In des klaren Sinns Umnachtung

von Martin Krumbholz

Oberhausen, 11. Januar 2020. Nein! Bitte nicht! Aber ja. "Alles ist wahr", steht auf der Rückseite des Oberhausener Spielzeitmagazins. Auch dieser Theaterabend "nach Henrik Ibsen" ist leider wahr. Und die Leute im nicht ganz gefüllten Oberhausener Parkett lassen ihn sich nicht nur gefallen, sie feiern ihn sogar. Nehmen es hin, dass sie einer mediokren Ibsen-Verramschung mit Musik beiwohnen, die einen Stoff plündert, ohne ihm auch nur einen Funken Witz und Verstand abzugewinnen, geschweige einen Hauch an Zeitgenossenschaft, soviel in den aufgepeppten Texten auch von Amazon, Facebook und Google die Rede sein mag.

Plüsch-Miezen und Schlabberschwänze

Es ist neben handwerklichen Unzulänglichkeiten vor allem die krude Mischung aus biederstem Illusionstheater und unbedarftester Aneignung, die daran verstimmt. Die semmelblonden, schlabberschwänzigen, vollbusigen, hermaphroditischen Trolle scheinen aus einem Varietétheater der Vorkriegszeit zu stammen (oder es naiv-augenzwinkernd zu zitieren), ebenso die fett ausgepolsterten Industriekapitäne mit ihren Hamburgers oder die drolligen Plüsch-Miezen in ihrem nordafrikanischen Puff. Das ist nicht einmal lieblos gemacht (Kostüme: Regine Standfuss), nur ist die Ironie dermaßen pastos aufgetragen, dass sie bräsig über die Rampe schwappt und einen mindestens in der fünften Reihe unbarmherzig erschlägt.

PeerGynt 1 560 IsabelMachadoRios uPastose Ironie: Das Ensemble in den Kostümen von Regine Standfuss © Isabel Machado Rios

Der Hauptdarsteller André Benndorff kann nicht wirklich gut singen, das ist schade, aber nicht das entscheidende Manko des Abends. Die Musik, immerhin von einer neunköpfigen Band und einem fünfköpfigen "Musical-Ensemble" vorgetragen, scheint ohnehin eher aus zweiter Hand zu sein; sie groovt vor sich hin ohne scharfe Akzente; bezeichnend, dass der Programmzettel nicht einmal ihren Urheber verrät. Der Zettel gibt sich überhaupt ziemlich lakonisch: Benutzt wird eine "Fassung" des Regisseurs Martin G. Berger in der altbewährten Übersetzung von Christian Morgenstern; wer indes die banalen, holprigen, kaum singbaren, eigentlich komplett sinnlosen Songtexte, in denen aus unerfindlichen Gründen von San Francisco und Philadelphia die Rede ist, ersonnen hat, darüber schweigt dieser Faltzettel sich wohlweislich aus.

Zähne zusammenbeißen und singen

Es ist halt Oberhausen, denkt man sich – jenes sozial gebeutelte Oberhausen, das doch eine ganze Zeitlang ein schräges, kantiges, nicht unbedingt feingeschliffenes, hochkarätiges, aber doch mitunter ansehenswertes Schauspiel hervorgebracht hat. Seufz. Im wackeren Ensemble scheint sich niemand über die Zumutung zu wundern, die diese Texte darstellen, oder darüber, dass man sie, obwohl der Autor des Abends bekanntlich Norweger ist, hin und wieder auf Englisch zum Besten geben soll. Man beißt die Zähne zusammen und singt. Sofern das geht.

PeerGynt 3 560 IsabelMachadoRios uVierfach heilig beschienen: André Benndorff als Peer © Isabel Machado Rios

Die Bühne macht auf Varieté. Sie dreht sich jedenfalls unermüdlich im Kreis. Ein aus vier Reifen bestehender, mit Glühbirnen bestückter Kranz setzt dem armen Peer mit seiner Zwiebelnatur und seiner Knopfgießerzukunft sozusagen einen bigotten Heiligenschein auf. Der (weibliche) Knopfgießer zwinkert dermaßen oft mit den Augen, dass man fast befürchtet, gleich reicht es den Augen und sie fliegen ihm raus. Was dagegen nicht dahinfliegt, ist die Zeit. Peer bettelt um Aufschub. Als Zuschauer würde man lieber nicht mitbetteln.

