"Hamlet" von William Shakespeare, Regie: Johan Simons

1. Mai 2020. Auch das Berliner Theatertreffen, wie wir es kennen, fällt in diesem Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer. Theateraufführungen in geschlossenen Häusern sind verboten. Die Berliner Festspiele verlegen deshalb ihr Theatertreffen ins Netz. Sechs der zehn ausgewählten Inszenierungen werden auf der Website der Festspiele sowie auf nachtkritik.de gestreamt.

Zum Auftakt sind schon die Geschlechterverhältnisse so undeutlich wie heute alle Verhältnisse geworden sind. Sandra Hüller spielt Hamlet, Gina Haller eine Figur, die aus Ophelia und Horatio zusammengesetzt wurde. Johan Simons hat die Bochumer Aufführung inszeniert.

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Gemeinsam Gucken mit Livechat (1. Mai ab 20 Uhr)

Wer die Theatertreffen-Eröffnung mit "Hamlet" in virtueller Gemeinschaft schauen wollte, war herzlich eingeladen, sich hier im Livechat zu versammeln und zusammen mit uns um kurz nach 20 Uhr auf Play zu drücken. Gegen 19:30 Uhr öffneten wir das Foyer des nachtkritik-Chatrooms. Gastgeberin des Abends ist nachtkritik-Redakteurin Anne Peter. Um 20 Uhr streamten wir die Begrüßung durch Theatertreffen-Leiterin Yvonne Büdenhölzer und im Anschluss die Inszenierung vom Schauspielhaus Bochum in einer 3sat-Aufzeichnung. Der Online-Talk der Berliner Festspiele mit Künstler*innen der Produktion wurde im Anschluss an diesen ersten Durchlauf von "Hamlet" gehalten. Alles war hier auf dieser Seite erreichbar. Inzwischen findet man den "Hamlet" aus rechtlichen Gründen nurmehr in der ZDF-Mediathek.

 

Online-Talk der Berliner Festpiele zu "Hamlet"

 

Im Anschluss gegen 22:35: Online-Talk der Berliner Festspiele mit Künstler*innen der Produktion (Gina Haller, Sandra Hüller, Johan Simons, Jeroen Versteele sowie TT-Jurymitglied Cornelia Fiedler, Moderation: Christine Wahl)

Unter #TT_Hamlet sammeln die Berliner Feststspiele auf Twitter den ganzen Tag über Fragen, die im Talk heute Abend berücksichtigt werden sollen.

 

Über die Inszenierung

Das Schauspielhaus Bochum schreibt auf seiner Website über die Inszenierung:

"Der alte König Hamlet ist tot, sein Mörder und Bruder Claudius hat seine Witwe Gertrud geheiratet und sitzt jetzt auf dem Thron. Prinz Hamlet, krank vor Trauer, wird vom Geist seines Vaters heimgesucht. Der Geist befiehlt ihm, ihn zu rächen. Dieser Auftrag treibt Hamlet immer weiter in die Isolation. William Shakespeare machte 1602 aus einer europäischen Legende die philosophische Geschichte einer bis heute faszinierenden Sinnsuche. In der Regie von Johans Simons mit Sandra Hüller in der Titelrolle wird Hamlet zu einem Plädoyer für radikale Ehrlichkeit.

Was fasziniert dich an William Shakespeare?

Johan Simons: Mich fasziniert seit jeher, wie Shakespeare eine große philosophische Kraft lebendig und spielbar macht. Er ist ein Virtuose der Sprache. Ein Stück von Shakespeare ist wie ein großes Fenster, durch das man in einen Wald blickt. Griechische Autoren wie Aischylos sind wie eine Wüste oder eine Eisfläche. Shakespeare ist wie ein Wald mit Hügeln, Bäumen, Teichen und Moorseen. Man rutscht leicht aus, der Boden ist glitschig.

Was ist der Kern des Stücks?

Johan Simons: "To be or not to be." Nicht umsonst ist der Satz so berühmt. Hier versucht jemand herauszufinden, ob es ein Recht auf Existenz gibt. Was ist der Sinn unseres Lebens, wenn eine Lüge so oft als Wahrheit gilt? Meiner Meinung nach ist Hamlet extrem empfindlich und kompromisslos, er erträgt keine falschen Fassaden. Das zerstört ihn.

In Bochum wird Hamlet von einer Frau gespielt. Warum?

