Weitermachen, als wäre nichts?

von Esther Slevogt

10. November 2020. Zeitungen berichten, dass erstmals mehr Menschen mit schweren Corona-Verläufen auf Intensivstationen behandelt werden, als beim Ausbruch der ersten Welle. Auch an Tag 10 des zweiten Shutdowns steigen die Zahlen noch immer. Doch die Theater wollen wieder spielen. Wichtige Häuser in Berlin haben gemeinsam einen Brief an den Regierenden Bürgermeister geschrieben und auf ihre Hygienekonzepte verwiesen. Die nämlich würden auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und maximalen Schutz bieten. Die Theater in den folgenden Monaten wieder bespielen zu können, eröffne also mehr Chancen als Risiken. "Die demokratische Gesellschaft nährt und bildet sich durch kulturelle Teilhabe", heißt es auch. Der Besuch dieser öffentlichen Räume sei für viele Menschen existentieller Teil des gesellschaftlichen urbanen Lebens und für dessen Zusammenhalt substantiell.

Vorbildfunktion? Unbelegt

Mit der Realität meiner Schwester, Professorin für Infektiologie in Jena, hat das wenig zu tun. In ihrem klinischen Alltag hat sie mit Covid19-Intensivpatient*innen zu tun. Und "kulturelle Teilhabe" und "gesellschaftlich urbanes Leben" bedeuten für sie erst einmal: Ansteckungsgefahr. Mögen die Hygienekonzepte der Kultureinrichtungen auch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, zu der Behauptung, dass sie maximalen Schutz bieten würden, lägen (außer einer einzigen, allerdings nur mäßig repräsentativen) keine aussagekräftigen Studien vor. Ob Theater daher tatsächlich geeignet sind, "als Orte des gesellschaftlichen Lebens" die von ihnen behauptete Vorbildfunktion einzunehmen, "wie in der Pandemie unser Alltag sicher organisiert werden kann – und wir lernen können, mit dem Virus zu leben und zu arbeiten", bleibt aus ihrer Sicht erst mal unbelegt.

kolumne 2p slevogtBelegt hingegen ist, dass die Kapazitätsgrenzen des Gesundheitssystems demnächst erreicht sind. Von 20.000 Infizierten, rechnet sie mir vor, werden circa 1.000 zu Fällen für die Intensivmedizin. Wiederum 200 Menschen etwa davon sterben. "Das ist definitiv zu viel." Um das Leben der 1.000 schwerstkranken Intensivpatienten zu retten, sind drei Wochen Hochleistungsmedizin erforderlich.

Im günstigsten Fall reicht eine nasale Sauerstofftherapie, bei der die Patien*innen Sauerstoff in Verbindung mit Druckluft und Atembefeuchtung über eine Maske zugeführt bekommen. Im weniger günstigen Fall muss intubiert, der Sauerstoff also direkt in die Lunge geleitet werden. Schlimmstenfalls ist die Lunge jedoch so entzündet, dass dies nicht mehr möglich ist und das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert werden muss. ECMO heißt dieses Verfahren. Wenn das System kollabiert, kann diese Behandlung nicht mehr jedem Schwerkranken garantiert werden. Dann wird es noch mehr Tote geben. Wenn die Zahlen nicht sinken, werden als nächstes die Schulen geschlossen, sagt sie auch. Nächster Überprüfungstermin der Maßnahmen ist der 16. November. Bis Mai, sagt meine Schwester, werden wir im Krisenmodus leben. Erst wenn es wärmer wird, ist mit Erleichterungen zu rechnen.

Lobbyistische Argumentation

Auf keine dieser Realitäten geht das Schreiben der Berliner Kultureinrichtungen ein. Stattdessen argumentieren die Theater rein lobbyistisch, halten die eigenen Maßnahmen für die besten aller möglichen und fordern, ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen zu können. Was aber, wenn dieser Auftrag aktuell darin bestünde, eine Spielpause einzulegen – wie es beispielsweise Thomas Ostermeier empfahl, künstlerischer Leiter der Berliner Schaubühne, (der auch nicht zu den Unterzeichnern des offenen Briefes gehört). Selbst wenn die Hygienemaßnahmen ausgeklügelt sind und höchstmögliche Standards erfüllen: bis jemand das Theater erreicht hat, fährt er oder sie möglicherweise Taxi, Bahn oder Bus – bewegt sich also in der Öffentlichkeit, kauft unterwegs vielleicht noch etwas. Dabei geht es bei den Maßnahmen aktuell darum, die Kontaktmöglichkeiten auf das Notwendigste zu beschränken und die Menschen dazu zu bewegen, so wenig wie möglich das Haus zu verlassen.

Unsere Kultureinrichtungen arbeiten sich stattdessen an der Kränkung ab, die es für sie offenbar bedeutet, als Freizeitgestaltung angesehen zu werden. Denn als solche wurden sie im Zuge der Regierungsmaßnahmen eingestuft. "In unserer Gesellschaft sind Opern, Theater, Konzerthäuser und andere Kulturinstitutionen mehr als reine Freizeitangebote", stellen sie in ihrem Schreiben als Allererstes klar. Dabei sind sie genau das: Hat doch die mit der Industrialisierung einhergehende Arbeitsteilung und die dadurch entstehende Freizeit die Kulturtechnik Theater im 19. Jahrhundert entscheidend mit befördert. Freizeit ist nichts Schlimmes. Dazu hat sie erst das neoliberale Effizienzdenken erklärt. Freizeit ist die Gestaltung von Freiheit. Und dazu kann auch gehören, den Laden geschlossen zu halten.

Klar braucht die Branche eine Perspektive. Unbestritten ist auch: die Not wird größer, eine ganze Infrastruktur ist in großer Gefahr. Wie lange nicht, ist hier statt Lobbyismus ein holistischer Blick auf das gesellschaftliche Ganze gefragt: eigentlich einmal eine Theater-Urkompetenz. "Die Entscheidung des Berliner Senats, neben vielen anderen Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus auch die Kultureinrichtungen wieder zu schließen, traf uns unerwartet und hart", beginnt der Brief an den Regierenden Bürgermeister. Dabei hätten die Branche es wissen können. Schon im Sommer war die Rede von einer zweiten Welle, die mit Einbruch der kalten Jahreszeit wahrscheinlicher würde. Trotzdem haben die meisten weitergemacht, als wäre nichts. Die Zukunft aber bekommt niemand geschenkt. Sie will gestaltet sein.

