Kommentar: Warum der zweite Lockdown für Theater und Künstler*innen wie eine Ohrfeige wirkt
Bildet Banden!
von Georg Kasch
28. Oktober 2020. Es ist ein bitteres Déjà-vu: Theater, Opern- und Konzerthäuser müssen schließen. Montag geht's los in Deutschland. Besonders schmerzhaft ist diesmal das Label, unter das die Kulturbetriebe zumindest in Deutschland fallen: nicht Bildung, sondern Unterhaltung. Deren Besuch ist nämlich ab dem 2. November in Deutschland verboten, jedenfalls außerhalb der eigenen vier Wände. Im Entwurf zu den heutigen Beschlüssen der Bundeskanzlerin und der Landeschef*innen werden Theater in einem Atemzug mit Messen, Kinos, Freizeitparks, Vereinssport und Fitnessstudios genannt, aber ebenso mit Wettbüros und Bordellen.
Nachweisbar oder nicht-nachweisbar?
Ja, die Corona-Zahlen steigen rasant. Klar, es geht um Menschenleben, wie Dramatiker Konstantin Küspert richtig twittert. Natürlich müssen die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern etwas dagegen unternehmen. Aber ausgerechnet die Theater? Der neuerliche Lockdown muss allen Künstler*innen und Mitarbeiter*innen wie eine Ohrfeige vorkommen: Haben sie nicht während der ersten Schließungsphase mühsam die Fahne mit Streams und anderen Online-Aktionen hochgehalten? Haben sie nicht, sobald das möglich war, weitergeprobt unter schwierigsten Bedingungen? Haben sie nicht komplexe, auf jedes Haus und jede Landesregelung genauestens abgestimmte Hygienepläne vorgelegt?
Haben sie nicht im Herbst eine Premiere nach der nächsten stattfinden lassen, in der Freien Szene oft auch Doppelvorstellungen angesetzt bei gleichbleibendem Honorar vor entmutigend wenigen Plätzen? Die dann auch nicht immer gestürmt wurden, weil viele potentielle Zuschauer*innen aus Vorsicht auch weiterhin zu Hause blieben? Obwohl Untersuchungen zeigten, dass bislang keine einzige Infektion in einem Theater nachgewiesen werden konnte? (Womit nicht entproblematisiert werden soll, dass es eine hohe Quote an nicht-nachweisbaren Ansteckungen gibt.)
Und wie wird’s gedankt? Mit einem zweiten Lockdown.
Botschaft an alle
Lässt sich das Schließen der Häuser denn medizinisch rechtfertigen? Eher nicht. Noch vor der Sitzung von Kanzlerin und Länderchefs äußerten sich Ärztevertreter zu den Lockdown-Plänen. Tenor: "Eine pauschale Lockdown-Regelung ist weder zielführend noch umsetzbar". Auch nicht für Theater, Restaurants, Hotels, die alle Hygienekonzepte besäßen. Die Schutzregeln seien eigentlich ausreichend, müssten aber konsequent umgesetzt werden. Viel wichtiger sei ein effizienter Schutz der Risikogruppen.
Wer in den letzten Monaten im Theater war, weiß, wie komplex die Vorkehrungen sind: Desinfektionspender, Einbahnstraßensysteme, deutliche Ansagen des Personals. In manchen Foyers und Treppenhäusern kommt man sich eher vor wie auf einem Rangierbahnhof als im Vorhof der Kunst. Angenehm ist was anderes. Aber sicher? Unbedingt!
Bedampfung im Berliner Ensemble, aber die Hygienekonzepte bewahren im November nicht vor der Schließung © Moritz Haase / Berliner Ensemble
In Dresdens großem Haus bin ich auf dem Weg in meine Loge außer dem Schließpersonal keiner Menschenseele begegnet. Bei vielen anderen Premieren waren die Menschen, die mir am nächsten kamen, Kolleg*innen und Freund*innen, mit denen ich hinterher noch geredet habe.
Hier dürfte aber auch der Grund für den pauschalen Lockdown liegen. Der Bundesregierung geht es offensichtlich überhaupt nicht darum, ob Orte sicherer sind als andere. Sondern um die Botschaft: Bleibt verdammt noch mal zu Hause! Es geht nicht um die Theater, sondern um die Bus- und Bahnfahrt davor oder danach. Um die Reisen der Gastkünstler*innen zum Spielort. Darum, dass sich Freunde und Bekannte, selbst wenn sie getrennt sitzen, vor oder nach der Vorstellung zusammen den Abend auswerten. Oft mit Masken und Abstand. Manchmal auch nicht.