Johan Simons: Ich möchte kein großes Thema daraus machen. Eigentlich ist es normal, dass eine Frau Hamlet spielt: Sarah Bernhardt, Angela Winkler, Asta Nielsen, viele andere haben es schon gemacht. Theater vermittelt sich über Gedanken, nicht über Identifikation. Der Stoff handelt von Geisteskraft und der Dynamik des Denkens. Sandra Hüller hat einen flexiblen Geist. Und sie hat eine persönliche Herangehensweise. Sie lehnt jeden Zynismus ab. Sandra erweitert Hamlets Gedanken und füllt sie mit Emotionen, wie nur sie das kann."


Jeroen Versteele, Dramaturg der "Hamlet"-Inszenierung von Johan Simons, gibt ein Video-Grußwort zum Streaming

 

In seiner Nachtkritik zur Premiere im Juni 2019 schrieb Andreas Wilink: "Als Partitur auch behandelt Sandra Hüller – ganz bei sich und zugleich im reflektierten Selbstverhältnis die Quintessenz der Figur darstellend – den sich durch sie hindurch verjüngenden Text, den sie im Reden zu verfertigen scheint. Sie singt und sagt ihn direkt und gelöst, staunend, sanft und sinnend, verträumt flüsternd, ruppig baritonal grollend, im Schaulauf für Dritte, burschikos und kess. Sie ist Hamlet, der Antifleischliche und Reine, der Verwesung, Begierde, Lust und Völlerei widerwärtig findet. Ist der Wittenberger Student und Protestant, der den Triumph des Geistes über die Materie verkörpert und das Symbolische über das Reale stellt. Man meint, Hüller bedürfe keinerlei Kraft, es sei kein Aufwand dabei, sie spräche unter freiem Himmel."

Die Hauptdarstellerin Sandra Hüller hat nicht zuletzt für die Darstellung des Hamlet den Theaterpreis Berlin 2020 erhalten.

 

Hamlet
von William Shakespeare
Deutsche Übersetzung von Angela Schanelec und  Jürgen Gosch, mit Auszügen aus "Die Hamletmaschine" von Heiner Müller
Regie: Johan Simons, Textfassung: Jeroen Versteele, Bühne und Kostüme: Johannes Schütz, Musik: Mieko Suzuki, Dramaturgie: Jeroen Versteele.
Mit: Sandra Hüller (Hamlet), Stefan Hunstein (Claudius), Mercy Dorcas Otieno (Gertrud), Bernd Rademacher (Polonius), Dominik Dos-Reis (Laertes), Gina Haller (Ophelia), Konstantin Bühler (Rosencrantz), Ulvi Teke (Guildenstern), Mourad Baaiz (Fortinbras), Jing Xiang (Totengräber 1), Ann Göbel (Totengräber 2), Mieko Suzuki (Musikerin), Lukas Tobiassen (Musiker).
Premiere am 15. Juni 2019
Dauer: 2 Stunden 30 Minuten, eine Pause

www.schauspielhausbochum.de

 

Kritikenrundschau

Hüller mache "ihre Sache großartig: Hamlets Brillanz, seine intellektuelle, wenn auch leider nicht tatkräftige Überlegenheit könnten nicht besser herausgearbeitet sein", schreibt Martin Krumbholz in der Südddeutschen Zeitung (18.6.2019).

Simons' "Hamlet" sei "zweieinhalb Stunden lang transparente Bühnenarbeit", schreibt Lars von der Gönna in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (17.6.2019). "Wir sehen sozusagen das Gemachte, illusionslos."

Max Florian Kühlem in den Ruhr Nachrichten (17.6.2019): "Der überragende Verdienst des Regisseurs und seiner berühmten Hauptdarstellerin ist, dass ihr Spiel in einer bis in die Nebenrollen großen Ensembleleistung aufgeht."

"Dieser Hamlet ist so normal, so sensibel, so schwach und so beseelt von dem Wunsch nach Ehrlichkeit und Fairness wie kaum ein anderer Hamlet zuvor", schreibt Bernd Noack auf Spiegel online (16.6.2019). Johan Simons rolle seiner Titeldarstellerin als Spielfeld eine Welt am Abgrund aus.

