Mehr Durchlässigkeit und Flexibilität erwünscht

30. Januar 2019. Die Stadt Zürich will die Förderung ihrer Tanz- und Theaterlandschaft verändern. Ihr Ziel ist es, das bisher vernachlässigte Kinder- und Jugendtheater sowie den Tanz stärker zu fördern. Zu diesem Zwecke soll 2024 ein kombiniertes Kinder-und-Jugend-Tanz-und-Theater-Haus (KJTT-Haus) die Arbeit aufnehmen. Außerdem sollen die Ko-Produktionshäuser auf Kosten der Häuser mit festen Ensembles stärker gefördert werden. Das teilt die Stadt Zürich in einer Presseaussendung mit.

Zukunftssichere Förderung angestrebt

Die Pläne zur Umstellung der Theater- und Tanz-Förderung im Einzelnen: 

Die im Mai 2018 abgeschlossene Evaluation der Tanz- und Theaterlandschaft Zürichs sei "zusammen mit rund 70 Vertreterinnen und Vertretern der Zürcher Tanz- und Theaterhäuser sowie der Freien Szene" vonstatten gegangen.

Das neue Fördersystem solle eine "wirkungsvolle Förderung für die nächsten zwanzig Jahre garantieren" und "Lücken im Bereich Kinder und Jugend" schließen.

Weniger Geld für Häuser mit festem Ensemble

Aus dem Kreis der Häuser mit unbefristeten städtischen "Beiträgen" sollen in Zukunft das Schauspielhaus Zürich, das Theater Neumarkt und das Theater am Hechtplatz jeweils zwei Prozent  weniger Förderung, dafür die Ko-Produktionshäuser Theaterhaus Gessnerallee, Tanzhaus Zürich, Fabriktheater sowie das Zürcher Theater Spektakel, etwas mehr Geld bekommen, zweckgebunden für die Förderung der Freien Szene. Das neu zu schaffende Kinder-und-Jugend-Tanz-und-Theater-Haus (KJTT-Haus) werde ab voraussichtlich 2024 mit 1,8 Millionen CHF Förderung ausgestattet.

Konzeptförderung

Alle übrigen, bisher vierjährig-geförderten Institutionen und Gruppen (darunter befinden sich unter anderen Theater Hora, Theater Rigiblick, Theater an der Winkelwiese) sowie neue Gruppen und Einzelpersonen der Freien Szene könnten sich ab 2022 in einer periodisch stattfindenden Vergabe um 6 Millionen CHF Konzeptförderung bewerben. Die eingereichten Konzepte würden von einer unabhängigen Jury beurteilt, die dem Stadtrat Empfehlungen geben werde.

Für Institutionen, die bisher mehrjährig gefördert wurden, und die keine Mittel mehr zugesprochen bekämen, stünden für zwei Jahre insgesamt 600 000 Franken zur Abfederung zur Verfügung.

Förderung von Off Off und Nachwuchs

Darüberhinaus soll ab 2021 ein mit 200.000 CHF im Jahr versehenes Produktionsbüro eingerichtet werden, um Künstler*innen von "organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Aufgaben" zu entlasten.

Als Raum mit "niederschwelligem Zutritt für Proben und erste Präsentationen" zur Nachwuchsförderung will die Stadt, ebenfalls ab dem Jahr 2021, 250.000 CHF jährlich für einen unkuratierten Raum bereitstellen.

Ziele

Durch die Reform der Förderung, schreibt das Kulturdepartemant der Stadt Zürich, könnten mehr Gruppen als heute mehrjährig gefördert werden. Die Zusammenarbeit mit den Zürcher Ko-Produktionshäusern werde durch die neuen zweckgebundenen Produktionsmittel enger. Neue Ideen und Orte erhielten durch die Umstellung des Förderungssystems größere Chancen auf eine nachhaltige Förderung. Dies verspreche ein breites Angebot, das auf "gesellschaftliche Veränderungen besser eingehen und der Vielfalt der Bevölkerung verstärkt Rechnung" tragen könne.

Finanzierung

Für Konzeptförderung, KJTT-Haus, Produktionsbüro und unkuratierten Raum sollten jährlich 8,25 Millionen CHF aufgewendet werden. Ein Großteil dieses Bedarfs werde durch Umwidmung bestehender Fördermittel gedeckt werden. Zudem habe der Stadtrat festgelegt, dass sich Schauspielhaus Zürich, Theater am Neumarkt und Theater am Hechtplatz "mit je zwei Prozent ihrer bisherigen Betriebsbeiträge an der Finanzierung der Konzeptförderung beteiligen müssen". Die restlichen 3,4 Millionen CHF pro Jahr werde die Stadt aufbringen.

Kritik aus dem Schauspielhaus

Dazu schreibt die Intendantin des Schauspielhauses Zürich in einer Presseaussendung: Die Leitung des Schauspielhaus sei "irritiert über den Umstand", dass nur zwei Tage vor der Generalversammlung der Schauspielhaus Zürich AG dem Haus mitgeteilt werde, dass die "Subventionsgelder" künftig gekürzt werden sollten. Diese geplanten Kürzungen würden Auswirkungen auf die Arbeit der künftigen Intendanten Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann haben.

Über die definitive Einführung der meisten neuen Förderelemente werden der Gemeinderat und – bei der Konzeptförderung und dem KJTT-Haus – die Zürcher Wähler*innen entscheiden.

(www.stadt-zuerich / Schauspielhaus Zürich / jnm)

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Kommentare  
Theaterförderung Zürich: schon sehr speziell
So sehr die Gründung eines KJTT-Hauses zu begrüssen ist, so ist es schon sehr speziell, dass es unter anderem durch eine 2%-Kürzung bei anderen Institutionen (teil)finanziert werden soll. Im Fall von Hechtplatz und dem ohnehin finanziell schon arg und zu Unrecht gebeutelten Neumarkt sind solche Erwägungen geradezu verantwortungslos. Eine Subventionskürzung um 2% (bei gleichzeitiger Auslagerung des "Jungen Schauspielhaus" an ein zu gründendes Kinder- und Jugendtheaterzentrum) muss für das „alte“ Schauspielhaus nicht zwingend ein finanzieller Nachteil sein.
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