Kampf für die Umsatzausfälle
Und es geht darum, die meisten anderen Jobs, die Schulen und Kitas offenzuhalten, mit guten Gründen übrigens. Man kann für zynisch halten, dass für Handel und viele Wirtschaftszweige wie Maschinenbau oder Chemie Jobs in der Kultur (aber auch in der Gastronomie und Hotellerie) geopfert werden. Man kann zu recht wütend darüber sein, dass Kultur nicht unter Bildung firmiert. Man kann sich an die Stirn fassen, wenn man bedenkt, dass in etlichen Krankenhäusern das Personal aus Kostengründen nicht flächendeckend getestet wird. Oder dass Corona-Leugner*innen noch am vergangenen Wochenende den Berliner Alexanderplatz und die Karl-Marx-Allee stürmten, ohne von der Polizei gestoppt zu werden.
Das alles zeigt aber auch: Klar wäre super, wenn sich, wie die Infektolog*innen fordern, die Schutzregeln mit Abstand, Hygiene, Masken und Corona-Warn-App konsequent umgesetzt würden. Nur: Wie sie durchsetzen? Es geht der Kanzlerin und den Länderchef*innen offensichtlich darum, es einmal richtig laut knallen zu lassen, damit auch der und die Letzte kapiert, dass der Sommer mit seinen Freiheiten vorbei ist. Die Theater sind da nur eines von mehreren Bauernopfern. Gerade weil sich die Theater und Künstler*innen schon im ersten Lockdown bedacht und solidarisch zeigten, haben sie nun alles Recht, für ihre Bestandssicherung zu kämpfen – und sich Ausfälle ersetzen zu lassen. Ein angemessener finanzieller Ausgleich, eine Art Grundeinkommen für alle Freie mit Verdienstausfall, auch eine Bestandsgarantie für die Kultur – drunter sollte dieser erneute Verzicht nicht zu haben sein.
Neu lernen
Und nun? Haben alle in der Kultur Zeit, das anzugehen, was sie im Frühjahr nicht geschafft haben.
1. Bildet Banden! Und zwar über Genre- und Spartengrenzen hinweg. Erst, wenn Freie Szene und Staatstheater, Rockbands und Sinfonieorchester, Opernstars und Veranstaltungstechniker*innen mit einer Stimme sprechen und denselben Zahlen argumentieren, wird Kultur als eine politische Größe wahrgenommen werden.
2. Streamt, sonst seid ihr verloren! Zeigt, wie vielfältig und fantasievoll ihr der Gegenwart künstlerisch begegnet. Entwickelt Bezahloptionen, experimentiert weiter mit Partizipation, reizt die ästhetischen Mittel des Netzes aus. Vor allem: Seid präsent! Nein, ein Live-Erlebnis ist durch nichts zu ersetzen. Aber unsichtbare Künstler*innen sind so gut wie nicht da.
3. Entwerft das Theater von morgen! Was mich etwas irritiert hat nach dem ersten Lockdown: wie schnell alle wieder zurück zu einer fragilen Normalität gefunden haben. Weiterproben, Premieren raushauen, kreativ mit den Abos umgehen... Was aber lässt sich aus den Erfahrungen bislang lernen? Kann es sein, dass wir behutsamer mit uns und unseren Ressourcen umgehen müssen? Welche Strukturen hemmen uns? Wie wollen wir arbeiten? Was wollen wir erzählen? Was soll von uns bleiben? Wenn wir in den vor uns liegenden Wochen diese Fragen zumindest andenken könnten, hätte dieser zweite Lockdown vielleicht nicht nur für die Infektionszahlen, sondern auch für die Kunst einen Sinn.
