Polleschs Dreigroschenoper

von Christian Rakow

Berlin, 9. Oktober 2019. Rückblende ins Jahr 2012 an die Volksbühne zu Fabian Hinrichs und René Polleschs längst legendärem Solo-mit-Chor-Abend Kill Your Darlings. Was haben wir seinerzeit gelernt? Wenn Du eine Riege Turner in aschfahlem Licht auf Matten vor sich hinmachen lässt, dann zahlt kein Besucher dafür 45 Euro, dann ist das allenfalls: "Mehrzweckhalle". Aber wenn es um die Turner herum glitzert und funkelt und Musik von Jean Michel Jarre schmeichelt sich herein, dann bekommt das alles einen "Sinn", einen "Mehrwert", dann erscheint er: der "Geist des Kapitalismus". So lehrte es Fabian Hinrichs in einer der memorablen Szenen jenes Abends.

Jetzt ist das unerschrockene Duo also weitergezogen, dorthin, wo man vor lauter Glitzern und Funkeln kaum geradeaus gucken kann: in den Friedrichstadt-Palast, den Show-Olymp Berlins, das Las Vegas an der Spree. Lichterketten säumen die Fassade, im Foyer wird ein SUV beworben. Wir sind am Hochaltar der Mehrwertproduktion. Sekt hier, Häppchen dort. Draußen stehen zahllose Menschen mit "Suche Karte"-Schildern. Die Berliner Presse hatte sich vorab in Superlativen überschlagen: Hinrichs und Pollesch im Palast, die "Überraschung der Saison".

Alle Entertainmentregister ziehen

Was kann das werden? "Glauben an die Möglichkeit der völligen Erneuerung der Welt" heißt dieser Streich polleschgewohnt sperrig. Klingt ein wenig nach Bertolt Brecht und definitiv nicht nach den exotisierenden One-Wordern, die am Palast gepflegt werden ("Yma", "Qui", "Vivid", so heißen die Revuen hier). Aber wenn dieser Abend eine Nähe zu Brecht hat, dann allenfalls zu dem der "Dreigroschenoper", der alle Entertainmentregister zog und seinen Marxismus tief im doppelten Boden stecken ließ. Pollesch und Hinrichs sind nicht gekommen, um Beschwerde zu führen, sondern um dem Verblendungszusammenhang liebevoll in die Augen zu schauen.

Glauben 1 560 Foto William Minke uFabian Hinrichs goes Palast: in Ganzkörpergold und gerahmt von den Tänzern der Palast-Compagnie © William Minke

Schlaksig entert Fabian Hinrichs die riesige leergeräumte Palast-Bühne. Er humpelt, hat sich offenbar den Fuß verstaucht, und witzelt, dass das nun nicht die besten Voraussetzungen seien, um diese 38 mal 37 m große Bühne (die weltgrößte Theaterbühne, wie der Palast vollmundig wirbt) allein zu bespielen. Zumal dann und wann auch noch getanzt werden muss. Aber Unmöglichkeiten und Maßlosigkeiten sind durchaus Hinrichs' Metier.

Emanzipation in der Show-Welt

Und also legt er los, weitestgehend ohne Mikro (irre!), in dem drängenden, beschwörenden, von leichtem Lächeln umrankten Erzählton, den er seit dem Verblendungszusammenhang 2010 vervollkommnet hat. Er spricht von tiefer Einsamkeit und Verlassenheit, vom Fehlen des sozialen Verbands, was sogleich einen hübschen Witz ergibt, weil sich ihm bald 27 Tänzer*innen der Palast-Compagnie beigesellen, ihn choreographisch umspielen, sogar einmal mit ihm gemeinsam die unvermeidliche Girlsline (mit Boys) formen werden.

Glauben 2 560 Foto William Minke uVon wegen Beinreihe: mit René Pollesch als Regisseur agieren selbst Friedrichstadtpalast-Tänzer als entkernte Performancegruppe © William Minke

Wer die aktuelle Palast-Show "Vivid" kennt, ist klar im Vorteil. Polleschs "Glauben" scheint in guten Teilen als Kommentar angelegt zu sein. Nicht nur in den diversen Zitaten von Kostümbild, Choreographien und Elementen des Set Designs von Bühnenbildner Michael Cotten. Sondern vor allem in der Motivgebung. In "Vivid" wird die Revue von einer Emanzipationsgeschichte gerahmt, in der sich ein Mädchen von ihrem Vater ablöst und sich durch die Sprache der Showkunst entflammen lässt.

Geschichten vom Erwachsenwerden

Hier haken Pollesch und Ko-Regisseur Hinrichs ein. Genüsslich schlendert Hinrichs ins Auditorium und trägt den zweitausend Premierengästen skurrile autoaggressive Kindheits-Erinnerungen vor, Berichte eines vom Vater malträtierten Außenseiters: "Es war so dunkel, Vater. Dein Zuhause war so dunkel." Wobei hier gar nicht erst kaschiert wird, dass für die in der Sache deprimierenden, im Ton allerdings unbeschwerten, lakonischen Texte Songs von Morrissey und anderen Pate standen. Pollesch spielt mit der Ambivalenz, dass Leidenserfahrungen im Showkontext sogleich den Mehrwert einer "rührenden Geschichte" abwerfen. Er führt es vor, ohne dabei irgendetwas zu denunzieren.