Peer Gynt – versteht man ihn oder sein "Gynt'sches Ich"? Kaum. Es bleibt kryptisch. Das Ausdrucksrepertoire dieser Figur ist schmal, man sieht einen von der Regie alleingelassenen, sich um Charme bemühenden, zappligen Protagonisten in einem hoffnungslos überständigen Ambiente. Ist Oberhausen noch zu retten? Scheint so. Das Premierenpublikum feiert diesen verunglückten Abend sage und schreibe mit stehenden Ovationen – bizarr.

 

Peer Gynt
nach Henrik Ibsen
Deutsch von Christian Morgenstern, Fassung von Martin G. Berger
Regie: Martin G. Berger, Bühne: Sarah-Katharina Karl, Kostüme: Regine Standfuss, Musikalische Leitung: Martin Engelbach, Choreografie: Mathias Brühlmann, Dramaturgie: Patricia Nickel-Dönicke.
Mit: André Benndorff, Emilia Reichenbach, Ronja Oppelt, Elisabeth Hoppe, Clemens Dönicke, Torsten Bauer, Daniel Rothaug, Bella Cholevas, Leonard Lampkin, Melek Kahraman. Musical-Ensemble: Lara Ernemann, Saskia Heming, Lea Kirn, Michelle Saget, Romeo Salazar. Band: Martin Engelbach, Demetrios Antoniades, Jens Böckamp, Volker Kamp, Jan Klare, Hyunjin Kim, Lars Kuklinski, Jana Susuri, Robert Weinsheimer.
Premiere am 11. Januar 2020
Dauer: 2 Stunden 45 Minuten, eine Pause

www.theater-oberhausen.de

 

Kritikenrundschau

Berger vereine "überraschend stimmig den nostalgischen Schmiss und Schmelz vergessener Lieder aus dem alten Broadway- und Hollywood-Musicals mit schrillen Tableaus, die wie selbstverständlich das dunkle Mythen-Geraune des Norwegens gen Gegenwart schnellen lassen", schreibt Ralph Wilms in der Neuen Ruhr Zeitung (13.1.2020). André Benndorff sei eine "Rampensau im besten Sinne", zudem gelänge es den Schauspielern, gesanglich "einen blendenden Eindruck zu hinterlassen". Wilms preist auch die an den legenderen "Freaks"-Film von 1932 erinnernde Szenerie, überhaupt die Übertragung in die Zirkusatmosphäre. Kurz: "Im knalligen, aber halbdüsteren Getümmel hat Peer seine Welt gefunden."

Als fiebriges Phantasiespektakel mit schrillem Personal zeige das Theater Oberhausen die "Revue nach Henrik Ibsen", schreibt Rolf Pfeiffer im Westfälischer Anzeiger (14.1.2020). Die Texte "schwingen sich in größter Emotionalität von tiefer Verzweiflung zu standfester Hoffnung empor, und zu sagen, dass sie Klischees nicht meiden, wäre untertrieben". Ob Regisseur Berger "nichts Originelleres eingefallen ist oder ob er einfach nur lustvoll mit den Formen spielt", werde nicht ganz klar. In der ersten Hälfte funktioniere das durchaus, die Geschichte, wie sie in Oberhausen erzählt werde, eigne sich für die Konturierung des Aufschneiders und Herumtreibers. André Bennsdorff als Peer Gynt singe zwar mäßig, aber "als hoch präsenter, geradezu unerwartet differenzierter Akteur des Sprechtheaters weiß er für sich einzunehmen". Auch im zweiten Teil gebe es mit Ronja Oppelt als Knopfgießer "feines Schauspiel" zu erleben. Uneingeschränkt zu loben seien die Musiker. Choreographiert sei der Schlussapplaus: "Fast wirkte das schon so, als wolle das Theater Oberhausen das kommerziell betriebene Musical-Theater ‚Metronom‘ am Ort beerben, das wegen mangelnder Auslstung schließt. Das Publikum zeigte sich begeistert", so der Kritiker.

