Klares Koordinatensystem

23. Oktober 2019. Aus dem Nordhäuser Theater heraus war mit einem Protestsong am vergangenen Samstag die Rede des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke bei einer Wahlkampfveranstaltung gestört worden. Das meldete u.a. Der Westen. Zum Vorgefallenen nimmt heute Daniel Klajner, Intendant und Geschäftsführer der Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH, in einem Offenen Brief Stellung.

Am Samstag habe die Hamburger Band Kraus während Höckes Rede auf dem Theaterplatz ein Fenster des Theaters geöffnet und live ihren Song "Eure Kinder werden so wie wir" gesungen, berichtet Der Westen. Ein Mitschnitt, der auf Twitter kursiert, zeigt, wie Höcke seine Rede unterbrechen muss.

Protest in der Freizeit

Der Thüringer Allgemeinen zufolge reagierte  die Nordhäuser AfD-Fraktion mit einer Pressemitteilung, die von "massiven Störungen durch Mitarbeiter der Theater Nordhausen/Loh Orchester Sondershausen GmbH" spricht; zwölf Polizisten hätten sich ins Theater "gegen Widerstand Zutritt verschaffen" müssen. Anders schildert laut der Zeitung zufolge ein Polizei-Inspektionsdienstleiter die Geschehnisse: "Niemand hat sich mir in den Weg gestellt, als ich ins Theater wollte. Es gab keinen Widerstand."

Auf die AfD-Vorwürfe reagiert Daniel Klajner in seinem Offenen Brief: Mit dem Theater sei die akustische Störaktion nicht abgesprochen gewesen, so Klajner in seinem Offenen Brief. Sie "wurde von Künstlern betrieben, die nicht zum Theater gehören, sondern einen Gastspielauftritt hatten und sich im Theater aufhielten, um für ihren kommenden Auftritt zu proben", so Klajner. Vor der Wahlkampfveranstaltung sei "theaterintern klar besprochen" worden, sich "korrekt und gesetzeskonform" zu verhalten. Ein Theater-Mitarbeiter, der auf der Theatertreppe mit einem Schild gegen Höcke protestierte, habe dies in seiner Freizeit getan.

"Stummes, pointiertes Statement" 

Verbunden ist die Richtigstellung Klajners mit einem Statement: Als Intendant sei es ihm "wichtig, zu den anstehenden Landtagswahlen in Thüringen ein klares gesellschaftspolitisches Koordinatensystem einzuziehen: Das Theater verkörpert Vielfalt, Toleranz und Demokratie, dafür stehen wir tagtäglich ein und wollen davon keinen Deut abweichen". Klajner hatte die Theaterfassade eine Woche vor dem Wahlkampfauftritt mit Transparenten versehen lassen, auf denen u.a. "Wir sind die VIELEN" und "Für Vielfalt, Toleranz und Demokratie" zu lesen ist – als "Werbung für ein plurales, diskursives, friedfertiges und respektvolles Gesellschaftsmodell".

(Der Westen / Thüringer Allgemeine / eph)

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Kommentare  
Nordhausen: Küsst die Faschisten
Da dachte ich schon, es sei alles verloren in Nordhausen, als ehemaliger Intendant dieses gailen Hauses, hab ich gerne hart und politisch diskutiert beim "Eberhard" gegenüber, aber dass jetzt die Halb-Faschos vor dem Platz stehen und mein Kollege Klainer meint Protest sei privat, das versteh ich nicht.

s darf gestört werden, vor allem mit Liedern und ich bin stolz auf die Kraus Band und den einen Mitarbeiter, der auf der Treppe war. Er ist eingeladen zu einer Reise ans Theater Konstanz: freie Übernachtung und Kollege Klainer: ziviler Ungehorsam ist legal. Es braucht Mut, sonst küsst die Faschisten wo ihr sie trefft.
Nordhausen: gute Aktion
https://www.derwesten.de/politik/afd-bjoern-hoecke-haelt-rede-dann-verschlaegt-es-ihm-die-sprache-id227418847.html

Gute Aktion einer Hamburger Band. Wer das demokratische Spektrum so wie Höcke überschreitet, mit dem kann und darf man nicht mehr diskutieren. Da muss die Mehrheit laut sein. Vielen Dank ans Theater Nordhausen für diese Demonstration! Schade, dass es nicht dazu steht.
Theater und Wahlkampf: macht Schule
Super, hat das Staatstheater Mainz vor Jahren schon vorgemacht mit der Ode an die Freude und wurde dann "nachgespielt" in Hannover. Nun Nordhausen. Es macht zu Recht Schule
Nordhausen: Position auf Facebook
Stellung beziehen:

https://www.facebook.com/TheaterNordhausen/photos/a.157566564278868/2757341860967979/?type=3&theater

Auf Facebook zu sehen, die klare Position des Theaters Nordhausen.

https://theater-nordhausen.de/stueck-informationen/ein-literarischer-kammermusikabend-zum-ns-widerstand.html

Heute Abend fand eine Lesung statt: "Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!"

Etc.
Nordhausen: ... und der Zukunft zugewandt...
Auch zukünftige AfD/CDU-Regierungen haben Intendantenjobs (Intendantinnen kommen in dieser Kombination selbstverständlich nicht vor) zu vergeben, werden Verträge von Intendanten kündigen - oder verlängern. Und das Bankkonto freut sich über jede Verlängerung, das Ego sowieso - da sendet man dann halt mal ein Zeichen: "Die Bösen, die dagegen waren, das waren gar nicht wir, das waren Gäste!" Zukunftsorientiertes Verhalten nennt man das.
Theater Nordhausen: Glaube Liebe Hoffnung
Da tun sie dem Kollegen Unrecht, ich finde man sollte sich eher stärken in solchen Situationen, als sich besser zu fühlen. wir alle wissen nicht wirklich wie wir gewesen wären in der Nazi-Zeit. Es gibt genug Menschen, die die Dinge eben nicht für Geld machen würden und ich traue dies auch keinem amtierenden Intendantin und Intendanten zu, sich an die AfD zu verkaufen.

Ich habe übrigen die Band Kraus angeschrieben und Ihnen gratuliert, so was hilft mehr.
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