Die Kunstszene steht auf

Köln, 15. März 2019. In einem Offenen Brief an die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln Henriette Reker (parteilos) fordern Kulturschaffende eine transparente und auf zeitgenössische Theaterdiskurse Rücksicht nehmende Intendant*innenfindung für das Schauspiel Köln (hier der Brief im Wortlaut). Der Offene Brief trägt den Titel "Zeit für eine neue Vision: Transparenz, künstlerische Qualität und zeitgenössischer Diskurs bei der Intendant*innenfindung gefordert – für ein Stadttheater der Zukunft".

Die Unterzeichner*innen verlangen von der kommenden Intendanz, "neue Struktur-, Partizipations- und Kooperationskonzepte umzusetzen" und "Ideen für Mitbestimmungsmodelle, kollektivere Arbeitsstrukturen, gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Menschen unterschiedlicher Communities" einzubeziehen. Die Kunstszene der Stadt Köln solle in die Findung einer Intendanz, die "überregionale künstlerische Strahlkraft mitbringt", einbezogen werden. "Besonders in Zeiten, in denen die Grundwerte demokratischen Zusammenlebens in Frage gestellt werden, bedarf es bei dieser Personalie ganz besonderer Sorgfalt", heißt es in dem Brief.

Dem Aufruf der Initiator*innen des Offenen Briefs – Traudl Bünger (Autorin), Dorothea Marcus (Kulturjournalistin), Tobias Philippen (Verleger) und Marc Schäfers (Verleger) – folgten mehr als 50 Unterzeichner*innen, darunter die Autorin und Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Regisseure wie Ersan Mondtag, Falk Richter, Ulrich Rasche und Milo Rau, Autor*innen wie Sibylle Berg, PeterLicht und Marc Terkessidis, Schauspielerinnen wie Corinna Harfouch und Maria Schrader.

Der Offene Brief ist auf openpetition.eu auch als Petition eingestellt.

(chr)

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Kommentare  
Brief zur Intendanz Köln: neu im Portfolio
Also, grundsätzlich ist ja eine weitsichtige, künstlerisch starke Intendanz für uns hier in Köln mehr als begrüßenswert. Insofern d'accord.
Aber diese Petition hat schon ein - wie der Schwabe sagen würde - eigentümliches G'schämckle. Die Verleger und vor allem Agenten Tobias Philippen/Marc Schäfers initiieren eine solche und sämtliche prominente Unterzeichner sind - oh Zufall! - teil ihrer Kundendatei. Da drängt sich die Frage auf, ob die Herren Schäfers/Philippen sich jetzt als neues Geschäftsfeld die "Intendanzvergabe" ins hauseigene Portfolio genommen haben. Denn natürlich trifft das von Herrn Philippen formulierte Anforderungsprofil zufälligerweise genau auf einige seiner Klienten zu. Nein, wohl eher kein Zufall, sondern sehr durchschaubar.

(Anm. "Sämlichte prominente Unterzeichner" ist eine Übertreibung, aber es werden tatsächlich viele der Unterstützer*innen von Schaefersphilippen vertreten, Christian Rakow / Redaktion)
Brief zur Intendanz Köln: perfekte Position
…und nachdem diese perfekte zukünftige Leitungsposition alle Forderungen erfüllt hat, das moderne Ensemble über Stück, Besetzung und Einhaltung sämtlicher geforderter Quoten mit dieser Leitung im Kollektiv auf demokratischer Basis endlich eine Produktion gefunden hat, die allem entspricht, ist die Spielzeit vorbei --- aber man hat was gewagt und das Schauspiel Köln hat…. Keine Premiere gehabt --- Leute, merkt ihr euch manchmal noch?
Brief zur Intendanz Köln: neu oder berühmt?
Ja, sozusagen international "berühmt" muss die/der Neue sein. Also sie/er muss vor ungefähr zwanzig oder gern auch dreißig Jahren was derart Neues gemacht haben, dass sie/er damit internationale Strahlkraft erlangt hat. Nun soll die/der Neue aber auch was neues Neues machen in jeder Hinsicht (nach innen wie außen). Ja, was denn nun? Garantiert Neu? Oder garantiert berühmt? (Ich zitiere gern "Die Kopfschüttlerin" vor mir: "Leute, merkt Ihr Euch manchmal noch?") - Geht nicht? Macht nichts, nehmen wir wie immer neuerdings: mittelberühmt und mittelneu...
Brief zur Intendanz Köln: wichtig
Ich glaube dies ist eine sehr wichtige Petition und ich hoffe sehr viele Menschen werden unterschreiben.
Brief zur Intendanz Köln: Baukasten des Aktivismus
Ein Schreiben aus dem Wortbaukasten des Theateraktivismus. Wie uninspiriert und vorhersehbar. Vorschlag: Bewerbt euch doch mal, ihr ganzen oberschlauen Manifestverfasser*innen. Legt ein überzeugendes Konzept vor und seid dann bereit, die Arbeit auch wirklich zu machen. Und nicht nur rumjammern, dass immer nur die falschen Leute die Jobs kriegen.
Brief zur Intendanz Köln: Maßnahme ungeeignet
Lieber Kölner (#1), was Sie ansprechen, ist natürlich eine sehr ernste Frage, nämlich jene, inwieweit man sich theaterpolitisch engagieren kann, ohne dabei aber den eigenen Vorteil im Blick zu haben.
Ich glaube aber, daß Sie Ihre eigenen Behauptungen noch einmal faktisch überprüfen sollten. Mit 11 der Unterzeichner*innen vertreten wir nur den kleineren Teil. Zudem müßten Sie mal beantworten, auf wen davon denn das "Anforderungsprofil" zutrifft. Ich kann da wahrlich nichts Maßgeschneidertes erkennen. Abgesehen davon, daß, soweit ich weiß, niemand auf der Liste Ambitionen hat, in Köln Intendant*in zu werden. Und wenn Sie die Theaterlandschaft auch nur ein wenig kennen, müßten Sie wissen, daß es gerade *überhaupt nicht* vorteilhaft ist, in der Weise in Erscheinung zu treten, wenn man Ambitionen hegte.
Insofern: Genau hinzuschauen, ist absolut richtig. Aber Ihr Verdacht entbehrt wirklich jeder Grundlage. Wollten wir unser Portfolio in Richtung "Intendanzvergabe" erweitern, in solcher offener Brief wäre die allerletzte Maßnahme, die zu empfehlen wäre.
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