Kommentare  
Peer Gynt, Oberhausen: unnötig beleidigend
Den Absatz über die soziale gebeutelte Stadt, die zwar kein hochkarätiges aber mitunter ansehenswertes Theater hervorgebracht hat ist unnötig beleidigend. In der Carp Intendanz waren immer Namen wie Simon Stone, Herbert Fritsch und noch diverse weitere große Regienamen vertreten. Unter Fiedler beispielsweise auch Leonie Böhm, die nun Hausregisseurin in Zürich ist.
Warum spielt es bei Oberhausen denn immer eine Rolle wie sozial gebeutelt es ist? Und auch noch ein Seitenhieb auf das Publikum, das die Inszenierung auch noch feiert... Ich wünsche diesem Haus viele Inszenierungen, die wieder gefeiert werden. Das hat es verdient.
Es ist halt Nachtkritik, denkt man sich - manchmal scharf und hochkarätig besetzt und meistens mitunter lesenswert, aber halt leider auch nicht immer.
Peer Gynt, Oberhausen: aus dem Herzen
Dieser Kommentar spricht mir aus dem Herzen!
Peer Gynt, Oberhausen: Solidarität aus Berlin
Auch ich schließe mich 1 und 2 an. Komme aus Berlin und dieser Moloch von Stadt ist sozial auch alles außer nicht gebeutelt. Mehr arm als sexy mittlerweile.
Und ich finde,innovatives und großes Theater findet nicht mehr in dieser Hauptstadt statt. Ich schaue mir Peer Gynt in Oberhausen an.
Peer Gynt, Oberhausen: Bumschakala
sehr geehrter herr krumpholz,

ha, ich verstehe sie sehr gut. alle anderen sind einfach so unfassbar dämlich. das macht einen soo wütend.deswegen: respektvoller umgang miteinander? pah, in die tonne. zeigen wir der welt den troll an sich. bumschakala.

es grüsst sie in tiefer bewunderung
ihr oberhausener peer und bruder im geiste

p.s. pastos ist ein tolles wort. hab es nachgeschlagen. merk ich mir

p.p.s. meine mama sagt ich singe sehr schön
Peer Gynt, Oberhausen: Ratlos
Fragen: Warum hat ein Haus wie das Theater Oberhausen kein Interesse an Programmheften? Auf diesem Wisch, den man zur Premiere bekommt, war nicht zu erkennen, wer die Musik komponiert hat, was soll da im Dunkeln bleiben?
Warum sind gute Musical Darsteller nur im Corps de Ballett, während schlecht singende SchauspielerInnen die Gesangspartien übernehmen? Ganz grosse Ausnahme der Schauspieler Torsten Bauer, leider nur mit einem Song aber der war sehr gut gesungen, jeder Ton stimmte! Immer noch ein Ausnahmeschauspieler am Haus. Nach ihm kommt lange nichts.
Warum singen die aus dem Musical kommenden Spieler keine Solo Songs, stattdessen muss ich einer Schauspielerin zuhören (...)? (...)
Warum englisch und deutsch gemischt wurde, frage ich mich auch. Es gab dafür keine inhaltliche Erklärung.
Warum gab es für den Abend so gar keine Dramaturgie?Das laste ich dem Abend wirklich an, das Fehlen jeglicher dramaturgischer Basis.
Warum wird dem Regisseur handwerkliche Unfähigkeit vorgeworfen? Er hat dem Haus, das kein Musiktheater mehr macht, Carp hatte ja oft spannende Abende herausgebracht, unter Fiedler nun der erste dieser Art, viel abgerungen. Die Technik lief wie am Schnürchen, es war ein Varieté Abend, ok aber musikalisch und technisch perfekt organisiert und das gehört auch zum Handwerk eines Regisseurs. Über die Stückwahl bzw. die Idee des Unterfangens Peer Gynt als Musical kann man unterschiedlicher Meinung sein. Da würde ich wieder die Dramaturgie Frage stellen, was für eine Dramaturgie wählt diese Stücke für das Haus aus? Werden die Texte eigentlich gelesen? Was sollte denn damit erzählt werden?
Warum der Abend vom Publikum gefeiert wird dürfte keine Frage des Rezensenten sein. Es ist verständlich, dass die Oberhausener nach den vielen eher verunglückten Inszenierungen seit der Ära Florian Fiedler begierig sind, einmal wieder in IHREM Haus zu sitzen, um sich unterhalten zu lassen. Auch dafür ist ein Stadttheater da! Gute Unterhaltung darf auch ein Musical wagen, unbedingt mit Schauspielern. Sie können auch unterscheiden, wer Ihnen gefällt und wer nicht, dennoch feiern Sie den Abend als einen Abend der Gemeinschaft, des gemeinschaftlichen unterhaltsamen Beisammensein und das ist völlig in Ordnung. Damit könnte man die Oberhausener locken, wieder ihr Theater zu besuchen, was ja an Zuschauerzahlen doch enorm verloren hat.

