ZpS-Säule steht noch

Berlin, 6. Januar 2020. Jüdische Aktivisten haben am Wochenende in Berlin versucht, die Stahlsäule des Künstlerkollektivs Zentrum für politische Schönheit" (ZpS) abzubauen. Die Gedenkstätten-Säule war Anfang Dezember vom ZpS im Berliner Regierungsviertel aufgestellt worden im Rahmen der Aktion "Sucht nach uns" und enthielt ursprünglich Knochenasche von Opfern des Nationalsozialismus. Am Sonntag hatte nun eine Gruppe von etwa 20 Aktivisten begonnen, die Säule zu demontieren, darunter auch der Autor Eliyah Havemann, berichtet die Jüdische Allgemeine.

Gegenüber der Zeitung sagte Havemann, dass theoretisch die Möglichkeit bestehe, dass Asche seines Großvaters in der Säule sei. Das ZpS hatte die Asche nach eigenen Angaben entfernt und an die Orthodoxe Rabbinerkonferenz übergeben.

suchtNachUns 280 David Baltzer uDie Säule des ZpS im Dezember © David Baltzer Die Abrissarbeiten wurden am Sonntag nach Eintreffen der Polizei unterbrochen. Laut Jüdische Allgemeine war das ZpS nicht über die Aktion informiert und will die Säule wieder instand setzen. Die Stadtbezirksverwaltung hatte nach den Protesten eine Frist zur Beseitigung der Säule bis 20. Dezember gesetzt. Dagegen hatte das ZpS Widerspruch eingelegt, sich nach breiter Kritik an der Aktion "Sucht nach uns!" aber bei den Holocaust-Opfern und ihren Hinterbliebenen entschuldigt und weitere Veranstaltungen im Rahmen der Aktion abgesagt.

(Juedische-allgemeine.de / sik)

