"Es fehlt der Gegenentwurf"

23. Mai 2019. Die Regisseurin Julia Wissert soll neue Intendantin am Schauspiel Dortmund werden und damit 2020/21 auf Kay Voges folgen. Was ist ihr Konzept? Welche Theater sieht sie als Vorbilder? Und inwiefern knüpft sie an das stark dem Digitalen verschriebene Profil Voges' an?

Julia Wissert im Interview mit Esther Slevogt

"Es fehlt der Gegenentwurf"

Julia Wissert im Interview mit Esther Slevogt

23. Mai 2019. Anfang Mai wurde bekannt, dass die Regisseurin und Theatermacherin Julia Wissert mit der Spielzeit 2020/21 Nachfolgerin von Dortmunds Schauspielintendanten Kay Voges werden soll. Heute Abend nun hat der Rat der Stadt Dortmund die vierunddreißigjährige gebürtige Freiburgerin offiziell zur Schauspielintendantin bestellt. Julia Wissert, die Theater- und Medienproduktion an der University of Surrey in London und Regie am Salzburger Mozarteum studierte, gehört aktuell auch zum Team der neuen Hannoveraner Schauspielintendantin Sonja Anders, die ihr die Leitung einer Veranstaltungsreihe in der Spielstätte Cumberlandsche Galerie übertrug. In Hannover wird Wissert in der kommenden Spielzeit auch inszenieren.

Darüber hinaus ist Julia Wissert Teil des in Windhoek und Berlin ansässigen deutsch-namibianischen Kollektivs Kaleni. Das Kollektiv besteht aus acht eigenständigen Künstler*innen, die in den Bereichen Performance, Tanz und Installation arbeiten. Bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen brachte das Kaleni Kollektiv am 8. Mai Owela - die Zukunft unserer Arbeit heraus, eine performative Installation, die auf verschiedenen diskursiven und ästhetischen Ebenen zwischen bildender und darstellender Kunst den Spuren des Kolonialismus nachgeht – in sozialen und ökonomischen Strukturen ebenso wie in den Seelen der Nachgeborenen. Für Konzept und Produktionsleitung von "Owela" zeichnet sich die Dramaturgin Sabine Reich verantwortlich, die in Dortmund als Chefdramaturgin Wisserts Stellvertrerin wird. Das Gespräch mit Julia Wissert fand am 16. Mai 2019 am Rand eines Gastspiels von "Owela" in Berlin statt.

Mit welchem Konzept sind Sie angetreten?

Das Konzept, mit dem ich angetreten bin, ist stark an meiner Überzeugung orientiert, dass sich das Theater neu ausrichten muss, wenn es in Zukunft weiter relevant sein will. Diese Neuausrichtung muss sich aus meiner Sicht auf drei Ebenen vollziehen, und zwar auf der Ebene der Struktur, auf der Ebene des Inhalts und auf der Ebene der Form. Das heißt, die Strukturen müssen diversifiziert und die Narrative auf der Bühne weiterentwickelt werden. Fragen, die sich mir in diesem Zusammenhang stellen, sind zum Beispiel: Wieso sieht das Theaterpublikum eigentlich nicht so aus wie die Menschen in den Städten, in denen sich die Theater jeweils befinden? Das gleiche gilt für die Spieler*innen auf der Bühne und die Künstler*innen, die inszenieren. Da gibt es eine Diskrepanz zu den Realitäten der Städte. Eine andere Frage ist: Was kann Theater attraktiver machen als Netflix?

Können Sie etwas konkreter werden?

Es ist einfach so, dass mir auffällt, dass das Publikum im Theater sehr weiß  ist und meines Erachtens nach aus einer bestimmten Klasse kommt, weil natürlich auch die Kartenpreise eine bestimmte Höhe haben. Vielleicht müssen sie diese Höhe haben, das wird noch herauszufinden sein. Aber damit wird natürlich eine Form von Ausschluss generiert. Das gleiche gilt für die Stoffe auf der Bühne. Und hier spreche ich wirklich als Zuschauende: Vieles von dem, was ich auf deutschen Bühnen sehe, entspricht einfach nicht meiner Lebenswirklichkeit als PoC in Deutschland. Denn meist wird nur der weiße  Blick bedient oder reproduziert.

Julia Wissert Ingo Hoehn uJulia Wissert © Ingo Höhn

Auf Basis dieser Grundbeobachtungen haben wir für unsere Präsentation vor der Findungskommission zwei Spielzeiten entworfen. Ich höre viele Menschen darüber sprechen und klagen, was alles nicht funktioniert, wie unsere Gesellschaft auseinanderbricht, wie wir nicht mehr miteinander leben können. Doch es fehlt der Gegenentwurf. Deshalb ist die Frage der ersten Spielzeit: Wie wollen wir leben? Was ist ein gutes Leben? Wie können wir Verschiedenheiten aushalten? Und wie können wir im Theater Räume schaffen, die während der Kunstproduktion den Fokus nicht mehr ausschließlich auf das künstlerische Endprodukt richten, sondern gleichzeitig auf den Entstehungsprozess – als modellhaften Prozess auch für gesellschaftliche Prozesse. Wir haben also zwei Spielpläne gemacht, Traumspielpläne, wie wir uns das Theater vorstellen würden: mit Leuten, die uns ästhetisch und auch politisch interessieren. Leute, die auch für bestimmte kollektive oder partizipative Arbeitsweisen stehen.

Namen?

... möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht nennen ... Trotzdem wird es natürlich noch einen Schwerpunkt auf Regietheater geben. Wir arbeiten auch mit Regisseur*innen, nur das Geschlechterverhältnis wird sich verändern.

Ist das ein Kompromiss mit dem Mainstream und seinen Konventionen?

Das ist auch eine Notwendigkeit und selbstgestellte Aufgabe. Ich will Kanontexte und ich will Repertoire. Das wirft für mich dann aber die Frage auf: Wer inszeniert das jeweils? Denn die Grundsatzfrage, die uns leiten wird, ist: Wie können wir Theater für eine Stadt schaffen, die so divers und so komplex ist wie Dortmund – ein Theater, das für jede*n, die oder der hier lebt, etwas zu bieten hat.

Es gibt ja auch ein Naziproblem in Dortmund, wie man hört.

Ja – ich höre es auch, aber nur aus den Medien. Ich wohne ja noch nicht in Dortmund. Es ist immer stark von einem einzelnen Stadtteil die Rede, als wären alle Bewohner*innen dieses Stadtteils Nazis. Doch das glaube ich nicht. Natürlich frage ich mich: Wie wird es sein, wenn ich als PoC da hin komme? Aber ich kann ihnen auch sagen: Viele PoC aus Dortmund haben mir gegenüber ihre Freude darüber ausgesprochen, dass ich komme. Und sie leben sehr gut und sehr glücklich in Dortmund und sind mit Leib und Seele Dortmunder*innen. Ich freue mich auf Dortmund und die Dortmunder*innen.

Die frisch gegründete Akademie für Digitalität und Theater ist jetzt als Sparte an das Theater Dortmund angegliedert. Wie definieren Sie Ihr Verhältnis zur Akademie und zu digitalen Kunstformen?