Mehr:
Meldung: Theater schließen bis Ende November 2020 (28. Oktober 2020)
Presseschau
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (29.10.2020) rechnet Jan Brachmann vor, dass die Bundesregierung "knallhart kalkuliert" und "klare Prioritäten gesetzt" habe: Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens sowie des Betriebs von Kindertagesstätten und Schulen. Wenn man sich die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2018 ansehe, wisse man, warum Kultur nicht zur Wirtschaft gehöre. "Theater, Opern- und Konzerthäuser machten in Deutschland insgesamt einen Jahresumsatz von 8,8 Milliarden Euro. Das sind weniger als 0,3 Prozent der Bruttowertschöpfung. Da braucht man über Systemrelevanz gar nicht erst zu diskutieren, selbst wenn man die Vervierfachung der Umsätze durch Umwegrentabilität noch einrechnet." Außerdem treffe die Schließung der Kultureinrichtungen ein Publikum, das ohnehin nur sieben bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmache. Die würden zwar als besonders zivilisiert gelten, anders als die Anhänger der Partyszene. Aber: "Wenn man schon Feiern in kleinen Gruppen verbietet, kann man schwer Opern- und Theatervorstellungen mit mehreren hundert oder – wie momentan in Österreich noch erlaubt – tausend Besuchern zulassen, vor allem dann nicht, wenn man an die öffentliche Symbolwirkung von Kunst glaubt."
Im RBB (29.10.2020) wird Maria Ossowski deutlich: "Bitte, wer kuschelt und quatscht während klassischer Konzerte, wer säuft im Theater, wer singt in der Oper mit, und wer tanzt bei einer Lesung? Niemand. Wir, die Kulturmacher und die Kulturbegeisterten, büßen für jene Gruppe, die kein Politiker in den Griff bekommen hat, nämlich die Hochzeiter, die Partymacher, die Leugner. Ihretwegen soll vielen, vor allem kleineren Kulturinstitutionen, jetzt der Todesstoß versetzt werden." Sie geißelt Populismus und Verzichtsethik und kommt zum Schluss: "Die Entscheidung trifft die Falschen, sie trifft sie ins Mark, sie ist zerstörerisch, denn Kultur ist nicht systemrelevant, dieser Begriff aus der Finanzkrise nervt nur noch. Kultur ist existenzrelevant, sie ist lebensrelevant."
Auf Deutschlandfunk Kultur (28.10.2020) kommentiert Stefan Keim: "Wenn alle anderen gesellschaftlichen Aktivitäten herunter gefahren werden, ist es schwer zu vermitteln, warum die Kultur eine Ausnahme machen soll. Es gibt schon rationale Gründe, aber in diesem Moment geht es nicht nur um Logik. Ohne Solidarität kann so ein Lockdown nicht funktionieren." Allerdings dürften Künstlerinnen und Künstler und andere gebeutelte Berufsgruppen nicht alleingelassen werden. Das funktioniere aber nur, wenn die Künstlerinnen und Künstler "eine starke Interessenvertretung bilden. Sie werden bisher kaum gehört, weil sie keine Lobby haben. Lobbyismus gilt vielen Kulturtreibenden als unkünstlerisch und korrupt, ist aber eine Notwendigkeit."
Ebenfalls auf Deutschlandfunk Kultur (28.10.2020) kritisiert Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler die Verordnungen, die sich "auf dünnem Eis" bewegten: "Ich rechne mit einer Klagewelle." Denn immer wieder gehe es bei der Einschränkung von Freiheitsrechten auch um die Frage der Verhältnismäßigkeit. So könnten etwa Theater oder Restaurants mit konsequent praktizierten Hygienekonzepten zu Recht darauf pochen, dass ihnen ein hohes Ansteckungsrisiko erst einmal nachgewiesen werden muss – der Rechtsweg habe durchaus Aussicht auf Erfolg. Wenn ein Theater klage, gelte das Urteil zwar nur für dieses eine Haus. Doch sei davon auszugehen, dass dann viele andere folgten.
"Durch eine wiederholte vorübergehende Schließung von Konzerthäusern, Opern, Kinos, Museen und Theatern wird nach jetzigem Wissensstand womöglich kein einziges Infektionsgeschehen verhindert", argumentiert Marcus Stäbler im NDR (29.10.2020) Dafür werde eine Branche mit rund 1,2 Millionen Erwerbstätigen und einem Gesamtumsatz von knapp 170 Milliarden Euro jährlich unverschuldet noch weiter an den Rand des Ruins oder darüber hinaus getrieben. "Außerdem nimmt das Verbot uns die Möglichkeit, in der realen Begegnung mit Musik, Film, Kunst und Theater neue Kraft zu schöpfen." Die generelle Absage von Kulturveranstaltung zerstöre womöglich mehr als sie rette. "Das kann nicht Sinn der Sache sein."