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Kommentare  
ZpS Asche-Säule: weiterhin unnötige Irritation
Meines Wissens ist bis jetzt nicht erwiesen, dass in der Säule tatsächlich Asche von durch Deutschen Ermordete aus der Umgebung von KZs enthalten war. Was lediglich belegbar ist, ist dass der Teil der Säule, in dem hinter orangefarbenen Plexiglas Erde zu sehen war, ausgetauscht wurde. Ob dieser Teil an einen Rabbiner übergeben wurde und wo er ggf bestattet wurde ist erstmal wieder nur eine Behauptung des ZPS. Dass in der Öffentlichkeit weiterhin unklar ist, ob Reste von Körpern Ermordeter vor den Reichstag gebracht wurden, führt zu weiterer Emotionalisierung, wie die Aktion der des AKK (Aktions-Künstlerkollektiv) zeigt. In sofern fände ich es gut, wenn die unklare Sachlage ob Asche oder nicht als solche in der Presse benannt wird, so dass es nicht zu weiterer unnötiger Irritation kommt.
ZpS Asche-Säule: Zahnpastatube
mann, ruch! der "diskurs" wird immer dünner. baut das ding endlich ab. was an euch total nervt: ihr wisst nie, wann es reicht. gibt nix mehr rauszuquetschen aus der tube. macht euch zimelich unsymphatisch. wissen dass man scheisse gebaut hat - und trotzdem immer weitermachen. hätte übers jahr keiner gemerkt, wenn das ding nicht mehr dagewesen wäre.
stattdessen noch jedes medienlüftchen mitnehmen und vor SPON mastXXXX.
BAUT ES AB! sonst halten euch alle für die idioten, die ihr hoffentlich nicht seid. und die nächste Aktion ist von vornherein im Arsch.
ZpS Asche-Säule: das Herz
Ich frage mich die ganze Zeit, ob das ZpS nicht vielleicht einfach nur bewusst machen will, dass (auch und gerade) in der Politik offenbar niemand aus der Vergangenheit gelernt hat und lernt. Die Kriege gehen weiter. Über die Medien(!) wird dieses Leid konsumierbar gemacht. Und die Säule bzw. Sonde zeigt im Grunde nur eines auf: Dass historische Erinnerung nicht von oben verordnet werden oder erkämpft werden kann, weil damit vielleicht sogar unglücklicherweise das Gegenteil dessen erzeugt wird (siehe auch der verordnete Antifaschismus der DDR), was man erreichen will. Sondern dass Erinnerung immer nur im Herzen eines jeden Menschen hervorgebracht werden kann. Der innere Orientierungsmaßstab bzw. die Haltung ist wichtig, nicht das abstrakte Wissen um die Toten der Vergangenheit.
ZpS Asche-Säule: Handke-Debatte
Vielleicht schreibt demnächst mal einer einen Artikel über die Ähnlichkeiten zwischen dieser entgleisten ZPS Aktion und der Debatte um Handke:
Da sehe ich die Manipulation historischer Fakten zugunsten einer eigenen, übergeordneten „poetischen“ Wirklichkeit. Die Instrumentalisierung von Genozid (Handke: Serben im USK, ZPS: die Shoah). Eine Positionierung in realpolitischen Debatten bei gleichzeitiger Ausblendung der eigentlich Betroffenen (bis hin zur Beleidigung und noch weiter, Anzeigen etc). Die Liste ließe sich fortsetzen.
ZpS Asche-Säule: Meilen weit entfernt
Liebes "undsoweiter", wenn das so weitergeht, befürchte ich allerdings auch eine Manipulation historischer Fakten. Handke hat damals zunächst bezweifelt, dass es sich in Srebrenica um einen Genozid handelte. Später hat er sich halbherzig dafür entschuldigt. Alles andere kann man ja nun hier auf nk in der ausführlichen Berichterstattung nachlesen. Was die Medien betrifft, ist Handke mit seinen Äußerungen durch serbische und rechte Medien benutzt worden, oder hat sich bereitwillig benutzen lassen. Ansonsten fällt Handke in westlichen Medienberichten doch eher negativ auf, bzw. benimmt sich entsprechend ablehnend, da er sich durch diese schlecht dargestellt fühlt. Ich glaube, was das ZPS macht (zum Bsp. bzgl. des Holocausts oder der AfD aufklärend wirken - auch wenn die Art und Weise nicht jedem gefällt), ist davon meilenweit entfernt.
ZpS Asche-Säule: Gemeinsamkeiten
Hallo Herr Bock, es ist in meinen Augen bewiesen daß das ZPS eben genau nicht aufklärend wirkt. Es fängt an mit gestohlenen oder aus dem Kontext verkehrt wiedergegebenen Zitaten- die als eigene Rechercheleistung ausgegeben werden. Weiter geht es mit massiven Widersprüchen zwischen glaubhaften wissenschaftlichen Quellen und der "Forschung" des ZPS. Diese Manipulation geschieht bewusst um die eigene Lesart zu bewerben. Die kindische Reaktion auf fundierte Kritik fällt ebenso negativ auf.

Handkes Ding war die Opferrolle der Serben, die sie im Genozid der 1940er sicherlich innehatten. Diese Lesart hat ihn so vereinnahmt, daß er die Geschehnisse in den Jugoslawienkriegen gar nicht mehr anders wahrnehmen konnte/wollte (bis hin zur Infragestellung Srebrenicas.)