Der Abend verneigt sich vor den Traditionen des Friedrichstadt-Palasts, bringt Laser-Show, sagenhafte Tanzeinlagen, schmuggelt kabaretthaft Reminiszenzen an die Vorwende-Tradition des Hauses rein und streut dann zarte Verweise auf den Vereinzelungszusammenhang des Kapitalismus, auf diese große Entsolidarisierungsmaschinerie. Der Chor der Tänzer*innen changiert entsprechend zwischen homogenem Show-Act und wundervoll entkernter Performancegruppe, die sich im Nirgendsein einnistet: Alle steigen drängelnd auf eine futureske Brücke und wieder hinab, lungern drunter rum. Under the Bridge. Ein Hauch von Mehrzweckhalle im Friedrichstadt-Palast. Auch das gibt's.

Let it shine

Hinrichs und Pollesch haben den gültigen Nachfolger für "Kill Your Darlings" geschaffen, erzählerisch, entspannt entertaining, mit einem guten Schuss Selbstzitat und Fremdzitat, beste Balance. Im Finale fahren sie noch einmal mächtig auf. Das Friedrichstadt-Ensemble erscheint mit den Lichtsichel-Helmen der "Vivid"-Show und Hinrichs schwebt vor einem Sternenhimmel. Die Lichter werden abgeschaltet, nur Hinrichs glänzt noch in seinem goldenen Ganzkörperanzug und erhöht sich: "Es gibt ein Licht, das niemals ausgeht." Let it shine!

 

Glauben an die Möglichkeit der völligen Erneuerung der Welt
von René Pollesch mit Fabian Hinrichs
Regie und Autor: René Pollesch, Co-Regie: Fabian Hinrichs, Bühne/Teilnutzung des Bühnenraums der VIVID-Show von Michael Cotten, Kostümdesign: Tabea Braun und Kostümbildner der VIVID-Show Stefano Canulli, Philip Treacy, Lichtdesign: Olaf Eichler, Sound: William Minke, Produktionsleitung & dramaturgische Mitarbeit: Esther Preußler, Choreographische Beratung: Alexandra Georgieva, Souffleuse, Katharina Popov, Produzent: Dr. Berndt Schmidt.
Mit: Fabian Hinrichs und 27 Tänzer*innen der Palast-Compagnie des Friedrichstadt-Palasts: Théa Barnwell, Azama Bashir, Mirela Bauer, Marten Baum, Anastasiya Berlovich, Paolo Busti, Valeria Ciampi, Emanuele Corsini, Ezzat Wahid Ezzat Abdelmoty Gamel, Dimitri Genco, Lisa Jost, Marcello Letizia, Robert Machamud, Gréta Nagyová, Anudari Nyamsuren, Gioia Pangallozzi, Beatrice Piastra, Pavel Pukha, Sofia Schabus, Irina Spiridonova, Chelsea van den Berg, Emanuele Vignoli, Filip Vereš, Hanna Woldt, Justyna Woloch, Christine Wunderlich, Zahari Zahariev.
Premiere am 9. Oktober 2019
Dauer: 1 Stunde 15 Minuten, keine Pause

www.palast.berlin

 

Kritikenrundschau

Wolfgang Höbel schreibt auf Spiegel Online (online 10.10.2019): Es sei eine Inszenierung, "in der getanzt, tolle Musik gespielt und von der Schlechtigkeit der Welt gesprochen wird". Das sei ganz von der Art wie Brecht und Weill einst in der "Dreigroschenoper" "gesellschaftskritisches Sprechtheater und Oper zu einer grandiosen neuen Bastardkunstform zusammenrührten". Die Begegnung von Pollesch-Volksbühne mit dem ostigen Friedrichstadt-Palast sei nicht ohne Risiko gewesen. Doch zeuge die Aufführung nicht nur von "bewundernswerter Chuzpe, historischem Bewusstsein und Cleverness", sondern auch von "einer phänomenalen Kunstbegeisterung". Der Stücktext berichte "erstaunlich geradlinig" von "lauter Einsamkeitserfahrungen". Die Musik bestehe aus "lauter Gassenhauern", während der "scheinbar strahlenden Showeinlagen" aber ergäben sich "immer wieder irritierende Bilder". Trotzdem böten die 70 Minuten "hinreißendes und keineswegs besonders verstörendes Entertainment".

Janis El-Bira schreibt in der Berliner Zeitung (online 10.10.19): Das "Palast-Gastspiel" von Pollesch und Hinrichs verhalte sich wie ein Fortsetzungsstück zu Polleschs "Kill your Darlings! Streets of Berladelphia" von 2012. Wieder sei "Einsamkeit das Thema". Pollesch habe einen seiner bisher "melancholischsten, zugewandtesten Texte" geschrieben, "weit weniger diskursgeschüttelt und manchmal durchaus zuckriger" als seine jüngeren Arbeiten. Er nehme den Friedrichstadt-Palast ernst und wisse um "die Verwandtschaft seines E-Theaters mit dem großen U". Doch seien die "begnadeten Tänzerinnern und Tänzer" zwar Masse, aber nicht "Ornament", eher "Kollektiv". Hinrichs beteilige sich an den Showeinlagen "in völligem Einverständnis mit dem eigenen Dilettantismus". Das sei "purer Pollesch: Nur Unvermögen rettet noch vor der großen Uniformität. Aber Wahnsinn, wie gut die aussieht!" Das Pollesch-Theater habe – "Wie seltsam, wie richtig" – ausgerechnet an diesem Ort ein vorübergehendes Zuhause gefunden.

"Pollesch und Hinrichs nehmen den Ort charmant verstolpert in Beschlag", berichtet Fabian Wallmeier für rbb|24 (10.10.2019). Es wirke streckenweise so, "als wäre Hinrichs über Nacht allein in einem riesigen Spielzeugladen und dürfte mal so richtig die Sau rauslassen". Gleichwohl sei der Abend von "einer tiefen Traurigkeit" durchzogen. "Statt der von Pollesch bekannten langen Diskursschleifen, cleveren Wiederholungen und Debattenzermalmungen gibt es hier vor allem biographische Miniaturen. Die sind bei allem Witz, mit dem sie verpackt sind, im Kern von einer unerwarteten Unheiterkeit, so schelmisch lapidar Hinrichs sie auch vortragen mag."