 

Esther Slevogt ist Chefredakteurin und Mitgründerin von nachtkritik.de. Außerdem ist sie Miterfinderin der Konferenz Theater & Netz. In ihrer Kolumne Aus dem bürgerlichen Heldenleben untersucht sie: Was ist eigentlich mit der bürgerlichen Öffentlichkeit und ihren Repräsentationspraktiken passiert?

 

Zuletzt forderte Esther Slevogt Gerechtigkeit für Christa Wolf.

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Kommentare  
Kolumne Esther Slevogt: Zustimmung
Ja, vielen Dank für diesen Artikel. Volle Zustimmung.
Kolumne Esther Slevogt: Dankbare Gedanken
Liebe Esther Slevogt, danke für diese Analyse.
Leider haben bis auf Thomas Ostermeier und Hasko Weber bisher Wenige Theaterleitungen ein Verständnis für die Situation. Die Bezeichnung der Kränkung empfinde ich als schön beschriebenen Ist-Zustand der Reaktionen.

Merci, auf das der Shitstorm sich mäßig verhält.
Kolumne Slevogt: Viel zu leise
Sehr geehrte Frau Slevogt,

"Dabei hätten die Branche es wissen können. Schon im Sommer war die Rede von einer zweiten Welle, die mit Einbruch der kalten Jahreszeit wahrscheinlicher würde. Trotzdem haben die meisten weitergemacht, als wäre nichts."
Aber die Theater (& Co.) haben eben NICHT weitergemacht, als wäre nichts! Sie haben Spielpläne verändert, Personal in Kurzarbeit geschickt und vor allem ihre Orte der intensiven Begegnung (Foyers, Zuschauerräume etc.) in sichere Orte der vorsichtigen Begegnung auf Abstand gemacht. Mir ist auch kein*e Kolleg*in bekannt, der/ die im August Urlaub auf Mallorca gemacht hätte. Weil wir ein großes Verantwortungsgefühl sowohl gegenüber unseren Kulturbetrieben als auch der Gesellschaft haben!

Es war und ist anderswo, wo weitergemacht wurde/ wird, als wäre nichts. Und dies von den politisch Verantwortlichen sehenden Auges gestattet bis gefördert: Schule im Normal- statt Schichtbetrieb, übervolle Busse, Feiern, bei denen Dutzende Gäste die Braut umarmen etc. Und erlaubt ist auch was geht, weil nicht kontrolliert bzw. durchgegriffen wird. Also hängt die Maske am Kinn, in der Drogerie werden Lippenstifte getestet und im Aldi stehen die Leute montagsmorgens neben- bis übereinander vor den aktuellen Sonderangeboten.

Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen und die Theater (u.a.) und die Kulturbegierigen müssen es ausbaden. Ob das aber eine nennenswerte Reduzierung der Infektionszahlen bringt? Sicher nicht so schnell. Also wird der "Lockdown light" verlängert werden. Und alles andere läuft weiter "als wäre nichts". Kontaktreduzierung schön und gut und richtig, aber das hier ist dann nur Kontaktreduzierung light, nämlich nur da, wo es - vermeintlich - nicht weh tut!
Es geht hier nicht um "Kränkung". Es ist Pflicht eines/ einer jeden Intendant*in, das in Frage zu stellen und sich für seine / ihre Institution und Mitarbeiter*innen zu verkämpfen. So gesehen, ist es noch viel zu leise, was da jetzt aus Berlin kam.
Kolumne Slevogt: Ernsthaft?
Mit Verlaub, ernsthaft?
"Dabei hätten die Branche es wissen können. Schon im Sommer war die Rede von einer zweiten Welle, die mit Einbruch der kalten Jahreszeit wahrscheinlicher würde. Trotzdem haben die meisten weitergemacht, als wäre nichts."
Kolumne Slevogt: Talk-Runde, bitte!
Ein interessanter Beitrag an diesem trüben Tag. Allerdings würde mich, vielleicht auch andere, interessieren, was die Theatermacher*innen sagen. Könnt Ihr bitte eine aktuelle Talk-Runde streamen statt der teilweise ollen Klamotten.
Kolumne Slevogt: Widersprüche zulassen
Liebe Frau Slevogt,
"geschlossen" oder "geöffnet" - das ist das, was wir Theater als Handlungsoptionen von den Landesregierungen um die Ohren bekommen. Ich finde das falsch. Die Theater gehören geöffnet. Deswegen kann ich den Brief der Berliner Kultureinrichtungen gut verstehen. Inhaltlich ist der korrekt! Aber auch Sie haben absolut recht. In alter marxistischer Terminologie könnten wir somit von Widersprüchen reden. Und diese Widersprüche auch zulassen.
Grüße aus Tübingen
Kolumne Slevogt: Eigenverantwortlichkeit
Liebe Frau Slevogt,
woher hat Ihre Schwester diese dramatischen Zahlen? Nach RKI (samt DIVI-Register) sieht es demnach so aus:ungefähr 240.000 Menschen sind nachgewiesen aktuell infiziert. Die Dunkelziffer liegt ungefähr bei 4, manche Forscher sprechen von 5. Also sind momentan ungefähr 1 Million Menschen infiziert (mindestens). 3005 von Ihnen liegen derzeit auf einer Intensivstation. Also jeder 332. Infizierte, höchstens, vielleicht auch jeder 400. . Ihre Schwester spricht von jedem 20. Patienten, der einer intensivmedizinischen Behandlung bedarf. Von 40.000 Intensivbetten sind derzeit noch 20.000 Betten frei. Die Sterblichkeitsrate der Intensivpatienten mit Covid-19 liegt bei 7,6 Prozent (https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Sterberate-bei-COVID-19-deutlich-gesunken-414489.html), ihre Schwester gibt die Rate aber mit 20 Prozent nahezu 3 mal so hoch an. Die in Ihrem Text genannten Zahlen bilden also überhaupt nicht die Wirklichkeit ab, sondern verzerren diese. Das ist kein guter Stil, es ist kein redlicher Journalismus, pardon.