Die Akademie institutionalisiert die Themen, die das Team von Kay Voges die letzten neun Jahre hier untersucht hat. Ich freue mich auf den Austausch. Denn ich sehe die Akademie als Labor für neue Formen, die idealerweise auch uns inspirieren. Digitalisierung wird für uns auf jeden Fall ein Thema sein. Dadurch dass es dafür mit der Akademie eine eigene Sparte gibt, können wir den Fokus auch auf andere Themen und Geschichten richten. Die Akademie sehe ich als starke Austauschpartnerin.

Schauspielhaus SA0165Das Dortmunder Schauspielhaus © Birgit Hupfeld

Was wird aus ihrem Engagement in Hannover? Dort hat ihnen die neue Intendantin Sonja Anders die Leitung der Cumberlandschen Galerie übertragen.

In der nächsten Spielzeit werde ich in Hannover sein und in der Cumberlandschen Galerie die Universen kuratieren. Auf diese Workshopreihe freue ich mich wahnsinnig. Gemeinsam mit Interessierten und Künstler*innen aus Hannover, Damaskus, Berlin und Brooklyn werden in sieben Workshops, teilweise über die gesamte Spielzeit, teilweise nur wenige Wochen lang, filmisch, tänzerisch, schreibend und aktivistisch Hannovers verschiedene Universen erkunden. In die Vorbereitung ist sehr viel Arbeit und Herzblut hineingeflossen. In der Spielzeit drauf werde ich nur noch in Dortmund sein.

Wird das Berliner Gorki Theater ein Vorbild für ihre Arbeit in Dortmund sein?

Das Gorki Theater ist auf jeden Fall ein Vorbild. Genauso ist das jetzige Schauspiel Dortmund ein Vorbild. Das Theater Zuidplein in Rotterdam ist ein Vorbild. Das Young Vic Theatre in London ist ein Vorbild. Die Fragen die wir gerade an das Theater haben, und die uns auch die nächsten fünf bis zehn Jahre noch beschäftigen werden, sind Fragen, die auch im europäischen Theaterkontext zu betrachten sind. Es gibt hier schon Versuche und Ansätze, die beispielhaft sind.

Zum Beispiel?

Das Theater Zuidplein praktiziert, was wir auch gerne ausprobieren würden: einen Programmbeirat aus Bürger*innen der Stadt aufzubauen, der eine beratende Funktion hat, sich immer wieder mit uns trifft, unsere Arbeit spiegelt und auch im Austausch mit uns darüber ist, wie dieses Haus grundsätzlich aufgestellt sein soll – was da unbedingt stattfinden soll. Weil für uns eine Frage ist: wie kann man den Dialog mit der Stadt noch nachhaltiger und lebendiger gestalten.
Das Young Vic Theatre ist ein Vorbild, weil sie es dort schaffen, Nachwuchsförderung im klassischen Regietheater mit dekolonialer Ausrichtung zu machen, ohne ihr angestammtes Publikum zu verschrecken. Sie zeigen interessant erzählte Theatertexte, toll gespielt und toll auf die Bühne gebracht. Die Ensemblestruktur und die Künstler*innen, die die Stoffe einrichten, entsprechen den gesellschaftlichen Realitäten Londons. Sie schaffen es damit, dass sich ihr Publikum auch auf struktureller Ebene repräsentiert fühlt und mehr Menschen kommen.
Das Gorki Theater ist natürlich spannend als Ort, der es schafft sowohl die Stadtgesellschaft in ihrer Diversität auf und hinter der Bühne zu repräsentieren und gleichzeitig Geschichten erzählt und Fragen verhandelt, die für einen Großteil der Gesellschaft relevant sind. Das Schauspiel Dortmund ist ein Vorbild dafür, wie ein Ensemble großzügig, künstlerisch gemeinsam und miteinander ist. All diese Inspirationsquellen aufgreifend frage ich mich: wie können wir im Theater Arbeitsräume schaffen, wo sich alle Menschen eigenverantwortlich und verantwortungsvoll einbringen können, Spaß haben und tolle künstlerische Arbeiten entstehen.

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Kommentare  
Interview Julia Wissert: Weiß?
Ich stimmme Frau Wissert ja durchaus zu, dass das Publikum diverser sein könnte. Aber was in dieser Debatte alarmieren sollte, ist die Kategorisierung des Publikums in "weiß" und andere Hautfarben. Das ist klipp und klar eine rassistische Kategorisierung - und das finde ich unmöglich, egal aus welcher politischen Gesinnung oder Ecke das nun kommt. Hautfarbe hat keinen Mehrwert und keinen Minderwert, das sollte im 21. Jahrhundert klar sein, oder nicht? Darüber lösen wir die Probleme einer diversen Gesellschaft ganz sicher nicht, sondern kreieren neue.
Zwar ist die Diskussion, die den Rassismus durch Kulturalismus ersetzt, sicherlich auch nicht zielführender, das sei noch angemerkt, aber so geht es meiner Meinung nach nicht.
Interview Julia Wissert: Blickrichtung
an M.Brendel und alle anderen, die sich darüber echauffieren, aber offensichtlich keine Ahnung haben..
"Weiß" und "Weißsein“ bezeichnen ebenso wie "Schwarzsein“ keine biologische Eigenschaft und keine reelle Hautfarbe, sondern eine politische und soziale Konstruktion. Mit Weißsein ist die dominante und privilegierte Position innerhalb des Machtverhältnisses Rassismus gemeint, die sonst zumeist unausgesprochen und unbenannt bleibt. Weißsein umfasst ein unbewusstes Selbst- und Identitätskonzept, das weiße Menschen in ihrer Selbstsicht und ihrem Verhalten prägt und sie an einen privilegierten Platz in der Gesellschaft verweist, was z.B. den Zugang zu Ressourcen betrifft. Eine kritische Reflexion von Weißsein besteht in der Umkehrung der Blickrichtung auf diejenigen Strukturen und Subjekte, die Rassismus verursachen und davon profitieren, und etablierte sich in den 1980er Jahren als Paradigmenwechsel in der englischsprachigen Rassismusforschung. Anstoß hierfür waren die politischen Kämpfe und die Kritik von People of Color.
Siehe auch https://www.amnesty.de/2017/3/1/glossar-fuer-diskriminierungssensible-sprache
Interview Julia Wissert: Abbau von Distinktionen
Sehr geehrte Anna,
auch wenn ich scheinbar "keine Ahnung" habe, finde ich, dass Sprache nicht einfach so umdeutbar ist, wie es irgendjemandem gefällt. Nur weil Es beliebige Definition preisgegeben wird, heißt das nicht, dass es so richtig ist. Es geht im Sprachgebrauch, auch wenn "weiß" nicht die Rasse, sondern "gesellschaftspolitische Zugehörigkeiten" ausdrücken soll (das habe ich schon verstanden!), um eine biologische Zuschreibung, die mit einer Bewertung verbunden ist. Warum muss dieser Begriff Verwendung finden? Es geht ja gerade darum, Gräben zu überwinden und nicht Zuschreibungen zu machen, die nur neue Fronten schaffen. Die angeblich nur "politische und soziale Konstruktion" halte ich für eine Behauptung, die im Diskurs problematisch ist. Transkultur ist eben ein Überwinden von Zuschreibungen - und das ist doch das, was eine Antwort auf die genannten Probleme sein sollte. Der Abbau von Distinktionen geschieht ganz sicher nicht durch umgekehrte Zuschreibungen, die als "umgekehrte Diskriminierung" (was es per se nicht gibt) erscheinen und eine Opferperspektive ermöglichen, die wieder mal die Diskussion erschwert.
Das Problem an der Sprach- und Denkweise des "Weißseins" ist doch, dass wiederum nur die Gegensätze manifestiert werden, denn das "Weiß" braucht dann eben auch das "Schwarz" um klarzumachen, was denn das Weißsein nun sein soll.
Interview Julia Wissert: zum Weißsein verdonnert?
#2: Danke für die augenöffnende Erörterung von aktuell gültiger Bedeutung von Begriffen! Das habe ich ja gar nicht gewusst, dass man als deutscmuttersprachige Nicht-Forscherin wissen MUSS, was sich in den 1980er Jahren als in der englischsprachigen Rassismusforschung etabliert hat. Ich muss also davon ausgehen, dass ich als Weiße auch bei bestens ausgebildetem Selbst-Bewusstsein und historisierendem Denken unbewusst zum Zwangs-Weißsein verdonnert bin, auch wenn ich mich gar nicht so in meinem Alltag verhalte? Wenn "Weißsein" jedoch gar nichts mit der reellen Hautfarbe zu tun hat und lediglich eine dominante und priviligierte Position innerhalb eines Machtverhältnisses Rassismus meint (Kann Rassismus nicht immer nur Teil eines Macht-Verhältnisses sein und welches genau ist dann der andere Teil? Wenn Rassismus selbst ein Machtverhältnis ist, dann ist innerhalb des Rassismuss die Macht genau wie und auf wen verteilt? Verhältnisse haben doch die Eigenschaft, dass sie nur Bezug setzend vergleichend dargestellt werden können?)
Wenn ich "Weißsein" so verstehen darf wie Sie das hier erörtern, dann müssten ebenso PoC sich angesprochen fühlen von den ihnen zugeschriebenen Selbst- und Identitätskonzepten, die sie in ihrer Selbstsicht und in ihrem Verhalten rassistisch geprägt haben könnten. Dass ausschließlich "weiße Menschen" dominant und privilegiert geprägt sein sollen - natürlich ihnen selbst ganz unbewusst! - spricht gegen Ihre eigene, vollkommen rassismusfreie Behauptung, dass "Weißsein" nicht die reelle Hautfarbe oder biologische Eigenschaft, sondern lediglich eine politische und soziale Konstruktion meint...
Interview Julia Wissert: Lasst es werden!
@ #1-#4: Geht es hier nicht wieder nur um Begriffe? Ich würde immer sagen: Hauptsache, wir behandeln uns gleichwürdig. Also so, dass wir dem anderen sowohl seine volle körperliche Selbstbestimmung SOWIE seine individuelle Perspektive auf Welt und Selbst lassen können. Unterschiede aushalten meint für mich persönlich also vor allem auch das: Dass wir uns quasi "nackt" (und das meine ich hier vor allem auch metaphorisch) gegenübertreten und das Gemeinsame oder Trennende allererst über diesen Prozess herstellen. Hier kommt es mir stattdessen eher so vor, als ob über diesen Diskurs vermeintliche Unterschiede eher zementiert bzw. harmonisiert werden sollen. Von der einen oder der anderen Seite.