Die Erwartung auf "ein theatrales Großereignis“ wurde bei der Premiere eingelöst, berichtet André Mumot für "Fazit" auf Deutschlandfunk Kultur (9.10.2019). "Auch auf der ganz großen Bühne bleiben Pollesch und Hinrichs, der explizit als Co-Autor und Regisseur fungiert, ihrem stilistischen Minimalismus treu, spielen aber virtuos mit den Erwartungen des Publikums, mit der Frage, ob die ganz große Revuenummer vielleicht doch noch kommt. Statt diese zu liefern, dekonstruieren sie aber lieber die typischen Friedrichstadt-Palast-Versatzstücke (...)." Die "nüchterne Schlichtheit" der Arbeit wirke "im großen Show-Palast geradezu provozierend, bringt aber Performer und Publikum unerwartet eng zueinander".

"Ist das Kult oder kann das allmählich weg?", fragt sich Peter Jungblut im BR (9.10.2019) – und liefert die Antwort fast mit: Pollesch mache auch hier weiter mit seinem Theater für "Globalisierungsverweigerer, Konsum-Verächter und Entfremdungs-Groupies". Ob das "Experiment" im Friedrichstadt-Palast aber "über die Volksbühnen-Fans von einst und die zahlreiche Kulturschickeria der Hauptstadt hinaus viele interessiert, sei dahingestellt". Der Abend sei "fürwahr eine bunte Mischung, zu der die Laserstrahlen passten, die über die Zuschauerreihen fegten." Brachte das Ganze also "irgendeinen Erkenntnisgewinn"? "Eher nicht", findet der Kritiker.

Von einer "umwerfenden Inszenierung" berichtet Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (online 10.10.2019). "Pollesch und Hinrichs spielen an diesem Abend charmant und ironisch mit den Gesetzen der Revuebühne", schreibt er. "Revue-Show bedeutet Tempo und eine Überflutung mit den verführerischsten Körper-, Bild- und Klangreizen. Also machen Pollesch und Hinrichs genau das Gegenteil: Melancholie, kein Tempo und erst recht kein visueller Reizoverkill. Das Abenteuer findet im Kopf oder im Herzen statt."

So "richtig kann man nicht verstehen, wie die Welt erneuert werden soll, wenn doch nicht einmal ernsthaft in sie hineingeguckt wird, wenn nur Schlagworte (Kindheit, Einsamkeit, Verwertungslogik, Brücke) die Atmosphäre, die dringend notwendige Relevanz für alle bilden sollen", schreibt Jenni Zylka in der taz (11.10.2019). Der Abend biete "hübsch zitierfähige Apercus“, schreibt die Kritikerin. "Dennoch reiben sich die Lässigkeit und scheinbare Erratik, mit der Pollesch und Hinrichs ihre Texte präsentieren, die eigenwilligen Betonungsauffälligkeiten des auratischen Schauspielers, seine energische Art, sich die Bühne zu nehmen, und die wie ironische Kommentare eingesetzten 80er-Jahre-Hits nicht wirklich stark mit dem Nimbus des Hauses. Jedenfalls nicht stark genug."

Réne Pollesch ist für Jürgen Kaube von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (11.10.2019) "eine Art Jacques Offenbach des Spätkapitalismus, der dem gelebten Misslingen ständig neue Revuen abgewinnt, die sich ihrerseits aus Schlagerkitsch und Kritikkitsch zusammensetzen". Der Abend bietet für den FAZ-Kritiker Altbekanntes, "Aporien des Dagegenseins im Dabeisein eben, in einer Stadt, die den Kapitalismus mehr so vom Hörensagen kennt. Neu ist die Form des Tanztheaters, die Pollesch hier wählt. Funktioniert hat sie nicht."

Von einem "nett verspielten, aber die Hoffnung auf Erneuerung der Welt mit wenig Substanz und Ideen bereichernden" Abend, berichtete Gunda Bartels im Tagesspiegel (online 10.10.2019). Für die Kritikerin fällt "die diskursive Fallhöhe trotz Hinrichs wunderhübschen Abhebens in den Nachthimmel des Palastes niedrig aus. Kindheitstraumen, Kapitalismuskritik, urbane Isolation, metaphysiche Obdachlosigkeit des modernen Menschen – Polleschs Worttapete quillt über vor Zeichen, doch keins ergibt diesmal ein Muster oder gar ein prägnantes Bild."

Von einem "misslungenen Dialog der so verfeindeten Künste" berichtet Bernd Noack in der Neuen Zürcher Zeitung (11.10.2019). Pollesch "verfrachtet lediglich einen leidlich klugen, mit Klischees hochmütig jonglierenden Text in ein glitzernd leichtes Ambiente. Und er beweist damit, vielleicht unfreiwillig, wie wenig kompatibel das alles ist."

Leise Enttäuschung steigt nach etwas über einer Stunde Spielzeit bei Manuel Brug von der Welt (11.10.2019) auf: "Pollesch und der Palast, sie sind allzu respektvoll miteinander umgegangen". "Was ein donnerndes Feuerwerk der Extreme aus Didaktik und Dekoration hätte sein können, Revue und Radikale, Existenzialismus und Entertainment", das sei "dann eben doch wieder einer dieser todtraurigen, nach Liebe und Zuneigung heischenden Pollesch-Monologe eines in der modernen Warenwelt sich selbst abhandenkommenden, vereinsamenden Individuums" geworden.