In der Gesamtbevölkerung muss der Schwerpunkt auf umsetzbaren und sinnvollen Hygienemaßnahmen liegen wie Husten- und Niesetikette, Händehygiene, Abstandhalten und gutem Lüften von Innenräumen, ergänzt durch das richtige Tragen von Masken, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann, und durch ganz besondere Vorsicht im Kontakt mit Angehörigen oder Kontaktpersonen, für die eine Sars-CoV-2-Infektion ein besonderes Risiko bedeutet. Dabei muss klar kommuniziert werden, dass ein weiterer Anstieg der Infektionen hochwahrscheinlich ist und mit diesen Maßnahmen zwar nicht jede Infektion verhindert, aber doch das Bestmögliche für alle erreicht werden kann. Wenn die Menschen das einsehen, machen sie das.
Es geht also um die Eigenverantwortlichkeit der Menschen.
Aus der Psychologie ist bekannt: Zuviel Angst schlägt irgendwann in Hilflosigkeit um und führt zur Frage, ob sich die Maßnahmen überhaupt noch lohnen. Zu viel Bevormundung, zu viele Verbote führen zu Abwehr und Widerstand. Vor diesem Hintergrund müssen die Regelungen überprüft und unsinnige zurückgenommen werden. Zum Beispiel eben auch das Schliessen von Theatern und Konzertsälen. Denn ich möchte hier einmal daran erinnern, was der Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde einst schrieb: "Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann." Das ist eben nicht (mehr) der Gottesdienst, sondern die Kunst. Und zwar die nutzlose Kunst, das "Spiel von Gestalten"(Kant), der ästhetische Zustand, nahezu der einzige Moment der Freiheit den der Mensch überhaupt hat. Zugegebenermassen findet dies durch die tagespoltische Ausrichtung der meisten Inszenierungen kaum statt auf der Bühne. Aber grundsätzliche ist dieser singuläre Moment menschlicher Autonomie der Wert der Kunst, quasi sein Ichbewusstsein. Und dieses Ichbewusstsein ist eben nichts, was nach der Arbeit Muße spendet, sondern ist manifeste Würde des Ich. (...)

(Um eine Passage gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Mit herzlichen Grüßen aus der Redaktion: jeb)
Kolumne Slevogt: Chance nutzen
Danke liebe Esther Slevogt! Und: Wenn die Theater die Corona-Zwangspause nicht endlich als Chance nutzen, ihre gesellschschaftliche Funktion und ihre inhaltliche sowie künstlerische Ausrichtung (neu) zu diskutieren, anstatt sich zu sorgen, dass die "Bude läuft", dann: wann?!?!
Kolumne Slevogt: In der Bubble
Vielen Dank für diesen Artikel, Frau Slevogt! Ich habe mich auch schon gefragt, was wohl eine Intensiv-Pfegefachperson, die seit Frühling überlastet ist und mit Erschöpfung und Depression zu kämpfen hat denkt, wenn sie nach einer weiteren langen Schicht todmüde den Computer einschaltet und dann die empörten Aufrufe von Theaterschaffenden liest. Ich glaube damit tun wir uns keinen Gefallen, sondern wir bestätigen das Vorurteil das viele Menschen Kunstschaffenden gegenüber hegen, dass wir nämlich keineswegs empathisch und an den Menschen interessiert, sondern engstirnig und unsolidarisch sind und völlig in unserer Bubble gefangen. Ich bin froh um die Stimmen die sich für die Kultur erheben. Aber ich bin auch um diese differenzierte Analyse froh. Es geht bei den Massnahmen ja nicht darum die Theater zu töten, es geht darum pragmatisch zu sein und das notwendige in einer Situation zu tun, die uns alle etwas angeht. Und zu schauen, dass die Theater, Kinos, Clubs etc. überleben und wenn der Spuk vorbei ist wieder weiter arbeiten können.
Kolumne Slevogt: Abgeschmettert
#4 An der Aussage ist erstmal nichts unverschämtes. Als jemand der selber in einem mittelgroßen Stadttheaterbetrieb arbeitet, kann ich dieses Verhalten bestätigen. Im Frühjahr waren es oftmals die einzelnen Regieteams, die mit alternativen Vorschlägen für eine klassische Premiere im Oktober, November oder Dezember auf den Brettern angekommen sind. Diese wurden oftmals von der Leitung abgeschmettert mit großen Reden a la „Keine Sorge, Nach dem Sommer wird wieder richtig gespielt.“ Genau diese Regieteams sitzen jetzt in geschlossenen Häusern, proben irgendwie ihre Inszenierung auf Premiere und wissen nicht ob diese irgendwann im Dezember, Januar oder vielleicht auch gar nicht rauskommt- weil natürlich die komplette Dispo wieder lahmgelegt wurde.
Kolumne Slevogt: Moralkeule
Ich musste es zweimal lesen, um es zu fassen. Da wird Kunst und Kultur wieder in Zwangspause geschickt. Es wird wohl nicht nur der November werden. Und wenn sich endlich Kunst und Kultur wehren, dann kommt man mit der Moralkeule.
Wenn 75 Prozent der Fälle positiv Getesteter nicht mehr zurückverfolgbar sind, dann kann man diese Zahl nicht einfach denen in die Schuhe schieben, die alles darauf abgerichtet haben, dass ein Besuch bei ihnen im Theater sicher ist. Das ist geradezu unseriös. Das gehört systematisch untersucht. Liegt es vielleicht daran, dass viele positiv Getestete kaum Viruslast haben und der PCR-Test selbst bei RNA-Trümmern anschlägt?
Jetzt steht die Berufsausübung und die Freiheit der Kunst, die im Grundgesetz verankert ist wie auch das Recht auf Religionsfreiheit den Versäumnissen der Gesundheitspolitik entgegen, die in den letzten Jahren das Gesundheitswesen kaputtgespart haben?
Wirklich?
Kolumne Slevogt: Einfach mal hingehen
"Trotzdem haben die meisten weitergemacht, als wäre nichts."