Die Inszenierung zeige Hamlets Isolation, sagt Christoph Ohrem auf Deutschlandfunk Kultur in Fazit (15.6.2019). Der Abend stelle eine Befragung des Theaters als solches dar. "Sandra Hüller spielt die Wechsel zwischen dem Lauten und Wahnsinnigen und dem Ruhigen sehr präzise und berührend. Das ist ein Fest, sich das anzuschauen."

Patrick Bahners schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (22.6.2019): Die Inszenierung erzeuge den Eindruck, dass "sich die Schauspieler das Stück gemeinsam erarbeiteten, indem sie auf das reagieren, was sie sehen und hören".

 

Die Festivalübersicht zum Berliner Theatertreffen 2020 virtuell

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Kommentare  
nk-Stream mit TT, Hamlet: Frage
Werden auch die Panels und Nachgespräche im Anschluss 24 Stunden abrufbar sein?

(Sehr geehrter Hannes, die Nachgespräche werden direkt hier auf der Streaming-Seite zu sehen sein. Die Panels des TT-Kontext zeigen wir ebenfalls. Sie werden für 24 Stunden abrufbar sein. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
nk-Stream mit TT, Hamlet: Geschlecht
Ich verstehe nicht, warum Hamlet von einer Frau gespielt werden muss. Gab es keinen männlichen Schauspieler? Ich finde das blöd, wenn Frauen Männer spielen und umgekehrt.
nk-Stream mit TT, Hamlet: Geschlecht
Ich verstehe das nicht warum Hamlet von keinem richtigen Prinz gespielt wird. Gab es keinen richtigen Prinzen um die Rolle zu spielen? Ich finde das blöd wenn Schauspieler so tun als wären sie etwas was sie nicht sind....
was für ein doofer Kommentar Korda, als Tipp: Stell die Inszenierung doch einfach heute Abend auf 0,5 fache Geschwindigkeit, dann klingt Frau Hüllers Stimme tiefer, du verstehst das Stück und kannst glücklich einschlafen.
nk-Stream mit TT, Hamlet: Sarah Bernhardt
Da denke ich an Sarah Bernhard, die ähnlich wie diese "boy players der
Renaissance, die durch und mit entsprechenden Gesten, mit Bewegungen, mit
Kostüme und Schminke das Erscheinungsbild ihres männlichen Körpers zum
Weiblichen hin veränderten, sich transformierten, um den Effekt von Weiblichkeit hervorzurufen. Bernhardt spielte bewusst mit Rollen-Konventionen und den Merkmalen geschlechtsspezifischen Auftretens. Hierzu ist beispielsweise die als damals typisch männlich empfundene breitbeinig
da-stehende Haltung Pose zu zählen, die sie als Hamlet pflegte. sowie auch der mitunter recht barsche Ton, den sie speziell bei den Übergriffen
auf andere Bühnenfiguren wie zum Beispiel Polonius, Rosencrantz und Guildenstern anschlug.
Da wird man heute Abend sehen, wie blöd das ist wenn eine Frau den tiefsinnigen Hamlet spielt. Ich bin schon sehr gespannt. Hamlet, das ist für mich die bedeutenste Bühnenfigur neben Faust, sage ich jetzt ein wenig überspannt, aber ganz ruhig . . .
nk-Stream mit TT, Hamlet: vertippt
Im Abspann heißt der Koübersetzer von Angela Schanelec Jürgen Grosch. So viel zum Verhältnis von 3sat und ZDF zum Theater.
nk-Stream mit TT, Hamlet: großartig im Schlichten
Grossartig, Sandra Hüller. Bravo!
Schöne Produktion. Alle Schauspieler sehr gut. Hin und wieder ging das Gezappel von Ophelia am Anfang auf die Nerven und mir wurde etwas seekrank in Verbindung mit der Kameraführung. Je schlichter, einfacher das Spiel wurde, desto interessanter wurde es.
nk-Stream mit TT, Hamlet: schleppend
Worum die Bundesliga-Manager in ihren verzweifelten Öffnungsdiskussionsorgien noch kämpfen, war hier in den letzten Augenblicken vor dem Shutdown schon einmal Realität: Vor leerem Haus durften die Spieler*innen noch einmal exklusiv für den 3sat-Mitschnitt auftreten.