Zu sagen, dass das Publikum "weiss" sei, ist für mich persönlich eine festschreibende Kategorisierung. Im Sinne von: Ich kenne das Publikum, ich kenne jedes einzelne Individuum, das da sitzt. Und "Ich kenne dich!" heisst im Grunde: Ich billige dir von vornherein keinerlei Veränderungsbereitschaft zu. Ich beschuldige dich vielleicht sogar (unbewusst) dafür, dass du so bist. Ich sehe dich und die Welt soundso. Ich würde es dagegen als interessanter empfinden, wenn Frau Wissert gesagt hätte, sie wolle ein Theater machen, welches ein heteogeneres Publikum ansprechen wolle als das, welches bisher ins Schauspiel Dortmund gekommen ist. Lassen wir es werden! Und nicht: Ich weiss, dass es mit weiss nichts wird!
Interview Julia Wissert: vorhin vergessen
Und bei allem Gestreite natürlich erstmal einen herzlichen Glückwunsch an Frau Wissert! Hatte ich vergessen, meinem Kommentar voranzustellen.
Interview Julia Wissert: Rassismus anerkennen
hui...
da regen sich, aber einige ganz schön auf, dass die post-colonial studies dazu beigetragen haben, dass man mal genauer über bezeichnungen wie "schwarz(e)" nachdenkt und nicht nur vermeintlich pigmentbeschreibungen betreibt. sie würden doch alle einen menschen mit dunklerer hautfarbe in einer mehrheitlich weißen Menschenmenge als "der schwarze, da." bezeichnen, oder? würden sie das umgekehrt auch machen? mit einem weißen menschen in einer mehrheitlichen schwarzen Menschenmenge? Sie zögern, oder? Warum nur? Ist doch dasselbe?
Ist es nicht und das hat historisch zu strukturen verfestigte gründe. informieren sie sich doch einfach ein bißchen über Rassismus, bevor sie andere darüber belehren. rassismus ist übrigens auch im wesentlichen eine Struktur. und nicht ein bedauerlicher Einzelfall. wie werden weiße - also normale/unmarkierte/nicht-weiter-phänotypische-benannte menschen bei einer Passkontrolle behandelt und wie solche, die nicht-weiß sind. Sie wissen selbst die Antwort. Und ja das gilt nicht in 100% der Fällen. Ein POC-Mann im Anzug wird vielleicht genau so behandelt wie 90% aller Weißen, aber dieser POC-Mann im Trainingsanzug... Sie verstehen es ja sicher. Diese Unterscheidung zu unterschlagen, heißt sie enthistorisieren und sie damit sehr viel schlechter veränderlich zu machen. Anti-Rassismus sollte erst mal da beginnen, dass man anerkennt, dass Rassismus besteht und dass Weiße qua Geburt in dieser historischen Situation auf der Gewinnerseite starten.
Interview Julia Wissert: falsches Theaterbild
(...)
Geht’s noch?
Theater ist eine große Erfindung der Menschheit, weil es scheissegal ist, wer im Publikum sitzt. Hauptsache der Saal ist voll! Wo sind die Theater voll, wo sind die Menschen ergriffen, berührt, wo lachen, wo weinen sie? In soziologischen Exkursen, die nur verlogen und ideologisch kontiert sind, sicher nicht. Das alles ist das Ende des Theaters.
Es zeigt die völlige Unfähigkeit der (Kultur)Politik.
Es zeigt, dass Nachtkritik als Forum nur noch ideologisch funktioniert und sich weit von dem entfernt hat, was Theater als Ort des Seins, der Liebe, des Lebens, der Wahrheit und der Zukunft sein könnte.
Interview Julia Wissert: „weiss“
Soweit ich den aktuellen Diskurs erfasst habe, wird oft angeraten, den Begriff „weiss“ in Anführungszeichen zu setzen, damit klar wird, dass „weiss“ ein umstrittene Zuordnung ist und sich nicht auf Hautfarbe bezieht. Siehe auch das zusammenfassende Buch „Exit Racism“ von Tupoka Ogette. Genau solche Regeln sind aktuell in Verhandlung, was doch auch gut und folgerichtig ist. Wichtig ist einfach nicht immer gleich dem ersten Affekt zu gehorchen
Interview Julia Wissert: Empfehlung zum Einstieg
Ich möchte Menschen wie M.Brendel und "schwarzweißgleich" – sowie der (augenscheinlich) großen Mehrheit der deutschen Theater-Szene – sehr aufrichtig "Deutschland Schwarz Weiß" von Noah Sow als (zumindest) Einstieg in den Rassismus-Diskurs ans Herz legen.