Das kann wirklich nur jemand schreiben der seit 5 Monaten nicht im Theater war.
Einfach mal im Gorki oder BE vorbeischauen oder im.... ...ach nee geht ja gerade nicht ist ja zu...
Kolumne Slevogt: Perspektive
Was mich an der Debatte wundert: sie wird, so tönt es auch in Beitrag 7 an, teils geführt, als gehe es irgendwie um Abschaffung der Theater. Ist doch nicht so. Es ist eine temporäre Schliessung, um zur Eindämmung der Pandemie beizutragen. Das ist hart für die, die Theater machen und für die, die hingehen wollen, es ist ein Verlust an gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Alles richtig, für die Zeit, die es leider dauert, einen Monat, vielleicht drei. Vielleicht werden es im Herbst 21 am Ende 7,8 Monate gewesen sein, die die Häuser in anderthalb Jahren geschlossen waren. Das ist ein Verlust, wir müssen von der Politik fordern, Sorge zu tragen, dass die freien KünstlerInnen es ebenso überstehen wie die Institutionen. Aber: die Schliessung ist temporär und irgendwann vorbei. Die Menschen, die durch das Virus Folgeschäden davon tragen oder gar sterben, sind für immer krank oder tot.
Kolumne Slevogt: Zahlen
#7: ich lese aus ihrer Quelle 7,6% Sterblichkeit der Krankenhauseinweisungen - nicht der Intensivpatienten. Dies widerspricht nicht den groben Überschlagszahlen der Schwester.
Kolumne Slevogt: kein Allheilmittel
Liebe Esther Slevogt,

als Freund einer Psychologin kann ich Ihnen sagen, dass die Zahl der an Depressionen erkrankten Menschen dramatisch steigt. Die bereits erkrankten durchleben momentan schwere Wochen. Insbesondere in der kalten und dunklen Jahreszeit.
Die gesellschaftliche Isolation befördert dies zunehmend. Auch bei "gesunden" Menschen.

Virologie ist ein Teil des Gesundheitswesens. Momentan zweifelsohne ein sehr wichtiger, aber dennoch nur ein Teil.

Der Lockdown light hält neben den bereits erprobten systemrelevanten Einrichtungen (Supermärkte, Drogerien, Ärzte) nun auch Schulen (noch), Fabriken und sonstige Geschäfte es Einzelhandels geöffnet. Konsum bleibt nun das einzig relevante Gebiet neben der Bildung.

Was wäre, wenn wir den Einzelhandel schließen und stattdessen Theater, Konzerthäuser, Bibliotheken, Volkshochschulen und Museen, vielleicht sogar die Gastronomie öffnen würden?
Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Austausch würde gefördert und erhalten werden. In relativ sicherer Umgebung.

In diesem zweiten Lockdown kann es niemandem verübeln, der sich aus Sehnsucht nach sozialer Nähe, geistiger Stimulation oder schlichtweg purer Unterhaltung im privaten trifft und vergnügt. Ob dabei Hygienemaßnahmen sinnvoll eingehalten werden können, wage ich zu bezweifeln.

Ich verstehe den Appell der Intendanten nicht als vermessene und egozentrische Wahrnehmung ihrer selbst. Sie sehen sich als Teil eines gesellschaftlich relevanten Angebots, nicht als das einzige Allheilmittel einer von der Pandemie gebeutelten Gesellschaft.
Das sind und waren Theater nie. Müssen sie auch nicht sein.

Aber sie können unser Leben bereichern und uns vielleicht sogar gute Impulse für die Zukunft mit auf den Weg geben.
Eben darum wirken wir alle hier im Kosmos Theater und nicht im Freizeitpark.
Kolumne Slevogt: Kommunikation
Niemand hat einfach so weitergemacht, und viele meiner Intendantenkollegen haben durchaus Verständnis für den Lockdown.
Aber, ob ein Lockdown, der die signifikanten Gefahrenherde, überfüllte Busse (vor allem Schulbusse), volle Züge, Supermärkte, wo die Menschen sich ohne Abstand durch die Einkaufsreihen drängen...,ausblendet, irgendeine Wirkung haben wird, bleibt abzuwarten... und darum geht es doch, oder?
und was "die Freizeit" angeht. Das Wort passt so wunderbar zum Begriff: "Freiwillige Leistungen"! Und was wird, nachdem einmal nicht mehr die Pandemie, dafür aber um so mehr die finanziellen Folgen dieser Pandemie im Focus stehen werden, und die Zeit wird zweifellos kommen, mit diesen freiwilligen Leistungen geschehen? .... ein Blick nach Bamberg lässt es schon erahnen.
Es geht um viel mehr, als gekränkte Eitelkeit, es geht um die Bedeutung der Kultur für unsere Stadtgesellschaften.
Da ist für mich nicht der Lockdown das Problem, sondern die mangelhafte Kommunikation.
Und dann gibt es unter den freischaffenden Künstlern, den Selbständigen, momentan sehr viele, die an der jetzigen Situation scheitern werden und daher kann man nur alle Theater und vor allem auch die Träger auffordern, diese Menschen jetzt nicht im Stich zu lassen, sondern faire Bedingungen zu garantieren.
Kolumne Slevogt: unsolidarisch
Was genau bringt das jetzt, als (neo)liberal-konservativ bekannte Argumente über (gegen?) Kunst- und Kultureinrichtungen salonfähig zu machen?

Und das als Mitbegründerin von NK (also eher ein traditionell strukturiertes und nicht unbedingt für progressiv, divers oder systemkritisch bekanntes, aber äußerst nowendiges und eigentlich tolles, Medium)

Wer profitiert von den überempfindlichen, nicht konstruktiven, beinahe feindlichen Reaktionen auf die Reaktion von Theatern und gegen Vieles, die Thearer in diesen schwierigen Zeiten versuchen?

