"Schauspiel Leipzig" von Tennessee Williams, Regie: Claudia Bauer

5. Mai 2020. Das Theatertreffen, wie wir es kennen, fällt in diesem Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer. Theateraufführungen in geschlossenen Häusern sind derzeit nicht möglich. Die Berliner Festspiele verlegen deshalb ihr Theatertreffen ins Netz. Sechs von zehn ausgewählten Aufführungen werden auf der Website der Festspiele sowie auf nachtkritik.de gestreamt.

Bei uns beginnt das gemeinsame Schauen ab 19.30 Uhr im Foyer des nachtkritik-Chat-Rooms, die Aufführung startet um 20 Uhr. Der Talk der Berliner Festspiele mit Künstler*innen der Produktion wird im Anschluss an den ersten Durchlauf von "Süßer Vogel Jugend" stattfinden. Alles hier auf dieser Seite erreichbar.

 

    
Gemeinsam Gucken mit Livechat am 5. Mai ab 20 Uhr

Wer das Theatertreffen-Gastspiel "Süßer Vogel Jugend" in virtueller Gemeinschaft schauen möchte, ist herzlich eingeladen, sich hier im Livechat zu versammeln und zusammen mit uns am 5. Mai um 20 Uhr auf Play zu drücken. Gegen 19.30 Uhr öffnen wir das Foyer des nachtkritik-Chatrooms. Um 20 Uhr streamen wir die Inszenierung vom Schauspiel Leipzig. Der Online-Talk der Berliner Festspiele mit Künstler*innen der Produktion wird im Anschluss stattfinden. Alles ist hier auf dieser Seite erreichbar.

19.30 Uhr Öffnung des nachtkritik-Chatrooms (zeitgleich mitchatten können maximal 300 Personen)

20.00 Uhr Gemeinsames Gucken von "Süßer Vogel Jugend" plus Livechat (Startsignal gibt es im Chat)

ca. 22.00 Uhr Gespräch zur Produktion

Online-Talk der Berliner Festpiele zu "Süßer Vogel Jugend"

Im Anschluss an den Stream am 5. Mai gegen 22.00 Uhr: Nachgespräch zu "Süßer Vogel Jugend" mit Künstler*innen und Beteiligten der Produktion (Andreas Auerbach, Claudia Bauer, Katja Herlemann, Florian Steffens, Anita Vulesica, Franz Wille (Jury), Moderation: Christine Wahl). Fragen können auf Twitter unter dem Hashtag #TT_Vogel gestellt werden.

Über die Inszenierung 

Auf der Website des Schauspiel Leipzig heißt es über die Produktion: 

Tennessee Williams zeichnet in "Süßer Vogel Jugend" das Bild einer durch und durch narzisstischen, von Gewalt und Verachtung durchzogenen Gesellschaft, in welcher der andere immer nur Mittel zum Zweck ist. Eine zynische und brutalisierte Politik bildet den Hintergrund des moralischen Verfalls der Menschen in St. Cloud, wo die Möglichkeit eines sanfteren Miteinanders höchstens in einer verblassenden Erinnerung, flüchtig wie der titelgebende Vogel, aufblitzt — oder in der sentimentalen Anerkennung eines gemeinsamen Gescheitertseins. Aber am Ende, so weiß Alexandra del Lago, kann in dieser unbarmherzigen Welt doch nur eine(r) bestehen: die "Oberbestie unter Kannibalen".

 

In der Begründung der Theatertreffen-Jury heißt es:

Den besonderen Charme macht aus, dass keine*r der Beteiligten über die eigene Niederträchtigkeit und die der anderen im Zweifel ist und das auch jederzeit sehr pointiert ausspricht. Diese unbedingte Ehrlichkeit kann man sich leisten, weil alle schon längst die Hoffnung aufgegeben haben, irgendjemand anders als durch brutale Gewalt oder rücksichtslose Erpressung zu beeinflussen. Was in Claudia Bauers Inszenierung zählt, ist furchtlose Performance unter zwischendurch mitleidloser Analyse der eigenen Fakes und Verbrechen. Denn die Regisseurin und ihre Schauspieler*innen wissen nur zu gut, dass Authentizität in diesem Panorama der Selbstsüchte, zerschossenen Illusionen und Lebensträume keine Währung sein kann. Ihre schonungslosen Scharfzeichnungen voll Härte und Bösartigkeit werden umso gefährlicher, je lächerlicher sich die Figuren entlarven. Claudia Bauers Horrorclowns und Glücksleichen sind hochlebendig.