In der Süddeutschen Zeitung (29.10.2020) äußert sich Kammerspiel-Intendantin Barbara Mundel im Interview zum Lockdown: Ihr Haus müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kurzarbeit gehen. "Die emotionale Seite, puh, da ist eine tiefe Traurigkeit. Die Möglichkeit, sich wenigstens hier noch live zu begegnen, auch dem Publikum zu begegnen, wenn auch eingeschränkt, war extrem wichtig in den vergangenen Wochen." Lernen und verhandeln könne man nicht, wenn mit Verboten und Willkür durchregiert werde. "Das höhlt auf Dauer Demokratie und die offene Gesellschaft aus, die wir doch sein wollen. Krise kann als Gefühl kein Dauerzustand sein."
"In Theatern habe ich mich in den letzten zwei Monaten sicher gefühlt", schreibt Tobi Müller auf zeit.de (29.10.2020). "Doch wenn 75 Prozent der Infektionen nicht mehr zurückverfolgt werden können, hilft Fühlen nicht mehr weiter und die Rede von sicheren Orten wirkt etwas wohlfeil." Halbrichtige Zahlen zum Beweis ihrer (wirtschaftlichen) Bedeutung würden der Kultur gerade nicht helfen. Wichtiger sei es, nicht immer nur den Staat zu adressieren, sondern auch jene, "die diesen Staat bezahlen und darunter ganz besonders jenen, die sich nicht primär als Teil des Publikums verstehen". Müllers Vorschlag: "Vielleicht könnte man nun winzige Teile dieser großen Gruppe gerade in für alle schweren Zeiten stärker für sich einnehmen, wenn man nicht nur Solidarität einfordert, sondern selbst stärker welche zeigt, zunächst einmal untereinander."
In der Welt (29.10.2020) argumentiert Jan Küveler für die Theaterschließungen und verweist auf den Klassismus der Theater: "Wem nützen sie, an wen wenden sie sich mit ihrem Programm?" Es möge ja sein, dass offene Theater das Infektionsgeschehen nicht maßgeblich beeinflussen. "Aber dass man sie im Vergleich zu Kitas, Schulen und Lebensmittelläden für einen Tick verzichtbarer hält und deshalb jenen Branchen zurechnet, denen, um Schlimmeres zu verhindern, ein vierwöchiger Shutdown zugemutet werden kann, könnte sie auch ehren. Manchmal ist das Nicht-Notwendige (die Schließung der Theater) eben notwendig (gesamtgesellschaftlich sinnvoll), damit später, wenn alles wieder gut ist, das Nicht-Notwendige (die Theater) seine Notwendigkeit (die Unverzichtbarkeit als Stätte der Unterhaltung und symbolischen Selbstvergewisserung einer Gesellschaft) wieder beweisen kann."
"Ja, die Maßnahmen sind ungerecht", kommentiert Rainer Pöllmann im Deutschlandfunk Kultur (3.11.2020). "Ja, die Maßnahmen treffen Bereiche, die selbst nicht als Superspreader bekannt geworden sind." Es handele sich um statistische Maßnahmen: 75 Prozent Reduzierung sei das Ziel. Die Bitterkeit komme ja eher daher, dass der Menschen liebstes "Freizeit"-Vergnügen, das Shopping, so gar nicht eingeschränkt werde. "Viel wichtiger, als über die nächsten vier Wochen zu diskutieren, ist: In diesen vier Wochen – endlich – vom Bundeswirtschaftsminister ein wirklich konkretes Konzept zum so genannten 'Unternehmerlohn' für Soloselbständige einzufordern. Das ist die wirkliche Systemfrage, hier entscheidet sich die Systemrelevanz der Kultur."
"Kulturelle Veranstaltungen sind schlicht nicht systemrelevant", findet Thorsten Jantschek ebenfalls im Deutschlandfunk Kultur (2.11.2020). "Wenn sie nicht stattfinden, kann das öffentliche Leben weiter funktionieren, auch wenn es um diese Facette ärmer ist. Wenn der Pflegebereich zusammenbricht oder die Müllabfuhr nicht mehr funktioniert, sieht es anders aus." Es gebe viel wichtigere Aufgaben, um die man sich kümmern sollte: "etwa öffentlich geförderte oder private Kulturinstitutionen – also die Infrastruktur – für die Zeit nach der Krise zu erhalten. Und vor allem: 1,5 Millionen – zum Teil prekär – Beschäftigten der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft schnell und unbürokratisch zu helfen."