Das Problem dieser Geister-Aufführung ist jedoch, dass die Leere, die im Regie-Konzept des regieführenden Intendanten Johan Simons eine wesentliche Rolle spielt, noch potenziert wird. Die langen Kameraschwenks über die minimalistisch-kahle Bühne von Johannes Schütz betonen die depressiv-entschleunigte Grundstimmung des Abends noch weit mehr, als es ihm gut tun würde. Wir blicken in die gähnende Leere des Parketts, wo an diesem Abend nur die Spieler*innen sitzen und ihren Kolleg*innen zuschauen, während auf ihren Auftritt warten: ein von Jürgen Gosch kopiertes Stilmittel.

„Hamlet“ ist hier kein Amokläufer und Gefühlsterrorist, wie wir ihn zum Beispiel als gespaltene Persönlichkeit bei Katja Bürkle und Nils Kahnwald in den Münchner Kammerspielen erlebt haben. Der Titelheld ist stattdessen ein sehr leise sprechender, nachdenklicher, fast zerblich wirkender junger Mann, der in getragenen Monologen an sich und der Welt leidet. In einigen Momenten, in denen Sandra Hüller in ihrer Hosenrolle jeder Silbe nachlauschen darf, ist die Inszenierung ganz bei sich.

Der Abend setzt jedoch zu sehr auf die Virtuosität seines Stars. Zu raunender und zirpender Musik schleppen sich die zwei Stunden über weite Strecken konturlos dahin. Der Shakespeare-Experte Holger Syme kommentierte im Nachtkritik-Chat nach der Online-Aufführung treffend, dass bei aller schauspielerischen Klasse das dramaturgische Konzept auf halber Strecke stecken blieb. Ähnlich verhalten war auch die Stimmung vieler anderer Diskutant*innen.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2020/05/01/hamlet-sandra-huller-schauspielhaus-bochum-3sat-kritik/
nk-stream mit TT, Hamlet: Pflichtprogramm
Schon nur fünf Minuten Hamlet mit Sandra Hüller reichen, um prototypisch alle Vorbehalte gegenüber Theater ohne Ko-Präsenz im gleichen physischen Raum aufzulösen ... es wird schnell klar, dass viele Menschen sich im Moment in dem gleichen psychischen Raum bewegen wie „Hamlet“... zornig, handlungsgelähmt und traurig. Kürzer gesagt: Pflichtprogramm. Auch wegen der guten TV-Regie.
nk-stream mit TT, Hamlet: vollendet + neu
Ich habe immer noch nicht alles gesehen und arbeite mich stückweise
hindurch bei anfänglichem weh-hementen inneren (konservativen) Widerstand.
Was für ein Starkes Stück! Hamlet vollkommen und vollendet NEU!
Ja, Mühe hatte ich zu Anfang mich "in den gleichen psychischen Raum" zu bewegen
wie diese "Hamletfrau" - wären wir doch alle auch immer so zornig, handlungsgelähmt und traurig (könnten wir uns das denn immer leisten?)
Pflichtprogramm? - Pflicht? das ist gegen Hamlet!
nk-stream mit TT, Hamlet: bei sich
Sehr tolle Aufführung!
Auch wenn ich sie noch lieber live sehen würde, aber durch die sehr gelungene Aufzeichnung und das im besten Sinne zurückhaltende Spiel, ziehen mich die Schauspieler selbst vor dem Bildschirm in ihren Bann.
Alle sind bei sich und so bin ich bei ihnen.
nk-stream mit TT, Hamlet: stoppt endlich!
Stoppt endlich diese verdammten Streams, ich komme zu gar nichts mehr.
Oder zeigt wenigstens langweilige Sachen, die man verpassen könnte.
nk-stream mit TT, Hamlet: Tippfehler passieren
Liebe Kommentierende!

Ich habe gerade den Chat von gestern überflogen und ein paar Fragen/Anmerkungen entdeckt, die ich als Fernsehregisseurin gerne beantworte. Ja, wir haben ganz am Anfang der Corona-Situation die Aufzeichnung noch in letzter Sekunde machen können. Es gab noch kein Kontakt-Verbot oder Distanz-Gebot, so konnten alle auf der Bühne weiter ihrer unglaublich tollen Arbeit nachgehen und wir mit so viel physischer Distanz wie möglich der unsrigen. In der Postproduktion sind wir dann halt ungewohnt weit auseinander gesessen. Ging aber relativ problemlos.

