Würdig

Wien / Hamburg, 22. März 2019. Der neue Träger des renommierten Iffland-Rings ist der deutsche Schauspieler Jens Harzer. Wie unter anderen ZEIT Online meldet, gab Österreichs Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) heute, an Bruno Ganz' Geburtstag, den Namen bekannt. Der im Februar gestorbene Schweizer Schauspieler Bruno Ganz hatte den 47-Jährigen testamentarisch zu seinem Nachfolger als "würdigstem" Schauspieler im deutschsprachigen Raum bestimmt.

Harzer ist seit 2009 Ensemblemitglied des Thalia Theater Hamburg. Davor war er an den Münchner Kammerspielen sowie am Bayerischen Staatsschauspiel unter Dieter Dorn engagiert. Bekanntheit erlangte er zudem durch Rollen in Film ("Requiem") und Fernsehen ("Babylon Berlin").

"Ich nehme diese Geste des Weiterreichens voller Dank entgegen", sagt Jens Harzer dem Thalia Theater zufolge zur Verleihung des Iffland-Ringes. "Aber ich kann heute nichts anderes tun, und möchte nichts anderes tun, als an Bruno Ganz denkend, auf die Bühne gehen und Theater spielen."

Der Iffland-Ring ist ein angeblich auf den Goethe-Zeitgenossen, Schauspieler und Theaterdirektor August Wilhelm Iffland zurückgehendes Schmuckstück, das seinem Träger (bislang noch keiner Trägerin) auf Lebenszeit vom Vorbesitzer verliehen wird.

 

Update

Wien, 16. Juni 2019. Am heutigen Sonntagvormittag überreichte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg den Iffland-Ring an den Schauspieler Jens Harzer. Zur Feier sprachen der Schriftstelller Peter Handke und der Regisseur Johan Simons, der Komponist Jörg Widmann spielte seine Fantasie für Klarinette solo.

Iffland Ring Wien 16 Juni 2019 Jens Harzer Handke Widmann Simons Schallenstein c Georg SoulekÜberreichung des Iffland-Ring an Jens Harzer in Wien. Von links: Jens Harzer, Peter Handke, Jörg Widmann, Johan Simons und Alexander Schallenberg  © Georg Soulek

In seiner Rede zitierte Peter Handke den französischen Aufklärer Denis Diderot, der sagt, dass der Schauspieler nicht mit dem Gefühl spielen soll, sondern mit dem Verstand, mit der Vernunft. Und widersprach: "Für mich ist das Gefühl das erste und das Größte, ein Gefühlsereignis, das Gefühl ist als Ereignis das Bestimmende und die Vernunft gliedert, rhythmisiert, aber bringt das Gefühl in Folge. Aber dann kommt etwas Drittes dazu, das wird niemand jemals definieren können, das ist das Geheimnis des Spiels. Das ist, was ich mit dem Hauptwort 'Geheimnis' oder 'begnadet' als Zeitwort, als temporäre, momentane, flüchtige Erscheinung, bezeichnen würde."

Der Intendant des Schauspielhauses Bochum, Johan Simons, würdigte als Laudator die Präsenz Harzers auf der Bühne, den es zu beobachten lohne, auch wenn er scheinbar nur ruhig in der Ecke sitze.

Harzer selber hielt keine Rede, stattdessen "las Harzer die Erzählung 'Unverhofftes Wiedersehen' von Johann Peter Hebel aus dem Jahr 1811. Darin stirbt ein Bergmann kurz vor der Hochzeit, seine unter Tage konservierte Leiche wird Jahrzehnte später geborgen und die Beerdigung von der immer noch trauernden Verlobten als Hochzeit inszeniert" (DLF Kultur).

(ZEIT Online / Thalia Theater / Burgtheater / DLF Klutur /geka / jnm)

 

Mehr zum Iffland-Ring: In ihrer Kolumne "Aus dem bürgerlichen Heldenleben" erzählt Esther Slevogt die wechselvolle Geschichte dieser höchsten Insignie der deutschsprachigen Schauspielkunst.  