Dieses Buch hat mir sehr geholfen, überhaupt zu verstehen, worum es eigentlich geht. Dass und weshalb es z.B. keinen Rassismus gegen "Weiße" gibt. Dass und weshalb ich nicht "nicht rassistisch" sein sondern lediglich immer wieder und weiter lernen und an mir arbeiten kann, sofern ich als "Weiße*r" in Deutschland aufgewachsen bin.

@Inga: Es geht hier eben nicht nur um Begriffe. Es geht – analog zu den Quoten-Debatten nebenan – darum, dass wir auch und gerade im Theater strukturelle Probleme von Diskriminierung, Ausgrenzung, Unsichtbarmachung und Chancenungleichheit bzw. selektiver Privilegierung haben. Die Begriffe, an denen sich nun wieder alle derart stoßen, dienen wiederum der Sichtbarmachung dieser Probleme.
"Hauptsache, wir behandeln uns gleichwürdig" – das ist – verzeihen Sie – ein Mythos. Das funktioniert nicht. Das ist, wie zu sagen: "Ich kann gar nicht rassistisch sein. Ich sehe keine Farben. Ich sehe nur den Menschen." Das ist (leider) grober Unfug. Es ignoriert die Realität. Und es ist die – in diesem Fall – weiße Selbstbestätigung, nicht aktiv werden oder über sich selbst und das eigene Verhalten nachdenken zu müssen. Das ist, wie wenn nebenan Männer (und Frauen) schreien, die Quote würde Geschlechterungerechtigkeiten nur zementieren statt auflösen.

Ich finde es faszinierend an der Grenze zu grotesk, wie sich Theaterleute auf der Bühne beispielsweise immer wieder lustvoll am Kapitalismus abarbeiten können und auf der anderen Seite propagieren, eine "unsichtbare Hand" des "Wir müssen uns nur alle als Menschen wahrnehmen!" werde die strukturellen Rassismus- und Sexismus-Probleme am Theater schon lösen, ohne dass jemand auf Privilegien verzichten muss.

Und – Inga – Ihr "Von der einen oder der anderen Seite." klingt in meinen Ohren unangenehm deutlich nach D. Trumps "On many sides." bezüglich Charlottesville. Es gibt hier nicht zwei "gleiche" Seiten, die – huch! – irgendwie in einen symmetrischen Konflikt geraten sind, wo beide jetzt gleichermaßen etwas zur Bewältigung beisteuern müssen. Es gibt den aus Jahrhunderten der Sklaverei und des Kolonialismus gewachsenen Rassismus von Weißen gegen Schwarze und PoC. Und es gibt den aus Jahrtausenden der Unterdrückung und Benachteiligung gewachsenen Sexismus von Männern gegenüber Frauen*. Und die jeweils eine Seite, muss jetzt auf Privilegien verzichten, wenn das mit der Chancengleichheit langfristig etwas werden soll.
Sonst können wir uns nämlich diesen ganzen "Die Vielen"-Kram schenken, weil es dann wirklich nur eine glitzernde Hülle bleibt.
Interview Julia Wissert: das war noch nie egal
Und nur, damit der gequirlte Quark von "H.H." nicht völlig unwidersprochen in der Öffentlichkeit stehen bleibt:

"Theater ist eine große Erfindung der Menschheit, weil es scheissegal ist, wer im Publikum sitzt." – Falsch. Falsch. Falsch. Es war – und ich bitte die wahrhaft Studierten im Auditorium, mir zu widersprechen – noch nie egal, wer da saß. Schon im attischen Theater durften z.B. Frauen (wenn überhaupt) nur ganz hinten sitzen und Sklaven (das waren, Sie mutmaßen richtig, hauptsächlich Nicht-Weiße) überhaupt nicht anwesend sein. Das zieht sich dann in gleicher oder ähnlicher Form durch die Jahrtausende bis zum Hochkultur-Klassismus, den wir heute haben. Wir hier oben – die da unten. Tun Sie bitte nicht so, als ob das heute anders wäre.

Reden Sie mit den Menschen, die Theater machen wollen und es trotz Deutschland 2019 tun – z.B. mit alleinerziehenden Frauen*, mit PoC, mit Transmenschen, mit Be_hinderten. Und keine Sorge – diese ganzen "neuen" Begriffe und Sonderzeichen sind bestimmt nicht das Ende der deutschen Sprache.

Apropos Sprache! Wissen Sie, was Sprache aus meiner Sicht aushöhlt? Substanzfreies Geblubber in pathetischer Larvierung. Das Folgende zum Beispiel:
"Theater als Ort des Seins, der Liebe, des Lebens, der Wahrheit und der Zukunft" – aber ohne die sozialen und sonstigen Kontexte, in denen es stattfindet, ja? DAS ist Deutsche IgnoRamantik in Rheinform (yes, pun intended). Das ist wie "Die Stonewashed Jeans für 9,99 € aus Bangladesh als Ausdruck des Ichs, der Anziehung, der Bewegung, der Ästhetik und der Arbeit."

"Früher hat's an Weihnachten ja noch geschneit!"
"Und warum sind jetzt an Weihnachten bloß die Erdbeeren wieder so teuer?!"

Ja, wann wird es endlich wieder so wie es nie war?

Bitte, retten wir das Theater vor seinen Advokaten!

(Jetzt hab ich mich um 23:15 doch auch in Rage getippt. Aber es ist ja auch ein Elend: "soziologische[...] Exkurse, die nur verlogen und ideologisch kontiert sind" … meine Güte.)
Interview Julia Wissert: Privileg des Theaters
@10 und 11