Kommentare  
Glauben an ..., Berlin: enttäuschend
Wie man Hinrichs aus glanzvollen Volksbühnen-Auftritten wie „Kill your darlings“ und „Keiner findet sich schön“ kennt, tigert er hibbelig über die gewaltige Bühne des Show-Palasts und nutzt auch die Treppen-Aufgänge ins Publikum. Im typischen Hinrichs-Ton lamentiert er über die Einsamkeit, streut einige skurrile Beobachtungen und Kindheits-Anekdoten ein.

Diese Hinrichs-Soli sind aber nicht mehr als kleine Bröckchen, um das Publikum anzufüttern, und haben nicht das Kaliber seiner stärkeren Volksbühnen-Abende, bei denen sich Hinrichs in ein funkensprühendes Lamento hineinsteigerte. Davon ist diesmal wenig zu spüren, stattdessen verzettelt er sich in faden Witzchen über Dieter Bohlen und Daniel Küblböck. Sein großes Thema der Einsamkeit und Beziehungslosigkeit, das ihn auch in „Keiner findet sich schön“ umtrieb, bekommt er diesmal nicht in den Griff. Sein Versuch, es spielerisch einzukreisen, verliert sich in Belanglosigkeit und Banalitäten.

Von der Opulenz der Palast-Shows ist ebenfalls nur wenig zu spüren. Bewusst unbeholfen und asynchron wuselt Hinrichs zwischen den Choreographien der Profis aus dem Palast-Ensemble und schwingt mit ihnen selbstironisch das Revue-Tanzbein bei einer klassischen Chorus Line.

Bis auf ein paar kleine Laser-Show-Momente, eine Bolero-Nummer und das Finale, bei dem Hinrichs über dem Ensemble schwebt und zu furchtbar sentimentalem Pop durch die Luft gewirbelt wird, ist wenig an Budenzuber und Glamour geboten. René Pollesch ließ sich bei seinem Ausflug in den Friedrichstadt Palast erschreckend wenig einfallen.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2019/10/09/glauben-an-die-moglichkeit-der-volligen-erneuerung-der-welt-friedrichstadt-palast-kritik/
Glauben an ..., Berlin: Berlin feiert...
… sich selbst und ganz vorne mit dabei die Theaterkritik und die Hauptstadtpresse. Wäre das moderne Theater ein High-School Film, dann wären die Berliner die unsympathische "coole" Clique, die andere nicht am Tisch in der Mittagspause zulässt, sondern sich vielmehr um sich selbst dreht, sich selbst zitiert und sich selbst dann mit Lob (und dem notwendigem Sarkasmus) überschüttet.

Ich persönlich fand den Abend allenfalls lauwarm. Die zwanghafte, selbstverherrlichende Berliner Ironie provoziert gefälliges Lachen beim geneigten Publikum. Aber worüber wird hier gelacht? Über wen? Oder vielleicht eher - über wessen Lebensrealität? Wie käme dieser Abend an, wenn er durch den Namen seines Autors und Regisseurs nicht schon vor Beginn der Vorstellung längst geadelt gewesen wäre? Was hier an Um- und Gut-Deutung aufgefahren wird (und werden muss … sehen Sie sich den Abend selbst an!), wird das auch anderen, weniger bekannten Kunstschaffenden zuteil?
Glauben an ..., Berlin: Kostüm
Ich finde es enttäuschend, das der Kritiker hier nicht in der Lage ist, ein sehr wichtiges ästhetisches Element des Abends genauer zu benennen: das Kostümbild von Tabea Braun, eine gedanklich scharfe, konkrete Setzung! Stattdessen wieder nur der Blick auf die beiden "Männer" des Abends und die Nennung eines weiteren Mannes, des Set Designers, der für diesen Abend überhaupt gar keine Rolle spielt. Denn wenn hier ein Bühnenbild wichtig ist, ist es der gesamte Friedrichstadtpalast, seine Bedeutung, seine Funktion, seine Geschichte. Und das sowas in diesem Forum hier passiert, wo doch soviel über PC und Geschlechtergleichstellung diskutiert wird, ist peinlich.
Glauben an ..., Berlin: Meisterwerk
Dieser Abend ist ein Meisterwerk. Ein Meisterwerk an Athmosphäre, Intensität, Intelligenz, Gefühl. Man will jedes Wort hören. Und kann es, wie Herr Rakow schon sagt: ohne!Mikrofon!ohne!zu schreien! Unfassbar. Ein Abend voller Musik, voller Dichte. Und deswegen, liebe(r) Momunk sind Hinrichs und Pollesch auch keine weniger bekannten Kunstschaffenden. Sondern die Krone des deutschen Theaters. Ehre wem Ehre gebührt. Großartig, ich verneige mich
Glauben an ..., Berlin: Ergänzung
Es ist mir schleierhaft, wie man über dieses Geschenk schreiben kann, es sei ironisch. Es ist das Gegenteil: traurig, ernst, wahr. Und selbstverständlich werden die Möglichkeiten des Friedrichstadtpalastes beeindruckend, voller Glamour genutzt, sogar erweitert; und gleichzeitig werden Bilder mit solch bedrückender suggestiver Strahlkraft gefunden, die atemberaubend sind. Das sehen ja auch alle Kritiker der großen Blätter so, mit Recht, mit Recht. Bitte nicht immer neidisch sein, auch bitte anerkennen, was man selbst einfach nicht hinkriegt.
Glauben an ..., Berlin: skeptische Hoffnung
Klingt schon von der Beschreibung lauwarm und inklusive dem schon vor der Vorstellung gackerhaft aufgelegten Publikum wie das, was man in der Volksbühne in den letzten Castorf Jahren antreffen konnte... Hoffentlich hat Pollesch für die neue Volksbühnen Intendanz andere Ideen.
Glauben an ..., Berlin: Stoßseufzer
Wenn ich doch immer das Stück sehen würde, das die Kritiker gesehen haben. Uff.
Glauben an ..., Berlin: Arme Tänzer
Ich dachte eigentlich das sei ein Scherz um wen auch immer ins Bockshorn zu jagen . Mittlerweile scheinbar wichtiger als wirklich etwas zu produzieren. Aber das hat ja tatsächlich stattgefunden!
Mit Profis vom Tanzensemble ! Ist das nicht furchtbar für die , wenn die mit einem Laien tanzen müssen ? Umgekehrt würden das Schauspieler wahrscheinlich in ihrer Eitelkeit nicht zulassen . Die armen Tänzer! Oje , oje ! Ich habe es nicht gesehen , aber die Bilder sind furchtbar . Unbeholfen verstolpert steht in einer Kritik. Kann man das nicht dann gleich alleine machen ? Warum zieht man die da mit rein ? Hatten Sie Spass , oder wussten die nicht wie ihnen geschieht?
Glauben an ..., Berlin: Treffende Kritiken
Zwei Kritiken, die viel treffen meiner Meinung nach:
1. Eva Marburg, SWR: https://www.swr.de/swr2/buehne/Buehne-Hoffnung-in-der-sozialen-Wueste-Rene-Pollesch-in-Berlin,rene-pollesch-mit-theater-abend-erneuerung-der-welt-in-berlin-100.html
und
2. Barbara Behrendt, rbb-Kultur: https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendungen/rbbkultur_am_morgen/archiv/20191010_0605/fruehkritik_0730.html
Glauben an ..., Berlin: Link
https://www.sueddeutsche.de/kultur/theaterpremiere-in-berlin-showbuehne-der-lebenskrisen-1.4634827
Glauben an..., Berlin: noch ein Link
https://www.die-deutsche-buehne.de/kritiken/das-licht-das-niemals-ausgeht
Glauben an..., Berlin: wirkt nach
Fabian Wallmeier schreibt auf Twitter:

