Presseschau vom 1. Juli 2019 – taz und nd berichten von rassistischen Vorfällen am Theater an der Parkaue Berlin
Rassismus, schon wieder
Rassismus, schon wieder
1. Juli 2019. Die taz (online 30.6.2019) und das neue deutschland (online 1. 7.2019, 14:43 Uhr) berichten über rassistische Diskriminierungen am staatlichen Berliner Theater an der Parkaue im März des vergangenen Jahres.
Eine "afrodeutsche Schauspielerin" hatte während der Proben die Produktion "Die Reise um die Erde in 80 Tagen" verlassen, weil der Regisseur Volker Metzler, damals Schauspieldirektor und stellvertretender Intendant der Parkaue, sie mehrfach rassistisch adressiert hatte. Die rassistische Stimmung habe im weiteren Verlauf der Proben auch andere Teile des Ensembles ergriffen. Nach mehreren Klärungsversuchen habe die Schauspielerin die Produktion (taz) / das Theater (nd) verlassen.
Erst jetzt sei die Schauspielerin zu einem Gespräch mit der taz bereit gewesen. Sie habe Angst vor beruflichen Nachteilen, wolle aber Kolleg*innen in der selben Situation Mut machen, sich derartige Beleidigungen nicht mehr gefallen zu lassen.
Stammtisch
Volker Metzler habe sich privat in einem Brief an die taz und das nd zu den Vorwürfen dahingehend geäußert, dass es "zur Verwendung des N-Wortes ausschließlich im Kontext mit der inhaltlichen Auseinandersetzung des Stückes" gekommen sei.
Die damals zuständige Dramaturgin Almut Pape, die sich der taz gegenüber ebenfalls schriftlich geäußert habe, schildere jedoch, "dass im Laufe der Proben" ein fließender "Übergang vom Theoretisieren über Rassismus in dessen Praxis" stattgefunden habe, es habe sich eine Art "Stammtisch-Atmosphäre" eingestellt.
Konsequenzen
Im Juli 2018, so berichtet die taz weiter, habe das Theater personelle Konsequenzen gezogen und Volker Metzler eine "fünfseitige Abmahnung" erteilt, "in der das Wesen von Alltagsrassismen aufgeschlüsselt wurde". Die Inszenierung sei allerdings erst im April dieses Jahres aus dem Repertoire genommen und Volker Metzler freigestellt worden. Seine Anstellung an der Parkaue werde "in beidseitigem Verständnis" zum August beendet. Die offizielle Begründung für die Absetzung des Stückes lautete, dass sich ergeben habe, "dass die gezeigte Bearbeitung der europäischen Kolonialgeschichte teilweise ungenau bzw. undifferenziert ist und damit missverständlich sein kann", so Intendant Kay Wuschek zum nd.
Offener Brief ehemaliger Mitarbeiter*innen ders Theaters an der Parkaue
Inzwischen kursiert auf facebook ein Offener Brief, den "frühere Mitarbeiter*innen" der Parkaue an Kultursenator Klaus Lederer geschrieben haben. Darin wird "ein Klima der Angst" an der Parkaue beklagt, das auf Kay Wuscheks Führungsstil zurückzuführen sei. "In dieser Atmosphäre gedeihe auch Sexismus", schreibt das nd über ein Gespräch mit den Verfasser*innen. Weiterhin monieren die Verfasser*innen, die "aus Angst vor beruflichen Nachteilen in der eng vernetzten Theaterszene" anonym bleiben wollen, dass die Parkaue erst auf "medialen Druck hin" ein Jahr nach den rassistischen "Vorkommnissen" Konsequenzen gezogen habe.
Die Verfasser*innen kritisieren weiter die mangelnde Nachbereitung des Falles durch Intendant Kay Wuschek. Auch habe Wuschek wenig Interesse für die Förderprogramme für Diversitätsentwicklung aufgebracht, die das Haus selbst beantragt habe. Im Gespräch habe Wuschek seinerseits erklärt, so die taz, das Haus sei inzwischen "auf einem guten Weg". Die Theaterleitung habe eine zweitägige Fortbildung zu Diversität am Theater absolviert, während die Belegschaft bei Sensibilisierungsworkshops für Alltagsrassismen mitgemacht habe. Auch sei eine Stelle für eine Diversitätsagentin geschaffen worden.
Aus dem Offenen Brief an den Kultursenator geht allerdings hervor, dass der Intendant bei der letzten Spielzeiteröffnung zwar alle neuen Mitarbeiter*innen, nicht aber die Diversitätsprogramme oder die Diversitätsagentin vorgestellt habe. Auch habe Wuschek an dem von der Diversitätsagentin vorgestellten Workshop selber nicht teilgenommen.
