DOV, ver.di, GDBA und VdO fordern "einen Runden Tisch, an dem die zuständigen Politiker gemeinsam mit den Beteiligten Klarheit schaffen".

Kulturpakt

Die freie Presse führt das finanzielle Szenario des sächsischen Kulturpakts so aus: Der Freistaat will den sächsischen Theatern zusätzlich insgesamt 28 Millionen Euro zahlen – verteilt auf die Jahre bis 2022. Die Mitarbeiter sollten damit zum gegenüber dem Haustarif höheren Flächentarif zurückkehren. Der Haustarifvertrag im Fall des Theaters Plauen-Zwickau bedeute für die Mitarbeiter*innen einen "Gehaltsverzicht zwischen neun und 16 Prozent". Zudem habe das Theater 25 spielfreie Tage als Freizeitausgleich. Bei Auflösung des Haustarifvertrages hätte das Theater 2019 etwa 17,9 Millionen Euro bekommen. Rund 7,9 Millionen wären Kulturraummittel, 1,1 Millionen Euro würde der Freistaat noch über den Kulturpakt beisteuern, 6 Millionen Euro würde Zwickau und 2,8 Millionen Plauen zahlen.

(Freie Presse / jnm)

 

Mehr zu Sachsens Kulturpakt in diesem Artikel von Michael Bartsch, der die Hintergründe und unterschiedlichen Folgen beleuchtet.

 

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