 

In seiner Nachtkritik zur Premiere im April 2019 schrieb Jürgen Reuss: "Die Inszenierung ist ein bisschen so, als würde eine Schneekugel aufgeschüttelt, der man nun zusehen darf, wie alles wieder an den gewohnten Platz zurückfällt. Dazu passt, dass die ersten Worte zwar auf der Bühne gesprochen werden, die Sprechenden sich aber für das Publikum nur in der Projektion auf große, weiße, von der Decke hängende Kugeln zu erkennen geben. (...)  Wer den Fünfzigerjahre-Mief heute aufschüttelt, sollte sich bewusst sein, damit eine groteske Farce aufzuführen. Im Theater mag das aus therapeutischen Gründen eine gute Idee sein, auch wenn man hoffen mag, dass für die meisten diese Art der Therapie unnötig sein möge. Am Ende großer Applaus eines gut und intelligent unterhaltenen Publikums."

 

Süßer Vogel Jugend
von Tennessee Williams, Deutsch von Nina Adler
Regie: Claudia Bauer, Bühne: Andreas Auerbach, Kostüme: Vanessa Rust, Musik: Roman Kanonik, Dramaturgie: Katja Herlemann, Licht: Veit-Rüdiger Griess.
Mit: Florian Steffens, Anita Vulesica, Michael Pempelforth, Roman Kanonik, Julia Preuß, Annett Sawallisch, Sophie Hottinger, Andreas Dyszewski, Thomas Braungardt, Brian Völkner.
Premiere 6. April 2019
Dauer 2 Stunden, keine Pause

www.schauspiel-leipzig.de

 

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Kritikenrundschau

"Hält man sich die gesellschaftlichen Realitäten vor Augen, unter denen Tennessee Williams sein Drama schrieb, könnte man zu dem Schluss kommen, das Stück habe wenig mit der aktuellen Bundesrepublik zu tun. Hat es aber – das arbeitet Regisseurin Claudia Bauer in ihrer Inszenierung am Schauspiel Leipzig heraus", schreibt Dimo Rieß in der Leipziger Volkszeitung (7.4.2019). Claudia Bauer zaubere "wunderbar atmosphärisch aufgeladene Bilder, zeigt mit ihrem Arrangement auf den ersten Blick die Vereinzelung der Figuren". Herausragend interpretiere Anita Vulesica ihre del Lago, die die eigenen Niederlagen nur erträgt, in dem sie Chance erniedrigt.

"Manege frei für ein abgehalftertes Stück: Regie und Ensemble mühen sich redlich, Tennessee Williams' 'Süßer Vogel Jugend' zu reanimieren. Beide leisten großes, um im schwarzen Zirkuszelt das Drama auf Trab zu bringen. Allein, der Stoff ist verstaubt", schreibt Tobias Prüwer in der Freien Presse (7.4.2019).  Sicherlich gehe um den Jahrmarkt der Eitelkeiten, der immer noch Saison hat. Nur ist er in der gezeigten Form so weit weg von der Gegenwart, dass diese einfach nicht berührt."

Claudia Bauer habe Tennessee Williams "aus dezidiert weiblicher Sicht inszeniert", und das gelingt nach Ansicht von Anna Fastabend von der Süddeutschen Zeitung (10.4.2019) ganz hervorragend. Bauer "siedelt ihre bitterkomische Interpretation in einem Müllsack an", für sie sei "der American Dream endgültig ausgeträumt, nein, mehr noch, für sie gehört diese zerstörende Ideologie auf den Abfallhaufen der Geschichte". Viel Lob erhält Anita Vulesica für ihre Auftritte als "Matriarchin in goldenen Dessous und Puschelsandaletten".

 

Die Festivalübersicht zum Berliner Theatertreffen 2020 virtuell

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