Erinnerungen an die Literatur 

21. Juni 2020. Die Schriftstellerin Helga Schubert erhält den diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preis und damit eine der wichtigsten Literaturauszeichnungen im deutschsprachigen Raum. Das gaben die 44. Klagenfurter Tage der deutschsprachigen Literatur bekannt, die den mit 25.000 Euro dotierten Preis seit 1977 in Gedenken an die in Klagenfurt geborene Schriftstellerin Ingeborg Bachmann vergeben. 

Helga Schubert wurde 1940 in Berlin-Kreuzberg geboren und wuchs in der DDR auf, deren Bürgerin sie bis 1990 war.1989 bis 1990 war Schubert Pressesprecherin des Zentralen Runden Tischs, der ersten freien Wahlen in der DDR vorbereitet hat.

Schubert ist studierte Psychologin und hat als freie Schriftstellerin seit der Mitte der 1970er Jahre Prosa und Kinderbücher veröffentlicht, sowie Filmszenarien, Hör- und Fernsehspiele verfasst. Eines ihrer bekanntesten Bücher "Judasfrauen" wurde vielfach für das Theater adaptiert. Diese dokumentarische Arbeit verhandelt auf der Grundlage von Aktenstudien das Thema "Denunziantinnen im Dritten Reich". 

Bereits 1980 war Helga Schubert für den Ingeborg-Bachmannpreis nominiert, konnte aber nicht teilnehmen, da sie aus der DDR keine Ausreiseerlaubnis erhielt. Von 1987 bis 1990 gehörte sie der Jury des Bachmannpreises als Jurorin an.  Jetzt wurde sie für ihren Text Vom Aufstehen ausgezeichnet. Der Jury gehörten Hubert Winkels, Nora Gomringer, Klaus Kastberger, Brigitte Schwens-Harrant, Philipp Tingler, Michael Wiederstein und Insa Wilke an, die Schubert für den Wettbewerb vorgeschlagen hatte. "Vom Aufstehen" reflektiert in einer Art Wachtraum ein Mutter-Tochter-Verhältnis und spannt dabei ein Panorama deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts auf. "

"Vom Aufstehen" habe alle angerührt, zitiert die Süddeutsche Zeitung aus der Laudatio von Insa Wilke. Der Text handele "von einer Frau, die das Aufstehen aus dem Bett hinauszögert und sich an ihre Mutter, an Literatur und ihr eigenes 80 Jahre altes Leben erinnert. Der Stoff hätte die Geschichte der Katastrophe sein können, aber Helga Schubert zeige darin, wie man Frieden mache."

Neben dem Ingeborg-Bachmann-Preis wurde der Deutschlandfunk-Preis (an Lisa Krusche), der Kelag-Preis (an Egon Christian Leitner), der 3sat-Preis (an Laura Freudenthaler) und ein Publikumspreis für Lydia Haider) vergeben. Auf Grund der Corona-Pandemie fand der Wettbewerb in diesem Jahr nicht live in Klagenfurt statt. Der ORF hatte die Autor*innenlesungen zuvor aufgezeichnet. Die Jurydiskussionen fanden in Video-Live-Konferenzen statt.

(Bachmannpreis / ORF / Süddeutsche Zeitung / sle)

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