Intendant entwarf den Wertekanon des Bühnenvereins mit
Auf einen ersten Fragenkatalog des nd hin habe er zum Thema Diversität am Theater schriftlich erklärt: "Bereits seit 2005 war für das Theater an der Parkaue der Begriff kulturelle Vielfalt Zentrum seiner Arbeit." Als Mitglied der Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins habe er an der Entwicklung des "Wertebasierten Verhaltenskodexes zur Prävention von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch" mitgewirkt. "Auf Fragen zu seinem eigenen Umgang mit den Diversitätsprogrammen am Theater äußert er sich nicht", schreibt das nd.
Kulturverwaltung macht Druck
Das nd schreibt weiter, "in Reaktion auf den Vorfall um die Schauspielerin führte die Senatsverwaltung für Kultur im Oktober 2018 Gespräche sowohl mit ihr als auch dem Intendanten." Außerdem habe sie sich mit einem Brief an alle "institutionell geförderten Kultureinrichtungen" gewandt. Unter der Überschrift "Machtmissbrauch in Kultureinrichtungen verhindern" habe die Kulturverwaltung deutlich gemacht, dass "Machtmissbrauch, Diskriminierung und sexuelle Belästigung nicht zu tolerieren" seien. "Das Schreiben und ein beigefügter Leitfaden zum Umgang mit Machtmissbrauch sollte allen Mitarbeiter*innen zur Kenntnis gegeben werden."
(taz / nd / jnm)
Für den Berliner Tagesspiegel (3.7.2019) greift Kulturressortleiter Rüdiger Schaper den Fall auf und schreibt: Dass Maya Alban-Zapata "überhaupt als auffällig oder anders empfunden werden kann, ist der eigentliche Skandal".
In einer Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung (5.7.2019) legt das Theater an der Parkaue dar, wie es aus seiner Sicht auf die rassistischen Vorfälle reagiert hat und wie das Haus künstlerisch sowie strukturell mit den Themen Rassismus und Diskriminierung umgeht. "Aus heutiger Sicht wissen wir, dass die Aufarbeitung der rassistischen Diskriminierung klarer und die personalrechtlichen Konsequenzen in kürzerer Zeit hätten umgesetzt werden müssen", heißt es in dem ohne Unterzeichnende über die Kommunikationsabteilung versandten Schreiben. "Vor allem hätte es unmittelbar zu einer öffentlichen Entschuldigung des Hauses kommen müssen. Wir bedauern es sehr, dass der Eindruck entstanden ist, dieser Vorfall würde nicht mit der nötigen Priorität behandelt."
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War neulich im Grips Theater, sowohl das Team auf und hinter der Bühne sowie die Zuschauer*innen (überwiegend Kinder) sind sehr diverse.
Es geht darum, mehr BIPOC-Theatermacher*innen zu fördern und zu fordern, damit wir alle mehr Namen kennen...
feststellen musste, dass dort nur trickreich verhandelt wird und zum Nachteil des Schauspielers. Man könnte es als einen Versuch werten die Mindestgage zu unterlaufen oder zumindest Standards nicht zu erfüllen. Es werden einem am Ende Verträge als „improvisierender Musiker“ angeboten, obwohl man als Schauspieler, der auch Akkordeon spielen kann, angefragt wurde, nur um tarifübliche Bezahlungen zu unterlaufen. Es folgen Passagen im Vertrag, dass man den Anweisungen der Regie folge zu leisten und mit gelerntem Text zu erscheinen habe. Mich wundert da gar nichts und glaube gerne der Darstellung von Frau Maya Alban-Zapata. Insgesamt wird man eher als unmündig behandelt.
es kann doch nicht sein, dass das Verhalten der Theaterleitung ohne größere Konsequenzen bleibt. Wenn die Leitung courage hat und ehrlich zu sich selbst ist, dann sollte diese auch zurücktreten. Und dazu gehört neben Intendant Kay Wuschke ebenso der Geschäftsführende Direktor & Stellvertreter des Intendanten Florian Stiehler. Es kann doch nicht sein, dass hier ein rassistischer Skandal offengelegt wird und auf Nachtkritik interessiert es niemanden... Wenn an der Volksbühne ein Sack Reis umfällt drehen in diesem Forum alle durch. Wenn es aber um krasse Missstände geht - dann herrscht hier betretenes schweigen.