Ich verstehe diese Uberreaktion nicht.
Ich verstehe diese unsolidarische Haltung von NK nicht.
Kolumne Slevogt: Bankrott
Die Kultur bettelt ihre Totengräber an,
hat aber ihre Grabstelle nicht bezahlt.
Kolumne Slevogt: nicht gekränkt
Vielen Dank, Esther Slevogt.

Auch ich empfinde eine Kränkung bei vielen Kolleg*innen, die ich persönlich nicht teile - vor allem, wenn es Kolleg*innen sind, die aufgrund einer Festanstellung nicht seit nunmehr Monaten um ihre persönlichen Finanzen kämpfen müssen.

Ich habe das Glück, zu dieser Gruppe der Festangestellten zu gehören. Eine Forderung, die ich absolut teile: Selbstverständlich verdienen nicht-festangestellte Künstler*innen finanzielle Hilfen, ebenso privatwirtschafliche Kulturinstitutionen, und auch ich glaube, es dauert erschreckend lange, hier ausreichende Hilfs-Strukturen zu bilden. Und ja, bestimmt auch, weil andere "Branchen" sich lauter und früher Gehör verschafft haben!

HIER müssen wir Festangestellten uns laut und sichtbar verhalten, in klarer Solidarität mit den freiberuflichen Kolleg*innen..

Jenseits davon: Wenn der generelle Plan ist, wegen einer Pandemie möglichst wenig Menschen unterwegs zu wissen (und das scheint mir der derzeitige Plan zu sein) - gibt es auch für mich Bereiche, die man* einfacher aus der Liste der möglichen "Anlaufstellen" nehmen kann als andere.

Konkret: Ich glaube an die Kraft der Kunst, ich liebe das Theater. Ich glaube NICHT, dass diese Gesellschaft Schaden nimmt, wenn sie wegen einer Pandemie über eine Anzahl von Monaten nicht ins Theater gehen kann.

Nimmt ein Teil der Menschen, die IM Theater arbeiten, Schaden? Ich glaube, ja. Die Freiberufler*innen / Privattheater schonmal schlimmen finanziellen Schaden. Zusätzlich - und das gilt vermutlich für eine Anzahl von Künstler*innen, sowohl im freiberuflichen als auch festangestellten Bereich - ist es mental und emotional eine schwierige Situation.
Mir fällt das Nicht-Wie-Gewohnt-Arbeiten-Können in meiner Theaterfamilie brutal schwer, ehrlich gesagt. Ich fühle mich furchtbar alleine. Aber hier denke ich: Es ist meine eigene Aufgabe, hier für mich Lösungen zu finden. Ich habe so großes Glück, dass ich weiter mein Monatsgehalt bekomme. Und für meine mentale und emotionale Gesundheit bin ich genauso selber zuständig, wie es Menschen anderer Berufsgruppen auch sind.

Mir geht es derzeit wirklich nicht gut. Aber: Ich bin nicht gekränkt, weil mein Theater wieder zu ist. Ich empfinde es auch nicht als Missachtung meiner Leistung, der Leistung meiner Kolleg*innen oder als mangelnde Wertschätzung gegenüber der Kunst.

Ja, ich arbeite seit 15 Jahren am deutschen Stadttheater, mit großer Leidenschaft.
Kolumne Slevogt: Frage
@17
Welche Argumente von Esther Slevogt sind „(neo)liberal-konservativ bekannte Argumente über (gegen) Kunst- und Kultureinrichtungen“?! Sie argumentiert vor allem mit Infektionszahlen in Krankenhäusern. Was übrigens die Unterstellung einer gewissen politischen Tendenz betrifft: die kritischste Haltung zum Lockdown light haben in CH SVP und FDP, in D AfD und FDP, in A FPÖ und Neos. Und zum Beispiel Medienlandschaft: da äussern sich die traditionell linken Blätter (WOZ, taz, Falter) eher zustimmend als die populistisch (und/oder eher rechts) orientierten Blätter. Dem liegt meiner Einschätzung nach ein (linker?) Solidaritätsbegriff zugrunde - gemeinsam sind wir in der Verantwortung, das Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu bewahren, Menschenleben zu retten oder Menschen vor bleibenden Gesundheitsschäden zu bewahren. Das ist so ziemlich genau das Gegenteil einer neoliberalen Haltung. Und noch einmal: wir müssen TEMPORÄR auf Theater verzichten - das ist traurig, aber daran stirbt niemand.
Kolumne Slevogt: Einkaufszentren schließen
@15 und andere
Ich halte es auch für falsch, dass Einkaufszentren geöffnet sind. Diese Haltung führt aber nicht zu der logischen Konsequenz, die Öffnung der Theater zu fordern, sondern doch zu der: die Schliessung der Einkaufszentren zu fordern?
Kolumne Slevogt: Totengräber?
#18 Hallo Herr Ullrich,
wo wäre die Grabstelle? Man könnte am 11.11. hinpilgern. Wer sind aber die Totengräber?
Kolumne Slevogt: Erschöpfung
@21
Re: "Ich halte es auch für falsch, dass Einkaufszentren geöffnet sind. Diese Haltung führt aber nicht zu der logischen Konsequenz, die Öffnung der Theater zu fordern, sondern doch zu der: die Schliessung der Einkaufszentren zu fordern?"

Meine Antwort auf Ihre Frage wäre, rein persönlich, derzeit: Jein ...

"Ja" zu .... ich halte es eher für falsch, dass Einkaufzentren geöffnet sind. Diese Haltung führt, genauso wie Sie es formulierten, bei mir aber nicht zu der Forderung, die Theater auch wieder zu öffnen. Absolut.

Aber auch, zumindestens ein leises, "nein", denn ja, auch wenn es eher logisch finden würde, auch die Einkaufszentren wieder zu schließen ... "fordern" würde ich das auch nicht.