(Anm.: Der Kommentar wurde um eine Passage, die sich am Rande der Diffamierung bewegte, gekürzt. Die Redaktion / jeb)
Peer Gynt, Oberhausen: Peer plattmachen
Also ich frage mich ja immer, warum dieser Peer Gynt allenthalben inszeniert werden muss? Was ist so toll daran, diesen Scheiß-Typen zu zeigen? Ein Mann, der zwar lieben kann - aber bitte erst auf dem Sterbebett - damit er in der Zwischenzeit bitte machen kann was er will mit seine Umwelt. Soll der einem zeitgenössischen Menschen nun auch noch leidtun, weil et leider so dauert, bis der sich aus seinem geliebten Jungs-Zwiebelchen bis zum Menschen-Herzchen vorgeschält hat? Sollen einem die geduldigen Mitmenschen um ihn etwa leidtun oder gar als Vorbild gelten? Bloß weil die mit seiner Zuneigung auf dem Sterbebette ihren christlichnächstliebenden Geduldsgeist als Ausbund der sie selbst einst rettenden Tugend feiern?
So ein' Mann kannste doch heute nur noch plattmachen und zwischen die Seiten von Omas Poesiealbum trockenpressen...
Peer Gynt, Oberhausen: Grenze überschritten
Herr Krumpholz, Sie haben die Grenze überschritten. Ist das noch Journalismus? Schreiben sie Stücke wenn sie sich ausleben wollen. Aber beleidigen sie niemanden nur weil ihnen die Kritikerposition dies ermöglicht. Den Kritiker spreche ich Ihnen ab. Vermisse kritische Auseinandersetzung. Beschreiben Sie was sie gesehen haben, warum es funktioniert und warum nicht. Bitte nicht nur Ansichten und Meinungen. Was soll dieser Text? Entschuldigen sie.
Peer Gynt, Oberhausen: fürs Theatertreffen
Dieser Abend zeigt nicht nur große Bilder und fantastische Musik, sondern die Musical- Zirkus- Welt ist der perfekte Kommentar auf das Lügenkonstrukt von Peer Gynt, den Herr Benndorf grandios spielt. Auch die anderen Schauspieler und Schauspielerinnen des Ensembles wie z. B. Ronja Oppelt, Daniel Rothaug, Emilia Reichenbach und Clemens Dönicke, um nur ein paar zu nennen, sind an diesem Abend gesanglich und spielerisch fantastisch. Das Theatertreffen sollte sich mit dieser Inszenierung durchaus mal beschäftigen.
Peer Gynt, Oberhausen: Kritik trifft Stolz
Die Kritik von Herrn Krumbholz an der Inszenierung finde ich durchaus nachvollziehbar. Für den Zuschauer sollte der Sinn eines Theaterstücks durchaus erkennbar sein, das finde ich auch. Und nicht nur Klamauk. Und wenn der Hauptdarsteller nicht so richtig gut singen kann, macht das Ganze dann eben einen nicht so gekonnten künstlerischen Eindruck. Aber dann versucht der Kritiker - wahrscheinlich gut gemeint - eine Entschuldigung zu finden und zwar in den leeren Kassen der Stadt Oberhausen und den damit begrenzten Mitteln des Theaters und unterstellt ein anspruchsloses, leicht zu befriedigendes quasi fast schon schäbiges Publikum. Und trifft damit nicht nur den Stolz der Oberhausener, die bei der Premiere geklatscht haben. Denn hier neigt man nicht dazu rum zu jammern und sich ständig benachteiligt zu fühlen - wie in manchen Regionen anderswo - und man versucht freundlich zu sein zu Jedermann und darauf ist man richtig stolz! Wenn diese Inszenierung nicht gefällt - das ist für mich wie ausgeführt nachvollziebar - berechtigt das nicht zu einem Rundumschlag unter Einbezug des Publikums. Es hat hier auch in der Ära Fiedler schon wie ich fand recht gute Inszenierungen gegeben wie "ein Volksfeind", "der Sandmann", "die Scham" oder "der Tod eines Handlungsreisenden"