Ich sehe in beiden Fällen, so unterschiedlich sie im Detail sind, unterschwellige Gemeinsamkeiten. Es wird verklärt (statt aufzuklären), emotionalisiert, Experten werden in Frage gestellt bzw man ernennt sich selber zu so einem, Opfer werden beleidigt. Zudem bleibt die Frage ob sich der Autor eines Werkes (Handkes Serbienliteratur z.B., oder die Säule) sich der Verantwortung entziehen kann wenn dieses in realpolitische Vorgänge eingreift.
ZpS Asche-Säule: (nichts) manipuliert
@undsoweiter
Mag sein, dass das für Handke zutrifft. Verklärung und Emotionalisierung sicher. Das hat aber eher wenig mit bewusster Manipulierung von Tatsachen zu tun, um sich selbst als Experte aufzuspielen. Handke mag sich mehrfach der Verantwortung für die Auswirkungen seiner Aussagen entzogen haben, indem er sie zur Kunst (Literatur) erklärt hat. Das alles sehe ich beim ZpS nicht. Welche Tatsachen oder Experten werden denn da in Frage gestellt? Das ZpS hat sich auch nicht den Konsequenzen und der Kritik entzogen, sondern darauf reagiert und Fehler eingestanden. Das können Sie oben lesen. Da wird nichts bewusst manipuliert oder verschleiert. Wenn Sie der Meinung sind, dass sei sogar bewiesen, dann sollten Sie da auch das eine oder andere Zitat anführen. Unterschwellig kann ich alles mit allem in Verbindung setzen. Das hat dann aber auch den Geschmack der Manipulation.
ZpS Asche-Säule: Bild vom Holo­caust verun­klart
Aber gerne. Die Links sind exemplarisch, es wurde breitflächig publiziert.
1) Der Historiker Janosch Steuwer:
"Was heute heraus­for­dert, ist weniger mangelndes Inter­esse, sondern die Frage, wie sich die enorme Fülle an Wissen um den Natio­nal­so­zia­lismus und seine Verbre­chen einer grund­sätz­lich inter­es­sierten Öffent­lich­keit ange­messen vermit­teln lässt. Der Aktion des ZPS gelang dies kaum. Jeden­falls kam in ihrem Rahmen nicht zur Sprache, dass die Asche der meisten Holocaust-Opfer nicht durch die inein­an­der­grei­fende Tötungs­ma­schi­nerie von Gaskam­mern und Krema­to­rien entstand, die zum Symbol des Holo­caust geworden ist, sondern dadurch, dass das NS-Regime seit 1942 in besagter „Aktion 1005“ die bis dahin ange­legten Massen­gräber in Osteu­ropa öffnen und hundert­tau­sende Leichen verbrennen ließ, um die Spuren seines Mord­pro­gramms zu verwi­schen. Jour­na­listen wieder­holen hingegen die falsche Behaup­tung vom bishe­rigen Desin­ter­esse an der Asche, die „überall“ zu finden sei, und machten sich Gedanken darüber, wie sie damit umgehen sollten, dass sich die Asche dort befände, wo „wir spazieren gehen und im Sommer viel­leicht auf Wiesen liegen“. Statt Wissen zu verbreiten, hat die Aktion das gesell­schaft­liche Bild vom Holo­caust eher verun­klart."

https://geschichtedergegenwart.ch/1979-1999-2019-kritische-erinnerungskultur-in-deutschland-vierzig-jahre-nach-ihrer-entstehung/

2) Der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge:
"Die Gedenkstätten arbeiten mit ruhiger Hand, nicht mit dem Schrillen. Auch, wenn wir provokative Aktionen in diesen Zeiten durchaus für geboten halten. (...) Aber das Schrille hat eben immer auch den unerwünschten Effekt, dass es sehr schnell verpufft und verraucht und dass man an den eigentlichen Sachverhalten vorbei diskutiert. Zum Schrillen gehört hier, dass man im Zentrum für Politische Schönheit offenbar nicht mehr vor Augen hat, dass dieses Thema tatsächlich kein neues Thema ist, sondern dass man sich damit europaweit intensiv auseinandergesetzt hat. "

https://www.mdr.de/kultur/themen/volkhard-knigge-buchenwald-aschesaeule-zps-100.html

3) Twitteruser @KonLex09
(Ja, ich weiß, Twitter. Die Person hat sich aber seit Wochen in mühevoller Kleinarbeit an die Quellenforschung gemacht. Es gibt mehrere bemerkenswerte Recherchen, stets belegt):
a) Das Salmen-Gradowski-Zitat bei ZPS mehrfach zitiert:
"Teurer Finder, suche überall, auf jedem Zollbreit Erde. Suchet in der Asche. Die haben wir verstreut, damit die Welt sachliche Beweisstücke von Millionen von Menschen finden kann."

