Presseschau vom 8. Mai 2019 – Die FAZ berichtet über Ärger am Schauspiel Frankfurt
Unfreiwillig gegangen?
8. Mai 2019. Das Frankfurter Schauspiel freut sich zur Spielplan-Präsentation über ein volles Haus – aber hinter den Kulissen gibt es Ärger, schreibt Simon Strauss in der FAZ, weil Inszenierungen von Ulrich Rasche und Luk Perceval abgespielt werden. Und weil Marion Tiedtke geht.
"Was ist los am Frankfurter Schauspiel?", fragt Simon Strauss in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (8.5.2019). Seit drei Spielzeiten sei Intendant Anselm Weber jetzt im Amt, und von außen betrachtet scheine alles in Ordnung. Doch hinter den Kulissen gebe es Ärger.
Einerseits, weil mit Ulrich Rasches Inszenierung von Die Perser und Luk Percevals Mut und Gnade zwei Arbeiten vom Intendanten abgesetzt worden seien. "Warum, darüber herrscht bei den Beteiligten Ratlosigkeit." Rasche sei enttäuscht über "das kommentarlose 'Einstampfen' einer technisch so aufwendigen und darüber hinaus immer ausverkauften Produktion". Genauso wie Luk Perceval, mit beiden Regisseuren hat Simon Strauss jeweils gesprochen.
Luk Perceval sagt, dass der Intendant mit ihm "weder vor noch während seiner Frankfurter Proben persönlich Kontakt gehabt habe. Die Nachricht über die Absetzung seiner Inszenierung und eines nicht zustande kommenden Gastspiels sei die einzige Rückmeldung gewesen, die er vom Intendanten bekommen habe." "Wir sind doch erwachsene Menschen" wird Perceval zitiert, "und dass er eine solche 'Nicht-Kommunikation' bei einem Intendanten noch nie erlebt hätte".
Zerrüttetes Verhältnis zu Marion Tiedtke?
"Die letzte Hiobsbotschaft war dann die Mitteilung, dass der Vertrag von Chefdramaturgin Marion Tiedtke nicht verlängert werde, und sie sich von dem Haus, in dem sie vor zwei Jahren selbstbewusst als stellvertretende Intendantin angetreten war, trennen wird." Aus eigenem Antrieb? Oder wurde sie 'rausgeekelt', wie man hinter vorgehaltener Hand hört?, fragt Strauss. "Sie selbst vermeidet eine eindeutige Stellungnahme. Ihr sei die 'Zukunft des Theaternachwuchses' wichtig, gibt sie bei der Pressekonferenz mit starrem Gesicht zu Protokoll, deshalb nehme sie ihre Professur an der Hochschule, die sie beurlaubt hatte, wieder auf." Manche aber vermuten, dass hinter der Entscheidung ein zerrüttetes Verhältnis zwischen den beiden stecken könnte. Offenbar war es bisher vor allem Marion Tiedtke, die den Kontakt zu den namhaften Regisseuren hergestellt und gehalten hätte.
"Ist Frankfurt ein weiteres Negativbeispiel für die jetzt überall angeklagte 'Machtstruktur' an deutschen Theatern? Ist Weber in seiner Doppelfunktion als Geschäftsführer und Intendant zu stark, zu unangreifbar? Vielleicht", mutmaßt Strauss.
Anselm Weber rechtfertigte am Dienstag bei der Spielplan-Konferenz die Absetzung der "Perser" damit, heißt es weiter, dass bei den vielen Gästen keine Terminübereinstimmung möglich gewesen sei. "Außerdem sei die Inszenierung teurer gewesen als die maximalen Einnahmen, die man damit pro Abend hätte erreichen können." Die Kulturpolitk habe sich bisher zufrieden gezeigt mit Weber. "Ihre ganze Sorge gilt den gigantischen Kosten, die in Zukunft auf die Stadt zukommen werden, um das marode Theatergebäude zu renovieren oder gar neu zu bauen."
(FAZ.net / sik)
Mehr zu Umbau oder Sanierung der Städtischen Bühnen Frankfurt von Alexander Jürgs.