Warum? Ich sehe seit Wochen nun in meinen Timelines eine "Wenn wir zu sind, müsst auch die, die und die auch zusein"-Bewegung - leider oft mit einem Impetus, der mich nur noch erschöpft. Menschen in einer Pandemie, die alle miteinander leiden, und dann gegeneinander agieren, mit Forderungen, so empfinde ich das.

Habe deswegen beschlossen, mich nur noch auf meinen eigenen beruflichen Bereich (Theater) zu konzentrieren - ohne whataboutisms, und wenn ich also heute etwas "fordere", dann konrekt nur eine Sache: Weitere, unbürokratische finanzielle Hilfen für selbstständige Künstler*innen und Privattheater.
Kolumne Slevogt: Vorwürfe
@20:
Welche (betriebsfrtemden) Argumente, Haltungen und (teilweise haarsträubende) Vorwürfe gegenüber den Kulturinstitutionen (und damit auch gegenüber vielen Menschen, die dort arbeiten, sich engagieren und Dinge und Räume gestalten wollen) neoliberal-konservativ - mit etwas Zuspitzung - bis rechts- und linkspopulistisch sein können?
Und die Atmosthäre vorbereiten könnten, dass die Kulturförderung dezimiert wird?

1. Dass Frau Slevogt nicht genau hingeschaut und hingehört, nicht gut und detailreich recherchiert hat und sich nur auf ein Schreiben, oder einige Interviews, bezieht.

2. Dass Theater keinen 'holistischen' (ganzheitlichen) Blick haben: Dass sie (generell?) in ihrer eigenen Realität leben. Dass sie sich immer überschätzen. Dass sie nicht an die Gestaltung der Zukunft und Gesellschaft denken, sondern an Geschenke (Paraphrase also sinngemäße Übertragung der letzten Sätze)

3. Die unbelegte, unangemesssene, misstrauische, verallgemeinernde Vorwurfshaltung, dass alle Theater und (damit auch die Mehrheit der Menschen, die dort und mit ihnen arbeiten) nur an sich und die Selbsterhaltung (und Lobbyarbeit) denken (und jetzt gerade nicht an die Infektionszahlen und die Erkrankten).
Kulturinsitutionen müssen ständig erreichbarer und zugänglicher werden und genau deswegen brauchen sie auch die ständige Bemühung für und auf Selbsterhaltung (gegenüber der Kürzungsgefahren seitens der Verwaltung). Das bedeutet nicht, dass sie nicht an die weitere Bereiche der Gesellschaft denken. Das ist ein unfassbar schnell gefälltes Urteil. Viele Theater bemühen sich, sich mit andren Teilen der Gesellschaft zu verzahnen.

4. Dass sie (vor allem Theater) weiter gemacht hätten, als wäre nichts, Das stimmt vorne und hinten nicht. Alle sind bemüht, Dinge zu verändern, das braucht Zeit und Spielraum. Frau Slevogts Argument zeugt von einer unwissenden Perspektive und eher von einer allgemein misstrauischen linberal-konservativen, oder einer allgemein und herablassend anti-bürgerlichen Haltung).
Noch mal: Sie hat nicht genau hingeschaut, hat nicht nachgefragt, hat nicht versucht, nachzuvollziehen, was für Debatten und Bewegungen gerade in Theatern stattfinden, sondern: Ein schreiben gelesen, Zahlen einer Expert*in herangezogen und Urteil gefasst.

5. Dass sie die einfachste, zuzeit beliebte, nicht demokratisch durchdiktutierte Methodik bedient: Infenktionszahlen würden drastisch steigen, wenn Menschen ins Theater gehen.

6. Dass sie zwar über Lobbyismus redet (im negativen Ton), aber nicht weiter darüber nachdenkt:
A.Was genau Lobbyismus für Kulturförderung bedeutet
B. Wer mit welchen anderen Möglichkeiten und Zugängen noch Lobbyismus betreibt und welchen Zweck verfolgt

@20
Wenn Sie schreiben: "CH SVP und FDP, in D AfD und FDP, in A FPÖ", würde ich ihnen eher zustimmen.
Für die generelle Feststellung aber, dass kritische Haltungen zu Entscheidungsvorgängen in Sachen Lockdown nur von rechten Spektren kommen, haben Sie sich sehr sehr selektiv Namen und Richtungen gesucht und diese verallgemeinert und zusammengeführt.

