Strukturelle Schieflage

26. August 2020. In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern der Deutsche Bühnenverein, der Bundesverband der Theater und Orchester, die Deutsche Orchestervereinigung, der Verband und Gewerkschaft der Orchestermitglieder, die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GDBA) sowie die Deutsche Konzerthauskonferenz und die GMD-Konferenz von Bund und Ländern mehr Augenmaß bei der Zulassung von Publikum in geschlossenen Räumen unter COVID-19-Bedingungen. Sorgfältig erarbeitete Hygienekonzepte in den Häusern würden häufig mehr Publikum zulassen, als es die starren Sitzplatzbeschränkungen vielerorts vorschreiben.

Wirtschaftlich und künstlerisch problematisch

"Gesundheit und Sicherheit der Zuschauer und Künstler haben für uns allerhöchste Priorität. Wir stehen im Einklang mit den aktuellen Schutzbestimmungen und sind uns der hohen Verantwortung bewusst, die wir als Kulturinstitutionen in Bezug auf die Eindämmung der Corona-Pandemie haben", wird Benedikt Stampa, Sprecher der Deutschen Konzerthauskonferenz zitiert. Es sei indes schwer zu vermitteln, dass in einem Konzerthaus in NRW zum Beispiel 1.000 Plätze belegt werden können, während in Bayern die Theater und Konzertsäle – unabhängig von der Platzkapazität – nur maximal 200 Besucher*innen einlassen dürfen und in Baden-Württemberg bis maximal 500 Besucher*innen Einlass gewährt wird. Diese Ungleichbehandlung führe zu einer strukturellen Schieflage innerhalb der deutschen Konzertlandschaft und wird wirtschaftlich wie künstlerisch als höchst problematisch bewertet.

"Bei konsequenter Umsetzung der Hygienestandards, bei durchgehender Nutzung von Mund-Nasen-Schutz, bei gezielter Desinfektion und ausreichender Durchlüftung sowie Nachverfolgbarkeit der Besucher*innen sollte es möglich sein, grundsätzlich jeden zweiten Platz eines Theaters oder Konzertsaals aufgelockert zu besetzen," so Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins. Die Einhaltung dieser hygienischen Bedingungen gewährleiste einen hohen Sicherheitsstandard im öffentlichen Leben verglichen mit anderen Bereichen wie öffentlicher Verkehr, Handel oder Gastronomie.

(Deutscher Bühnenverein / Deutsche Orchestervereinigung / Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger / Deutsche Konzerthauskonferenz / GMD-Konferenz /sle)

 

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Kommentare  
Auslastungforderung: Gesetze?
"...sollte es möglich sein, grundsätzlich jeden zweiten Platz eines Theaters oder Konzertsaals aufgelockert zu besetzen"

Ein Stuhl/Sessel ist nicht 1,50 Meter breit, sondern vielleicht 80 Zentimeter. Die Verordnungen, beruhend auf dem Infektions-Schutz-Gesetz, schreiben 1,50 Meter Abstand vor. Wer die nicht einhält, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die mit einem Bußgeld geahndet wird.

Wie aber soll die Forderung, im Theater den Mindestabstand nicht einhalten wollen, mit den geltenden Gesetzen in Einklang zu bringen sein? Hätte man nicht gesetzeskonforme Dinge fordern sollen? Wären die nicht vielleicht leichter durchsetzbar? Ich verstehe den Sinn dieser Forderung nicht.
Auslastungforderung: Unterschiede
Zu #1:
Die Verordnungen in den Bundesländern sind höchst unterschiedlich. In NRW fällt bei fester Bestuhlung und mit Hygienekonzept die 1,5-Meter-Regelung zum Beispiel weg. Da könnten theoretisch schon seit Mitte Juni 1000 Leute oder mehr in einem Saal sitzen. In Berlin darf in Kinos wieder jeder zweite Platz besetzt werden, unabhängig vom Abstand, in Theatern aber nicht. Es geht doch nicht darum, jemandem zum Gesetzesbruch aufzufordern, sondern eben den Gesetzgeber anzuhalten, vernünftige, einheitliche Regelungen zu finden. Eine Begrenzung für alle auf eine bestimmte Sitzplatzanzahl, und dann noch in jedem Bundesland eine andere, ohne Berücksichtigung der Konzepte und der Begebenheiten vor Ort, ist bestimmt nicht vernünftig...

Ob die bestehenden Einschränkungen der 1,50m-Grenze sinnvoll sind oder nicht, müssen Fachleute beurteilen und die Erfahrung zeigen. Vielleicht kann ja darauf wirklich verzichtet werden, wenn alle eine Maske tragen (nicht mal das ist in NRW am Platz vorgeschrieben...)? In Salzburg hat man mit Schachbrett-Bestuhlung ja gerade gute Erfahrungen gemacht. Wichtig ist, dass endlich darüber nachgedacht wird, wie es weitergehen kann. Und da finde ich die Forderung, unter Einhaltung aller Regeln erstmal die Hälfte, also eben das Schachbrett bzw. die Regelung wie in Berlin für Kinos möglich zu machen, sehr gut.
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