Der Theaterpodcast (25) – Gestaltungsspielraum trotz Hygienevorschriften: Welche Live-Formate sind unter Corona-Bedingungen denkbar, Cornelia Fiedler und Martin Wuttke?
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12. Mai 2020. Acht Wochen nach der Theaterschließung heißt es in Hessen, NRW und Sachsen: Es darf wieder geöffnet werden – unter strengen Hygienevorschriften. Spielen ist erlaubt, mit mindestens 1,5 Metern Abstand, die Körper-Kontakt-Kunst geht auf Distanz. Nur: Welches Theater ist unter diesen Bedingungen möglich? Wird das nicht "ein Theater zum Abgewöhnen", wie der Intendant der Berliner Schaubühne, Thomas Ostermeier vermutet? Oder doch eine Chance, etwas Neues zu versuchen? Darüber sprechen Susanne Burkhardt und Elena Philipp im Theaterpodcast #25 mit der Theater-Kritikerin Cornelia Fiedler und dem Schauspieler Martin Wuttke.
Mit: Cornelia Fiedler (Theaterkritikerin) und Martin Wuttke (Schauspieler)
Martin Wuttke hat schon 2016 in "Stadion der Weltjugend" mit René Pollesch in Kornwestheim den Reiz des Autokinos für Theatermacher*innen und den Schutzraum Auto entdeckt – eine Idee, die derzeit einige Theater aufgreifen. Wiederbelebungstaugliche Formate für ein abstandssicheres und doch sinnliches Theater sind zum Beispiel auch die Rollende Roadshow der Volksbühne oder Theater im Fußballstadion. Und erste Live-Premieren unter Corona-Bedingungen gab es auch bereits – Audiowalks durch die Stadt mit Kurzaufführungen hinter Schaufenstern oder Drive-Through-Inszenierungen in Tiefgaragen.
Gestaltungsspielraum gibt es, auch wenn in den kommenden Monaten "ein ganz anderes Theater" als bislang zu sehen sein wird, wie sich Cornelia Fiedler sicher ist. Verlusten in Corona-Zeiten stehen auch mögliche Gewinne gegenüber, ist auch Martin Wuttke überzeugt. "Vielleicht führt das irgendwann dazu, wenn man alle möglichen Erfindungen im öffentlicher Raum oder andere Umgangsformen mit Theater entwickelt hat, dass man mit besonderer Lust hoffentlich irgendwann in die Theater zurückkehrt."
Alle bislang erschienenen Folgen des Theaterpodcasts finden sich hier.
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Ehe das sogenannte postdramatische Theater dank Corona zum staatsgetragenen Mainstreamtheater mutiert und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Annäherungen auf 50 Zentimenter als pornographischer Tabubruch gebrandmarkt werden, sollte Herr Reese vielleicht doch für sich selber über eine Lösung nachdenken, die er bei seinen Angestellten bereits gefunden hat: Kurzarbeit. (...)
(Anm. der Redaktion, der Kommentar bezieht sich auf Aussagen des BE-Intendanten im Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunkkultur.de/intendant-oliver-reese-wie-das-berliner-ensemble-die.1013.de.html?dram:article_id=477157. Einige Volten ad personam wurden nachträglich gestrichen.)
Absehbar ist doch wohl folgendes Szenario: Nach der Sommerpause wird es am Deutschen Theater vermutlich 3-5 Corona-resistente Schauspieler/innen geben, die den Virus hinter sich haben. Am Gorki werden dann 2-3 wieder einsatzfähig sein. Für BE und Schaubühne eine Zahl in ähnlicher Größenordnung. Genug also, um mit den Proben für ein Stück ohne dumme Abstandsregeln auf der Bühne auszukommen. Bei der Frage, was, wo und unter welcher Regie da geprobt werden sollte,scheint es mir angebracht, erstmal die Intendanten der Berliner Bühnen zu entmündigen. Denn kontraproduktive Profilierungsneurosen wären absehbar. Nach Lage der Dinge scheinen die Berliner Festspiele die einzigen zu sein, die Berlin in naher Zukunft wieder "richtiges" Theater bescheren können. Natürlich nur für ein Publikum mit Corona-Antikörpern. Der Quarantäne-Rest wird aufs Streaming zurückgeworfen sein. Aber das ist beim Fussball ja auch nicht anders.