Ein Gegen-Beispiel: Mitten im Parlament kamen von allen möglichen Seiten und Spektren den Wunsch, die Dinge bitte demokratisch zu dikutieren und sich dafür Zeit zu nehmen. Dafür gab es ja auch Monate lang Zeit, was Frau Slevogt auch nicht interessiert, auch nicht erwähnt.
Kolumne Slevogt: Unsere Realität
Liebe Esther Slevogt, liebe Kommentator:innen und Kolleg:innen und Zuschauer:innen, ich würde mich extrem freuen wenn dies Theater auch offline geöffnet wären, wenn gespielt werden würde. Weil ich das vermisse, sogar für mich überraschend stark. Und weil ich gern Geld verdienen würde. Mag mir gar nicht ausrechnen wie hoch mein Einkommensausfall ist. Das ist eine entsetzliche, bescheuert Situation. Aber es ist halt unsere Realität. Die Theater sind aus gutem Grund zu, egal wie toll ihre Konzepte waren, es geht um die Reduktion von Kontakten. Von Begegnungen. Unserem Kerngebiet! Es gibt da keine böse Agenda dahinter, es ist keine Frage der Prioritäten, es ist kein Verhandlungsgegenstand und deswegen kann man sich auch nicht "unsolidarisch" verhalten - es gibt da keine Lobby. Das Virus ist da, und wenn wir als Bevölkerung zu viele Kontakte haben, sterben Menschen. Das ist so brutal wie einfach. Und das ist es NICHT wert.
Wir müssen zuversichtlich bleiben, es wird vorübergehen, dieses beschissene Jahr neigt sich ja zusehends dem Ende zu. Wir können als Theaterpraktiker:innen die Zeit nutzen modernere, resilientere Formen des Theaters zu entwickeln, Kopräsenz zu substituieren und uns ästhetischer Forschung zu widmen. Diejenigen von uns, die nicht das Glück haben im Engagement zu stehen, müssen von der Gesellschaft unterstützt werden, hier ist wahre Solidarität gefragt. (Auch gegenüber nachtkritik, übrigens!).
Wir werden wieder arbeiten, probieren, spielen, lachen, weinen, uns langweilen und und über den Nachbar mit dem Hustenbonbon ärgern. Ein paar Wochen noch. Und dann verbrennen wir die Scheiß Masken auf der Bühne des DT.
FCK2020!!
Kolumne Slevogt: Digitalisierung
7. Dass Frau Slevogt und auch Herr Kasch - Streamt! Sonst seid ihr verloren! - die relativ einfach zu durchschauenden Hintergründe ihrer Argumentationsketten nicht (direkt) offenbaren. Die da wären, von der totalen Digitalisierung des Theaters (Theater und Netz) zu träumen. Wobei sie nicht daran denken, und das ist das eigentlich Amüsante an der Sache, dass, sollte das analoge Theater mit seiner Vereinbarung: eine bestimmte Menge Publikum x findet sich zu einem bestimmten Zeitpunkt y in einer realen Spielstätte z im Zuschauerraum ein, um dem Bühnengeschehen zu folgen, auch sie ihre "Jobs", zumindest in der jetzigen Form, los wären. Ohne Theater keine Kritik. Der angesprochene und kritisierte Lobbyismus führt - hoffentlich! - zur Aufrechterhaltung des sehr teuren Systems Theater (Staatstheater UND freie Szene!). Fällt er weg, fällt Theater UND Theaterkritik weg.
Kolumne Slevogt: als Agenten entlarvt
Die Besucherin bringt es auf den Punkt. Slevogt, Kasch & Co. sind als Agenten entlarvt, die als Lobbyisten eines chinesichen Streamautomaten ein hartes Maulwurf-Dasein gefristen haben. Schluss, Aus, Ende.
Kolumne Slevogt: Heiner Müller
Warum Theater?

"Ich glaube, die einzige Möglichkeit herauszufinden, was eine Antwort sein könnte, wäre, ein Jahr lang-es muss aber ein Jahr sein- alle Theater der Welt zu schließen(...) und dann weiß man hinterher vielleicht, warum Theater."(Heiner Müller, Theater ist Krise, 1995).

Heiner Müller sagt:"Schließen". Und keinesfalls noch ein wenig "Streamen".
Übrigens: Intendant*aussen in ganz Deutschland trinken heute 11.11. einen Sauvignon blanc zum Lockdown 2.0!
Solidarität.Illusion.Karneval.
Kolumne Slevogt: theaterfern
"Trotzdem haben die meisten weitergemacht, als wäre nichts."
Diese Aussage zeigt, dass Frau Slevogt in diesem Jahr noch nicht in die Nähe eines Theaters gekommen ist. Das ist ihr gutes Recht. Warum Sie jedoch für eine Theaterkritik-Webseite verantwortlich zeichnet, verwundert dann doch.
Etwas weniger Halbwissen über das Virus und etwas mehr Interesse für die vielfältigen Anstrengungen der Theaterleute, wäre schön.

(Anm. Redaktion. Auf die Gefahr hin, penibel oder humorlos zu wirken. Aber rein sachlich angeschaut, entspricht dieser Kommentar nicht den Tatsachen. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Kolumne Slevogt: süß
#25 „Ein paar Wochen noch. Und dann verbrennen wir die Scheiß Masken auf der Bühne des DT.
FCK2020!“

Süß.
Kolumne Slevogt: Aussagen untermauert
Es ist interessant, wie einige KommentatorInnen Frau Slevogts Aussage untermauern, indem sie ihr aufs Heftigste widersprechen. Einen wirklich triftigen Grund, warum Theater so wichtig sind, dass sie auf Kosten eines kollabierenden Gesundheitssystems weiter geöffnet bleiben sollen, lässt sich aber in keinem der Kommentare finden. Ja, Theater/Kunst/Kultur ist wichtig für die Gesellschaft. Warum aber die VertreterInnen davon nicht verstehen wollen, dass es bei dieser Pandemie darum geht, dass der Mensch der Verbreiter des Virus ist und dass, je mehr Menschen unterwegs sind, sich das Virus desto mehr verbreiten kann, finde ich schon erstaunlich. Egal welche Branche es trifft, jede hat mindestens einen Grund, warum er/sie so relevant ist, dass er/sie nicht geschlossen werden darf. Am Ende bleibt alles offen. Und dann? Soll einfach zugeschaut werden, wie die Zahlen explodieren, die Krankenhäuser sich weiter füllen, bis alles kollabiert und auch die, die mit einem Herzinfarkt, Unfall, Krebs...ins Krankenhaus kommen, nicht mehr behandelt werden können, weil es an Pflegepersonal fehlt?
Kolumne Slevogt: das Allgemeine mit Kant
Liebe Esther Slevogt, danke, danke, danke. Ich komme gerade aus der Schule, wo ich als Lehrerin unterrichte. Heute haben wir über den Zusammenhang von individueller Freiheit und Pflicht gegenüber dem Allgemeinen bei Kant gesprochen. Bei offenen Fenstern, mit Jacken, zum Teil Decken und hinter Masken - nicht schön. Nicht schön auch, dass bei uns gerade eine Klasse nach der anderen ganz oder teilweise ins Homeschooling verschwindet, wegen steigender Corona-Zahlen an unserer Schule: Wir haben aktuell 10 (!) bestätigte Coronafälle an unserer Schule (bei rund 850 Schüler*innen).