Es macht keinen Sinn Ihnen zu widersprechen, weil Sie keinen Irrtum kennen, geschweige denn anerkennen würden. Schon allein, dass Sie nur mit Stdierten debattierten wollen, macht Sie für das Theater zu einer fragwürdigen Person. Da fehlt jegliche Chance auf andere Einsichten bei Ihnen. Wenn einer Ihnen versuchte zu erklären, dass Theater kein akademischer Ort ist, sondern von einer ganz besonderen Weise des Spiels bestimmt wird, in der eigentlich fast alles auf den Prüfstand kommt und subjektiv widerlegt werden kann, Sie würden dieses Spiel trotzdem objektiv Tatüfisieren wollen. Wenn es einer gar wagte Ihnen nahezulegen, dass Schauspieler und Schausielerinnen gar nicht zwingend in der Tradition des Kolonialismus und des Patriarchats stehen, sondern viele Truppen, bei Moliere angefangen schon sehr Jahrhunderten Gegenteiliges vermuten lassen, der Mann oder die Frau wäre so gut wie sozial tot. Wenn man aber gar behauptete, dass man heutige Generation nicht in Generalhaftung für Verbrechen der Vergangenheit machen kann und speziell nicht am Theater, dann würden Sie auf das Äußerste gehen. Es war und ist ein Privileg des Theaters solche Haltungen, wie Sie sie vertreten in Figuren und Diskurse auf der Bühne einfließen zu lassen, um sie in ihrem Anspruch auf Allgemeingültigkeit bloß zu stellen und lächerlich zu machen. Das war immer ein Aspekt der Befreiung auf der Bühne und dem sollte man weiter folgen, denn dann würden Spezialisten wie Ihnen von der Begriff aus das Handwerk zerlegt. Um dies zu vermeiden, wollen Sie ganze Betriebe von der Leitungsebene her so besetzen und manipulieren, so dass solche Widersprüche erst gar nicht mehr auftauchen können. Es gab immer wieder auch bürgerliche Bühnen, die dieser Leidenschaft des vollkommen unakademischen Volkstheaters nachgingen. Sie aber scheuen keine Mühen dem Theater diese Lust auszutreiben und erheben dabei zugleich den Anspruch einzig und alleine zu wissen, wie sich Bevölkerung diverse auf der Bühne abbilden lässt. Nur Diversität, wie Sie sie verstehen, ist kein Garant dafür Theatertalente zu fördern und zu zulassen. Das Theater lebt zu großen Teilen von Ausnahmetalenten und die richten sich nun einmal gar nicht nach ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion und ihrem Geschlecht. Und weil sie solche außergewöhnlichen Talente sind können sie auf der Bühne auch ihre eigenen gesellschaftlichen Konditionen übersteigen und nahezu alles abbilden. Diese Fähigkeit anzuerkennen gilt es. Und das könnte Sie nicht. Deshalb widersprechen Sie einer der Grundregeln des Theaters, dass dort der Bettler einen Edelmann spielen kann und vieles mehr. Niemand kann sich durch eine Qote oder welche Theorie auch immer in diese Kunst hineinblasen, da irrt Ihre Theorie, die ja leider keinen Irrtum kennt, geschweige denn anerkennt. Da liegt das ganze Problem und Ich hoffe lediglich auf die Theaterfachmenschen, dass sie diesem wiederholten ideologischen und auch bigotten Ansturm, denn es ja fast jedes Jahrhundert mehrfach gab, konstruktiv standhalten.
Interview Julia Wissert: Deutungshoheit angestrebt
Schön, dass aus Ihren Posts deutlich sichtbar wird, worum es Ihnen, Herr Tonndorf, wirklich geht. Es geht ihnen nicht um Dialog auf Augenhöhe, es geht um Deutungshoheit. Sie wollen die Meinungsführerschaft über den Diskurs, obwohl Sie keine Meinungen zulassen, denn nur Sie sind im Besitz der Wahrheit. (...)
Interview Julia Wissert: baldiges Problem
Liebe Leute, anstatt Euch an Kategorien abzuarbeiten die vermeintlich rassistisch sind.
Man kann doch wirklich nicht daran vorbei das die Menschen in deutschen Zuschauersäälen sehr,sehr mehrheitlich weiß und meist auch recht alt sind.
Das ist doch für jeden Menschen der Theater spielen möchte ein Problem für die baldige Zukunft.
Da ist es doch schön, wenn sich jemand dieses Problems annimmt.
Es ist wirklich skurril wie sich hier einige Weiße rassistisch verfolgt fühlen wollen ( das sage ich als kalkweißer ).
Interview Julia Wissert: Regeln des Theaters
Tim Tonndorfs Rage ist absolut gerechtfertigt. Die Fragen der Repräsentanz, wer sprechen kann, wer nicht sprechen kann, wer wie „geframt“ sprechen kann, welche Framings offen rassistisch sind, welche unbewusst rassistisch, welche sexistisch, sind die Fragen, die wir uns nun stellen müssen. Ich gehe ja in meiner Stadttheater-Kritik jeweils noch viel viel weiter als die meisten hier (schon nur diese Idee dieser Regie und Schauspieler*innen, die irgendwas abspulen sollen in Abwesenheit der Regie-Person ist ein imperiale körperfeindliche und sexistische Kulturtechnik, zu der natürlich dann auch alle Rassismen nahtlos hineinpassen, die in solche Framings fast automatisch geschehen müssen). Was Martin Baucks schreibt (das mit diesen „ewigen" Grundregeln des Theaters) ist leider nur eine faule Ausrede, zu der viele greifen, wenn sie die eigenen Privilegien nicht reflektieren wollen. H.H.’s Positionierung muss wütend machen, auch wenn sie intellektuell natürlich nicht wirklich Rage verdient. Baucks Sätze verdienen mehr Beachtung, grad weil sie noch gefährlicher sind mit ihrem Rückbesinnung auf scheinbar ewiggültige Regeln des Theaters.
Interview Julia Wissert: persönliche Attacken
Nur eine (vergleichsweise) kurze Antwort an Sie, Herr Baucks:

Wie auch schon während unseres letzten Disputs beim Thema Machtmissbrauch am Theater, sehe ich keinen Sinn darin, auf Ihre altväterlichen Provokationen und Ihre seltsam persönlichen Attacken gegen meine Person in diesem Kontext einzugehen. Es geht hier am allerwenigsten darum, wie sich zwei weiße Männer darum streiten, wer von ihnen im Irrtum ist. Sobald sich das nachtkritik-Forum auf ein TV-Format ("Menschen bei Merck", "Dialektik mit Diesselhorst", "Haltung aber prekär" o.ä) erweitert, setze ich mich gerne neben Sie auf das Stühlchen und wir können unsere Vorstellungen von Theater und dessen Schaffung im direkten Dialog aufeinanderprallen lassen.

Einzig: Einen Satz von mir bewusst missverstehen und mich damit in eine klassistische Ecke drängen zu wollen, ist exakt der Grund, warum ich Sie an anderer Stelle den Ulf Poschardt dieses Forums nannte.
Der Einschub "und ich bitte die wahrhaft Studierten im Auditorium, mir zu widersprechen" war selbstverständlich eine Offenlegung dessen, dass ich selbst eben nicht (etwa Theatergeschichte) studiert habe und mich deshalb mit meinem Halbwissen bewusst auf dünnes Eis begebe. Mein Studium – Schauspielregie – hat (zumindest an meinem Institut) mit "Akademikertum" so viel zu tun wie das Studium des Amateur-Wrestlings mit einem Proseminar über die literarische Moderne. Und bevor Sie gleich wieder mit dem Finger zeigen – ich meine das in beide Richtungen völlig wertfrei.

Ebenso wenig hat Ihre Suada mit meinen Standpunkten zu tun. Ich spreche von Produktionsbedingungen und Repräsentation – Sie kommen mit "Talenten" und werfen mir vor, "Spiel" "tartüffisieren" zu wollen. Sie können sich noch so sehr einbilden, dass ich der Todfeind des von Ihnen geliebten Theaters bin – das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass Produktionsbedingungen und Inhalte an deutschen Stadttheatern im Jahr 2019 größtenteils weder den diversen gesellschaftlichen Realitäten entsprechen, noch stellenweise den Mindeststandards an menschlichem Miteinander. Und das möchte ich ändern. Mehr nicht. Weil Theater ja was Tolles ist. Und um das zu finden, muss ich – Dionysos sei Dank – auch keiner der "Theaterfachmenschen" sein, auf die Sie so sehr hoffen.
Interview Julia Wissert: schwierig
@ Tim Tonndorf: Ich empfinde es ehrlicherweise als ganz schwierig, hier mit Ihnen zu diskutieren. Denn es ist - wie im Theater auch - kein persönliches Gespräch. In einem solchen kann ich meinem Gegenüber in die Augen schauen. Und bin deswegen vielleicht auch nicht so angriffslustig. Vielleicht habe ich sogar Lust, wechselseitig mimetische Späße zu treiben und gemeinsam darüber zu lachen. Aus Ihren Aussagen lese ich heraus, dass Sie mehr Lust haben, auf Konfrontation als auf Kommunikation zu gehen. Okay, auch das kann passieren.

