"Hamlet" von Christopher Rüping an den Münchner Kammerspielen

22. März 2020. Weil die Theater nicht mehr spielen können, stellt nachtkritik.de einen digitalen Spielplan aus Mitschnitten von Inszenierungen zusammen. Am 22. März zeigen wir ab 18 Uhr William Shakespeares Hamlet in der Inszenierung von Christopher Rüping an den Münchner Kammerspielen, die im Januar 2017 Premiere hatte, auf der Shortlist des Berliner Theatertreffens stand, schon halb um die Welt reiste und nun ins Netz.

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Über die Inszenierung heißt es auf der Homepage der Münchner Kammerspiele:

Er war erst 17, als er beschloss, der Welt den Rücken zu kehren. Er begann, Bücher zu lesen, was er bis dato nie getan hatte, und zog sich von seinen Freunden zurück, denen er vorwarf, selbstsüchtig und eitel zu sein. Er stellte seine Ernährung um und begann, die Frauen seiner Umgebung zu provozieren – manchmal forderte er sie auch zornig auf, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Schließlich gab er seinen Eltern und der Gesamtheit der Erwachsenen die Schuld an der Verkommenheit der Welt, die anders nicht mehr zu retten sei als durch vollständige Zerstörung. Und das genau sei sein Auftrag. – So oder so ähnlich könnte Hamlets Geschichte erzählt werden, würde sie sich heute ereignen. Und obwohl diese Geschichte über 400 Jahre alt ist, gibt es Hamlet und seinen Auftrag immer noch. Hamlets Geschichte will erzählt werden. Dieser Text, der laut dem Shakespeare-Forscher Harold Bloom nach der Bibel der meistzitierte Text der abendländischen Literatur ist, drängt sich geradezu auf – "Hamlet" ist ein Imperativ. Und Hamlet will ein Imperativ sein. Sterbend gibt er den Auftrag, seine Geschichte in die Welt zu tragen, und seit Jahrhunderten nehmen Theater weltweit diesen Auftrag an. "Hamlet"! Hamlet!

 

Anlässlich der Premiere setzten sich unsere Nachtkritiker*innen Cornelia Fiedler und Michael Stadler zu einem Chat-Dialog zusammen, powered by Skype: Fiedler attestiert der Inszenierung eine "ziemliche Leichtigkeit“ und sieht Hamlet auf einer Mission: "Es hat was Religiöses, wie er abgeht, etwas Erleuchtetes." Stadler sieht in der Inszenierung auch einen Kommentar auf die Inszenierungstraditionen des Shakespeare-Stücks: "Ein Jungspund wie Nils Kahnwald fetzt das 'Sein oder Nicht-Sein' eben raus als das, was dieser Monolog längst geworden ist: ein Blockbuster. Ein Hollywood-Kracher."

Mehr über den Regisseur Christopher Rüping gibt es im nachtkritik-Lexikon.

Die Twitter-Diskussion zur Inszenierung bzw. zur Streaming-Praxis kann man unter dem Hashtag #streaminghamlet nachlesen. Außerdem speiste Regisseur Christopher Rüping über den Hashtag #Hamletfact interessantes Hintergrundwissen zu seiner Arbeit ein.

 

Hamlet
von William Shakespeare
Aus dem Englischen von Angela Schanelec und Jürgen Gosch
Regie: Christopher Rüping, Bühne: Ramona Rauchbach, Kostüme: Anna Maria Schories, Licht: Stephan Mariani, Musik: Christoph Hart, Dramaturgie: Katinka Deecke.
Mit Katja Bürkle, Walter Hess, Nils Kahnwald.
Dauer: 2 Stunden, keine Pause

www.muenchner-kammerspiele.de