Gruß
Christian Müller
Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung
THEATER AN DER PARKAUE – Junges Staatstheater Berlin
Das THEATER AN DER PARKAUE und seine Mitarbeiter*innen stehen ein für eine tolerante und vielfältige Gesellschaft.
Wir sind, über ein Jahr nachdem die rassistische Diskriminierung von Maya Alban-Zapata stattgefunden hat, immer noch tief betroffen darüber, dass so etwas an unserem Haus möglich war.
Wir verfassen diese Stellungnahme, da in der medialen Berichterstattung über die rassistische Diskriminierung der Eindruck entstehen könnte, dass wir keine Konsequenzen gezogen haben.
Der Schauspieldirektor Volker Metzler wurde für sein Fehlverhalten sowie seine unzureichend wahrgenommene Verantwortung abgemahnt und sein Vertragsverhältnis inzwischen beendet.
Uns wurde durch diesen Vorfall deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, sich mit den Themen Rassismus, Sexismus und Machtmissbrauch auseinanderzusetzen. Wir sehen es als fortwährende Aufgabe an, uns als Institution strukturell und individuell für eine angstfreie und respektvolle Kommunikation einzusetzen, sensibel für alle Formen von Diskriminierung zu sein und Diskriminierungserfahrungen ernst zu nehmen.
Auf der Bühne und in verschiedenen theaterpädagogischen Formaten setzen wir uns künstlerisch und inhaltlich mit den Themen Rassismus und Diskriminierung sowie aktuellen Fragen unseres Zusammenlebens auseinander. Hinter der Bühne arbeiten wir an einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsstrukturen, der Entwicklung einer konstruktiven Kommunikationskultur und dem Angebot von organisierten Austauschmöglichkeiten.
Um das umzusetzen, fanden und finden Fort- und Weiterbildungen für alle Mitarbeitende statt. So nahmen Intendant und Geschäftsführender Direktor an einer Fortbildung zum Thema »Vertrauensvolles Miteinander schaffen« vom Deutschen Bühnenverein teil. Mitarbeiter*innen der Dramaturgie besuchten den Workshop »DECOLONIZE YOUR MIND – Koloniale Kontinuitäten sichtbar machen!«. Mit der Theaterleitung und den Abteilungsleiter*innen wurde eine zweitägige Fortbildung zum Thema »Der andere Blick – Diversität und Diskurs am Theater« durchgeführt. Es fanden Sensibilisierungsworkshops zum Thema Alltagsrassismus für die gesamte Belegschaft mit dem Mobilen Beratungsteam Berlin statt. Verschiedene Mitarbeiter*innen nahmen und nehmen an Weiterbildungen zu vielfaltssensibler Personalpolitik und Audience Development teil sowie an Kommunikationsschulungen der Verwaltungsakademie speziell für weibliche Mitarbeitende. Halbjährlich findet ein Tag zur Strukturentwicklung für die gesamte Belegschaft des Theaters unter externer Moderation statt.
Wir sind uns bewusst, dass diese Schritte nur der Anfang eines fortdauernden Prozesses sind und wir wollen mit diesen und zukünftigen Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass die aktuell diskutierten Vorfälle nicht wieder an unserem Theater passieren.
Aus heutiger Sicht wissen wir, dass die Aufarbeitung der rassistischen Diskriminierung klarer und die personalrechtlichen Konsequenzen in kürzerer Zeit hätten umgesetzt werden müssen.
Vor allem hätte es unmittelbar zu einer öffentlichen Entschuldigung des Haues kommen müssen.
Wir bedauern es sehr, dass der Eindruck entstanden ist, dieser Vorfall würde nicht mit der nötigen Priorität behandelt.
Diversitäts- und Organisationsentwicklungsprozess
Das THEATER AN DER PARKAUE hat sich vor etwa zwei Jahren zu einem internen Diversitäts- und Organisationsentwicklungsprozess entschieden. Im Zuge dessen wurden auch die oben genannten Maßnahmen angestoßen. Außerdem wird das THEATER AN DER PARKAUE durch das Programm »360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft« der Kulturstiftung des Bundes gefördert, um Unterstützung bei der organisatorischen Entwicklung auf dem Weg hin zu einem kulturell vielfältigeren Kulturangebot zu bekommen. Antrag und Förderzusage im Rahmen des Fonds 360° erfolgten unabhängig von und vor dem hier genannten Vorfall. Die 360°-Agentin begleitet das Theater seitdem bei seinen Schritten, in Programm, Personal und Publikum eine kulturell vielfältige Stadtgesellschaft einzubeziehen.