Ich würde Sie trotzdem gern fragen, warum es nicht geht, im Hier und Jetzt zu bleiben. Das Problem des Anti-Rassismus ist in meinen Augen paradoxerweise, dass er etwas zunächst als unterschiedlich kategorisieren muss, um es dann rassismuskritisch aufzuheben bzw. bewusst zu machen. Und dieses etwas bezieht sich immer auf einen Menschen. Deswegen sehe ich auch keine Farben, sondern den Menschen. Und einen Menschen kann man anhand vieler unterschiedlicher Merkmale beschreiben: Manche wählen die Hautfarbe, manche die Haarstruktur, die Haarfarbe, die körperliche Statur, körperliche Besonderheiten, manche das Alter, manche das Geschlecht, manche die Herkunft/das Milieu, manche die Kleidung oder besondere Accessoires usw. Die Hautfarbe ist dabei ein Merkmal unter vielen. Und für mich kommt es darauf an, ob ich nun über eines oder mehrere dieser Merkmale einem Menschen bestimmte Vorurteile (und jeder Mensch hat solche, auch unbewusst) zuschreibe oder nicht. Für mich muss das aber auch dann noch nicht ein Zeichen dafür sein, dass ich diesen Menschen darüber abwerte. Oder diesen Menschen nur über bestimmte Diskurse wie Kolonialismus oder Sklaverei wahrnehme. Vor allem im Theater, wo Theatermenschen doch sowieso nie direkt und face to face mit jedem einzelnen(!) aus dem Publikum kommunizieren. Ich kann in einem solchen Fall nur projizieren. Und natürlich hat eine Projektion vor allem etwas mit den eigenen Vorurteilen - positive wie negative - oder dem Menschen selbst zu tun, welcher projiziert. Es entsteht das sogenannte "Fremdbild". Ja, fremd, und fremd heisst hier von aussen betrachtet. Ich kenne jemanden nie von innen, das heisst über dessen Selbstbild. Und das Selbstgefühl eines Menschen kommt auch erst zustande, indem er mit anderen kommuniziert. So werden Fremd- und Selbstbild über den dialogischen Prozess entweder annähernd angeglichen oder bleiben getrennt voneinander so stehen. Und zwar, wenn die Kommunikation nicht funktioniert. Ich sehe das alles sehr stark im Zusammenhang mit der Sprache stehend. Insofern muss ich mich korrigieren, natürlich geht es auch um Begriffe. Sprache bildet allerdings nie nur die eine/einzige Wahrheit ab, sondern eröffnet immer unterschiedliche subjektive Perspektiven auf Welt und Selbst. Diese unterschiedlichen Perspektiven müssen immer wieder neu zwischen Menschen vermittelt werden. Manchmal finde ich nicht die richtigen Worte, weil ich jemanden allein über sein Äußeres nicht abwerten will. Manchmal will ich jemanden bewusst beleidigen. Auch, wenn das natürlich nicht schön ist. Aber es sage mir keiner, dass Menschen immer nur gut, wahr und schön seien. Viele kämpfen dafür. Viele wollen es sein. Ja, das stimmt.
Interview Julia Wissert: Diskurse verändern sich
Dem Herrn Tonnendorf ein ausdrückliches Dankeschön für seine scharfsinnigen Beiträge.
Und der Herr Baucks soll sich schämen, aus „die Studierten sollen mir widersprechen“, ein ich spreche nur mit Studierten zu machen. Mensch Baucks, das können Sie als Studierter doch deutlich besser.
Und: Diskurse verändern sich - man muss nicht immer auf der Höhe sein. Sie aber in ihrer Veränderung zu desavouieren, nur weil man gerade nicht mitkommt, ist ein bisschen wie der 12jährige, der Mathe scheiße findet, nur weil sich‘s ihm gerade nicht erschließt.
In diesem Sinne : Bleibt, wach, neugierig und dikussionslustig.
Interview Julia Wissert: zu viele Alte hier
- am Grunde der Diskurse schwimmt ein Fisch/ein Fisch schwimmt am Grunde der Diskurse ein Fisch/der nicht zu fassen ist... (so ähnlich Dirk von Petersdorff vor mittlerweile langer Zeit zu dem Thema "Diskurs" und bisher im Gedicht dazu unübertroffen-) -
Diskurse sind keine Diskussionen, sondern von den notwendigen Diskussionen um die gerade virulentesten existenziellen Probleme ablenkende emotionalisierte - modisch: geframte - Quasselfelder. (Es tut mir leid, wenn diese Behauptung JournalistInnen undoder RegiseurInnen beleidigt, die eines ihrer Haupttätigkeitsfelder darin sehen, Diskurse zu entwerfen, zu etablieren undoder zu bedienen...: Bitte sehen Sie es mir in meiner durch Unterforderung anerzogenen, typisch weiblichen, sonders weißen und daher unabänderlich angeborenen rassistischen, Dummheit nach...).
Den Tonndorf-Vorschlag für nk-TV "Menschen bei Merck", "Dialektik mit Diesselhorst" oder ähnlich finde ich aber echt gut! - Er könnte das ja in eine seiner Inszenierungen integrieren, wenn nk da real nicht aus den Puschen käme. Da kann er sich dann selbst neben Baucks sitzend und mit ihm diskutierend inszenieren und das Publikum wird nicht zu halten sein und seiner Truppe die Bude stürmen, wenn er als Nicht-Akademiker den mit den angesagten Diskursen - schon aus Altersgründen! - nicht mitkommenden studierten Baucks zum 12jährigen Mathescheißefinder zurechtstutzt! Sowieso viel zu viel Alte hier-
Interview Julia Wissert: ätzend
@16

Es ist so ätzend, dass es nunmehr schon seit Jahren hauptsächlich um die eigenen Arbeitsbedingungen geht und kaum noch um das, was außerhalb des eigenen Betriebes und Leben geschieht.
Interview Julia Wissert: nüchtern betrachtet
Schade, dass das Interview mit Julia Wissert wieder die üblichen Schockreflexe auslöst. Dabei lässt sich das ganze doch nüchtern betrachten. Es ist weder ihr, noch Tim Tonndorfs noch mein Bauchgefühl, dass sich unser Publikum zum allergrößten Teil aus weißen bürgerlichen Akademikern zusammensetzt. Dass sich weite Teile der Gesellschaft weder angesprochen, noch eingeladen, noch repräsentiert fühlen, ist in zahlreichen Studien unter anderem der Nichtbesucher- bzw. Audience-Development-Forschung (ja die gibt es tatsächlich) eindeutig nachgewiesen. Dabei stellen sich zwei Fragen: Warum sollte mensch das ändern? Und: Welche Gründe für den Ausschluss unterschiedlicher Milieus gibt es und wie lassen sie sich beheben?

Mögliche ganz unterschiedliche Antworten zu Frage 1:

Ressourcen, die von der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, sollten nicht nur von einer kleinen Gruppe für eine kleine Gruppe verwendet werden

Wer den Anspruch an sich als „Erfahrungsräume der Demokratie“, „Die Vielen“ oder „Kultur für alle“ etc. pp. Erhebt, sollte den auch erfüllen

Kunst, die im eigenen Milieus verhaftet bleibt, beraubt sich um Perspektiven, Impulse und Innovation

Strukturen, die Marginalisierte ausschließen, sind rassistisch, klassistisch, sexistisch usw. Wer kann das wollen?

