Künstler*innenkollektiv Peng! erfindet Bundesamt
Klingelstreich beim Kapitalismus
6. August 2020. Das Künstler*innenkollektiv Peng! hat ein Bundesamt für Krisenschutz und Wirtschaftshilfe erfunden. Das geht unter anderem aus einem Bericht in der Wochenzeitung Die Zeit hervor. Mitglieder des Kollektivs, die sich als Mitarbeiter*innen dieser Behörde ausgaben, haben wochenlang Gespräche mit Chefs und leitenden Mitarbeiter*innen großer Firmen geführt – zu Fragen von Klimapolitik, Umweltschutz, Wirtschaftswachstum, staatlichen Fördermitteln, Vorstandsgehältern und der Verantwortung der Wirtschaft für die Zukunft.
Zu den Unternehmen, die auf die Anrufe im Rahmen dieser Undercover-Recherche hereingefallen sind, gehören RWE, Westfleisch, BMW und der Klinikkonzern Helios. Im Juli flog die Fälschung auf, das Bundesinnenministerium warnte vor dem Betrug und die Internetseite der Aktion wurde gesperrt. Dass es sich um eine Kunstaktion handelte, ist erst jetzt bekannt geworden. Unter der Überschrift "Klingelstreich beim Kapitalismus" werden Ergebnisse u.a. beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel in Hamburg präsentiert.
(Die Zeit / Peng! / sle)
Mehr dazu im Interview mit zwei Peng!-Aktivistinnen: Klingelstreich beim Kapitalismus – Wie das Peng! Kollektiv die Wirtschaftselite trollt.
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Konkret bedeutet das: Wenn die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Amtsanmaßung nach § 132 StGB aufnehmen sollte, muss sie bei der Prüfung des Tatbestands und möglicher Rechtfertigungsgründe das Grundrecht auf Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Var. 1 GG angemessen berücksichtigen. Dasselbe gilt für die Gerichte in einem etwaigen Strafverfahren.
Auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB kommt es nur an, wenn jemand eine Willenserklärung anfechten möchte. Das dürfte bei der Aktion des Peng! Kollektivs wohl kaum eine Rolle spielen (es sind ja keine Verträge geschlossen worden, von denen sich ein etwaig Getäuschter lösen möchte).
Kurzum: Es ist schwieriger, als es erscheint und keinesfalls mit dem schlichten Hinweis auf § 132 StGB und § 123 BGB gelöst.
Kommentar#1 war mit Sicherheit ironisch gemeint.
Nee kann man in ihrem Beispiel nicht, denn das ist ein aktives und kein hypothetisches Vergehen. Es wurde ja selber gesagt die Website sei nicht mal gut gewesen und die Infos sprudelten.
Die weitere Erläuterung gibt der Film selbst und Beitrag #2
Ganz so leicht ist die Sache - wiederum - nicht. Das Verfassungsrecht ist ja nicht vollkommen beliebig.
Damit, wie ich oben zu § 132 StGB ausgeführt habe, die Kunstfreiheit "aktiviert" wird, muss ihr Schutzbereich eröffnet sein. In der Verfassungsrechtswissenschaft und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird selbstverständlich sehr genau darum gerungen, was der Kunstbegriff des GG ist und was davon umfasst ist (oder eben nicht).
Bezogen auf die Aktion des Peng! Kollektivs habe ich dazu nicht viel gesagt, weil es mir offensichtlich schien, dass hier Kunst vorliegt. Bezogen auf einen Banküberfall dürfte hier deutlich mehr Begründungsaufwand notwendig sein ;)
Im Übrigen: Selbstverständlich darf Kunst nicht alles, nur weil der Schutzbereich der Kunstfreiheit eröffnet ist. Das habe ich oben auch nicht gesagt. Ein Eingriff in die Freiheit der Kunst mag etwa zum Schutz des Lebens durchaus gerechtfertigt sein, wenn das Peng! Kollektiv (wovon mMn nicht die Rede sein kann) irgendwen gefährdet hätte. Die kollidierenden Rechtsgüter müssen zu einem schonenden Ausgleich gebracht werden. Dieser Ausgleich mag aber unterschiedlich ausfallen bei Prank-Calls und Banküberfällen.
Um die Details kann und muss gekämpft werden.