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr medienschauen
meldungen >
- 28. März 2024 Berliner Theatertreffen: 3sat-Preis für Jenaer Arbeit
- 28. März 2024 Berlin/Bremen: Geschäftsführer Michael Helmbold verstorben
- 28. März 2024 Neues Präsidium für Deutsche Akademie der Darstellenden Künste
- 26. März 2024 Günther-Rühle-Preise vergeben
- 26. März 2024 Mülheimer Theatertage: Preisjurys berufen
- 26. März 2024 Theatertreffen der Jugend 2024: Auswahl steht fest
- 26. März 2024 Schauspieldirektor Maik Priebe verlässt Neustrelitz
- 25. März 2024 Dramatikerpreis für Correctiv-Autor:innen L. Lax und J. Peters
neueste kommentare >
-
3sat Preis Frage
-
Reise des G. Mastorna Wahnsinn
-
Reise des G. Mastorna, Heidelberg Bildgewaltig
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Basel-Modell statt nur Namen
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Dreamteam
-
Biedermann & Brandstifter, Zürich Stemann pur
-
Preisjury Mülheim Zeit für Neuanfang
-
Orpheus steigt herab, Wien Unruhe
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Ostereier und gutes Doppel
-
Der große Wind der Zeit, Stuttgart Nachfrage
Gibt es Inszenierungen an irgendeinem Stadttheater die mehr Einnahmen erzielen als die Kosten die sie verursachen?
Ist nicht der Sinn von Subventionen, dass Theater davon unabhängig, nach künstlerischen Kriterien entscheiden können?
Will man sie länger halten, muss man woanders sparen: weniger gastschauspieler im sonstigen Betrieb oder weniger Produktionen etc. Frankfurt macht in der kommenden Spielzeit z. B. Insgesamt sage und schreibe 25 Premieren.
Simon Strauss schreibt doch von mangelnder Kommunikation!!!!!
von Seiten Amselm Webers.
Und wenn zwei verdiente Regisseure, berichten, es hätte während ihrer Arbeit am Schauspiel Frankfurt keinen Kontakt mit dem Intendanten gegeben und Marion Tiedke (welche offenbar sehr wohl kommunizierte), das Haus nun verlässt und wenn nun auch die Absetzung der Aufführungen dieser Regiesseure, ohne Gespräch, einfach so exekutiert wird.....dann darf man schon vermuten, dass Atmosphärisch nicht alles zum Besten steht am Schauspiel Frankfurt!
Ich hoffe Herr Strauß ist auch in Zukunft genauso aufmerksam und wirft einen Blick auf das Schauspiel Frankfurt und viele andere Theater in der Republik.
(Anm. der Redaktion: Zu seinem Fortgang aus Bochum wird der damalige Chefdramaturg in der Westfälischen Rundschau mit diesen Worten zitiert: "Es hat hier keinen Knatsch gegeben, und ich scheide nicht im Streit. Meine Pläne habe ich langfristig mit Anselm Weber abgesprochen." https://www.wr.de/staedte/bochum/chefdramaturg-thomas-laue-geht-id6829019.html?service=amp)
https://www.fr.de/kultur/theater/schauspielchef-anselm-weber-ich-mache-nicht-wunsch-nach-macht-12310742.html
(Werte Olga, in einer Erklärung hat Webers Chefdramaturgin Marion Tiedtke Webers Vorwürfen inzwischen widersprochen: https://edition.faz.net/faz-edition/rhein-main-zeitung/2019-05-25/371e9f117e7191763982ca5bd6840922/?GEPC=s9
Freundliche Grüsse aus der Redaktion, Esther Slevogt)
(Wir recherchieren den Fall derzeit, was noch etwas dauern wird, werden aber – Danke für den Hinweis – heute im Lauf des Tages schon einmal die Presseschau vervollständigen. Viele Grüße, d. Red.)
https://www.fr.de/kultur/theater/schauspielchef-anselm-weber-ich-mache-nicht-wunsch-nach-macht-12310742.html
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/schwere-vorwuerfe-gegen-regisseur-ulrich-rasche-16201668.html
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/reibereien-am-schauspiel-frankfurt-macht-und-theater-16203461.html
https://edition.faz.net/faz-edition/rhein-main-zeitung/2019-05-25/371e9f117e7191763982ca5bd6840922/?GEPC=s9
https://edition.faz.net/faz-edition/rhein-main-zeitung/2019-05-25/wenn-der-regisseur-uebergriffig-wird/312867.html
Und hier der einzige Artikel, der von der Nachtkritik-Redaktion aufgegriffen wurde:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buehne-und-konzert/krach-am-schauspiel-frankfurt-mut-und-gnade-16175576.html