Frage 2:
Spätestens seit Mark Terkessidis‘ Dreiklang von „Personal, Programm und Publikum“ ist beschrieben, dass es keine reine Frage von Werbung u.Ä. ist, sondern dass sich das Theater auf unterschiedlichsten Ebenen verändern muss, sollte es einzelnen oben genannten Gründen zustimmen. Maßnahmen, Methoden und Ansätze gibt es zahlreiche, Frau Wissert hat ja einige auch angesprochen. Leider hat das deutsche Stadttheatersystem, was das betrifft, wider besseren Wissens bisher versagt.

Toll, dass nun eine neue Leitung explizit mit dem Anspruch antritt, einen „Gegenentwurf“ zu schaffen. Daran werden sie und ihr Team sich messen lassen müssen. Ich hoffe, dass sie die richtigen Leute um sich versammelt und ausreichend Mut, Vision und Durchhaltevermögen mitbringt, um künstlerischen Erfolg und regionale Identifikation und Verankerung zu verbinden. Sollte sie das in einer so vielfältigen, herausfordernden Stadt wie Dortmund einigermaßen schaffen, wäre es ein toller Erfolg, nicht nur für sie, sondern für das Stadttheatersystem insgesamt. ToiToiToi!
Interview Julia Wissert: die eigenen Strukturen
@#19

