Von Vergeblichkeiten und Glücksmomenten

23. August 2020. Im Alter von 97 Jahren ist der Theaterautor Karl Otto Mühl verstorben. Das meldet u.a. die Süddeutsche Zeitung. In den 70er und 80er Jahren gehörte Mühl mit zu den erfolgreichsten Theaterautoren, so die SZ.

Dreizehn Theaterstücke verfasste der Wuppertaler Nebenberufs-Autor, der bis zu seiner Pensionierung 1986 als Exportkaufmann in einer Wuppertaler Metallwarenfabrik tätig war. Fast alle Theaterstücke Karl Otto Mühls wurden auch zu Hörspielen umgearbeitet oder fürs Fernsehen verfilmt. Sein erster Theatertext, "Rheinpromenade" über die zarte Liebe eines Rentners zu einem geistig eingeschränkten jungen Mädchen, wurde 1973 in Wuppertal uraufgeführt und auf über 60 Bühnen nachgespielt. "Die kritisch-realistische Schilderung eines kleinbürgerlichen Schicksals traf den Nerv der Zeit", so die Westdeutsche Zeitung.

1944 begegnete Karl Otto Mühl in der US-amerikanischen Kriegsgefangenschaft dem Dramatiker Tankred Dorst, mit dem er einige Jahre später die Künstlergruppe "Der Turm" gründete. Nach der Heimkehr pausierte Mühl mit dem Schreiben, holte das Abitur nach und arbeitete als Kaufmann. Wuppertal und das Milieu seiner Arbeitsstätte wurden ihm zur Inspiration für seine Texte – "melancholisch hat er es mit seinen Ängsten, Vergeblichkeiten und kleinen Glücksmomenten in seinen besten Stücken beschrieben", zitiert die SZ Tankred Dorst. Ab 1964 verfasste Mühl neben seinem Beruf wieder literarische Texte. Sein erster Erfolg als Romanautor war 1975 die Veröffentlichung von "Siebenschläfer", das seine Erlebnisse als Kriegsrückkehrer in Wuppertal festhielt.

Karl Otto Mühl war seit 1977 Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller und seit 2000 des PEN-Zentrums Deutschland. Mit seinem Schreiben engagierte er sich auch sozial: Am Bergischen Kolleg brachte er in einer Schreibwerkstatt Jugendlichen das Schreiben bei und rief mit anderen die Initiative "Lesefreuden" ins Leben, die der WZ zufolge hundert Lesungen pro Jahr in Wuppertaler Altenheimen organisiert.

Bis zuletzt schrieb Karl Otto Mühl Gedichte und Prosa, Miniaturen und Geschichten aus dem alltäglichen Leben. In der Nacht zum Freitag ist er in Wuppertal verstorben.

(Süddeutsche Zeitung / Westdeutsche Zeitung / Wikipedia / eph)

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Theaterautor K.O. Mühl: Pörtners "Turm"
Karl Otto Mühl gründete den "Turm" nicht zusammen mit Tankred Dorst, wie es auch die WZ schreibt, sondern er kam - wie auch Dorst - nach seiner Kriegsgefangenschaft 1947 zu der jungen Freundes- und Künstlergruppe hinzu, die Paul Pörtner direkt nach Kriegsende ins Leben gerufen hat. Nachlesbar ist dies entweder im Pörtnerarchiv in der Stadtbibliothek Wuppertal oder bei Mühl selbst im Roman "Siebenschläfer".
Karl Otto Mühl: Adieu!
Lieber Karl Otto Mühl,
ich durfte in Ihren Stücken schöne Rollen spielen, meinen Namen in "Kur in Bad Wiessee" haben Sie verwendet. Dank für die gemeinsame Arbeitszeit.
Ruhen Sie sich gut aus, Adieu.
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