Theaterdiscounter Berlin: Mietvertrag gekündigt
"Existenziell bedroht"
Berlin, 6. Mai 2020. Dem Theaterdiscounter, einer der bekanntesten Spielstätten der Freien Szene in Berlin, sind mit Frist zum 31. August 2020 "alle Miet- und Nutzungsverträge der sich auf dem Grundstück der Klosterstraße 44 befindenden Immobilie" gekündigt worden. Das gab das Theater heute in einer Pressemitteilung bekannt. Die Immobilie in der Nähe des Berliner Alexanderplatzes und des Nikolaiviertels befinde sich in Privatbesitz, gleichwohl sei die Klosterstraße 44 "Teil des Stadtentwicklungsgebiets Molkenmarkt und damit verbundener komplexer Planungen". Das Gebäude sei "vor kurzem unter abermaliger Verdopplung der Kaufsumme veräußert" worden.
Suche nach Ersatzspielflächen läuft
Die Kündigung sei dennoch "völlig überraschend" erfolgt und bedrohe das Fortbestehen des Theaterdiscounters "existenziell". Schon jetzt werde für die geplanten Herbstproduktionen nach "Ersatzflächen" für den Spielbetrieb gesucht, dennoch wolle man "nichts unversucht lassen, eine Verlängerung der Mietdauer in K44 zu erreichen."
Der Theaterdiscounter wendet sich daher in seiner Pressemitteilung auch direkt an den Eigentümer: "Wir appellieren an den Investor, in einer Stadt wie Berlin Verantwortung für deren kulturelle Identität zu übernehmen. Sie haben keine Brachfläche oder Investitionsobjekt erworben, sondern die Heimat und den Wirkungsort einer Institution und weiterer Künstler*innen, die der Stadt am Herzen liegen. Im Namen aller Nutzer*innen des Kulturstandorts K 44 fordern wir: Revidieren Sie die Kündigungen und schaffen Sie eine längerfristige und angemessene Planbarkeit für alle Betroffenen."
Der Theaterdiscounter wurde 2003 als freies Theaterproduktionshaus gegründet. Seit 2011 wird er von der Senatsverwaltung für Kultur als Ankerinstitution gefördert. Jährlich werden 40 Theaterproduktionen in über 130 Aufführungen gespielt. Seit 2009 hat das Theater seinen Sitz in der ehemaligen DDR-Fernmeldezentrale in der Klosterstr. 44.
Kultursenator Klaus Lederer erhofft Proteste
Auf Twitter äußert sich Berlins Kultursenator Klaus Lederer zu der Causa: "Ich hoffe, es gibt massive Proteste. Ob sich der Spekulant davon beeindrucken lässt, wird man sehen. Ansonsten sind der #Theaterdiscounter und wir seit 2 Tagen dazu in Kontakt. Und – wie immer – werden wir alles tun, um eine Lösung zu finden."
(Theaterdiscounter / jeb)
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Was sagt denn Herr Lederer dazu? Und wenn bisher nichts dazu gesagt, dann aber mal flotti und sich einmischen. Dafür sind Sie doch da, oder?
Was kann man tun - insbesondere aus der Ferne?
Sind offene Briefe geplant, die man unterzeichnen könnte?
oder siehe auch: https://www.mieterbund.de/service/corona-mieterschutz.html
Ich halte Ihre Bemerkung für oberflächlich; sie nehmen einen Satz aus dem Text, der unwichtig ist, hängen sich dran auf, und dann nehmen Sie eine beliebige Zahl und glauben mit Ihrer Erfahrung, das Theater zu kennen.
Der Theaterdiscounter ist eine der wenigen kleineren Bühnen, die in Berlin noch Experimente ohne falsche Profilierungs-Scheuklappen zulassen und dann noch ein eigenes Publikum haben. Das ist sehr besonders in dieser Stadt.
Sofern der Standort tatsächlich nicht erhalten werden kann, ist zu hoffen, daß eine neue Stätte in ähnlicher Lage zügig gefunden werden und von der Politik ausreichend (!) ausgestattet wird.
