nachtkritikstream - "Das große Heft" vom Kosmos Theater Wien und makemake Produktionen
"Das große Heft" von Ágota Kristóf, Regie: Sara Ostertag
27. März 2020. Weil die Theater nicht mehr spielen können, stellt nachtkritik.de einen digitalen Spielplan aus Aufzeichnungen von Inszenierungen zusammen. Heute haben wir ab 18 Uhr für 48 Stunden bis Sonntag 18 Uhr Das große Heft im Programm, Sara Ostertags Inszenierung von Ágota Kristófs Roman. "Dieses 'große Heft' ist ein großer Wurf", jubelte Nachtkritiker Martin Pesl nach der Premiere im Kosmos Theater Wien am 3. Dezember 2019, und die Kolleg*innen schlossen sich ihm an.
Zum Stück:
Es herrscht Krieg. Um dem Bombenhagel zu entkommen bringt eine Mutter ihre Kinder – Zwillinge – aufs Land zur Großmutter.
In komprimierter Sprache lässt die ungarische Autorin Ágota Kristóf die Zwillinge in einem großen Heft notieren, wie sie ohne Hoffnung auf Liebe und Mitgefühl ihre Werte und Handlungen der Grausamkeit ihrer Umgebung anpassen und durch Übungen zur Abhärtung des Geistes und des Körpers ihre eigenen Überlebensstrategien entwickeln. Historische, bereits begraben gemeinte Bilder werden zu Folien der Gegenwart, auf der Suche nach dem moralischen Zeitgeist.
Regisseurin Sara Ostertag und ihr Team jagen in "Das große Heft" die Untoten, Geister und Zombies des vergangenen Jahrhunderts ans Tageslicht. Die Lebenden erweisen sich dabei den Toten als gar ähnlich.
"Das große Heft" war im Zehnertableau des nachtkritik Theatertreffens 2020 und stand auf der Shortlist des Berliner Theatertreffens 2020.
Das große Heft
nach dem Roman von Agota Kristof, Deutsch von Eva Moldenhauer
Regie: Sara Ostertag, Musik: Jelena Popržan, Bühne: Nanna Neudeck, Maske/Bodypainting: Nadja Hluchovsky, Dramaturgie: Anita Buchart, Choreografie: Martina Rösler.
Mit: Simon Dietersdorfer, Martin Hemmer, Jelena Popržan, Michèle Rohrbach, Martina Rösler, Jeanne Werner, Emma Wiederhold und der Hündin Lilli.
Premiere am 3. Dezember 2019
Dauer: 1 Stunde 20 Minuten, keine Pause
www.makemake.at
www.kosmostheater.at
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Zweitens funktioniert er auch deshalb als Stream einigermaßen gut, weil sich das Geschehen auf engem Raum in einer Art Sandkasten abspielt. Die Spieler*innen tragen Bodypainting-Kostüme und deklamieren den Text, der oft auch im Hintergrund über eine große Leinwand läuft. Die düsteren Textbrocken werden ironisch durch die „Ode an die Freude“ oder Pophymnen gebrochen, der Abend bleibt jedoch immer nah an seiner Roman-Vorlage. Häufig schwenkt die Kamera zu Jelena Popržan, die am Bühnenrand Alltagsgegenständen Geräusche entlockt und Wortfetzen der Spieler*innen einspricht und loopt.
„Das große Heft“ ist eine konzentrierte, kleine Version des deprimierend-brutalen Stoffs, den zuletzt auch Ulrich Rasche in seiner wesentlich opulenteren und laustärkeren, zum Theatertreffen 2019 eingeladenen Dresdner Inszenierung auf die Bühne brachte. Bei weitem nicht so spektaktulär, aber eine solide Off-Theater-Inszenierung.
Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2020/03/27/das-grosse-heft-kosmos-theater-wien/
aber!
warum soll man die schauspieler schützen? und nicht die regie, ausstattung, und Musikerin, etc.?
sind die schauspieler nur willige erfüller? sind sie nicht teil des kreativen teams? also wieder die mär der despotischen regie?
sieht man der inszenierung nicht an, dass sie aus dem kollektiv entwickelt wurde? und haben die schauspieler nicht mit der premiere einer veröffentlichung zugestimmt? immerhin waren kritiken und Kommentare zur premiere sehr positiv.
ihren Horizont so zu erweitern, wie jetzt in der "Corona-Pause" (wie das BE diese Zeit nennt). Zufällig bin ich auf die "Nachtkritik" und die unglaublichen Bilder der Choreografie "Das große Heft" gestoßen und total fasziniert. Meist finde ich Theater ziemlich langweilig, aber dieses Bildertheater zieht mich tief hinein, bevor ich überhaupt viel vom Text verstanden habe. Ich freue mich darauf, dieses kleine geniale Gesamtkunstwerk heute Abend mit meinen Mitbewohnern auf unserer Leinwand im Dachboden zum sehen.
Was für ein guter Stream!