Der Theaterpodcast (17) - Wie Theater im Osten sich angesichts des raueren politischen Klima positionieren
Wirtschaftswunder, Winnetou und Wurst?
5. September 2019. Ist der Ton rauer geworden? Hat sich der gesellschaftliche Diskurs durch den erstarkenden Rechtspopulismus verändert – und müssen die Theater darauf reagieren? Das hat MDR Kultur die Theaterintendantinnen und -intendanten öffentlich geförderter Häuser in seinem Sendebereich gefragt: in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Worauf müssen sich Kulturinstitutionen nach den Stimmenzuwächsen für die AfD einstellen? Im Theaterpodcast #17 sprechen Susanne Burkhardt und Elena Philipp über diese Intendant*innen-Umfrage mit MDR-Opernredakteurin Bettina Volksdorf.
Identitätsbildend kann Theater wirken, darin stimmt die Mehrheit der befragten Theaterleiter überein. Wobei sie mit Identitätsbildung weniger die Besinnung auf "Wirtschaftswunder, Winnetou und Wurst" (wie die AfD Thüringen den leitkulturellen Heimatbegriff umriss), als vielmehr die Überwindung von gesellschaftlichen Spaltungstendenzen und den Beitrag zur Persönlichkeitsbildung: "Die Befähigung zur empathischen Persönlichkeit ist Ziel der Kultur", formuliert Christoph Dittrich vom Theater Chemnitz.
Etliche Theaterleiter setzen auf den positiven Dialog und konstruktives Miteinander, um Akzeptanz zu schaffen und Abgrenzung nicht zu forcieren, so etwa Roland May vom Theater Plauen Zwickau. Andere verstehen ihren Auftrag kämpferisch: "Eine Re-Nationalisierung sowie eine mythische Überzeichnung von 'Volk' und 'Nation' wird es am Theater nicht geben", lässt Ralf-Peter Schulze vom Mittelsächsischen Theater Freiberg Döbeln in der Intendantenumfrage wissen. In Freiberg kam es bereits zu einem vieldiskutierten Fall politischer Einflussnahme. Vom verstärkten "Druck von rechts" auf Kulturinstitutionen kündet auch eine vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg veröffentlichte Dokumentation von ARD und Süddeutscher Zeitung.
Mit einer Würdigung endet der Theaterpodcast #17: Die Münchner Kammerspiele sind Theater des Jahres, und sie stellen mit "Dionysos Stadt" auch die Inszenierung des Jahres. Auf der Bühne stehen in Christopher Rüpings Antiken-Überflug zudem der Schauspieler des Jahres, Nils Kahnwald, neben der Nachwuchsschauspielerin des Jahres, Gro Swantje Kohlhof. Erfährt Intendant Matthias Lilienthal nach erheblichem Gegenwind nun Anerkennung auf ganzer Linie – oder ist das Ergebnis der Kritikerumfrage von "Theater heute" eine versöhnliche Geste angesichts seines bevorstehenden Abschieds aus München?
Ein Podcast in Zusammenarbeit mit Deutschlandfunk Kultur
Die politische Einflussnahme auf das Theater Freiberg untersuchte Michael Bartsch auf nachtkritik.de: Am Beispiel Freiberg – Wie die AfD in Sachsen in die Gestaltungsfreiheit von Theatern hineinzuregieren versucht.
Für einen weiteren Einblick in die Praktiken kulturpolitischer Einflussnahme: Interview mit Bianca Klose, Geschäftsführerin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, über ihre Broschüre "Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts"
Hier geht es zu der Recherche "Druck von rechts" von ARD und Süddeutscher Zeitung.
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