Peer Gynt, Oberhausen: kein Proseminar
Ich finde es sehr interessant, dass die Intendant*innen, die sich mit Geschlechter-, Gagen-, undundund - gerechtigkeiten in den Vordergrund spielen und spielten, künstlerisch so daneben liegen oder am Publikum und Feuilleton vorbei leiten. Theater Oberhausen, auch Schauspiel Hannover jetzt unter der neuen Intendantin, Karlsruhe. Alles gut gemeint, aber sonst? Theater ist kein Theaterwissenschaftsproseminar am Schreibtisch. Gott-sei-Dank.
Peer Gynt, Oberhausen: Degradierung
Hier wollte ich mich als ein Musiker, der den Abend auch gesehen hat, mal einklinken.
Ich finde die Kritik, dass der Abend handwerklich unzulänglich war, vollkommen verfehlt.
Es war eine exzellente Band zu hören, alle DarstellerInnen haben ihr bestes gegeben, alles war perfekt durchchoreographiert
zusammen mit aufwendiger Bühnentechnik und ständigen Kostümwechseln.
Das kann sich wirklich sehen lassen und das hat das Oberhausener Publikum auch zu Recht gewürdigt.
Was aber alles andere betrifft, finde ich, dass die Kritik von Herrn Krumbholz berechtigt ist und man sich diese auch gefallen lassen muss.
Die SchauspielerInnen sind nun mal keine ausgebildeten SängerInnen daher muss man hier mit Einschränkungen rechnen,
was ich überhaupt nicht schlimm finde. Und hier würde ich zu dem wichtigsten Punkt kommen:
Ausser für den Schauspieler Torsten Bauer, der tatsächlich seinen Part mit Bravour gemeistert hat,
waren die Lieder für die SchauspielerInnen viel zu schwer zu singen! Das sollte man ihnen auch nicht anlasten,
Ständig Halbtonschritte in den Harmonien, lange Töne, die gehalten werden müssen, während darunter schwierige Harmoniewechsel
passieren, abrupte Tonartwechsel und dazu Songtexte, bei denen die Melodie die ganze Zeit gegen den Sprachrhythmus geht,
Gerade so etwas SchauspielerInnen zu geben ist besonders unklug, da diese auch beim Singen aus dem Text schöpfen sollten,
was dann natürlich nicht möglich ist. Dramaturgisch gesehen fand ich diese Songtexte auch zusätzlich noch vollkommen unverständlich und sinnlos.
Diese Lieder (anscheinend aus diversen Musicals oder daran angelehnt) sind auch für ausgebildete SängerInnen schwer zu meistern,
man hätte sie auch umkomponieren und gesanglicher machen können, da sowieso nirgendwo vermerkt war, wer die Lieder geschrieben hat
(was übrigens, glaube ich, die KomponistInnen dieser Songs nicht so toll finden).
Aber hier kommt nun das Absurdeste des Abends:
Es waren ja ausgebildete SängerInnen auf der Bühne, die diese Parts hätten übernehmen können!
Es gab ein fünfköpfiges ‚Musical-Ensemble‘, die schwierigste Chöre perfekt zusammen intoniert haben.
Sie sind extra dazu ausgebildet, genau diese Musik zu singen, die an dem Abend erklang.
Warum bekommt keiner aus diesem Ensemble auch nur einen einzigen Solosong, während man die ganze Zeit SchauspielerInnen damit überfordert?
Ich empfinde das als eine krasse Degradierung dieser DarstellerInnen und habe mich als Musiker darüber richtig geärgert.
Peer Gynt, Oberhausen: Gefeiert
Hallo Herr Krumbholz,
ich bin einer dieser Oberhausener, die diesen Abend mit Peer Gynt gefeiert haben. Mit stehenden Ovationen.