In der nmz (2.11.2020) argumentiert Komponist Moritz Eggert in fünf Punkten, warum es jetzt besser sei zu schweigen – was in dem Punkt gipfelt, dass die Zeit noch komme, in der man die Stimme werde erheben müssen. "In den kommenden Jahren wird es aber ganz sicher Kräfte geben, die die Kultur marginalisieren wollen und die dafür zu erwartenden Sparmaßnahmen dafür nutzen werden. In genau diesem Moment müssen wir mit vereinter Kraft mit sehr lauter Stimme sprechen, da bin ich ganz sicher."
Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda erklärt auf zeit.de (2.11.2020), dass das Virus Bedingungen diktiere, die sich niemand ausgedacht habe. "Aber wer die Kultur notgedrungen derartigen Härten aussetzen muss, der muss ihre Besonderheiten benennen und beschreiben können." Damit das endlich geschehe, "müssen wir hinein in die gesellschaftliche Auseinandersetzung über die Rolle und Bedeutung der Kultur, über den Wert der spekulativen Ausdeutung von Alternativen zum Status quo, über die Kraft ästhetisch-expressiver Zuspitzung und erst recht über die Subversion der Unterhaltung. Künstlerinnen, Kreative und Kulturpolitik müssen sich organisieren und stärker zusammenarbeiten als bisher."
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Jede Forderung nach besserer (vielleicht auch ünberhaupt einer) sozialen Absicherung aller Betroffenen bleibt dabei absolut berechtigt. So ist das mit den zwei Gedanken in ein- und dem selben Kopf.
Es ist nicht im Interesse der Konzern-Wirtschaft und des Finanzkapitals, andere Interessen als die eigenen analysiert und benannt zu bekommen. Und schon gar nicht, eklatante materielle Benachteiligungen von Arbeitnehmern, Angestellten oder etwa Kindern oder KünstlerInnen in deren Interesse auszugleichen. Bei den ideellen Benachteiligungen sind die da natürlich spendabler, da lassen die mitteilen wie es langgeht und jut is... Kultur hat immer eine Chance, nur nicht immer die Gesellschaft, der sie entsprang und an der sie sich entwickelt und in der sie sich bis zur Korrumpierbarkeit etabliert hat.
1) Ich ergänze Ihre Liste. 4) Entwerft ein neues Gesellschaftssystem. Das bedingungslose Grundeinkommen wird uns viele Diskussionen in Zukunft ersparen. Und vor allem sichert es Planbarkeit und Freiheit. Also Kreativität und Investitionen. Und es ist im Interesse "der" Wirtschaft. Denn dann trägt sie weniger Verantwortung für Arbeitsplätze,
2) Ich halte die Nennung von Theatern "in einem Atemzug mit Messen, Kinos, Freizeitparks, Vereinssport und Fitnessstudios [...], aber ebenso mit Wettbüros und Bordellen" für absolut treffsicher. Denn Theater haben doch von all dem genau sehr viel. Kino/Castorf. Freizeitpark/Signa. Vereinssport/Gonzo. Fitnesstudios/Natural Theatre of Oklahoma. Wettbüros/machina ex. Bordelle/Bo Nilsson. Um nur ein paar zu nennen. Welches Theater wäre nicht gern all das Genannte gleichermaßen?
Könnten Sie das bitte näher ausführen, damit man den Vergleich besser verstehen kann, der Ihnen bestimmt nicht ohne Grund einfiel?
Climate Change 18/2018 Beschäftigungsentwicklung in der Braunkohleindustrie: Status quo und Projektion
Klima | Energie, Wirtschaft | Konsum
Beschäftigungsentwicklung in der Braunkohleindustrie: Status quo und Projektion.
In der vorliegenden Studie wird die Entwicklung der direkt Beschäftigten in der Braunkohleindustrie in Deutschland betrachtet. Die hier vorgelegten Analysen zur Altersstruktur der Beschäftigten im Braunkohlenbergbau zeigen, dass der anstehende Strukturwandel bei den aktuell Beschäftigten weitgehend entlang der natürlichen Altersgrenzen vollzogen werden kann, denn bis zum Jahr 2030 werden fast zwei Drittel der aktuell in der Braunkohlenindustrie Beschäftigten in den Ruhestand gehen. Betriebsbedingte Kündigungen in der Braunkohleverstromung sind somit nicht erforderlich um das Klimaschutzziel des Energiesektors in 2030 zu erreichen. Zu betriebsbedingten Kündigungen kommt es nur in dem Maße, in dem künftig Neueinstellungen erfolgen. Bereits unter bisherigen Rahmenbedingungen (Referenz) geht die Zahl der Arbeitsplätze in der Braunkohlenindustrie deutlich zurück, ohne dass zusätzliche Klimaschutzanstrengungen ergriffen werden. Anfang 2016 betrug die Anzahl der direkten Arbeitsplätze in der Braunkohlenindustrie etwa 20.800. Mehr als 50 Prozent dieser Beschäftigten sind über 50 Jahre alt.