"Hätte ich den #Pollesch-#Hinrichs-Abend im @PalastBerlin nicht noch in der Nacht nach der Premiere besprochen, sondern am nächsten Tag oder gar heute erst, wäre meine Kritik noch begeisterter ausgefallen. Er wächst und wächst."

Genauso geht es mir auch. Ein toller Abend, der nachwirkt.
Glauben an..., Berlin: Zitate
Ja, und Janis El-Bira, Berliner Zeitung:
"Gestern dachte ich unmittelbar nach #Pollesch / #Hinrichs im
@PalastBerlin noch: Hm, schön. Später: Wirklich schön. Jetzt, nach dem Aufschreiben für die @berlinerzeitung: Außergewöhnlich. Ein mitwachsender Abend also. Echter Service."
Bemerkenswert, dass der Abend, auch wenn er weitesgehend gefeiert wird, doch von einigen ziemlich anders wahrgennommen wird. Was mag der Grund sein? Projektive Identifikation? Eva Marburg schreibt, der abend sei ein Gedicht, "er ist tröstlich, wie Kunst eben trösten kann, wenn es ihr gelingt Schönheit hervorzubringen." Ich denke, das trifft es sehr gut. Ein Gedicht, wirklich auratisch
Glauben an..., Berlin: Rüge für Kollegen
Haha, ein erwähnenswerter Fakt ist, dass der F.A.Z.-Kritiker Jürgen Kaube die Kollegen Rakow und Höbel rügt, indem er ihnen die Ballett-Fachkenntnis abspricht (Kaubes Lebensgefährtin Wiebke Hüster ist Ballettkritikerin). Ich zitiere: >Wer die Einlagen des Ensembles für „sagenhaft“ oder „sorgsam choreographierten Ballettzauber“ hält, wie erste Kritiken, hat den Boléro, der hier zitiert wird, wohl noch nicht einmal auf Youtube gesehen.
Glauben an..., Berlin: Rechte von Choreografen?
Wie funktioniert das eigentlich mit den Rechten an Choreografien? Es gab diesen Pollesch-Abend an der Volksbühne, auch mit Fabian Hinrichs, wo am Ende sicher 10 Minuten (leider furchtbar schlecht) die Original-Choreographie aus "West Side Story" von Jerome Robbins nachgetanzt wurde. Jetzt hier der "Bolero" von Maurice Béjart - das ist ja mehr als ein Zitat, wenn es so viel Platz einnimmt?
Glauben an ..., Berlin: zu unser aller Glück
Da gibt es sicherlich keine Probleme, da die Choreographie ja deutlich abweicht und ganz eigen ist, letztlich nur die Musik identisch ist. Bejart selbst hat ja seine Choreographie aus Voguing-Elementen zusammengeschraubt, die selbstredend nicht "von ihm" sind. Dennoch ist es ja in Ordnung, das er sie verwendet. Und natürlich ist es dann auch schön und osmotisch, wenn kulturelles Erbe aufgegriffen und verändert wird und dadurch weiterlebt. Seinen Ursprung hat Voguing aber eigentlich im Harlem der 1960er. Dort entstand er in der Subkultur der afro- und latinoamerikanischen Homosexuellen- und Transgender-Szene. In sogenannten ‚Bällen‘ traten Gruppen, sogenannte ‚Häuser‘, gegeneinander an. Der Tanzstil, der sich bei diesen Wettbewerben herausbildete, erhielt seinen Namen in Anlehnung an die bekannte Modezeitschrift. Denn es ging darum, Bewegungen der Modewelt umzusetzen. Das Einnehmen von Posen und das Entlangschreiten auf dem Laufsteg wird beim Voguing zum Tanz gemacht.
Da es in "Keiner findet sich schön" damals um die "Rest-Zeit-Story" ging war es natürlich wunderbar, auch einige Passagen der West Side Story zu verwenden, als Readymade. Die West Side Story selbst wiederum ist mehr oder minder eine sogenannte Überschreibung von ROMEO UND JULIA (Shakespeares Hauptquelle wiederum war Arthur Brookes The Tragicall Historye of Romeus and Iuliet aus dem Jahre 1562) die Musik bezieht sich sehr stark auf Prokofjew und popularisiert diese. Große Teile der Choreographie v Robbins findet man VORHER in Stücken von Eugene Loring, von Lew Christensen und auch Agnes de Mille, er hat sie einfach kopiert. Ganz zu schweigen von der Kulturrevolution des Object trouvé (Ready-made), die Pollesch und Hinrichs ja für kurze Momente immer nutzen, zu unser aller Glück; und daraus etwas vollkommen Eigenes schöpfen, etwas wie von einem anderen Theaterplaneten und das anscheinend so toll ist, das es immer mehr Neid hervorruft. Und Erfolg: 6x der Friedrichstadtpalast ausverkauft, sie gereichen dem Theater zur Ehre, nicht wahr?
Glauben an ..., Berlin: wer schreibt hier?
Achso: "Bolero" dauert 5 Minuten in der Inszenierung, Sie waren ja nicht drin, deswegen schreibe ich das hier; auch weil ich den Eindruck habe, hier in diesem Kommentarbereich ist eine informierte und nicht missgünstige Stimme dringend geboten. Wer schreibt hier eigentlich überwiegend? Leute, die gerne da wären wo andere sind? Oder Leute die Liebe für die Kunst haben?
Glauben an ..., Berlin: Ballettkennende
@14 Seit wann hätten Ballettkritiker mehr Ahnung vom Ballett als die Menschen die beim Ballett arbeiten? Das wäre neu. (...)