Warum? Warum, wenn es doch ein "so verunglückter Abend war"?
Es ist ganz einfach. Es war unfassbar schön! Es hat Spaß gemacht von der ersten bis zur letzten Minute, es war eine gute Unterhaltung, technisch und handwerklich brillant umgesetzt, es waren beeindruckende, phantasievolle Bilder zu sehen, berührende Lieder zu hören, knallige Dialoge, schöne Wortgefechte, perfekt getaktet zwischen musikalischer Begleitung und Schauspielern, und es war ein Hauptdarsteller zu sehen und zu hören, der sich im wahrsten Sinne des Wortes die Seele aus dem Leib gespielt und gesungen hat.
Ob ein Sänger wirklich gut singen kann, im musikwissenschaftlichen Sinn, kann ich nicht beurteilen, ist mir auch egal, Hauptsache er berührt mich. Rio Reiser konnte bestimmt auch nicht gut singen, aber er hat viele Menschen aufs Tiefste berührt. Ohne André Benndorff vorher schon einmal gesehen zu haben, hat er mich an diesem Abend vollends mitgenommen, hat überzeugt in Gestus und Stimmlage, absolut nicht zappelig und absolut nicht schräg, manchmal rau, manchmal heiser, einfach passend, und er hat den Abend getragen. Ohne dabei die anderen Schauspielerinnen und Schauspieler übergehen zu wollen. Alle haben mehrere Rollen übernommen, mit Leben gefüllt und immer wieder spontanen Zwischenapplaus bekommen. Sie wirkten nicht gerade wie ein „wackeres Ensemble, das jede textliche Zumutung“ einfach so hinnimmt, sondern eher wie Leute, die zu recht Stolz waren, Teil einer so gelungenen Inszenierung zu sein.
Lieber Martin Krumbholz, Ihre Kritik ist unfassbar unpassend, selbstverliebt und arrogant, aber immerhin, vielen Dank dafür, haben Sie dafür gesorgt, dass ich gedanklich noch mal eingetaucht bin, in den Abend der Trolle, Träumer und Knopfgießer.
Peer Gynt, Oberhausen: Kommentarregeln
Liebe Redaktion.
Warum darf ein Journalist von Nachtkritik dermassen niveaufrei, inhaltsleer und unter der Gürtellinie schreiben, aber sämtliche andere Kommentare von Personen werden stets von der Redaktion zensiert? Wo bleibt die Lust zu beschreiben, anstatt nur zu bewerten ?
Und Herr Brenndorff...ich finde sie singen fantastisch. Nach 3 Whiskey Sour allerdings umso besser..:)


(Lieber Johannes Potthoff,

das Urteil, das Martin Krumbholz über den Abend fällt, ist sicher hart und teilweise polemisch. Doch aus meiner Sicht ist sein Urteil wohlbegründet, die Kriterien dafür in der Kritik offengelegt.
Niemand muss die Sicht des Kritikers teilen und andere Sichten sind hier immer sehr willkommen, ja ausdrücklich erwünscht.
Sie müssen sich allerdings ebenfalls um Begründungen bemühen, statt sich in bloßen Beleidigungen zu erschöpfen. Denn so verstoßen sie als persönliche Angriffe gegen unsere Kommentarregeln und werden nicht veröffentlicht. Die Kommentarregeln sind hier nachzulesen: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=102

Herzliche Grüsse aus der Redaktion, Esther Slevogt)
Peer Gynt, Oberhausen: verunglückt
Ich gebe Herrn Krumbholz ausdrücklich Recht. Es ist ein total verunglückter Abend.
Peer Gynt, Oberhausen: San Francisco
Die Eingabe von Morgenstern, Peer Gynt und San Francisco bei Google gibt sofort einen Treffer. Mir scheint, die verunglückten (?) Liedtexte sind einfach aus dem Text.
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