Ob man den leeren Zuschauerraum zeigt oder nicht war dann eine Kreativentscheidung von mir, die ich in Absprache mit Johan Simons so umsetzen durfte. Alternativ hätte man so viele Menschen wie man zusammentrommeln konnte in die ersten Reihen setzen können um zu versuchen die Realität zu vertuschen. Das hätte aber meiner Ansicht nach nicht gereicht um die Energie herbeizuzaubern.
Gleichzeitig möchte ich das nicht als Corona-Zeitdokument sehen. Ich fand es auch verlockend die Leere des Theaterraumes in den Zuschauerraum zu verlängern und das Experiment zu wagen, was das mit dem Gesamtgefühl macht. Ich stehe zu meiner Entscheidung, auch wenn es für manche vielleicht befremdlich wirkt.

Dass im Abspann Jürgen Grosch steht ist mir (als Theaterwissenschaftlerin) besonders peinlich. Was kann ich sagen? Tippfehler passieren und da musste aus anderen Gründen der Abspann in letzter Sekunde noch ausgetauscht werden ohne dass ich ihn sehen konnte. Die 3sat-KollegInnen nehme ich in Schutz: Sie sind wahnsinnig theaternah, die TechnikerInnen halt nicht alle aber das erwarte ich nicht von ihnen so lange sie Freude daran haben.