(Teile dieses Kommentars wurden aufgrund nicht nachprüfbarer Tatsachenbehauptungen ad personam gekürzt. Zum Kommentarkodex von nachtkritik.de: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=102 MfG d. Red.)
Glauben an ..., Berlin: Rechtefrage(n)
Tut mir leid, aber da liegen Sie absolut falsch. Die Choreographie von Maurice Bejart ist genauso geschützt wie jeder andere geschrieben Text und wer sich dessen bedient, muss um die Rechte anfragen, egal ob sie von dem Original abweichen oder nicht. Zu erkennen ist das Original ja trotzdem. Und btw: sollte jemals jemand auf die Idee kommen und Pollesch Inszenierungen auf Monty Python-Zitate bzw. Adaptionen hin zu untersuchen und zu fragen, ob Pollesch dafür jemals die Rechte erworben hat, dürfte das für ihn bzw. die Theater noch sehr teuer werden...
Glauben an ..., Berlin: Bejart
Selbst Wiebke Hüster konnte Bejart nur erkennen, weil er auf dem Programmzettel steht.
Glauben an ..., Berlin: Monty Python?
Nein, tut mir leid. Es handelt sich eindeutig um eine Freie Benutzung in diesem Fall. Und Monty Python?? Eher noch Foucault
Glauben an..., Berlin: zur Tanzgeschichte
@16
„Bejart selbst hat ja seine Choreographie aus Voguing-Elementen zusammengeschraubt“.
Voguing wird Paris Dupree zugesprochen, das war Anfang der 80er. Es gibt Aussagen, daß es Vorformen vor diesem Zeitpunkt gab, es fehlen leider Belege (Sie können sie gerne ergänzen). Die Häuser entstanden unter diesem Namen Anfang der 70er. Drag balls und Wettbewerbe haben eine weitaus längere Tradition.

Der „Bolero“ wurde exakt 1960 entwickelt. Das Original mit Duska Sifonis steht im Internet. Ich weiss nicht wie es Ihnen geht, ich sehe darin Elemente von Volkstänzen und ganz speziell auch klassischem indischen Tanz. Ritualisierte Hand- bzw. Fussgesten, das Innehalten einer Pose. Die Kombination bringt mich dann geistlich zu z.B. Ruth St.Denis die bereits Anfang des 20. Jahrhunderts auftrat, oder Martha Graham.

