Kunstfreiheit vor Persönlichkeitsrecht

Karlsruhe, 17. September 2008. Bereits Anfang des Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde der mazedonischen Mutter abgelehnt, deren 14-jährige Tochter 2004 mit zahlreichen Messerstichen von einem Türken getötet wurde. Weil er befürchtete, er habe sie geschwängert und müsse sie deshalb, durch seine Familientradition gezwungen, heiraten, tötete der Mann das Mädchen. Den aufsehenerregenden Fall des "Hagener Mädchenmords" verarbeitete Lutz Hübner zu seinem Stück Ehrensache.

Gegen dessen Aufführung klagte die Mutter des Mädchens, doch das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass im Unterschied zur Konstellation in seinem "Esra"-Urteil hier die Kunstfreiheit nicht dem Persönlichkeitsrecht weichen müsse.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt die Wiederaufführung des Stücks erlaubt und bezog sich in seinem Urteil auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Die Wiedererkennbarkeit einer Bühnenfigur genügt noch nicht für ein Verbot wegen Persönlichkeitsverletzungen. In der Literatur sei von einem fiktionalen Werk auszugehen, auch wenn es auf reale Vorkommnisse zurückgreife. Nur weil sich eine Bühnenfigur an eine reale anlehne, werde dem Zuschauer nicht nahe gelegt, alle Eigenschaften der realen Person zuzuschreiben, so zitiert heute Ursula Knapp in der Frankfurter Rundschau aus dem Urteil.

(sik)

 

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