Mehr zur Auszeichnung für Jens Harzer: Elogen, Elogen, Elogen

von Margarete Affenzeller im Standard aus Wien (online 22. März 2019, 11:14 Uhr)

von Simon Strauss in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (online 22. März 2019, 11:50 Uhr)

von Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (online 22. März 2019, 13:56 Uhr)

von Peter Kümmel auf Zeit Online (22. März 2019, 15:21 Uhr)

von Barbara Petsch in der Presse aus Wien (22. März 2019 um 15:48)

von Falk Schreiber auf Deutschlandfunk Kultur (online 22. März 2019)

von Jan Küveler in der Welt aus Berlin (online 22. März 2019)

von Christine Dössel in der Süddeutschen Zeitung aus München (online 22. März 2019, 18:39 Uhr)

von Christoph Leibold in Fazit auf Deutschlandfunk Kultur (online 22. März 2019)

von Anke Dürr auf Spiegel Online (online 24. März, 10:53 Uhr)

von Thomas Rogers in The New York Times (online 12. Juni 2019)

mehr meldungen

Kommentare  
Iffland-Ring: Gratulation
Wunderbare Wahl. Herzlichste Gratulation!
Iffland-Ring Harzer: würdig
Mehr als würdig, hab es so gehofft.
Iffland-Ring: schade
Erstmal Gratulation an J. Harzer! Allerdings finde ich die Wahl eher enttäuschend. Warum immer nur obskure Bühnenschauspieler? Ich vermisse Namen wie Heiner Lauterbach oder Matthias Schweighöfer auf der Liste der Kandidaten. Was ist mit Moritz Bleibtreu, Wotan Wilke Möhring, Till Schweiger oder Jan Josef Liefers? Und wenn man schon Klaus Maria Brandauer erwägt, dann bitteschön auch Christoph Maria Herbst. Eine vertane Chance!
Iffland-Ring: Harzer
Der richtige!
Iffland-Ring: Auswahl-Statuten
@KinsKlauski "Warum immer nur obskure Bühnenschauspieler?"

Weil der Iffland-Ring gemäß Statuten an den „jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ gehen soll. Und nicht an den besten Filmschauspieler, Fußballer, Patissier oder Schwertschlucker. Dafür gibt es andere Auszeichnungen. Genauso gut könnte man beklagen, daß Michelinsterne immer nur an Restaurants und nicht auch an Theater, Grundschulen oder Yogastudios verliehen werden.

Ansonsten auch von mir: Abgesehen davon, daß es DEN besten im Theater natürlich nie geben kann, ist Jens Harzer eine exzellente Wahl!
Iffland-Ring: Gratulation
@Einer Schlief

you made my day;-)

von mir auch: tolle Wahl und Gratulation an Jens Harzer!
Iffland-Ring: Glanzauftritte
Ich sah Jens Harzer gestern in der Volksbühne... Immer noch Sturm. Das war für mich der Theaterabend des Jahres, auch wenn Gotscheff ihn schon 2011 inszenierte. Dann sah ich zum Goschtreffen im letzten Jahr Onkel Wanja. Jens Harzer hat schon allein durch diese zwei Glanzauftritte diesen Preis verdient. Herzlichen Glückwunsch an einen Ausnahmeschauspieler. Und Danke für zwei großartige Theaterabende.
Iffland-Ring: Dritter Höllenkreis des Banalen
#3 Kins Klauski - ogott, die Liste der Namen meinen Sie nicht ernst: der Dritte Höllenkreis der schauspielerischen Banalität. Auch wenn ich Jens Harzer manchmal sehr maniriert finde, ihn oft aber toll, fände ich doch jemand wie Ulrich Matthes genauso würdig. Aber Bruno Ganz hat entschieden, möge seine Seele Frieden finden.
Iffland-Ring: McDonalds und Schuhbeck
- Einer Schläft wo Kinski wacht. Ich finde "Kins Klauskis" Einwand berächtigt. Sowohl im Theater wie im Fernsehen spielen Schauspieler, viele tun sogar beides. Hier eine klare Trennung zu vollziehen (Vergleich Fußball etc.), macht überhaupt keinen Sinn. Diese Grenze is maximal fließend, bzw. gar nicht mehr vorhanden. Was sind denn Schauspieler, die mit Kay Voges arbeiten??? Filmschauspieler oder Theaterschauspieler oder beides. Der Überbegriff ist Schauspiel. Ob nun in der Sterneküche oder im Imbiss - überall kann man mit gleicher Hingabe und Genialität kochen. Und Film/Fernsehen gemeinhin als banal zu bezeichnen lieber "Ganz Bruno" wird der Sache wohl auch nicht gerecht. Das scheint mir doch eine recht eindimensionale Sichtweise auf den Beruf des Schauspielers zu sein. Warum spielen Frauen hier keine Rolle??? Dieser Ring ist doch wohl nicht mehr als ein antiquiertes Erbstück gestandener Theatergroßväter. Aber wie sollten wir uns verorten und messen ohne Werte...frischer Wind ist unberechenbar...und Unberechnbarkeit ist die Schwester der Angst. Wir bauen uns eine Welt aus Oberflächlichkeit und Geld. Leider ist die Kunst zu großen Teilen ebenfalls Symptom dieses Zeitgeistes. Theater und Fernsehen rücken zusammen wie McDonalds und Schuhbeck. Da bleib ich lieber zuhause und schmier mir selbst n Brot. In Liebe...
Iffland-Ring: Reichweite
Ich finde, es ist ganz besonders sinnvoll, dass dieser Ring an einen Bühnenschauspieler geht. Zum einen schließt nicht aus, dass dieser Bühnenschauspieler auch Film und Fernsehen macht. Zum anderen ist es eine Anerkennung für Leistungen auf der Bühne, deren Rezeption eben den Besuch und vom Darsteller die zeitgleiche Leistung der Darstellung im Theater erfordert. Bei Film und Fernsehen (und das Internet) sind durch Asynchronität ganze andere Reichweiten skalierbar. Nun wird dieser Preis nicht jährlich verliehen, sondern geht erst nach dem Tode des Preisträgers einem neuen Preisträger vererbt. Ich wünsche Jens Harzer ein langes erfolgreiches Leben und eine gute Wahl. Soviel ich weiß, hat er jetzt drei Monate Zeit, einen Nachfolger zu bestimmen.
Iffland-Ring: Sprechweise
Sehe ich genauso. Diese unsägliche Trennung von E und U gibt es nur in Doofland. Schauspieler sind Schauspieler. Egal ob Bühne oder Film. Im Theater wird auch immer so überdeutlich gesprochen. Gefällt mir nicht.
Iffland-Ring: wunderbar
Gehts noch? Kann man denn nicht einfach hinnehmen, dass Bruno Ganz mit der ihm eigenen Integrität seiner Verantwortung gerecht geworden ist und eine wunderbare Wahl getroffen hat?
Für die Nörgler: Der Kommentar von Joachim Lux zur Jens Harzer:"Er steht mit seiner Arbeit für die autonome Welt der Kunst und die Kraft der Sprache und verteidigt sie gegen die Zumutung unterkomplexer Weltsichten."