Es gibt eine Verantwortung auch der Theater für das Allgemeine. Keine bequem abstrakte, sondern eine unbequem konkrete: Lasst die Häuser zu. Das ist nicht schön. Aber geboten.
Kolumne Slevogt: Pflicht und Schuldigkeit
Frau Slevogt tut so, als ob die Unterzeichner eine subjektive Meinung verträten. Sie berufen sich aber ausschließlich auf objektive, gesellschaftspolitische, medizinische und physikalische Erkenntnisse und setzen diese in Bezug auf das, was sonst so alles geht im Lockdown light. Kaufhaus ja - Museum nein? Straßenbahn ja - Theater nein? Sie schließt sich der „Extrawurst“-Diffamierung der NRW-Ministerin an und öffnet damit Tür und Tor, der erstaunlich leisen, gewissenhaften, systemkonformen und staatshörigen Branche zu verbieten, ihre Pflicht und Schuldigkeit zu tun, die gewonnenen Erkenntnisse für Ihre Institute zu vertreten.
Aus Solidarität könnte sie bis zum Ende der Pandemie auch aufhören zu schreiben, selbst wenn das zum Glück auch nicht ansteckend ist.
Kolumne Slevogt: #25
@Konstantin Küspert, oder auch

Liebe*r #25,
I love you.
Kolumne Slevogt: Zukunft friert zu
Kant hat zu seiner Zeit sehr gefroren;kann man den Schülern auch erzählen.

"There is nothing like dream to create future.
Utopia to-day, flesh and blood tomorrow."
Victor Hugo.

Make Tomorrow Today.

Zu spät. Auftritt verpasst.
Kolumne Slevogt: Kulturförderung
@24/Marina Lenz dass
Tatsächlich fürchte auch ich, dass es Kürzungen im Kulturbereich geben wird - nur: ganz sicher nicht aufgrund solcher Artikel. Sondern weil Städte und Länder Mindereinnahmen haben, und weil der Stellenwert der Kultur für einen Teil der Gesellschaft und Politik eben nicht so hoch ist, wie wir es uns wünschen. Und das ist keine Entwicklung und Erkenntnis der letzten Monate. Aber es ist vielleicht leichter, vorsorglich Schuldige auszumachen, als sich der Tatsache zu stellen: nur für einen kleinen Teil der Menschen ist Theater lebenswichtig. Ich bezweifle auch, dass die erwähnten Parlamentarier*innen, die die Lockdown-Entscheidung neu diskutieren wollten, dabei besonders die Situation der Theater im Blick hatten.
@23 Sie haben recht, es ist die Zeit für Demut und Solidarität... war rhetorisch gemeint, das mit den Einkaufszentren
Kolumne Slevogt: abgespecktes Normal
Esther Slevogt spitzt zu und legt den Finger in die Wunde, das ist wohl die Aufgabe einer Meinungskolumne. Ich möchte nicht in die Covid-Expertendiskussion hier einsteigen (ich habe zum Pandemieverlauf ebenfalls eine Meinung, Meinungen sind dem Virus aber bislang egal gewesen), zur Aussage am Ende - "Trotzdem haben die meisten weitergemacht, als wäre nichts. Die Zukunft aber bekommt niemand geschenkt. Sie will gestaltet sein." - aber doch was sagen: diese Aussage stimmt im Kern.

TheatermacherInnen haben meines Erachtens größtenteils in der Tat noch nicht begonnen, die fundamentalen Konsequenzen aus dem Doppelschlag Gefährlichkeit menschlicher Nähe und finanzielle Folgen für Konjunktur und Haushalte zu überdenken.
Es geht nicht darum, ob Theater Maßnahmen ergriffen haben, Konzepte erarbeitet und umgesetzt, Vorstellungen um-inszeniert werden, etc.
Ja, das ist passiert, und es hat auch viel Mühe gekostet, aber fundamental war der Weg bislang, ein eingeschränktes, abgespecktes "Normal" zu machen um nachher wieder "Normal" weiter zu machen.

Frau Slevogt stellt die Frage nach der Zukunftsfähigkeit von Theater. Meine Meinung: Theater als Kunstform ist absolut zukunftsfähig und unkaputtbar, die Strukturen, Abläufe und Institutionen größtenteils nicht.
Die Ursache ist übrigens nicht das Virus, sondern gesellschaftliche Umwälzungen unter anderem durch Digitalisierung, die jetzt aber immer mehr sichtbar werden. Und die eben auch die derzeit mangelnde Zukunftsfähigkeit "des Theaters" zeigen.
Glaubt jemand hier ernsthaft, dass alle die Menschen, die im April zum ersten Mal in ihrem Leben bei amazon eingekauft, sich bei netflix angemeldet, eine Videokonferenz gemacht haben, ab Sommer nächsten Jahres alles das nicht mehr machen werden? Bestimmte Entwicklungen und Erkenntnisse sind da, die Zahnpasta kommt nicht mehr zurück in die Tube.

Und deswegen muss man sich um die Zukunftsfähigkeit des Theaters Gedanken machen! Dass Esther Slevogt es hier (und seit langem) tut ist nicht Ausdruck eines sinistren Plans zur Verlifestreamung oder sonstigen Einhegung zum Wohle von nachtkritik oder anderen, sondern für mich Ausdruck der Sorge um und Liebe zum Theater.
Kolumne Slevogt: welche Liebe?
"Ausdruck der Sorge um und Liebe zum Theater."
Von welcher Liebe sprechen Sie da genau? Von der Liebe zum im Moment einzigartigen und so nicht exakt gleich wiederholbaren Live-Erlebnis im Zuschauerraum oder sonstigen Stätte eines Theaters/Ortes mit Live-Schauspieler*innen auf der Bühne/sonstigen Stätte? Digitalisierung ist das Gegenteil. Konservierung zur endlosen Vervielfältigung. Also um welche Liebe und Sorge geht`s?? Das trifft übrigens auch auf die Gastronomie im Gegensatz zur industriellen Fertigung von Fertigessen zu. (ich sehe vor und nach jedem "Lock-down" extremst überfüllte Restaurants/Lokale/ etc. -) Warum das? Die haben doch jetzt alle selber kochen (wieder)gelernt.) Die Bild- Digitalisierung im High-End gibt es schon: sie heißt Film oder Serie oder wie auch immer. Also? Wos damma? Theaterflix gründen oder vielleicht die eigenen Vorteile und Alleinstellungsmerkmale bewerben????
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