Danke allen, die zugesehen haben, besonders denjenigen die unsere Arbeit schätzen! Den Unterschied zwischen Streams von Totalen und einer Aufzeichnung, die wie diese mit viel Aufwand und immensem Team gemacht werden kann man ja vielleicht an anderer Stelle diskutieren. Ich selbst weiß beides zu schätzen!
nk-stream mit TT, Hamlet: anderer Text + Melodie
Mich nerven einfach alle Hamlet-Inszenierungen: "Hamlet" als Shakespeare-HD-Stellvertreter und Shakespeare als Revolutionsersatz... - Ich kann einen heutigen "Hamlet" (schon seit beinahe 30 Jahren) nur etragen mit anderem Text und alter Melodie oder mit altem Text und neuer Melodie. Das aber hat aus meiner Sicht Simons auch nicht geschafft. Trotz der tollen SchauspielerInnen-Ressourcen. Der Chat gibt ein ganz nettes TT-Stück: "Sechs Kritiker suchen eine Sensation, aber sie kommt nicht vorbei".
nk-Stream mit TT, Hamlet: farblos
Warum dieses pseudointellektuelle Oberschichten-Realpsychologie?! Hauptsache Fame-Schauspielerin. Ich finds ehrlich gesagt ziemlich lahm. Sandra Hüller find ich im Fernsehen zwar toll, aber auf der Bühne farblos und blass. Es wirkt, als ob die Figuren heutigen Wohlstands-BWLer-Kindern nachempfunden wurden. Man hätte aus der Bühne auch direkt ein Büro machen können.
nk-Stream mit TT, Hamlet: weit weg
Ich fand die Aufführung nicht schlecht, stellenweise großartig gespielt, trotzdem aber eher kühl und distanziert. Gestört haben mich die fernsehspielartigen Nahaufnahmen, die so gar nichts mit der Theaterbühne zu tun haben, wie ich sie als Livezuschauer erleben würde. Da gucke ich dann, wie sich der künstliche Mond in den angemalten Lippen der Königin fast spiegelt, beobachte die aus Laertes' Nase laufende Rotze auf der Oberlippe und den Backen verteilt und suche auf jedem Schauspielergesicht die Tesafilmstreifen, mit denen die kleinen Mikros festgehalten werden. Da bin ich dann immer weit weg von den im Stück behandelten existenziellen Fragen.
nk-Stream tt, Hamlet: Herumgehänge
nun, letztlich habe ich das zu sehen bekommen, was zu erwarten stand: es wird auf der bühne herumgehangen statt gespielt, text aufgesagt und bedeutungsschwer durch die gegend geschaut. dazu gibt es kaum mehr als ein bisschen betonungsabenteuer und wenn sich mal bewegt wird, dann ist das kein spielen, sondern posieren. das ist jetzt nun eine art theater zu machen, welche recht flächendeckend bekannt ist, weshalb mich die begeisterungsstürme über das bahnbrechende dabei doch sehr verwundern müssen. ich hatte nach drei minuten schon mehr als genug, wusste, wohin die reise geht, und musste dieses wissen auch bis zum schluss nicht mehr modulieren. und mal ehrlich: so sehr ich sandra hüller immer mochte: wir wissen jetzt alle, wie ein hüller'scher heulanfall aussieht, ich kann das so nicht ernst nehmen, es fügt sich als genauso affektiert in das gesamtszenario ein, wie es wohl auch angelegt ist - nur mit anödender und cringiger wirkung.
nk-Stream tt, Hamlet: Hamletfrau
Alle sind bei sich und bin nicht auch ich bei ihnen?
Was ist der Mensch wenn er ein Leben lang kein anderes Ziel als
schlafen und Nahrung (und Arbeit) kennt?
Ein Tier.
Ein Tier, nicht mehr - Also sind viele Menschen Tiere.
Schreckliche Hamletfrau (eine besondere Schauspielerin)
ein verrücktes, wahnsinnig gewordenes Tier.
Was tut man so einem Tier? Erschießt man es?
Weswegen leb`ich noch? lispelt die Hamletfrau.
Das fragt man sich in dieser kranken Corona-Virus-Hamlet-Zeit
(lateinisch corona, Kranz, Krone):
Weswegen leben wir noch?
Wir sind hier weil wir noch hier sind.
Hamletfrau: Ich habe in letzter Zeit, warum, wodurch
weiß ich nicht, all meine Munterkeit verloren, eingebüßt.
Mein Zustand ist wirklich so elend, dass der fabelhafte
treffliche Bau, die Erde, mir vorkommt wie ein unfruchtbares
kahles Vorgebirge des Todes. - Die Luft, seht ihr, dies
überwältigende um-wöölbende Firmament
dies majestätische Dach ausgelegt mit goldenem Feuer -
für mich ist es nichts! (hat sie nun wirkliche Tränen in den Augen?)
als eine Ansammlung von faulen, giftigen Gasen.
(dem Hamlet von Shakespeare entfährt dabei ein kleiner dänischer
Darmwind den er nicht beachtet (es lohnen sich sicherlich
Klimaschutzmaßnahmen allein schon durch die volkswirtschaftlichen
Wohlfahrtsgewinne reduzierter Luftverschmutzung))
WAS FÜR EIN MEISTERWERK IST DER M E N S C H !
(wie hässlich leider und nicht nur äußerlich sind aber manche Menschen!)
wie ausgezeichnet ist sein Verstand! - wie unbegrenzt an Fähigkeiten!
In Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig!
(O diese Wunderwürdigkeit des Menschen! - wenn nuur die über-
handnehmende Fettleibigkeit nicht wäre!)
Seine Fähigkeit im Handeln wie ähnlich einem Engel! (wie ähnlich auch einem Teufel oder Esel, der bei manchen an die Stelle des kindlichen
Engels tritt)
Im Denken wie ähnlich einem (ganz leise fast unhörbar) Gott.
Die Krone (Corona) der Schöpfung, Vorbild der Tiere. (und oftmals selbst