@#3 nell: Sind Sie möglicherweise fachfremd? Kennen Sie sich in Berlins Theaterlandschaft aus? Haben Sie die Arbeit dieses Hauses und seines künstlerischen (Leitungs-)Teams über die letzten sagen wir 15 Jahre verfolgt? Verstehen Sie, wie in den Freien Darstellenden Künsten insgesamt agiert/produziert wird und warum? Verwechseln Sie möglicherweise die Strukturen landesüblicher Privattheater mit Orten wie den Sophiensaelen Berlin, Kampnagel Hamburg, dem FFT Düsseldorf, Theater Rampe Stuttgart, etc. - und eben dem theaterdiscounter berlin?
Quelle ebenda in veröffentlichter pdf siehe Zitat weiter unten - https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/Corona/Miete/032320_FAQ_Miete.pdf?__blob=publicationFile&v=2
dennoch finden sich auch Hinweise im Netz bei zb u.a. Fachanwälten, dass auf Grund der Corona-Lage Einzelfallprüfungen ggf. notwendig sind.
Auf jeden Fall ist es etwas widersprüchlich gesetzlich, warum der Gesetzgeber aktuell sich klar gegen Kündigungen bei Mietzahlungsverzug ausspricht und Kündigungsschutz gewährt mit Zahlungsnachfrist für die Mieter, aber in allen anderen Fällen reguläre komplette Kündigungen zulässt und somit genauso einstige finanzielle Belastungen bei korrekt zahlenden Mietern zulässt, selbst wenn es gar keine Vertragsverstöße gibt und der Eigentümer einfach praktisch auf "Eigenbedarf" hin handelt bei der Kündigung, wo eben die wirtschaftlichen Aspekte von Wirtschaftszweigen verfolgt werden, die weiterhin mit ihren Eigentum Nutzen neu definieren und somit ihre Finanzen einseitig schützen können und dürfen auch in der Corona-Lage, und diese wiederum gegen die andere Partei des Mieters praktisch ausspielen können, da sie selber besser dastehen trotz der daraus resultierenden Notlage des weiterhin zahlenden und am Standort noch vorhandenen Mieterbetriebs mit aktuellen Betriebsverbot.Und ebenso trotz der Tatsache, dass wahrscheinlich einen neuen Standort zu finden und zu mieten in der generellen Notlage für den Betrieb zu weiteren Problemen führen kann und somit auch geschäftsschädigend sein kann. Dass theoretisch Mieter, die gerade eben nichts verschuldet haben, nicht ebenso zwischenzeitig rechtlich schützenswert sein sollen, wie Mieter mit Zahlungsrückständen wegen einseitigem Wachstumsinteresse einzelner Investoren/Eigentümer/Wirtschaftsunternehmen, ist hoffentlich anwaltlich/rechtlich angreifbar.
Zitat aus der besagten pdf:
"3. Ist ein Mieter damit vor Kündigungen während der Corona-Krise sicher?
Die Regelung erfasst nur die Kündigung wegen Zahlungsrückständen aus den Monaten April bis Juni 2020. Gibt es Zahlungsrückstände aus früheren Zeiträumen, die zur Kündigung berechtigten oder sonstige Kündigungs- gründe des Vermieters (z. B. Eigenbedarf oder aufgrund Fehlverhaltens des Mieters gegenüber dem Vermieter) ist eine Kündigung weiterhin zulässig."
Die Kritik, die dem Kommentar zuteil wird ist keinesfalls ernstzuunehmen und zeigt wie blasiert die Freie Kulturszene und deren Vertreter/innen und Unterstützer/innen in Berlin agiert.
Nell würde nicht in Berlin wohnen? Ohjemine! Hau drauf!... Nicht noch so ein Belgier, der uns erzählen will, wie Theater gemacht wird? Schließlich können nur wir Berliner die Berliner Kultur überblicken.
SK bescheinigt Nell, dass/er sie fachfremd sei?! Der Angriff auf strukturelle Schwächen der Freien Szene (sprich: Nell´s Rechnung) deutet auf keine Fachfremdheit, sondern zeigt, dass so nicht weiter produziert werden sollte. Weder im Interesse der Zuschauenden, noch weniger der Künstler/innen.
Dennoch: Alles Gute bei der Raumsuche.
Meines Wissens sagt das Planwerk Innenstadt seit Jahren, dass das Gebäude wegkommt zugunsten eines "neuen Viertels". Aber ich freue mich über Korrekturen/Hinweise & auch die Zeitschiene