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Adolphe Binder verlässt Tanztheater Wuppertal

Kündigung unwirksam, dennoch keine weitere Zusammenarbeit

22. Januar 2020. Im Rechtsstreit zwischen Adolphe Binder und dem Tanztheater Wuppertal ist eine weitere Entscheidung zugunsten Binders gefallen. Die Stadt Wuppertal hatte, nachdem Binders Kündigung in zweiter Instanz als unwirksam festgestellt wurde, Beschwerde gegen dieses Urteil eingelegt.

Wie u.a. der WDR berichtet, hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt diese Beschwerde nun abgewiesen. Die Kündigung gilt damit weiterhin als unrechtmäßig, Binder ist weiterhin Intendantin des Hauses, das damit nun zwei Intendantinnen hat. Denn im November 2018 wurde die Tanzmanagerin und Kuratorin Bettina Wagner-Bergelt zur Interimsleiterin des Tanztheaters ernannt.

Das Arbeitsverhältnis mit der Kulturmanagerin und Tanz-Dramaturgin Adolphe Binder war vom Tanztheater Wuppertal Pina Bausch im Juli 2018 nach nur einem Jahr beendet worden. Der Kündigung voraus gingen Gerüchte über vermeintliches Fehlverhalten Binders. Die Quelle war der von der Stadt Wuppertal beauftragte PR-Berater Ulrich Bieger. Er räumte später ein, das Material sei im Rahmen eines "Jour fixe" zusammengestellt worden. Teilgenommen haben sollen unter anderen Stadtdirektor Johannes Slawig, Kulturdezernent Matthias Nocke und der damalige Tanztheater-Geschäftsführer Dirk Hesse.

Unabhängig von der Klageabweisung wird das Landesarbeitsgericht dem Bericht des WDR zufolge am 31. Januar 2020 noch über die Gehaltszahlungen an Adolphe Binder verhandeln, die seit ihrem Rauswurf ausstehen. Gespräche zwischen den Parteien über eine gütliche Einigung habe es, zitiert der Bericht die Pressesprecherin der Stadt Wuppertal, bisher nicht gegeben.

(WDR / miwo)

 

Update vom 29. Januar 2020. Adolphe Binder und die Stadt Wuppertal haben sich außergerichtlich geeinigt. Der Rechtsstreit um die Kündigung der Intendantin am Tanztheater Wuppertal sei dem Gericht zufolge damit beigelegt und der für den 1. Februar 2020 geplante Prozesstermin abgesagt. Das meldete 3sat Kulturzeit auf Twitter. Adolphe Binder gab am Abend aber in einer kurzen Pressemitteilung bekannt, dass man wegen "der verbliebenen unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der künstlerischen Aufgaben einer Intendantin und deren struktureller Sicherung" nun doch getrennte Wege gehen werde. (3sat / eph / sik)

 

Update vom 30. Januar 2020. Die Trennung von Tanztheater und Intendantin aufgrund unterschiedlicher Auffassungen hinsichtlich der künstlerischen Aufgaben gibt auch das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch in seiner heutigen Presseerklärung bekannt: "Trotz der in allen Instanzen gerichtlich verworfenen Kündigung sind die Parteien übereingekommen, die Zukunft des Tanztheaters nicht weiter mit juristischen Auseinandersetzungen zu belasten." In der Presseerklärung bestätigen die Geschäftsführung des Tanztheaters und seine Organe "ausdrücklich, dass sie den Einschätzungen und Begründungen aller arbeitsgerichtlicher Instanzen folgen und an den zu Unrecht erhobenen Abmahnungen und Kündigungsgründen nicht mehr festhalten".

Auf die Intendanz am Tanztheater Wuppertal verzichte sie "schweren Herzens", schreibt Adolphe Binder in einer von der Wuppertaler Rundschau veröffentlichten persönlichen Stellungnahme. Von den Künstler*innen am Tanztheater, "speziell aber bei denen, die noch gemeinsam mit Pina Bausch die legendären Stücke entwickelt haben“, habe sie große Offenheit, Vertrauen und Freude an Neuem erlebt. "Diese Offenheit und den Mut im Hinblick auf die Zukunft Neues zu wagen und die Kunstfreiheit in den Mittelpunkt zu stellen, habe ich leider bei der damaligen Geschäftsführung, dem Beirat und den Vertretern der Stadt Wuppertal … vermisst", heißt es in der Stellungnahme weiter. "Das Tanztheater ist weder eine Behörde noch ein profitorientiertes Tourneetheater, sondern eine national und international bedeutende kulturelle Institution, die die Verpflichtung hat der Kunstfreiheit zu dienen." Nur ein Theater, das auf Intrigen und Machtspiele verzichte, könne "die Form von Konflikt- und Streitkultur entwickeln, ohne die keine wirklich neue Kunst entstehen kann", so Binder. 

(Tanztheater Wuppertal Pina Bausch / Wuppertaler Rundschau / eph)

 

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Hintergrund: Die katastrophale Wuppertaler Kulturpolitik (8/2019)

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Kommentare  
Arbeitsgericht Wuppertal: ohne Wiederkehr
Eine Schande für diese Stadt. Ich kenne Frau Binder seit den 90 erJahren in Nordhausen: eine Gute. Aber das Geld mag die Schmerzen mindern, raus sind sie trotzdem, die Binder, der Latchinian, der Flügge, ohne Wiederkehr und andere sitzen drauf, auf den Sesseln: ohne Skrupel.
Arbeitsgericht Wuppertal: an die Spree?
Da trifft es sich doch gut, dass in Berlin gerade eine Planstelle frei geworden ist. Ob Adolphe Binder oder Bettina Wagner-Bergelt. So viele gut vernetzte und erfahrene Tanzmanager*innen gibt es hierzulande nicht. Die Aufgabe in Berlin dürfte eine ähnlich große Herausforderung sein, wie das Erbe Pina Bauschs weiter zu pflegen und zu entwickeln. Bin gespannt.
Arbeitsgericht Wuppertal: Parallelen zu Darmstadt?
Nur um nicht wieder zu Missverständnissen beizutragen. Ich heisse Markus Müller, bin aber nicht Intendant in Mainz.

Bei der Berichterstattung zu der angeblichen finanziellen Schieflage in Darmstadt drängen sich Parallelen zum Fall Binder auf. Würde mich nicht wundern, wenn sich auch hier das in der Presse von Vertretern des Hauses in den Raum gestellte Fehlverhalten des Geschäftsführers Jürgen Pelz in Luft auflöst. Gut nur, dass dieser sich wie zu lesen ist gegen die Vorwürfe gegen ihn wert. Vielleicht hat man ja auch hier bald zwei Geschäftsführer? Den Umgang mit Personen auf einer solchen Ebene jedenfalls finde ich persönlich verabscheuungswürdig, ohne jegliche Moral und Werte.
Arbeitsgericht Wuppertal: was ist das hier...
Was ist das hier denn für ein Informationssalat?!! Das kann doch wohl nicht ihr Ernst sein?

(Die ursprüngliche Meldung vom 22. Januar wurde, mit je neuem Informationsstand, aktualisiert, Wird der "Salat" verständlicher, wenn Sie nacheinander drei Meldungen lesen, die wir der Übersicht halber zusammengestellt haben? Falls nicht, dann bitte detailliertes Feedback, wir bessern gerne nach. Viele Grüße von E. Philipp / Red.)
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