"Schwierigkeiten bei der Termin- und Spielstättenfindung"

Berlin, 25. März 2019. Der Regisseur Ersan Mondtag erhält für seine Inszenierung Das Internat den mit 10.000 Euro dotierten 3sat-Preis beim diesjährigen Berliner Theatertreffen. Die am Schauspiel Dortmund entstandene Inszenierung wird allerdings "aufgrund von Schwierigkeiten bei der Termin- und Spielstättenfindung" nicht beim Theatertreffen gezeigt. Dies geben die Berliner Festspiele bekannt, die das Festival ausrichten. "Das Theatertreffen und das Schauspiel Dortmund haben gemeinsam alle verfügbaren Optionen geprüft. Die Beteiligten bedauern sehr, dass keine Aufführungen im Festival möglich sind", heißt es in der Pressemitteilung.

Internat3 280 Birgit Hupfeld u"Das Internat" am Theater Dortmund © Birgit Hupfeld Ersan Mondtag schreibt dazu auf Nachfrage von nachtkritik.de: "Ich bedaure die Absage des Gastspiels beim diesjährigen Berliner Theatertreffen sehr. Insbesondere, weil die Arbeit mir persönlich näher geht als andere Arbeiten." Da ihn das Schauspiel Dortmund als Autor, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner der Produktion in der "Problembehandlung" nicht involviert habe "und mir bis heute eine plausible Erklärung schuldig bleibt", könne er "über die tatsächlichen Gründe der Absage nur spekulieren. Das möchte ich aber nicht tun." Da auch bereits die 3sat-Aufzeichnung vom Schauspiel Dortmund abgesagt worden sei, "wird dieses Weltpremieren gewohnte Theater sicherlich aus wichtigen und richtigen Gründen seine Prioritäten gesetzt haben".

In der Begründung der 3sat-Preis-Jury zur Auszeichnung der Produktion heißt es: "Ersan Mondtag zeigt sich in 'Das Internat' einmal mehr als bildmächtiger Regisseur, der gekonnt mit den Ängsten der Zuschauer spielt. Märchen- und Horrormotive und ihre vielfältigen Assoziationsmöglichkeiten verknüpft er zu einer spektakulären Feier des Unheimlichen. Kongenial verbindet er Regie, Bühne und Kostüm zu einer Installation der Angst, einem Diorama der Unterdrückung." Der Jury gehörten dieses Jahr Shirin Sojitrawalla (Theaterkritikerin und Mitglied der Theatertreffen-Jury), Wolfgang Horn (Redakteur in der ZDF-Redaktion Musik und Theater) und Daniel Richter (Leitender Dramaturg des Theatertreffens) an.

(ape / sd)

 

 

Presseschau

26. März 2019. Der Theaterkritiker Stefan Keim äußert sich in Radio-Interviews mit Deutschlandfunk Kultur und dem WDR zu den Hintergründen der Absage des Theatertreffen-Gastspiels. Keim, der mit Ersan Mondtag und dem Dortmunder Intendanten Kay Voges gesprochen hat, erklärt, das aufwendige Bühnenbild sei nach der Absetzung der Produktion zerlegt und in fünf Containern gelagert worden. Für den Neuaufbau und die Gastspiele während des Theatertreffen hätte eine Spielstätte sieben Tage lang für den regulären Betrieb gesperrt werden müssen. Die Suche nach einer solchen Berliner Bühne sei vergebens geblieben. Im Gespräch mit nachtkritik.de bestätigt Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Theatertreffens, diese Darstellung. 

Das Verhältnis zwischen Ersan Mondtag und dem Schauspiel Dortmund sei allerdings schon während der Proben schwierig gewesen, so Keim. Mondtag habe sich, wie er bestätigt habe, "ganz furchtbar mies verhalten". Grund dafür sei eben jenes Bühnenbild gewesen sein, das die Dortmunder Werkstätten nicht rechtzeitig fertiggestellt hätten. Keim glaubt aber nicht, dass das Schauspiel Dortmund das Gastspiel ihres Regisseurs aus "bösem Willen" verhindert habe – eine Deutung des Falls, die Mondtag in seinem Statement zumindest nicht ausschließt. Keim zufolge gebe es jetzt nur Verlierer.

(miwo)

 

nachtkritik.de hat beim Intendanten des Schauspiels Dortmund Kay Voges nachgefragt, was die Hintergründe für den Gastspiel-Ausfall und welche Rolle die Konflikte hinter den Kulissen gespielt haben – zum Interview.

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