(PS Für Filmschaffende gibt es Bambis, Löwen, Bären und anderes Getier)
Iffland-Ring: Lichtblick
Am Mittwoch in Zürich: In Gedanken jenseits dieser Welt, trauernd, umgeben.

Am Donnerstag in Berlin: Einer reißt mich aus meinen Gedanken. Freilich er.

Am Freitag: Jens Harzer. Würdig. Ein Lichtblick von Dauer.
Iffland-Ring: Pathos
So ganz geheuer ist einem das tremolierende Pathos ja nicht, mit dem da auf allen Kanälen nun Jenz Harzer gehuldigt wird. Auch die Presse, speziell der Spiegel und die Zeit - wie die sich da so in Harzers Seele schrauben beziehungsweise das, was sie dafür halten. Das ist doch kein kritischer Journalismus sondern vor triefender Theaterkitsch. Das hat Harzer eigentlich nicht verdient.
Iffland-Ring: Der Fall ist klar
Ich habe den Kommentar #3 eigentlich aus Witz gesehen, war das etwa doch ernst gemeint. Es gibt ganz großartige Filmschauspieler die vereinzelt auch mal wieder Theater spielen zwischendurch. Im Falle des Iffland-Ringes heißt es aber das den der "jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters" bekommt. Der Fall ist also klar. Da sollte man schon die meiste Zeit seines Berufslebens auf der Bühne im Theater verbringen und nicht alles Jubeljahre mal ein Gastauftritt, wenn überhaupt. Und dann ist der Iffland-Ring sehr speziell und schon irgendwie aus einer anderen Zeit. Irgendein alter Filmschauspieler kann ja mal einen Ring stiften oder 'ne Kette und die kann dann jährlich an einen anderen Filmschauspieler verliehen werden.
Und ganz ehrlich, es freut mich für Jens Harzer sehr, das der einfach nur großartig ist, braucht man gar nicht zu diskutieren. Aber er hat ihn jetzt, dann wird noch mal drüber gesprochen wenn er sich den Ring "abholt" und dann ist wieder still ruht der See für die nächsten Jahrzehnte! Also die Diskussion ist völlig übertrieben.
Iffland-Ring: New York Times
Is This Ring an Honor, or a Curse?

The Iffland Ring is awarded to the “most worthy” actors who perform in German. But it comes with a supposed jinx, accusations of sexism and an association with the Nazis.

https://www.nytimes.com/2019/06/12/theater/iffland-ring-jens-harzer.html
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