noch Tier, um unbewusst tierischer als jedes Tier zu sein)
Und doch, was bedeutet mir diese Quintessenz aus Staub (und Dreck. 2O12
starben ca. acht Millionen Menschen vorzeitig durch Folgen von Luftver
schmutzung)
die Menschen sind mir gleich-gültig ich habe keine Lust am Menschen.....
Ein Sterbender: Die Menschen sind mir gleichgültig - ich sterbe.
(er stirbt, und er denkt nicht daran wieder aufzuerstehen)
nk-Stream tt, Hamlet: Das Ende des Theaters
Ich kann dieses intellektuelle Profilieren hier nicht mehr ertragen. Habe gestern in 3sat die Übertragung gesehen und sage in einem schlichten Wort: langweilig. Ich liebe Theater und deshalb eine Bitte: Lasst junge Leute inszenieren. Für wen inszeniert ihr, spielt ihr und rezensiert ihr. Ihr verpasst es die junge Generation mitzunehmen. Bereitet Inhalte so auf, dass das Theater eine Zukunft hat. Das Theatertreffen ist der Friedhof dieses arroganten Systems, bei dem das Credo: Kunst für KollegenInnen und den Feuilleton gilt. Ich kann nur hoffen, lasst die junge Generation ran und bearbeitet Anfragen von noch "unbekannten Talenten". Das Theater ist wohl der einzige Betrieb, bei dem junge RegisseureInnen ohne Kontakte und Bekanntheit nicht einfach zum Vorstellungsgespräch mit ihren Konzepten kommen können. Ihr unfähigen DramaturgenInnen. Ihr eitlen alten Regiegrößen. Ihr feiert euch selbst und vernichtet das, was ihr vorgebt zu lieben. Es gibt da junge Künstlerinnen und wenn die nicht so werden wie das was schon Besteht - Herr Mondtag überdenken Sie Ihren Ansatz des Regieführens - dann besteht Hoffnung. Sein oder nicht Sein!
nk-Stream tt, Hamlet: Zustimmung
@18 (Harry): Yes!
nk-Stream tt, Hamlet: Zustimmung für Harry
Hamlet bleibt eben ein Abend, der niemanden wirklich weh tut. Niemand kann sagen, dass es durch und durch ein schlechter Abend ist. Aber er ist furchtbar langweilig und nichtssagend. Er ist nicht wirklich streitbar und in dieser Hinsicht für mich dann eben doch ein furchtbarer Abend. Er bestärkt den Pseudoelitarismus des Theaters von Sack-Alten Abonennten und einem pseudoelitären Feuilleton. Und dann wundern wir uns, warum uns das Publikum wegstirbt. Das ist ja fast schon so schlimm wie in der katholischen Kirche, das heutige Theater. Ich frage mich, woher dieser neu aufblühende Konservatismus her rührt. Jeder, der behauptet, diese Inszenierung wäre eine ästhetische Revolution, ist in den 50ern stehen geblieben, zusammen mit Johan Simons. Ich bin jedenfalls recht enttäuscht von der diesjährigen Auswahl. Ein Pseudo-Blumenstrauß aus Performance und A-Ligisten-Theater, anstatt wirklich in der Auswahl Akzente zu setzen und neue Lesarten zu befördern. Aber liegt wohl auch daran, dass die Jury sich auch immer nur noch die gleichen Regisseure an den gleichen Häusern ansieht.
nk-Stream tt, Hamlet: Nachtrag
...und wenn schon A-Liga-Theater, dann bitte die echten A-Ligisten wie Rasche, Hartmann, Fritsch etc., die noch wirkliche Visionen haben für das Theater und nicht verstaubte Ex-Intendanten in Rente mit Oberschichten-Psychorealismus.
nk-Stream TT Hamlet: Hamlet und Hausarbeit
Dieses Theaterstreaming war das erste Mal, dass ich im Theater vorspulte (Anfang, Ton!) und nebenbei anderen Beschäftigungen nachging. Was mich entsetzt aber was ich als Fehlerschau des Streamings ansehe.
Sandra Hüller ist gut, wirkt aber anders, wenn man in der Nahaufnahme das Microport sieht (und den Klebestreifen). Wieso wurde neuerdings überhaupt im Live-Theater immer Tonverstärkung eingesetzt? Schaffen das die ausgebildeten Schauspieler nicht mehr.
Weiter im Stream. iuch habe Kartoffeln und Spargel geschält und im Hintergrund gehört. Da war es interessant, wann ich wieder an den Fernseher musste: just bei "Sein oder nicht Sein" und bei dem großen Ophelia-Monolog. Das zeichnet von Qualität.
Die Bildregie war gut. (Aber auch bei der Drehung der Bronzewand habe ich vorgespult).
Ansonsten muss sich das Theater, wenn es auf Dauer streamen will, mehr mit Film- und Fernsehästhetik auseinandersetzen und attraktiv zu gucken sein. Leider.
Deswegen bleib ich lieber Theater-Geherin. Hoffentlich bald (im Freibad!)
nk-Stream TT Hamlet: Microports
...im Live-Theater immer Tonverstärkung... Schaffen das die ausgebildeten Schauspieler nicht mehr.(nat)
Schön, dass das mal wieder angesprochen wird. Kaum noch ein Stück zu sehen, wo sie nicht die microports angeklebt haben.
Früher erkannte man einen guten Schauspieler 'auch' an seiner guten Aussprache und dafür wurde viel getan im Sprechunterricht auf den Schauspielschulen. Ist das heute nicht mehr 'in', weil's ja doch meistens um die Umsetzung kongenialer (haha) Regieideen geht und Schauspieler da meistens nur als ErfüllungsgehilfInnen agieren und es einfach mal bequemer ist, für alle Beteiligten?
Wenn ich da auch zu Haus noch Sprechtechnik -Übungen machen muss... och nee! Mussten wir - früher!
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