Ein schneller Ausstieg aus der Braunkohle mit einer raschen Abschaltung von Kraftwerken gefährdet bis 2030 bis zu 72.000 Arbeitsplätze. (...) Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft.
Aber auch die zunächst zitierte Meldung, die den Klimaschützern - mit denen ich übrigens sympathisiere - argumentativ zur Seite springen will, kann nicht ausschließen, dass es zu Kündigungen wegen Neuanstellungen kommen wird und dass ein Rest, wenn auch von weniger als 50 Prozent, im Jahr 2030 noch jünger als 60 Jahre sein wird.
wir, das Dramaturgie-Netzwerk, teilt den Aufruf zu mehr Initiative. Gleichzeitig sind wir bereits seit Frühjahr dabei, genau die genannten Punkte zu verfolgen. In der (bis jetzt) fünfteiligen Online-Gesprächsreihe “Dramaturgie Denkt Corona” wurde beispielsweise, mit jeweils um die 50 Theaterschaffenden, darüber diskutiert, wie sich das Theater in der gegenwärtigen Zeit verändert, welche Auswirkungen dies auf Mitarbeiter*innen hat und wie Theater ohne den klassischen Vorstellungsbetrieb funktionieren kann. Auch wir haben dabei noch nicht die Lösung für alle Probleme gefunden, jedoch zahlreiche Mitstreiter*innen, die aus diesen Gedanken verschiedene Arbeitsgruppen gebildet haben, die wiederum mit Dramaturg*innen aus der freien Szene, Theaterinstitutionen mehrerer Sparten, Regisseur*innen und Wissenschaftler*nnen zusammenarbeiten.
Als Teil des Ensemble-Netzwerks sind wir außerdem dabei, den Zusammenschluss mit anderen Initiativen zu suchen, um uns mit unserem aktivistischen Selbstverständnis an die Politik zu wenden. Kurzum: Wir wollen eine solidarische Stimme für alle Mitarbeiter*innen sein.
Was ich meine, verehrter Herr Rothschild, ist: Wir sollten doch aufpassen, uns nicht in Phrasen-Blasen miteinander verständigen zu wollen. Ich erwarte von einer/m renommierten KulturjournalistIn, dass der/die aus Erfahrung konkret wird und nicht redet wie die Pressestelle vom Wirtschaftsministerium, wenn es um Existenzen von KünstlerInnen und Kulturschaffenden und in der Konsequenz auch um Existenzen von KulturjournalistInnen und gleichzeitig um Klimaschutz und die Existenzen unserer jüngeren und jüngsten Generationen geht- Da ist sonst einer Beschreibung der konkreten Lage in Übersicht der Boden entzogen...
Wtf! Was für ein Blödsinn, der wirklich nur noch filterblasenbedingt erklärbar ist. Oder geschäftsmodellabhängig.
Nein. Es sollte bestimmt nicht nochmal der Streamingwahnsinnaktionismusdilletantismuswahnsinn ausbrechen. Au contraire! Vernetzungslogiken im analogen Bereich sind grad so gut. Die 35 Klicks von TeWi-Studierenden für 5 Wochen Arbeit am Abgrund der eigenen Leistungsfähigkeit und Kompetenz sind es nicht wert. Besser eine effektive regionale, lokale Strategie (Stadttheater, ne?) als das dusselige Schielen nach nationalem fame ohne dass die entsprechenden Mittel vorhanden sind. Die Pandemie verstärkt alle bestehenden Gegensätze. Stimmt. Auch der Klassismus der Theater wird hier auf der Plattform ohne Sinn und Verstand maximalblöd abgefeiert als Beweis für Flexibilität und ingeniöse Künstler*innenpersonen, die "einfach" mal was Neues machen. Ich kotz im Strahl. Mit welchen Mitteln? Für welches Publikum? Denkt mal lieber darüber nach, was die emanzipatorischen Potentiale der digitalen Dimension sind und schwadroniert hier nicht neo-liberal im Sinne der geilen kreativen Zerstörung Corona von der man jetzt echt mal gerne den Innovationsschub hätte.