Aus dem Originaltext von Salmen Gradowski:
"Lieber Finder, suchen sollt ihr, überall, auf jedem Fleckchen. Da liegen zu Dutzenden Dokumente von mir und anderen begraben, die ein Licht werfen werden auf alles, was hier geschehen und passiert ist. Auch viele Zähne liegen begraben. Die haben wir Arbeiter vom Sonderkommando speziell auf dem Platz verschüttet, soviel nur möglich war. Die Welt soll lebendige Zeichen von den Millionen Getöteter finden. Wir selbst hoffen nicht, dass wir den Augenblick der Freiheit erleben."
ZpS Asche-Säule: emotionale Steigerung
KonLex09 merkt dazu an, daß es auf der Seite politicalbeauty.de/geschichtliches.html noch eine emotionale Steigerung gibt:
"So unglaublich es klingen mag: Die Getöteten, die Verbrannten, die Verscharrten liegen 74 Jahre nach den Massenmorden der Nationalsozialisten immer noch überall herum. Auch in Deutschland. Vor ihrem Tod schrieben sie: "Teurer Finder, suche überall, auf jedem Zollbreit Erde. Suchet in der Asche. Die haben wir verstreut, damit die Welt sachliche Beweisstücke von Millionen von Menschen finden kann." Salmen Gradowski, †1944.
Sie flehten: Sucht nach uns! Sie nahmen an, die Welt würde sie finden. Wir haben nach ihnen gesucht.(...)"

Anm: Also nicht konkret die Dokumente und Zähne (nicht Asche) bei Salmen Gradowski, sondern ein Ruf aller Toten denen sich das ZPS nun angenommen hat- weil es angeblich kein anderer tut.

https://threadreaderapp.com/user/KonLex09

b) "Auf den Seiten 1 bis 25 des vom ZPS herausgegebenen Bandes "An die Nachwelt" habe ich nur bei wenigen Zitaten keine vorherige Veröffentlichung gefunden. Auf den Seiten 17 bis 19 finde sich Zitate in Reihe, die sämtlich dem Band Dies sind meine letzten Worte ... Briefe aus der Shoah, Hg. von Walter-Zwi Bacharach i. A. der Gedenkstätte Yad Vashem, übersetzt aus dem Hebräischen von Maurice Tszorf, © Wallstein Verlag, Göttingen 2006 entstammen.
Da an keiner Stelle eine der vielen Quellen genannt wird, handelt es sich um mutmassliche Urheberrechtsverletzungen."

c) Interessant ist auch der Thread zum vermeintlichen "Asche-Damm" in Harmense bei Auschwitz. Dokumentiert wird wie innerhalb verschiedener, ZPS-eigener Kommunikationskanäle die Existenz behauptet wird ("Wir haben ihn geöffnet"), seine Anwesenheit nicht nachgweisen werden kann, dann doch wieder spekuliert wird und auch noch seine Form verändert.

https://twitter.com/KonLex09/status/1202403359233327111

4) Die Historikerin Birte Förster in starker Argumentation für ein komplexes Geschichtsbild (beginnt mit der vom ZPS gezogenen Parallele zu Von Papen, ab ca. 10:30)

https://www.deutschlandfunkkultur.de/1933-und-das-erstarken-der-afd-was-lehrt-uns-die-weimarer.4000.de.html?dram:article_id=466532

5) Noch zu meinem eigenen Kommentar zu "kindischer Reaktion". Das bezog sich aktuell auf die Reaktion des ZPS zu der oben beschriebenen Aktion von den jüdischen Aktivisten um Eliyah Havemann.
ZpS Asche-Säule: Handke manipulativ
(Kleiner Nachtrag zu Handke: Ich finde ihn durchaus manipulativ. Nicht weil er grundsätzlich eine Gegendarstellung zu den von ihm verhassten "westlichen Medien" schreiben wollte. Sondern weil er Fakten mit persönlichen Eindrücken negiert. Salopp formuliert a la: ich war da, habe die Orte gesehen, mich mit Leuten unterhalten und es war alles ganz anders.)
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