Das ist erstens schlichtweg eine auf Sand gebaute Behauptung.
Theaterschaffende und Theaterinstitutionen setzen sich auch seit Jahren innerhalb UND außerhalb des Betriebes mit der Frage auseinander, wer und was man als Gesellschaft (vor-) leben möchte. Im öffentlichen Diskurs, auf den Bühnen, in der Kantine, in den Besetzungs- und Konzeptionsgesprächem, in den Städten, in den Zeitunfen, im Netz.
Zweitens beginnen strukturelle Veränderungen und sozialer Fortschritt immer bei einem selbst und in den eigenen Gruppen bzw. Institutionen. Und da uns Theaterschaffenden immer mehr bewusst wird, dass wir mit unserer Gesellschaftskritik auf relativ fruchtlosen Boden stoßen, solange wir die eigenen, dazu im Widersprich stehenden Strukturen nicht anpacken, geraten ebendiese Strukturen selbstverständlicherweise tatsächlich mehr und mehr in den Fokus. Selbstkritik vor Fremdkritik, Herr Baucks, das würde Ihnen hin und wieder sicher auch gut tun.
Nur weil die von Ihnen präferierten Themen gerade nicht im Fokus stehen, diffamiert das noch lange nicht automatisch alle anderen.
Interview Julia Wissert: woher die Angst?
P.S.
Die Häuser sind doch noch voll mit den Khuons, Kušejs, Maldeghems, Schulzes, Bachmanns, Becks, etc pp you name it.
Woher diese grassierende Angst vor dem Versuch eines Gegenentwurfs, wie Frau Wissert es selbst bezeichnet?
Interview Julia Wissert: in den 1970ern
Künstler wie Castorf oder Pollesch sind nicht entstanden, weil es eine Audience-Development-Forschung gab! Wann verstehen sie das endlich?! Neue Kunstwerke ziehen ein neues Publikum an, dessen Zusammensetzung wir noch gar nicht kennen können. So war es in den Siebzigern bei dem Regietheater und so könnte es heute wieder sein. Die Strukturdebatte arbeiten an betrieblichen Stellschrauben, nicht an der Kunst, obschon sie natürlich versucht Künstlern die Inhalte des gewünschten Strukturwandels überzustülpen. Das ist aber keine freie Suche nach neuen Kunstrichtungen, sondern wiederum die gewollte Struktur gibt vor welche Künstler man sucht und welches Publikum man sich wünscht. Mit freier Kunstentfaltung hat das nichts zu tun. Es ist ein durch und durch gelenkter Vorgang und niemand der darauf aufmerksam macht, muss sich dafür schämen.
Interview Julia Wissert: die selbe Falle
die frage ist doch bei alledem gar nicht so sehr, ob die strukturen vermeintlich auf historischen entwicklungen beruhend kolonial-rassistisch-patriarchal-kapitalistisch oder durch mit welchem siegel auch immer versehenen strukturen verseucht sind, oder nicht. das sind fragen, die ein theater ohnehin nicht beantworten kann. die frage ist viel mehr, inwiefern man sich einer antwort auf diese frage (sei sie wissenschaftlich oder eher emotional gefunden) verschreiben kann, ohne allein dadurch schon stinklangweilig zu werden. sowohl positive wie negative beantworter haben beiderseits das narrativ entsprechender antworten begriffen - nun, weshalb sollte man sich dann noch die aufführungen ansehen? das dilemma der bildenden künste unserer zeiten ist, dass das sujet bereits alles ist, der inhalt nicht viel hergibt, und das auch nicht muss, weil dem sujet in seinen folgerungen bereits zugestimmt wurde. bei postkolonialer kunst ist der zu erzielende effekt von vornherein klar. tatsächliche fragestellungen, welche diesem effekt zugrundeliegen, lassen sich von einem theater nicht bearbeiten, weshalb es einzig der effekt ist, der bleibt - und in diesen fällen ist der intendierte effekt ein belehrender, und das ist euphemistisch ausgedrückt. es gibt genug theater, welche innerhalb eines stückes ettliche facetten der menschlichen existenz anzureißen verstehen, und dadurch jeden im publikum erreichen können. ob einem einer ideologischen leitlinie verschriebenen theater dasselbe gelingt, bleibt anzuzweifeln. das typische stammpublikum kommt ja eher, weil es neues über sich selbst in relation zum gesehenen am eigenen leib erfahren möchte, und die besten theater sind die, bei welchen man nicht weiß, woraus das besteht - wozu wichtig ist, dass es nicht an die fassade gepinselt wird. wenn theater innere und äußere diskurse anregen sollte, wäre die frage, inwiefern das ein ideologisch auf linie geschnittenes theater noch könnte, da die diskurse komplizierter und komplexer sind, als die aufführungen je sein könnten. es ist von daher schwer vorstellbar, inwiefern eine der julia wissert youtubegesprächsrunden noch irgendetwas dadurch gewinnen könnten, dass unter entsprechendem leitmotiv theater gemacht wird. und dann ist man in dieselbe falle geraten, wie die bildende kunst: das motiv ist klar, und da die motivgeber der ansicht sind, dass das motiv rechtschaffen genug ist, um zustimmungspflichtig zu sein, geht dabei der prozess theatraler idiosynkrasiefindung verloren.
Interview Julia Wissert: Ressourcen
Lieber Herr Baucks,
inwieweit hat sich das Publikum oben genannten Kriterien nach durch das Regietheater verändert?
Selbstverständlich sind die beiden nicht aufgrund irgendeiner Forschung "entstanden".. Sie sind "entstanden" weil ein riesiges Herr an weißen, in der Hauptsache mittelmäßigen, Männern die entsprechendenden Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen haben, woraus sich die beiden, und ein dutzend andere als herausragend herrauskristallisiert haben. Merken Sie was?
Interview Julia Wissert: Lebendigkeit
@ejb. Also ich arbeitete an Theatern, die besessen von theatralischer Idiosynkrasiefindung waren, aber höchst langweilig, und ganz sicher definiert von patriarchalen, sexistischen und rassistischen Strukturen (die Leiter dieser Theater waren sogar stolz auf diese konservativen Kernwerte). (...) Da ist entgegenzuhalten. Es ist durchaus möglich - ja, sehr viele von uns wissen das aus der alltäglichen Praxis - dass Lebendigkeit, Humor, Sinnlichkeit und Spass am Medium Theater nicht gebunden sind an die Beibehaltung überkommener Strukturen und einseitiger Zusammensetzung der Leitungen dieser Theater. Manchmal könnte man meinen, dass sie das meinen. Meinen sie das?
Interview Julia Wissert: Kunsthochschule
@27: es gibt eben auch menschen, die vor lauter orientierungslosigkeit unbedingt denjenigen brauchen, welcher in dasselbe horn bläst, wie alle anderen. dieses horn ist eine modeerscheinung, die sich auf einen gewissen sozialen rahmen begrenzt, der an den kunsthochschulen heruntergebetet wird, und der in seinen banalsten ausformungen zu abenden mit armen avanessian oder dem selbstverständnis von mancheinem führt, wir alle fänden aktionen wie 'die vielen' befürwortenswert, oder aber, das relevanteste an der volkbühne sei jetzt, wie man da unisextoiletten installiert. manch ein clown mag einem worte in den mund legen, wie das nichtübereinstimmen als strukturbewahren zu verstehen ist - tatsächlich geht es lediglich um die vermeidung des brechreizes, der sich nunmal bei manch einem einstellt, wenn er immer wieder dieselben floskeln zu hören bekommt. es soll menschen geben, welche die ansicht gar nicht teilen, dass die strukturen einseitig zusammengesetzt wären, stattdessen selbst zu dem urteil kommen, dass besetzungen wie die von frau wissert zum einheitsbrei gehören. und es wird auch nicht spannender, wenn man wiederholt behauptet, dass irgendein theater 'ganz sicher definiert von patriarchalen, sexistischen und rassistischen strukturen' ist, denn wir haben schon festgestellt, dass wir die statistik anderweitig interpretieren, und uns auf anekodtische evidenz nicht einlassen wollen, weil wir da ebenfalls unterschiedlich interpretieren. und selbtredend bin ich der ansicht, dass hochwertiges theater aus der freiheit der strukturen besteht, welche ich im gegenwertigen zustand sehr viel verwirklichter sehe als durch ideologisch auf linie gebürstetes kunsthochschultheater. die frage bricht sich an diesem video: https://www.youtube.com/watch?v=G_rdsP2bwZw&t=1078s kann man sich die floskeln, das phrasengedresche länger als 10 minuten anhören, oder nicht. ich für meinen teil gehe nicht in theater, vortragskräume, kinos, galerien, wo ich mir derartige plattheiten zum tausendsten male anhören muss. und keineswegs möchte ich, dass jemand, der zu derartig identitätslosem wiederholen ideologischer phrasen befähigt ist: es gibt keine deutsche realität, es gibt kein echtes weißsein, deshalb lasse ich einen deutschen text rein mit schwarzen spielen... wow wow wow. das phantastische ist ja der irrglaube, dass durch die derartige besetzung von personalien irgendwelche strukturen gesprengt würden, wobei es sich nur um den letzten abgeschmackten auswuchs ebenjener strukturen handelt, die man vermeintlich abzuschaffen trachtet. frau wissert, frau recke - wie haben die gelebt, was ist deren werdegang, warum erzählen sie denselben postiquark wie alle anderen kunsthochschüler auch, die mal kurz bei foucault reingeschaut haben, weil ihre dozenten das wollten. da sitzen zwei vollständig assimilierte kunstblasenmädels, bei denen wir das gefühl bekommen dürfen, sie würden von etwas substantiellem reden, wenn sie dieselben phrasen dreschen wie alle anderen, nur weil sie anderweitig pigmentiert sind - im innern aber weißwurstweiß. man muss erst beinhartes othering betreiben, um meinen zu können, dass einem das lauschen derartiger gespräche irgendeinen gewinn bringen könnte.
Interview Julia Wissert: Link
Habe mir www.youtube.com/watch?v=G_rdsP2bwZw&t=1078s angesehen. Sehr gutes Gespräch. Alle deutschen Stadttheater sollten Intendantinnen wie Julia Wissert haben. Dann können sie vielleicht wieder interessant werden.
Interview Julia Wissert: zu viel Theorie
@ejb In gewisser Weise ist da etwas dran, was Sie sagen. Zu viel Phrasendrescherei überall, zu viel Theorie. Umso besser, dass jetzt mal jemand rangelassen wird, die das Ganze mit Leben füllt. Ein neuer praktischer Ansatz, eine neue Perspektive. Frau Wissert muss sich intellektuell vor niemandem verstecken (sie als weißtwurstweiße Foucaulthalbwissende darzustellen ist ja schon etwas lächerlich - auch wenn von den Leuten genug rumlaufen..) Mal sehen, was jetzt an künstlerischem Output rauskommt.
Interview Julia Wissert: Fragen
@ejb. Ich weiss ja nicht, wer oder was ihnen da was angetan hat, dass sie solche Töne anschlagen müssen. Es ist ja nicht so, dass ich keinen Grund sähe, die Leblosigkeit oder gar Konformismus eines akademischem Betriebs zu kritisieren, ja, wie auch #30 sagt: mag sein, dass vielleicht manchmal auch zu viele Phrasen gedroschen werden, aber eben: genau diese Phrasen dreschen nun vor allem sie mit ihrer absolut megakonformen und voll in den Mainstream des Trollismus hineinpassenden Häme gegenüber "Unisex-Toiletten". Ein banaleres Beispiel kann man ja in dem Diskurs fast nicht bringen, da können sie drum herum noch viele andere geistreiche Phrasen dreschen. Dass sie grad dieses Beispiel herauspicken, lässt tief blicken, stülpt ihre tiefe Verletzung und ihr Ressentiment nach aussen. Man fragt sich manchmal schon durch wen oder was sich Menschen wie Sie bedroht fühlen. Ist es tatsächlich so, dass sie durch den Karriereschritt von Julia Wissert verdrängt werden könnten? Fast wirkt es so, als hätten sie nun etwas zu verlieren, irgendeine Handlunsgsfreiheit, die sie bis vor kurzem noch hatten. Nur: In was bestand diese Handlungsfreiheit? Über Unisex-Toiletten spotten zu dürfen, ohne dafür kritisiert oder belächelt zu werden? Ich weiss es nicht. Sagen sie es mir.
Interview Julia Wissert: lieber pöbeln
Erstens: Herzlichen Glückwunsch an Frau Wissert
Zweitens: Gibt es sprachlich ein männliches Pendant zum Begriff „Kunstblasenmädels“? Frage für einen Freund.
Drittens: Den Werdegang von Frau Wissert (und Frau Recke) kann man vielerorts nachlesen, z.B. am Anfang des Artikels. Aber lieber Pöbeln, ne.
Viertens: Vermutlich ist es das Problem von Menschen wie ejb dass es um Inhalte geht statt breitbeinigem Afterparty-Smalltalk (‚wie haben die gelebt?‘). Zusatzfrage: was qualifiziert „Hans-Peter“, der so sympathisch ist weil er auch den kleinen Plattenladen im Hinterhofkeller in Neuseeland kennt, oder sich neben einem Schriftsteller fotografieren lässt dazu inhaltlich hochwertige Arbeit zu liefern?
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