Kahlschlag verhindern

27. Mai 2020. Ihrer Sorge um den Bestand des kulturellen Lebens in Deutschland verleihen die Intendant*innen von 23 deutschen Schauspielbühnen Ausdruck. In einem auf gestern datierten Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kulturstaatsministerin Monika Grütters, den Joachim Lux vom Thalia Theater Hamburg initiierte, suchen die Theaterleiter*innen den Dialog mit der Politik und geben Anregungen für die strukturelle Sicherung der Theaterlandschaft.

In drei Bereichen, sehen die Unterzeichner*innen – darunter u.a. Bühnenvereins-Präsident Ulrich Khuon – politischen Handlungsbedarf, um Kunst und Kultur trotz der Coronakrise zu bewahren:

1. Stützung der Institutionen: Denkbar seien hier Bundeshilfen für die Kommunen "nach dem bereits existierenden und bewährten Modell komplementärer Finanzierung", um trotz einbrechender Steuereinnahmen "einen Kahlschlag zu verhindern". Begleitet werden müsse dieses Match Funding durch den Bund von einer Verpflichtung der Kommunen bzw. Länder, von Sparmaßnahmen an der Kultur abzusehen, "auch von indirekten (Nichtausgleich von Tariferhöhungen, Belastung mit Investitionskosten)".

2. Bewahren europäischer Netzwerke: Durch das Erliegen des internationalen und europäischen Austauschs, breche derzeit "eine über Jahrzehnte entwickelte Kultur zusammen", so die Intendant*innen. Institutionelle Strukturen hierzulande lebten nicht nur von diesem Austausch, sondern Deutschland trage als wichtiger europäischer Theatermarkt indirekt auch zum Fortbestehen der Theaterkultur in anderen europäischen Ländern bei. Nötig seien Förderinstrumente wie sie das Auswärtige Amt bzw. die Goethe-Institute böten. Möglicherweise "wäre hier auch Brüssel gefragt".

3. Unterstützung von Einzelkünstler*innen, sogenannten "Solo-Selbstständigen": Einiges sei im Bereich der Ad-hoc-Maßnahmen bereits geschehen, doch für Künstler*innen liefen "die traditionellen Instrumentarien der Sozialgesetzgebung ins Leere" bzw. gingen an den Realitäten vorbei. "Wir möchten uns sehr entschieden für diese Berufsgruppe einsetzen, die uns in der Arbeit sehr nahesteht und die für unsere demokratische Gesellschaft von großer Bedeutung ist", heißt es in dem Offenen Brief. "Der Erhalt ihrer Existenz ist für uns alle lebensnotwendig!" Zuständig sehen die Unterzeichner*innen hier den Arbeitsminister Hubertus Heil.

Ihren Brief beenden die Verfasser*innen mit einem Appell: "Wir möchten die Theater wieder aufmachen dürfen, wir möchten arbeiten und spielen und wieder für die Stadtgesellschaft da sein! Und hoffen hierbei auf Ihre Unterstützung."

Unter den Unterzeichnenden sind Sonja Anders (Staatsschauspiel Hannover), Stefan Bachmann (Schauspiel Köln), Andreas Beck, (Residenztheater München), Karin Beier (Schauspielhaus Hamburg), Thomas Bockelmann (Staatstheater Kassel), Joachim Klement (Staatsschauspiel Dresden), Shermin Langhoff, (Maxim Gorki Theater Berlin), Thomas Ostermeier und Tobias Veit (Direktion Schaubühne Berlin), Oliver Reese (Berliner Ensemble), Holger Schultze (Theater Heidelberg), Wilfried Schulz (Düsseldorfer Schauspielhaus), Johan Simons (Schauspielhaus Bochum) und Hasko Weber ( Deutsches Nationaltheater Weimar).

(eph)

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