"Das Recht des Stärkeren" inszeniert von Florian Fiedler am Theater Oberhausen

7. April 2020. Weil die Theater nicht mehr spielen können, stellt nachtkritik.de einen digitalen Spielplan aus Mitschnitten von Inszenierungen zusammen: Vom 7. April 18 Uhr bis 8. April 18 Uhr zeigen wir "Das Recht des Stärkeren" von Dominik Busch, inszeniert von Florian Fiedler. Premiere war am 7. März 2019 am Theater Oberhausen.

 

Zum Stück auf der Homepage des Theater Oberhausen:

Während im Ruhrgebiet die Geschichte der Steinkohle endet, wird in Kolumbien weiter abgebaut, werden Wälder gerodet und Dörfer umgesiedelt. Dass dabei Vertreibung und Mord zum Tagesgeschäft zu gehören scheinen, muss Nadja schon bald nach Beginn der Dreharbeiten für ihren Dokumentarfilm feststellen. Sie findet in Àlvaro einen Zeugen, der bereit ist, den Bann aus Gewalt und Verschwiegenheit zu brechen und vor der Kamera über die Zusammenarbeit zwischen den Paramilitärs und dem Rohstoffkonzern – dessen Chef ausgerechnet Nadjas Vater ist – auszusagen. Àlvaros Aussage ist so tiefgreifend, von solcher Sprengkraft, dass mit dem Film wirklich etwas verändert werden könnte. Doch nachdem Todesschwadrone das Leben Àlvaros und seiner Familie bedrohen, bittet er Nadja, seine Aussage aus dem Film herauszuschneiden. Nadja, inzwischen wieder in Europa, steht vor der Entscheidung, vielen Menschen helfen zu können und der Spirale aus Gewalt und Unterdrückung wirklich etwas entgegenzusetzen oder künstlerisch und politisch zu kapitulieren, um einen Menschen und seine Familie zu schützen.

Die besondere Qualität des dichten, außerordentlich rhythmischen und konzentrierten Textes von Dominik Busch besteht zum einen darin, politische Konflikte auf die Spitze zu treiben und persönlich erfahrbar zu machen, zum anderen verleugnet er nie unsere Perspektive als privilegierte Mitteleuropäer*innen, die die Rohstoffe und Menschen anderer Länder ausbeuten, später aber selbst im Gestus der Hilfe nicht mehr in der Lage sind, diese kolonialen Denkstrukturen zu erkennen und zu überwinden. Eine moralische Zwickmühle.

Das Stück ist zum virtuellen Theatertreffen 2020 von nachtkritik eingeladen. Die Kritiker*innen hatten es als eine der bemerkenswertesten Inszenierungen im deutschsprachigen Raum nominiert, anschließend konnte das Publikum aus der Auswahl über seinen Favoriten abstimmen. Die Oberhausener Inszenierung schaffte es dabei auf die Shortlist.

 

Das Recht des Stärkeren
von Dominik Busch
Deutsche Erstaufführung 
Regie: Florian Fiedler, Bühne: Maria-Alice Bahra, Kostüme: Selina Peyer, Musik: Martin Engelbach, Video: Bert Zander.
Mit: Elisabeth Hoppe, Klaus Zwick, Clemens Dönicke, Burak Hoffmann, Jan Viethen.
Premiere am 7. März 2019
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause

www.theater-oberhausen.de

 

Mehr zu Das Recht des Stärkeren? Unsere Nachtkritik von Dorothea Marcus.

Unser digitaler Spielplan mit diversen Streaming- und Kulturangeboten online.

Unterstützen Sie uns mit einer Spende, damit wir weiterhin täglich Aufführungen streamen können.

Kommentare  
nk-Stream, Recht: tolle Inszenierung
Danke für die tolle Inszenierung. Hat mich komplett rein gezogen und hat für mich als Stream gut funktioniert. Stück und Inszenierung handeln ja von der Frage: Wie entsteht ein Film? Wie verändert der Schnitt das, was wir mit bewegten Bildern erzählen?Hat total Sinn gemacht, das als Video, gefilmt aus unterschiedlichen Perspektiven, zu sehen. Und das Thema Ausbeutung von Rohstoffen ist auch während und nach Corona noch genau so aktuell wie davor. Würde die Inszenierung gerne mal noch in echt sehen.
nk-Stream, Recht: Schwarz-Weiß-Ästhetik
Die Dokumentarfilm-Regisseurin trägt in diesem politisch engagierten Autorentheater einen doppelten Konflikt aus: erstens mit ihrem Vater (Klaus Zwick), einem kalt lächelnden Unternehmer, der seinen Reichtum in Villa mit Pool genießt. Seine Tochter konfrontiert ihn damit, dass ihre Recherchen auch zu ihm führen und Blut an seinen Händen klebt. „Ich muss wissen, ob Du ein Mörder bist“, lautet einer ihrer zentralen Sätze. Er kontert gelassen mit einer Verteidigungsrede, die um Glaubenssätze des Darwinismus und Neoliberalismus kreist und das titelgebende „Recht des Stärkeren“ postuliert. Diese Passagen sind etwas plakativ geraten.

In ihrem zweiten Konflikt setzt sich Nadja mit ihrem Kronzeugen Alvaro (Burak Hoffmann) auseinander. Sie verhandeln darüber, ob sein Statement, das ihn in Lebensgefahr bringt, im Film bleiben soll oder zu seinem Schutz wieder herausgeschnitten wird.

Die Figuren verhandeln ihre Konflikte in einer raschen Folge kurzer, clipartiger Sequenzen, der Plot springt oft zu schroff zwischen den Erzählsträngen hin und her. Zwischen Videomaterial, das oft bewusst die Schwarz-Weiß-Ästhetik französischer Noir-Filme zitiert, treten die Spieler*innen auf der kleinen Studiobühne zwischen Plastikplanen auf. Das Publikum ist hautnah dabei, dieser Effekt geht im Nachtkritik-Stream natürlich verloren.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2020/04/08/das-recht-des-starkeren-theater-oberhausen-kritik/
Kommentar schreiben