Ich gebe Ihnen Recht dass Kultur immer eine Kreuzbestäubung ist, und die Assoziation von Bejart mit Voguing ist sicherlich bereichernd. Ihre obige Aussage kann ich leider so nicht erkennen, aber bitte, widersprechen Sie mir.
Glauben an..., Berlin: FanKult
Der Abend fährt im Schritttempo an die Wand, ist wirklich nach 50 Minuten durch und schreibt Polleschs Abende mit einer großen Maschine und natürlich viel Charme, obwohl einem der Kirchenvaterton von Hinrichs dann auch nach 30 Minuten nervt - fort.
Da lebt der FanKult! Mehr nicht!
Glauben an..., Berlin: Sachlichkeit
@Neill: Gut finde ich ihre Frage danach, wer hier eigentlich überwiegend schreibt :D für neun von siebzehn Kommentaren (Stand 13.10.) zeichnen sie verantwortlich. Das ist mehr als die Hälfte. Ihre Begeisterung für den Abend sei Ihnen unbenommen - es freut mich, dass Theater offenkundig noch so begeistern kann. Aber nicht jede(r), die/der ihre Begeisterung nicht teilt ist gleich „missgünstig“ oder hat keine „Liebe für die Kunst“. Bitte bleiben sie selbst genau so sachlich, wie sie es sich zurecht von den anderen Diskutant*innen wünschen.
Glauben an ..., Berlin: falsche Zahlen
Nachtrag - die Zahlen sind falsch, Entschuldigung, bei der Sache bleibt es aber mE
Glauben an ..., Berlin: ähnliches Milieu
Naja, Sie hätten recht,wenn die, die hier Daumen runter zeigen, den Abend tatsächlich gesehen hätten, so wie die vielen begeisterten Kritiker und Zuschauer. Bemerkenswert finde ich diese Bewertungs(un-)kultur. Und da frage ich mich schon, ob das daran liegen könnte, dass hier vornehmlich Leute schreiben, die sich selbst in einem ähnlichen Milieu verorten wie die Künstler. Das Label "Kirchenvaterton" ist auch nichtsweiter als undifferenziert und bösartig, genauso gut könnte man dann den Gesang von Callas Gejaule nennen. Kann man ja einfach so machen, kostet ja nichts. Die vielen Fans kommen bestimmt nicht wegen des Kirchenvatertons und wegen blöder Ironie. Sondern weil sie wissen, was es wirklich ist- einmalige Kunst eben, von heute.
Glauben an ...., Berlin: wer hier schreibt 2
lieber neill, die kritiken sind mehr als gespalten. und die kommentare hier ebenso, zieht man Ihre Laudationes im, ja, durchaus kirchenvaterton einmal ab. da fragt man sich wirklich, mit ihnen, wer hier schreibt.
Glauben an ..., Berlin: Seicht
Das war Pollesch für Grundschüler. Der Abend war seicht.showmaessig durchaus brillant aber eine philosophische tiefe hat sich mir nicht erschlossen.
Glauben an ..., Berlin: Instant-Pollesch
Wo war der Pollesch in diesem Pollesch? Tiefpunkt des Abends war das von Hinrichs gesungene Lied zur Gitarre.Man wurde das Gefühl nicht los, das einer der schick in Potsdam wohnt(was legitim ist) vielleicht nicht mehr soviel zu sagen hat über die Traurigkeit der Schlange an der Rewe-Kasse. Pollesch ist grossartig, aber hier war er irgendwie seltsam abwesend.
Glauben an ..., Berlin: fantastisch
Das Lied ist fantastisch, pardon, pure Ambiguität. Wie insgesamt der Abend: unglaublich berührend, wie ja auch viele Andere.....
Glauben an ..., Berlin: Ausverkauft
Alle geplanten Vorstellungen ausverkauft in einem 1.900-Plätze-Saal. Neue Termine im Verkauf. Mein Kompliment.
Glauben an..., Berlin: präzise Kritik
Lieber Knut, hier noch Erhellendes zu dem wundervollen Lied von Hinrichs, überhaupt eine präzise Kritik:
https://digital.freitag.de/4219/es-ist-so-dunkel/
Glauben an..., Berlin: Co-Regie!
Liebe nachtkritik, ein Hinweis eines Fans bezügl. eures Newsletters und der Charts: Regie haben Pollesch u Hinrichs gemeinsam geführt (wie wohl auch vorher schon, nun aber offiziell?). Wäre für die Wahrnehmung von Schauspielern*innen im Allgemeinen also gut, das so auch abzubilden (und nicht "Regie: Pollesch" zu schreiben) und nicht mit "Pollesch schickt Hinrichs .. auf die Bühne" ein falsches Bild immer wieder zu reproduzieren. Oder?

(Danke für den Hinweis, liebe*r neill! Die Redaktion)
Glauben an..., Berlin: macht neugierig
Danke ihr zahlreichen KommentatorInnen, das alles macht ganz doll neugierig auf den Abend! Super!
Glauben an..., Berlin: Frage
Neill, wer sind Sie?
Glauben an..., Berlin: Otto
Wenn ich das nur wüßte. Und Sie, Otto? Wer sind Sie?
Glauben an..., Berlin: Antwort
Aber um auf die offensichtlichen Hintergrund Ihrer Frage einzugehen, Herr Waalkes: ich bin Kunsthistoriker von Beruf (promoviert), lebe in Berlin, Bezirk Mitte, bin verheiratet, habe Kinder. Meine Lieblingsfarbe ist Tannengrün, ich lese gerne und bin zur Bewunderung fähig (ein Geschenk!).
So, Otto, und wer sind Sie?
Glauben an..., Berlin: gute Idee
Oh, gute Idee! Ich selber habe eigentlich keine großen Eigenschaften, außer vielleicht Begeisterungsfähigkeit. Aber das ist doch auch schon was. Und ihr anderen so?
Glauben an ..., Berlin: weitere Stimmen
Liebe nachtkritik, hier zwei Ergänzungen zum Pressespiegel, die ihr noch nicht abgebildet habt:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/es-ist-so-dunkel
und
https://www.zitty.de/glauben-an-die-moeglichkeit-der-voelligen-erneuerung-der-welt/

