Presseschau vom 28. Februar 2019 – In der ZEIT kritisieren Christine Lemke-Matwey und Adam Soboczynski die Broschüre "Alles nur Theater?"
Engagement gegen Rechts beschädigt?
Engagement gegen Rechts beschädigt?
28. Februar 2019. In der ZEIT berichten Christine Lemke-Matwey und Adam Soboczynski über die Broschüre Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts. Neben Lob für "konkrete, intuitiv richtige und hilfreiche Ratschläge für Theatermacher" gehen sie vor allem auf die Soll-Seite ein, in der es um eine "Positionsbestimmung von Kunst und Kultur" gehe, eine Analyse der gesellschaftliche Gesamtlage mit dem Schluss, der "Kulturkampf von rechts" werde bereits in den Feuilletons geführt.
Etwa in der ZEIT, Beispiele stammen von Jens Jessen und Ulrich Greiner. Die Broschüre mache letztlich keinen Unterschied zwischen konservativen, liberalkonservativen, rechtsextremen, rassistischen, Gendertheorie-skeptischen oder rechtspopulistischen Positionen. "Alles abseits der reinen Lehre, die hier vertreten wird, erscheint so als Vorstufe zur Nazi-Barbarei, was nicht nur historisch gesehen grober Unfug ist. Die Schrift ist beseelt von einer durchsichtigen Strategie, sich selbst gegen jede Kritik zu immunisieren (die könne dann ja auch wieder nur von irgendwie rechter oder rechtsradikaler und in jedem Fall illegitimer Seite kommen)." Ein Lagerdenken "ganz alter Schule" – man frage sich, weshalb eine solche ideologische Kampfschrift, die "mit einem derart grobschrotigen Begriff von 'rechts' große Teile der Gesellschaft kurzerhand zum Feindbild erklärt", nicht nur vom Berliner Senat, sondern auch vom Bundesfamilienministerium gefördert werde.
Dass die "Handreichung" wegen eines inhaltlichen Fehlers – fälschlicherweise werde behauptet, "Ulrich Greiner habe im vergangenen Jahr die öffentlich heftig debattierte, zuwanderungskritische 'Erklärung 2018' unterzeichnet" – gerade nicht ausgeliefert werden kann, wird als weitere Beleg angeführt. "Dieser unglückliche Fehler wie auch der ideologische Überschuss der 'Handreichung' sind vor allem deshalb zu bedauern, weil das Engagement gegen rechtsradikale Tendenzen beschädigt wird."
Bühnenvereinspräsident Ulrich Khuon, der die Broschüre mit vorgestellt hatte, äußert der ZEIT gegenüber: "Ich teile die Handlungsempfehlungen der Broschüre voll und ganz; bei der forcierten Analyse gibt es Differenzen. Eine offene Gesellschaft, die direkt neben der eigenen Position das Unheil wittert, steht in der Gefahr, nicht so offen zu sein, wie sie es behauptet."
Fazit des Textes: Ein Staat, "der sich wehrhaft zeigen muss", sollte "mit seiner Förderung doch eine breite Bürgerschaft ansprechen" , statt Klientelpolitik zu betreiben. "Eine liberale Demokratie, die jede Kritik an ihren Erscheinungen als Rechtsabweichung unter Verdacht stellt, setzt genau die Freiheit aufs Spiel, die sie mit allem Recht verteidigen will."
(geka)
In Reaktion auf den "Zeit"-Artikel hat rbb 24 (1.3.2019) bei Kultursenator Klaus Lederer und DT-Intendant Ulrich Khuon, die bei der Präsentation der Broschüre auftraten, nachgefragt: Anders als im ZEIT-Artikel behauptet, distanziere sich Khuon nicht von der Borschüre, wie er gegenüber dem Evangelischen Pressedienst erklärt habe. "Die Sprecherin des Deutschen Theaters, Katharina Wenzel, betonte am Donnerstag, 'uns geht es vor allem um die Handlungsempfehlungen, die in der Broschüre Kulturschaffenden an die Hand gegeben werden. Es muss deutlich und klar gemacht werden, dass es dieser Handlungsempfehlungen bedarf', unterstrich Wenzel". Zur Position von Klaus Lederer teilt der Sprecher der Senatskulturverwaltung dem rbb mit, der Senator "teile weiterhin die in der Broschüre aufgeführten Handlungsempfehlungen für Kulturschaffende"; aber er "sei aber in keiner Form an der Erstellung beteiligt gewesen".
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