(Werte*r Neill, wir erfassen in der Kritikenrundschau nur ausgewählte regionale und überregionale Referenzorgane. Weitere Stimmen sind hier im Kommentarbereich aber immer willkommen. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Glauben ..., Berlin: Kompliment
Der Ort, der Ton, der Mut. Ein Spiel mit den Möglichkeiten, ohne platt oder aggressiv zu sein. Die Suche nach einem Morgen, ohne zu wissen, wie es sein wird, wenn es sein wird. Das treibt uns doch alle, jetzt, heute, immer.
Mich hat das berührt. Ganz tief. Ganz schön. Kompliment.
Glauben..., Berlin: profundester Abend
Still ist diese Vision der Sehnsucht nach dem Du, das kein gesellschaftliches, konsumistisches Wir ist, das keinen Mehrwert hat jenseits dessen, einfach da zu sein. Und es reicht natürlich nicht, denn der Ort verlangt die große Show. Also kommen, ein Sternhimmel, die Leuchthelme der VIVID-Show und ein in der Luft schwebender und zu „All by Myself“ rotierender Fabian Hinrichs zum letzteen, spektakulären, überwältigenden Einsatz. Denn vielleicht ist der Glanz des Verwertbaren, ist der Kunstgenuss als Konsum, ist die Bedeutung als Kaufware nur mit den eigenen Mitteln zu schlagen. Vielleicht kann existenzielle Unmittelbarkeit, kann berührendste Intimität nur auf der großen Show-Bühne entstehen, muss man erst durchs grellste Licht, um die Dunkelheit erträglicher zu machen, muss man alles nach außen kehren, um nach innen zu gelangen. Was bleibt, ist René Polleschs und wohl auch Fabian Hinrichs‘ wohl persönlichster und womöglich auch zumindest seit langem profundester Abend. Der sich monologisch hineinwühlt in die Abgründe der elementarsten aller menschlichen Ängste: jener vor dem Alleinsein. Und der herauskommt mit ein wenig Hoffnung: „Ich sehe euch und ihr seht mich, denn es gibt ein Licht, das niemals ausgeht.“ An diesem Abend wird es angedreht.

Komplette Rezension: https://stagescreen.wordpress.com/2019/12/21/ein-licht-das-niemals-ausgeht/
Glauben..., Berlin: bahnbrechender Essay
Lieber Sascha Krieger, ja! Alles Weitere und Nähere hier, ein bahnbrechender Essay von Hinrichs (bisher hier nicht verlinkt worden leider!):
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buehne-und-konzert/einer-an-dem-traenen-haengen-16495078.html
Dazu passt auch die empathische Rezension von Michael Wolf:
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128383.fuer-die-freundlichkeit.html
Glauben..., Berlin: Sprache und Sprechen
"Bahnbrechend "ist gut: die Bahn, die da gebrochen wird, bricht auch gleich den Umstand weg, daß das von Hinrichs geschätzte Stück im Original in englischer Sprache verfaßt ist, der von ihm zitierte Text folglich eine (ältere) Übersetzung darstellt (Adolf Seubert). Ein erheblicher Teil des Vergessens solcher Stücke geht auf das Konto ihrer unzulänglichen Übersetzungen, das betrifft nicht nur die englischen Romantik. Daß ein Kollege wie Hinrichs dieses Problem schlicht unterschlagen kann, betätigt ein Vorurteil, welches besagt, Schauspieler verstünden wohl ab und zu etwas vom Sprechen, in den seltensten Fällen hingegen etwas von Sprache.
Glauben..., Berlin: Daumen hoch für Hinrichs
Nanana Herr Steckel, das ist ja wirklich fahrlässig, sich so die Blöße zu geben. Der Essay selbst (also nicht die Zitate) ist herrlich assoziativ und in einer wunderbaren Sprache geschrieben, ich könnte mir vorstellen, dass das für Sie nicht einfach ist? Und kann es nicht der FAZ als deutschem Medium geschuldet sein, dass die Zitate nun einmal in deutscher Sprache erscheinen und es gar nicht soviele Übersetzungen gibt? Erstaunlich auch Ihr Selbstbewußtsein, was im Umkehrschluß die Qualität Ihrer Übersetzungen betrifft. Und das, obwohl Sie so selten den Weg auf deutsche Bühnen finden- beneidenswert. Auf den Inhalt des Essays gehen Sie nun überhaupt nicht ein (vielleicht ist Philosophie auch nicht so Ihres?), auch nicht auf seine Sprache (anscheinend halten Sie dieses Feld ja für eher Ihren Zuständigkeitsbereich). Nun ja, heutzutage darf ja jeder einfach den Daumen heben oder senken. Also Daumen hoch für Hinrichs, ihm gehört die Zukunft, Herr Steckel, das ist so. Frohe Weihnachten!
Glauben..., Berlin: Schlendrian
Zu #44: Ja, da gebe ich Ihnen Recht - dieser Art von Schlendrian gehört die Zukunft, sofern er sie nicht schon hat, wie die befremdliche Weglassung Hinrichs’ leider zu signalisieren scheint. Ich gebe außerdem zu, daß die Aussicht auf diese Zukunft mir die „herrlich assoziativen“ Purzelbäume verdirbt, die in ihr geschlagen werden. Dagegen hülfe nur, Byron zu übersetzen. Aber wer will sich die Mühe machen, wenn das Ergebnis den „Weg auf deutsche Bühnen“ dann immer noch nicht zu finden droht?
Glauben..., Berlin: verstörend
Der Text ist fern aller philologischen Aspekte äußerst genau, Herr Steckel und ein helles eigenes Gewahrwerden über den Tod des Subjekts. Ich bin berührt und dankbar, möchte Sie aber wirklich nicht überzeugen. Nur nicht verschweigen, dass das Wort "Schlendrian" befremdlich ist in diesem Zusammenhang und mir eher ein Wahrnehmungsrest aus früheren beruflichen Zusammenhängen zu sein scheint. Etwas bestürzt bin ich über Ihre verallgemeinernde abwertende Haltung Schauspielern/Schauspielerinnen gegenüber- waren >Sie nicht einmal Intendant?? Und dann das als Resumee der Erfahrungen? Und war Shakespeare nicht Schauspieler? Moliere? Verstörend, für mich.
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